Rinder- und Schweinemastbetrieb in der Nähe von Wohnhäusern
Gericht
VG Arnsberg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
07. 04. 2011
Aktenzeichen
7 K 2493/10
Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die erstattungsfähig sind.
Das Urteil ist wegen der Kosten für die Beklagte ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Für die Beigeladene ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich gegen eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen und Rindern.
Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks B1. V. X. in I. X1., das mit einem von ihnen selbst genutzten Wohnhaus bebaut ist. Das Grundstück liegt nördlich des E. L1. inmitten forst- und landwirtschaftlich genutzter Flächen. Etwa 270 m südwestlich des Grundstücks der Kläger liegt inmitten landwirtschaftlich genutzter Flächen das Grundstück (Gemarkung X1. Flur ... Flurstück ..., S. ...) des Beigeladenen, der dort und auf den umliegenden Flächen einen landwirtschaftlichen Betrieb führt. An der Hofstelle befinden sich derzeit aufgrund früherer Genehmigungen vier Schweinemastställe (Betriebseinheiten 3, 4, 5 und 12) mit insgesamt 1.276 Plätzen und vier Bullenmastställe (Betriebseinheiten 6, 7, 11 und 13) mit insgesamt 238 Plätzen.
Mit Antrag vom 6. November 2009, Eingang am 5. Februar 2010, beantragte der Beigeladene bei der Beklagten eine immissionsschutzrechtliche Neugenehmigung für eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Schweinen und Rindern mit insgesamt 3.512 Schweinemastplätzen und 200 Bullenmastplätzen. Der Antrag sieht vor, dass die bestehenden Betriebseinheiten 3, 4, 5, 6 und 12 geändert werden und ein Schweinemaststall mit 1.848 Plätzen (Betriebseinheit 15), ein Güllehochbehälter, eine Maschinenhalle und ein Flüssiggaslager neu gebaut werden. Dem Antrag war eine Geruchsimmissionsprognose des Büros V1. und Q1. H., T1. J., vom 28. Juli 2009 beigefügt. Auf der Grundlage der Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) Y1. und unter Verwendung der Wetterdaten der Wetterstation B2. aus dem Jahr 2005 kommt die Prognose zum Ergebnis, dass für das Grundstück der Kläger eine prozentuale Geruchsgesamtbelastung von 13 und 14% der Jahresstunden zu erwarten ist, wenn der neue Stall (Betriebseinheit Nr. 15) mit einer Abluftreinigungsanlage für Ammoniak versehen wird, die nicht zu einer Minderung der Gerüche führt. Wenn der neue Stall mit einer Abluftreinigungsanlage versehen werde, die zu einer 100-prozentigen Minderung der Gerüche führt, wäre nach der Prognose am Grundstück der Kläger eine Geruchshäufigkeit von 10 und 11% der Jahresstunden zu erwarten. In einer späteren Ergänzung der Prognose vom 2. Juli 2010 wurden die zu erwartenden Geruchsstundenhäufigkeiten für den Fall berechnet, dass die Abluftreinigungsanlage für den neuen Stall zu einer 70-prozentigen Geruchsminderung führt. Für das Grundstück der Kläger ergeben sich Geruchsstundenhäufigkeiten von 12 und 13%.
Am 23. Februar 2010 machte die Beklagte den Antrag öffentlich bekannt und wies darauf hin, dass Einwendungen gegen das Vorhaben in der Zeit vom 2. März bis zum 15. April 2010 erhoben werden könnten.
Mit Schreiben vom 24. März 2010 erhob der Kläger zu 1. Einwendungen gegen das Vorhaben wegen befürchteter Geruchsbelästigungen. Das Schreiben trug als Absender nur den Namen des Klägers zu 1. und war nur von diesem unterschrieben. In dem Schreiben heißt es u. a.: „Seit vielen Jahren leiden wir als unmittelbare Nachbarn an der Geruchsbelästigung ...“,. „An vielen Tagen des Jahres ... können wir uns nicht im Gartenbereich unseres Hauses aufhalten.“, „Wenn wir jetzt aber ... erfahren, dass die Kapazität des Schweinemastbetriebes noch erheblich erweitert werden soll, dann ist auch für uns ein Punkt erreicht, wo die nachbarliche Toleranz aufhört.“
Am 17. Mai 2010 fand von 10.05 Uhr bis 12.20 Uhr der Termin zur Erörterung der Einwendungen statt.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2010 wandte sich der Kläger zu 1. an die Beklagte und bemängelte, dass bei dem Erörterungstermin der Tagesordnungspunkt „Gerüche“ beendet worden sei, ohne nach weiteren Wortmeldungen zu fragen. Ihm sei es deshalb nicht möglich gewesen, weitere, im Einzelnen formulierte Fragen zu stellen.
Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz O1. X2. (LANUV) nahm mit Schreiben vom 2. Juli 2010 u. a. zu der vom Antragsteller vorgelegten Immissionsprognose dahingehend Stellung, dass die Emissionssituation plausibel dargestellt sei und dass die Bestimmung der Immissionszusatzbelastung durch Geruch, Ammoniak und Staub mit den nachträglichen Erläuterungen des Gutachters nachvollziehbar und plausibel sei. Im Kapitel „Immissionsprognose“ dieser Stellungnahme führte das LANUV unter Punkt 7. aus, dass nach der TA Luft die Berücksichtigung des Gebäudeeinflusses durch ein diagnostisches Windfeldmodel gerechtfertigt sei, wenn die Schornsteinhöhe mindestens das 1,2-fache der Gebäudehöhe betrage, wobei Gebäude mit einem Abstand bis zum 6-fachen der Schornsteinhöhe zu betrachten seien. Bei den vorliegenden Quellen sei diese Bedingung nicht in allen Fällen erfüllt. Als pragmatische Lösung werde in solchen Fällen die Berücksichtigung der Quelle als vertikale Linienquelle ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude vorgeschlagen. Dies führe generell zu niedrigeren Belastungen im direkten Umfeld und zu höheren Belastungen in größerer Entfernung. Unter Punkt 9. bemerkte das LANUV, dass nach dem Gutachtentext in der Ausbreitungsberechnung eine Anemometerhöhe von 13 m angesetzt werde, wohingegen sich aus den Protokolldateien ergebe, dass dort eine Anemometerhöhe von 14,2 m angesetzt worden sei. Der Gutachter habe dazu angeführt, dass es sich um einen redaktionellen Fehler handele und mit dem Wert von 14,2 m aus der Protokolldatei gerechnet worden sei. Im Laufe des Klageverfahrens hat das LANUV unter dem 10. Dezember 2010 ausgeführt, die in der Stellungnahme vom 2. Juli 2010 erwähnten nachträglichen Erläuterungen des Gutachters seien anlässlich des Erörterungstermins vom 17. Mai 2010 erfolgt. Dadurch habe sich die unter Punkt 9. des Kapitels Immissionsprognose erwähnte Unklarheit - wie dort dargestellt - geklärt. Außerdem habe der Gutachter entsprechend Punkt 7. des Kapitels Immissionsprognose eine Nachrechnung mit Hilfe der vom LANUV vorgeschlagenen pragmatischen Lösung der Quellmodellierung gemacht. Danach kommt es für den Fall der 100-prozentigen Minderung der Gerüche des neuen Stalls im Bereich des Grundstücks der Kläger zu einer Geruchsstundenhäufigkeit von 11%.
Mit Bescheid vom 8. Juli 2010, öffentlich bekannt gegeben am 10. Juli 2010, genehmigte der Oberbürgermeister der Beklagten das Vorhaben des Beigeladenen. Er traf dabei verschiedene Nebenbestimmungen zum J. (Ziffer 4.).
Daraufhin haben die Kläger am 6. August 2010 Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen Folgendes vortragen:
Aus dem Schreiben des Klägers zu 1. vom 24. März 2010 ergebe sich durch die Verwendung des Plurals („wir“), dass die Einwendungen zugleich im Namen der Klägerin zu 2., der Ehefrau des Klägers zu 1., erhoben werden sollten.
Die Einwendungen seien anlässlich des Erörterungstermins vom 17. Mai 2010 nur unzureichend erörtert worden. Dies ergebe sich schon aus der Dauer des Termins von 10.05 Uhr bis 12.20 Uhr. Der Versammlungsleiter habe die Erörterung abrupt und willkürlich abgebrochen und nicht erst, nachdem keine Wortmeldungen mehr vorgelegen hätten. Es habe keine Erörterung im Sinne einer Diskussion zwischen den Beteiligten stattgefunden. Der Kläger zu 1. habe mit Schreiben an die Beklagte vom 19. Mai 2010 eine Vielzahl von ergänzenden Fragen aufgelistet, die nicht erörtert worden seien.
Ihnen, den Klägern, drohten unzumutbare Geruchsbelästigungen. Bereits jetzt litten sie unter den Gerüchen und befürchteten, dass diese Belästigung durch die erweiterte Nutzung zunehmen werde, weil für die bestehenden Ställe nur höhere Abluftschächte aber kein Abluftwäscher vorgesehen sei. In der Geruchsimmissionsprognose vom 28. Juli 2009 werde festgestellt, dass die Immissionswerte für einen Teil der angrenzenden Bebauung überschritten würden, wenn durch die Ammoniakwäsche keine Geruchsminderung eintrete. Aus der Stellungnahme vom 2. Juli 2010 ergebe sich nicht, woraus eine Geruchsminderung von 70% im Einzelnen resultieren solle. Der Produktbeschreibung des Herstellers des Abluftwäschers sei nicht zu entnehmen, dass die geforderte Reduzierung der Geruchsimmission um mindestens 70% gewährleistet sei. Die Geruchsimmissionsprognose fuße auf den Wetterdaten der Wetterstation B2. für das Jahr 2005. Es werde bestritten, dass deren Ausbreitungs- und Windrichtungsstatistik mit hinreichender Genauigkeit auf den Standort des Vorhabens übertragbar sei. Allein die Entfernung der Wetterstation B2. vom Standort des Vorhabens lasse nicht auf die Vergleichbarkeit der Wettersituation schließen. Der Umstand, dass die Windverhältnisse der Wetterstationen B2., X3. und L2. B3. vergleichbar seien, belege nicht, dass dies auch für den Anlagenstandort gelte. Es werde auch bestritten, dass die Zeitreihe des Jahres 2005 der Wetterstation B2. repräsentativ sei. Es werde deshalb angeregt, hinsichtlich der Frage der Übertragbarkeit der Wetterdaten das Gutachten eines bislang unbeteiligten Sachverständigen einzuholen. Es sei nicht dargelegt, ob der nördlich des Standorts gelegene Wald und die dadurch bedingten Strömungshindernisse berücksichtigt worden seien. Deshalb sei eine konkrete und individuelle Windfeldberechnung erforderlich, zumal die maßgeblichen Geruchsimmissionswerte schon nach der vorliegenden Prognose nur denkbar knapp eingehalten würden. Das Programm AUSTAL2000 bestimme, wie der Beigeladene vortrage, eine mittlere Rauigkeitslänge. Dies könne hinsichtlich der Ausbreitung über eine größere Fläche zu richtigen Ergebnissen führen, zeige aber, dass die Stauung der Luft vor dem Wald und die damit einhergehende erhöhte Geruchsbelästigung nicht erfasst werde. Es könne auch nicht allein auf die statistische Häufigkeit störender Gerüche abgestellt werden. Vielmehr sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der sowohl auf die Intensität als auch auf die tages- und jahreszeitliche Verteilung der Geruchseinwirkungen abzustellen sei. Es seien außergewöhnliche Verhältnisse gegeben im Hinblick auf die wechselnde Geruchsintensität abhängig von Windrichtung, Luftfeuchtigkeit und Luftdruck sowie im Hinblick auf die topographische Besonderheit in Form des nördlich angrenzenden Waldes.
Es sei auch unzureichend, dass nach der Nebenbestimmung Ziff. 4.9 die erste Wiederholungsmessung erst nach Ablauf eines Jahres durchzuführen sei. Es müssten vielmehr mehrere Messungen zu verschiedenen Jahreszeiten und bei unterschiedlichen Wetterlagen verbindlich festgelegt werden. Bereits derzeit litten sie, die Kläger, unabhängig von der Windrichtung auch bei Hochdruckwetter unter den Immissionen des Betriebes. Es dürfe auch nicht sein, dass die Überwachungsbehörde auf Wiederholungsmessungen gänzlich verzichte. Es genüge nicht, dass die Behörde die Möglichkeit habe, nach § 28 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) Wiederholungsmessungen im Abstand von drei Jahren zu verlangen. Es reiche auch nicht aus, dass nach der Nebenbestimmung Ziff. 4.1 lediglich verlangt werde, dass eine Fachfirma bescheinige, dass die Lüftungsanlagen entsprechend der Ziff. 4.4 betrieben werden können. Es müsse gewährleistet sein, dass ein solcher Betrieb tatsächlich stattfinde. Es genüge auch nicht, dass mit dem Hersteller des Abluftwäschers ein Wartungsvertrag abgeschlossen werde. Es müsse auch bestimmt werden, welche Wartungsintervalle und welche Wartungsarbeiten vorgesehen seien.
Die Kläger beantragen,
den Genehmigungsbescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 8. Juli 2010 zur Errichtung und zum Betrieb einer Anlage zum Halten von Mastschweinen und Rindern auf dem Grundstück S. in, Gemarkung X1. Flur ... Flurstück ... aufzuheben.
Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid,
die Klage abzuweisen.
Der Beigeladene beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor: Der Erörterungstermin am 17. Mai 2010 sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Der Zweck dieses Termins sei erreicht worden. Die Erörterung könne beendet werden, wenn alle rechtzeitig erhobenen Einwendungen behandelt worden seien. Eine Einigung zwischen den Beteiligten oder eine vollständige Klärung bestimmter Sachfragen sei nicht erforderlich. Der Versammlungsleiter könne einem Redner das Wort entziehen, wenn seine Ausführungen nichts Zusätzliches zur behördlichen Entscheidungsbasis beitragen. Dies sei in Bezug auf die im Schreiben des Klägers im Parallelverfahren vom 19. Mai 2010 dargelegten weiteren Beiträge der Fall. Abgesehen davon würde selbst eine unterstellte Verletzung der formellen Vorschriften über die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht zu einer Verletzung der Kläger in eigenen Rechten führen.
Die vorgelegte Immissionsprognose vom 28. Juli 2009 belege die sichere Einhaltung der zulässigen Immissionswerte. Nach der für Fälle der vorliegenden Art grundsätzlich anerkannten Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) 2008 erfolge die Beurteilung von Geruchsimmissionen durch die Ermittlung der relativen Häufigkeit der Geruchsstunden. Dabei würden in allen Fällen die Geruchsimmissionen durch einen Wert gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität beschreibe. Bereits dadurch erfahre die Geruchsintensität Berücksichtigung. Überdies seien Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Tierarten anzusetzen. Hierdurch werde die Geruchsqualität, also die Intensität des Geruchs, ebenfalls berücksichtigt. Eine Einzelfallprüfung nach Nr. 5 b) GIRL 2008 sei nicht erforderlich, da keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorlägen. Die vorgesehene Geruchsminderungsrate von 70% durch den Abluftwäscher sei technisch ohne weiteres machbar und durch die Nebenbestimmung Ziff. 4.5 des Bescheides verbindlich vorgeschrieben. Dies ergebe sich auch aus der Produktbeschreibung des Abluftwäschers, nach der die Geruchskonzentration im Reingas kleiner/gleich 300 GE/m³ sei und nach der im Reingas kein Rohgasgeruch wahrnehmbar sei. Die Wetterdaten der Wetterstation B2. für das Jahr 2005 könnten auf den Standort des Vorhabens übertragen werden. Diese Wetterstation liege 7,5 km nordwestlich der Anlage. Anhand des Vergleichs der topographischen Struktur sowie der jeweils vorherrschenden Bebauung und des Bewuchses ergäben sich keine Anhaltspunkte, aufgrund derer die Ausbreitungsklassen-Statistik (AKS) der Wetterstation B2. nicht verwendet werden könne. Die Windrichtungsverteilung entspreche den regionaltypischen Verhältnissen, die auch den Stationen X3. und L2. B3. entnommen werden könnten. Die Ausbreitungsklassen-Zeitreihe (AKTerm) des Jahres 2005 sei unter Berücksichtigung der vorliegenden meteorologischen Zeitreihen der Wetterstation B2. aus anderen Jahren und den Ausbreitungsklassen-Statistiken weiterer umliegender Stationen als repräsentativ für die Wetterstation B2. und damit auch für den Anlagenstandort in I. anzusehen. Eine individuelle Windfeldberechnung sei nicht deshalb erforderlich, weil sich nördlich des Wohnhauses der Kläger im Parallelverfahren ein Wald befinde. Die Ausbreitungsberechnungen seien entsprechend dem Referenzmodell AUSTAL2000 bzw. AUSTAL2000G durchgeführt worden. Die konkreten örtlichen Verhältnisse seien durch die Berücksichtigung von Verdrängungshöhe und Rauigkeitslänge regelwerkkonform beachtet worden. Die Verdrängungshöhe gebe an, wie weit die theoretischen meteorologischen Profile aufgrund von Bewuchs oder Bebauung in der Vertikalen zu verschieben seien. Dabei sei die Verdrängungshöhe gem. TA Luft 2002 als das Sechsfache der Rauigkeitslänge anzusetzen. Die Rauigkeitslänge beschreibe die Bodenrauigkeit des Geländes. Sie sei ein Maß für die Turbulenz des Strömungsfeldes und gebe die Höhe über dem Erdboden an, in der die mittlere Windgeschwindigkeit den Wert Null annehme. Die Bestimmung der Rauigkeitslänge erfolge nach den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters. Setze sich das Rechengebiet aus Flächen mit unterschiedlicher Bodenrauigkeit zusammen, so sei eine mittlere Rauigkeitslänge zu bestimmen. Dies übernehme AUSTAL2000 selbstständig.
Soweit die Kläger bemängelten, dass die Widerholungsmessung erst nach einem Jahr erfolgen solle, unterschreite dieser Kontrollzyklus den in § 28 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vorgesehenen Zeitraum von drei Jahren erheblich. Auch wenn auf die Wiederholungsmessung seitens der Überwachungsbehörde verzichtet werde, bestehe weiterhin die Möglichkeit, Wiederholungsmessungen im Zeitraum von drei Jahren anzuordnen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb kürzere Messabstände erforderlich sein könnten.
Die Kläger bemängelten zu Unrecht, dass sich die Nebenbestimmung Ziff. 4.1 damit begnüge, eine Bescheinigung einer Fachfirma zu verlangen, nach der die Lüftungsanlagen nach Maßgabe der Nebenbestimmung Ziff. 4.4 betrieben werden könne. Die Nebenbestimmung Ziff. 4.1 solle lediglich zusätzlich die praktische Einhaltung der Nebenbestimmung Ziff. 4.4 (mit-)gewährleisten. Abgesehen davon bestehe die Möglichkeit, Wiederholungsmessungen anzuordnen, um die Einhaltung der Nebenbestimmungen zu überprüfen. Entsprechendes gelte für die Rüge, die Genehmigung schreibe in der Nebenbestimmung Ziff. 4.7 nicht die Wartungsintervalle und die konkreten Wartungsarbeiten vor. Auch insoweit bleibe die Möglichkeit, Wiederholungsmessungen anzuordnen oder Maßnahmen nach § 20 BImSchG zu treffen.
Auf Bitte des Gerichts hat der Beigeladene eine Neuberechnung der zu erwartenden Geruchsimmissionen unter Berücksichtigung der Geruchsquellen als lineare Linienquellen bei einer 70-prozentigen Geruchsminderung des neuen Stalls durch das Büro V1. und Q1. vorgelegt. Unter Berücksichtigung des tierartspezifischen Faktors 0,75 kommt die Berechnung zu einer Geruchsstundenhäufigkeit von 7% am Grundstück der Kläger.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der im Parallelverfahren 7 K 2487/10 beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage hat keinen Erfolg.
A. Die Klage der Klägerin zu 2. ist unzulässig. Sie kann nicht geltend machen, durch die angefochtene Genehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Sie ist mit ihren Einwendungen schon wegen fehlender Geltendmachung im Genehmigungsverfahren auf Dauer ausgeschlossen.
Rechtsgrundlage für diesen Einwendungsausschluss ist § 10 Abs. 3 Satz 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG): Sind die (Genehmigungs-)Unterlagen vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 BImSchG öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die Unterlagen sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen; bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist können Einwendungen gegen das Vorhaben schriftlich erhoben werden (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG). Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen.
Voraussetzung für die Vermeidung der Ausschlusswirkung des § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG ist es, dass die geltend gemachten Einwendungen mindestens in groben Zügen erkennen lassen, welche Rechtsgüter als gefährdet angesehen und welche Beeinträchtigungen befürchtet werden. Dabei darf allerdings nicht mehr gefordert werden als das durchschnittliche Wissen eines nicht sachverständigen Bürgers in Bezug auf mögliche Beeinträchtigungen von Leben, Gesundheit und sonstigen geschützten Rechtspositionen durch das in Rede stehende Vorhaben.Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land O1.-X2. (OVG NRW), Beschluss vom 6. März 2006 - 8 B 870/05 -, juris, m. w. N.
Hiervon ausgehend ist die Klägerin zu 2. mit ihren Einwendungen zu Beeinträchtigungen insbesondere durch Geruchsimmissionen ausgeschlossen, weil sie sich innerhalb der Einwendungsfrist, nämlich bis zum 15. April 2010, nicht auf derartige Beeinträchtigungen berufen hat. Lediglich ihr Ehemann, der Kläger zu 1., hat mit Schreiben vom 24. März 2010 fristgerecht Einwendungen erhoben. Dieses Schreiben trägt im Briefkopf allein den Namen des Klägers zu 1. und ist auch nur von diesem unterschrieben worden. Aus dem Schreiben ergibt sich nicht mit der notwendigen Klarheit und Eindeutigkeit, dass der Kläger zu 1. zugleich im Namen und mit Vollmacht der Klägerin zu 2. Einwendungen erheben wollte. Allein der Gebrauch der Pluralform („wir“, „unser Haus“) genügt hierfür nicht. Zwar lässt sich daraus schließen, dass der Kläger zu 1. nicht allein für sich sprechen wollte. Zugunsten der Klägerin zu 2. ließe sich sogar vertreten, dass der Kläger zu 1. die Einwendungen im Namen aller Eigentümer oder Bewohner des Grundstücks B1. V. X. 263 in I. erheben wollte. Aus dem Schreiben selbst ist aber nicht zu ersehen, wer das ist. Wenn aber nur durch die Hinzuziehung weiterer Unterlagen, etwa des Grundbuchs, festgestellt werden kann, wer Einwendungen erhoben hat, genügt das nicht. Das Einwendungsschreiben muss aus sich heraus klar sein. Abgesehen davon ist aus dem Schreiben in keiner Weise zu ersehen, dass die Klägerin zu 2. über das Vorgehen ihres Ehemanns informiert und damit einverstanden war.
Die Klage des Klägers zu 1. ist hingegen als Anfechtungsklage zulässig. Insbesondere ist der Kläger klagebefugt, da er geltend macht, als Nachbar im Einwirkungsbereich der genehmigten Anlage Beeinträchtigungen insbesondere durch Geruchsimmissionen ausgesetzt zu sein.
B. Die Klage ist (auch in Bezug auf die Klägerin zu 1.) nicht begründet.
Der Genehmigungsbescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 8. Juli 2010 verletzt die Kläger nicht in ihren subjektiven Rechten, auf deren Verletzung die Klage allein gestützt werden kann (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
Die Kläger können weder wegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften (dazu I.) noch wegen einer Verletzung von materiell-rechtlichen Normen (dazu II.) die Aufhebung dieser Genehmigung beanspruchen.
I.
Die angefochtene Genehmigung leidet nicht an einem Verfahrensfehler, der zu einem Anspruch der Kläger auf Aufhebung der Genehmigung führen würde.
Es kann offen bleiben, ob der Erörterungstermin vom 17. Mai 2010, der auf der Grundlage von § 10 Abs. 6 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) i. V. m. §§ 14 ff. der Neunten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über das Genehmigungsverfahren - 9. BImSchV) stattgefunden hat, ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.
Selbst wenn der Erörterungstermin beendet worden wäre, ohne dass sein Zweck gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 9. BImSchV erreicht worden wäre, könnten sich die Kläger auf eine Verletzung dieser Verfahrensvorschrift nicht berufen.
1) Nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG (nur) verlangt werden, wenn (u. a.) eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden und nicht nachgeholt worden ist. Die danach bestehenden Voraussetzungen für eine Aufhebung der Genehmigung sind nicht erfüllt. Zwar handelt es sich bei der genehmigten Anlage um ein Vorhaben, für das eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Die Umweltverträglichkeitsprüfung hat aber stattgefunden. Es kommt nicht darauf an, ob sie in allen Verfahrensschritten fehlerfrei abgelaufen ist.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land O1.-X2. (OVG NRW), Beschluss vom 15. September 2008 - 8 B 900/08.AK -, juris Rdnr. 35, Hessischer Verwaltungsgerichtshof (HessVGH), Urteil vom 24. September 2008 - 6 C 1600/07.T -, Zeitschrift für Umweltrecht (ZUR) 2009, 87.
Hiernach kann es offen bleiben, ob Dritten, die unter Berufung auf § 4 Abs. 3 UmwRG die Aufhebung einer Entscheidung wegen Fehlens der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung begehren, ein Klagerecht nur zuzubilligen ist, wenn die angefochtene Entscheidung in ihre materiellen Rechte nicht nur möglicherweise, sondern tatsächlich eingreift.
Vgl. hierzu einerseits Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 7 ME 170/07 -, Natur und Recht (NuR) 2009, 58, andererseits Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17. September 2008 - 2 M 146/08 -, ZUR 2009, 36.
2) Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes können sich die Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, der Erörterungstermin sei verfahrensfehlerhaft durchgeführt worden. Zwar dient das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren und speziell die Vorschriften über die Beteiligung der Öffentlichkeit auch dazu, den Schutz der Nachbarschaft zu gewährleisten. Das bedeutet indes nicht, dass die Einhaltung des Verfahrens um seiner selbst willen dem Schutz potentiell betroffener Nachbarn dient, unabhängig davon, ob konkret materielle Anforderungen zum Schutz der Nachbarn verletzt sind oder nicht. Das Verfahren dient dem Schutz Dritter vielmehr nur insofern, als es gewährleisten soll, dass die materiell-rechtlichen Schutzvorschriften eingehalten werden. Selbst in den Fällen, in denen Verfahrensvorschriften drittschützende Wirkung zukommt, gewährt die verfahrensrechtliche Rechtsposition dem Dritten Schutz nur im Hinblick auf eine bestmögliche Verwirklichung seiner materiellen Rechtsposition. In eigenen Rechten verletzt ist er nur, wenn sich aus seinem Vorbringen ergibt, dass sich der gerügte Verfahrensfehler auf seine materiellrechtliche Position ausgewirkt haben könnte.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 5. Oktober 2007 - 8 B 1340/07 -, ZUR 2008, 97 unter Bezug auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 5. Oktober 1990 - 7 C 55.89 und 7 C 56.89 -, BVerwGE 85, 368 und OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2004 - 22 B 1288/03 -, NuR 2004, 817; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG RP), Urteil vom 29. Oktober 2008 - 1 A 11330/07 -, juris; a. A. OVG RP, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 7 B 12114/04 -, NuR 2005, 1208.
Das ist hier, wie nachfolgend dargelegt wird, nicht der Fall.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 10 a der Richtlinie des Rates über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie, Richtlinie 85/337/EWG geändert durch die Richtlinie 2003/35/EG). Diese Norm regelt keinen umfassenden Rechtsschutz gegen eine Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften. Sie räumt den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Sicherstellung des Zugangs der betroffenen Öffentlichkeit zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht nämlich zwei unterschiedliche Alternativen ein. Danach ist Zugangsvoraussetzung entweder ein „ausreichendes Interesse“ (Buchst. a)) oder alternativ die Geltendmachung einer „Rechtsverletzung ..., sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaates dies als Voraussetzung erfordert“ (Buchst. b)). Weiterhin legt Art. 10 a der genannten Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, bestimmen, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Demnach haben die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten bei der Umsetzung dieser Richtlinie: Sie können den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht. Sie können aber auch dem in Deutschland herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes folgen. Für die Bundesrepublik Deutschland folgt daher aus Art. 10 a der UVP-Richtlinie nicht die Notwendigkeit, ihr herkömmliches Rechtsschutzsystems zu ändern, das den Zugang zum Gericht von der Geltendmachung der Verletzung eigener materieller Rechte abhängig macht.
Vgl. OVG RP, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 1 A 11330/07 -, juris; Schroedter, Aktuelle Entscheidungen zum Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 2009, 157, 158.
II.
Die angefochtene Genehmigung ist auch nicht wegen der Verletzung materiell-rechtlicher Normen, die zumindest auch dem Schutz der Kläger dienen, aufzuheben.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass schädliche Umwelteinwirkungen (§ 3 Abs. 1 BImSchG) und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Verursachung derartiger schädlicher Umwelteinwirkungen i. S. d. § 3 Abs. 1 BImSchG durch die geplante Schweine- und Rindermastanlage, die nach § 4 BImSchG i. V. m. Nr. 7.1 g) - Spalte 1 - des Anhangs zur Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV) einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedarf, ist für die Kläger nicht zu befürchten.
Die dem Beigeladenen erteilte Genehmigung ist insbesondere nicht wegen der von den Klägern befürchteten Geruchsimmissionen aufzuheben. Denn durch die angefochtene Genehmigung ist sicher gestellt, dass die Anlage nicht relevant zu einer erheblichen Geruchsbelästigung am Wohnhaus der Kläger beitragen wird.
Ob Belästigungen im Sinne des Immissionsschutzrechts erheblich sind, richtet sich nach der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Rechtsgüter, die sich ihrerseits nach der bebauungsrechtlichen Prägung der Situation und nach den tatsächlichen oder planerischen Vorbelastungen bestimmen.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 - 4 C 19.90 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1993, 1184 = juris Rdnr. 22 m. w. N.
Die Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) enthält keine Vorschriften zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen. Bei den in Nr. 5.4.7.1 der TA Luft für die Errichtung von Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Nutztieren geregelten Mindestabständen, die in Form einer Kurve dargestellt werden und sich nach der in der Anlage vorgesehenen Tierlebendmasse in Großvieheinheiten richtet, handelt es sich, wie sich aus Nr. 1 und der Überschrift des 5. Abschnitts der TA Luft ergibt, um Anforderungen zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen. Die Einhaltung der Mindestabstände der TA Luft ist deshalb zwar ein Indiz dafür, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG auftreten. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Betreiber seine Schutzpflicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG nicht erfüllt, wenn die Mindestabstände nicht eingehalten werden. Im Übrigen finden die in der TA Luft geregelten Mindestabstände nach Nr. 5.4.7.1 der TA Luft nur Anwendung auf vorhandene oder in einem Bebauungsplan festgesetzte Wohnbebauung, also nicht auf - wie hier - außerhalb eines Bebauungszusammenhangs im Außenbereich gelegene Einzelhäuser.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rdnr. 36 ff. m. w. N.
Bei der Beurteilung, ob Geruchsbelastungen erheblich im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind, kann - bis zum Erlass bundesrechtlicher Vorschriften - auf die Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) in der Fassung vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008 (nunmehr anwendbar nach Maßgabe des Runderlasses des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW - V-3-8851.4.4 - vom 5. November 2009, MBl. NRW. S. 529) zurückgegriffen werden.
In der Rechtsprechung ist geklärt, dass die Geruchsimmissions-Richtlinie sowie die VDI-Richtlinien 3471 und 3472 (Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine bzw. Geflügel) bei der tatrichterlichen Bewertung der Erheblichkeit von Geruchsbelastungen als Orientierungshilfe herangezogen werden können; sie enthalten technische Normen, die auf den Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben.
Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht (ZfBR) 2010, 792 = juris Rdnr. 3, und vom 7. Mai 2007 - 4 B 5.07 -, Baurechtssammlung (BRS) 71 Nr. 168 = juris Rdnr. 4; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, Recht der Landwirtschaft (RdL) 2011, 36, vom 10. Mai 2010 - 8 B 992/09 -, juris Rdnr. 40, vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, O1. -Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 2010, 277 = juris Rdnr. 30, vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rdnr. 8, und vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rdnr. 57.
Eine Begutachtung nach Regelwerken ohne rechtliche Verbindlichkeit wie der GIRL ist jedoch nur ein Kriterium zur Bewertung von Geruchsimmissionen. Namentlich darf sich die Beurteilung von Geruchsimmissionen nicht in jedem Fall allein an den in der GIRL festgelegten Immissionswerten für die Geruchshäufigkeit orientieren. Darüber hinaus hat zur Frage der Zumutbarkeit jeweils eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2010 - 4 B 29.10 -, juris Rn. 3; OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, RdL 2011, 36, vom 23. März 2009 - 10 B 259/09 -, juris Rdnr. 10, vom 20. September 2007 - 7 A 1434/06 -, BRS 71 Nr. 58 = juris Rdnr. 59, und vom 10. Februar 2006 - 8 A 2621/04 -, NWVBl. 2006, 337 = juris Rdnr. 12.
Demgemäß legt Nr. 3.1 Abs. 1 der GIRL in Tabelle 1 für verschiedene Nutzungsgebiete Immissionswerte für die Beurteilung von Geruchsimmissionen fest und bestimmt Nr. 3.1 Abs. 4 der GIRL, dass Geruchsimmissionen in der Regel durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt werden. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist gemäß Nr. 3.1 Abs. 5 der GIRL aber auch die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nr. 5 der GIRL für den jeweiligen Einzelfall bestehen.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, RdL 2011, 36 m. w. N.
Zur Ermittlung der zu erwartenden Geruchshäufigkeit bedarf es grundsätzlich - vorbehaltlich von hier nicht vorliegenden Ausnahmen - einer Prognose, bei der aus der Vor- und der Zusatzbelastung im Wege einer Ausbreitungsrechnung die voraussichtliche Gesamtbelastung ermittelt wird.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 29. Oktober 2010 - 2 A 1475/09 -, RdL 2011, 36 und vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl 2010, 277.
Nach Nr. 3.1 Tabelle 1 der GIRL gilt für Wohn-/Mischgebiete ein Immissionswert (IW) von 0,10 (10% Jahresgeruchsstunden) und für Gewerbe-/Industriegebiete ein Immissionswert von 0,15 (15% Jahresgeruchsstunden). Für Dorfgebiete gilt ebenfalls ein Immissionswert von 0,15; einen Immissionswert für den Außenbereich regelt die GIRL nicht ausdrücklich. Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechts den einzelnen Spalten der Tabelle 1 zuzuordnen. In der Begründung und in den Auslegungshinweisen zu Nr. 3.1 GIRL ist erläuternd ausgeführt, dass das Wohnen im Außenbereich mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch verbunden sei. Vor diesem Hintergrund sei es „möglich, unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalls bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich einen Wert bis zu 0,25 für landwirtschaftliche Gerüche heranzuziehen.“
Aufgrund der Lage ihres Hausgrundstücks im Außenbereich sind den Klägern außenbereichstypische Belästigungen wie etwa Gerüche und Lärm grundsätzlich zumutbar. Die Kläger können gegenüber den geltend gemachten Beeinträchtigungen nicht denselben Schutzstandard beanspruchen wie Bewohner einer geschlossenen Ortslage. Der Außenbereich ist bauplanungsrechtlich nur ausnahmsweise für Wohnnutzungen, in erster Linie aber als Standort für stark emittierende Betriebe vorgesehen (vgl. § 35 Abs. 1 BauGB). Im typischerweise landwirtschaftlich genutzten Außenbereich muss mit Lärm und Gerüchen gerechnet werden, die durch Tierhaltung, Dungstätten, Güllegruben und dergleichen üblicherweise entstehen. Sie sind typische Begleiterscheinungen der zulässigen landwirtschaftlichen Nutzung, so dass der Eigentümer eines Wohnhauses in der Regel nicht verlangen kann, von den mit der Tierhaltung verbundenen Immissionen verschont zu bleiben.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Januar 2010 - 8 B 1015/09 -, NWVBl 2010, 277 m. w. N.; OVG NRW, Urteil vom 25. März 2009 - 7 D 129/07.NE -, RdL 2009, 174.
Atypische Verhältnisse, die gemäß Nr. 5 der GIRL aufgrund einer Beurteilung im Einzelfall einen abweichenden Immissionswert rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Besondere Umstände, aus denen sich eine besondere Schutzwürdigkeit oder -bedürftigkeit des Grundstücks und daraus folgend ein niedrigerer Immissionswert ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Auch die Hedonik und Intensität der zu erwartenden Gerüche sowie die jahres- und tageszeitliche Verteilung der Geruchsimmissionen begründen keine atypischen Verhältnisse. Zu erwarten sind vielmehr Gerüche, die für eine landwirtschaftliche Nutzung typisch sind und in der GIRL (vgl. Nr. 4.6 der GIRL) ausdrücklich angesprochen werden. Es handelt sich insbesondere nicht um Ekel oder Übelkeit auslösende Gerüche. Aufgrund des Umstandes, dass alle Ställe mit Zwangsentlüftungsanlagen ausgestattet sind, ist auch nicht zu erwarten, dass zu bestimmten, besonders schutzbedürftigen Jahres- oder Tageszeiten regelmäßig besonders hohe Immissionen zu befürchten sind.
Hiervon ausgehend wird der in der GIRL für den Außenbereich im Einzelfall als zumutbar in Betracht kommende Immissionswert (bis zu 25%) deutlich unterschritten; es wird sogar der für Dorfgebiete vorgesehene Immissionswert von 15% der Jahresgeruchsstunden unterschritten.
Durch die Genehmigung ist sicher gestellt, dass ein Immissionswert von 0,15 am Grundstück der Kläger eingehalten wird. Die Geruchsimmissionsprognose des Ingenieurbüros V1. und Q1. vom 28. Juli 2009 in Verbindung mit der Ergänzung vom 2. Juli 2010 sowie einer auf Aufforderung des Gerichts vom Beigeladenen mit Schriftsatz vom 1. April 2011 übersandten Nachberechnung (Gerichtsakte Bl. 139) entspricht den Anforderungen der GIRL in der derzeit gültigen Fassung.
Nach dem Ergebnis dieser Prognose ist am Grundstück der Kläger mit einer Geruchsgesamtbelastung von nicht mehr als 13% der Jahresstunden zu rechnen, wenn für die Abluftreinigungsanlage des neu zu errichtenden Stalls (Betriebseinheit 15) eine Geruchsminderung von 70% angesetzt wird. Dies ergibt sich aus der Immissionsprognose vom 28. Juli 2009 in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme des Ingenieurbüros vom 2. Juli 2010. Nach der mit dieser Stellungnahme übersandten Karte hat die Berechnung des Ingenieurbüros eine Geruchsstundenhäufigkeit von nur 12 und 13% ergeben. Damit wird der zulässige Immissionswert in jedem Fall deutlich unterschritten.
Das LANUV hat die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität der Geruchsimmissionsprognose mit Schreiben vom 2. Juli 2010 bestätigt. Das LANUV hat allerdings unter Ziff. 7 im Kapitel Immissionsprognose (S. 4 der Stellungnahme) bemerkt, dass nach der TA Luft die Berücksichtigung des Gebäudeeinflusses durch ein diagnostisches Windfeldmodel gerechtfertigt sei, wenn die Schornsteinhöhe mindestens das 1,2-fache der Gebäudehöhe betrage, wobei Gebäude mit einem Abstand bis zum 6-fachen der Schornsteinhöhe zu betrachten seien. Bei den vorliegenden Quellen sei diese Bedingung nicht in allen Fällen erfüllt. Als pragmatische Lösung werde in solchen Fällen die Berücksichtigung der Quelle als vertikale Linienquelle ohne weitere Berücksichtigung der Gebäude vorgeschlagen. Dies führe generell zu niedrigeren Belastungen im direkten Umfeld und zu höheren Belastungen in größerer Entfernung. Daraufhin hat das Ingenieurbüro die Ergebnisse einer Neuberechnung ausgehend von vertikalen Linienquellen ohne Berücksichtigung der Gebäude vorgelegt. Danach ergibt sich bei einer Berücksichtigung einer 100-prozentigen Geruchsminderung durch die Abluftreinigungsanlage des neuen Stalls für die Quadranten im Bereich des klägerischen Grundstücks eine Geruchsstundenhäufigkeit von 11%. Dieser Wert liegt ein Prozentpunkt über dem Wert, den das Ingenieurbüro zuvor unter Verwendung des diagnostischen Windfeldmodells errechnet hatte (10 bzw. 11%), bzw. entspricht diesem Wert. Die am 1. April 2011 übersandten Ergebnisse einer Nachberechnung für den Fall einer 70-prozentigen Geruchsminderung nach dieser Berechnungsmethode ergibt eine Geruchsstundenhäufigkeit von 12 und 13%. Dies entspricht den Ergebnissen der ursprünglichen Berechnung auf der Grundlage eines diagnostischen Windfeldmodells.
Die von den Klägern gegen die Plausibilität der Geruchsimmissionsprognose erhobenen Rügen greifen nicht durch.
Die Kläger rügen auf der Emissionsseite, es sei in der Stellungnahme des Ingenieurbüros vom 2. Juli 2010 nicht erläutert worden, woraus eine Geruchsminderung für den neuen Stall von 70% resultieren solle. Der Produktbeschreibung des Herstellers des Abluftwäschers sei nicht zu entnehmen, dass die in der Nebenbestimmung Ziff. 4.5 des angefochtenen Bescheides geforderte Reduzierung der Geruchsimmissionen um mindestens 70% gewährleistet sei.
Diese Rüge ist unberechtigt. Dem Beigeladenen ist mit der Nebenbestimmung Ziff. 4.3 verbindlich aufgegeben worden, dass der neue Stall (Betriebseinheit 15) mit einer Zwangsentlüftungsanlage auszurüsten ist und dass die durch diese Anlage erfasste Stallluft nur über den vorgesehenen Abluftwäscher ins Freie geleitet wird. Nach der Nebenbestimmung Ziff. 4.5 ist der Abluftwäscher so auszulegen und zu betreiben ist, dass die Geruchsimmissionen im Rohgas um mindestens 70% reduziert werden. Der typische Rohgasgeruch darf im Reingas nicht mehr wahrnehmbar sein.
Ob diese im Genehmigungsbescheid festgesetzten Vorgaben auch in der Praxis eingehalten werden, ist primär eine Frage des Vollzugs und der Überwachungspflichten der hierfür zuständigen Behörden. Im Genehmigungsverfahren kommt dem jedoch insoweit eine Bedeutung zu, dass im Rahmen einer Prognose zu prüfen ist, ob die festgesetzten Werte in der Praxis grundsätzlich eingehalten werden können und voraussichtlich auch eingehalten werden. Dies ist hier der Fall. Nach der Beschreibung des Abluftwäschers der Firma E1., die als Anlage Nr. 7 Bestandteil der angefochtenen Genehmigung ist, wird der Geruch mittels der Wäschesection durch das Filtermaterial gemindert. Im Reingas sei kein Rohgasgeruch wahrnehmbar. Die Geruchskonzentration im Reingas sei kleiner/gleich 300 GE (Geruchseinheiten)/m³ mit einem Abscheidegrad bis 90%. Auch nach dem DLG-Prüfbericht 5879 (Anlage Nr. 8 des Bescheide), der die Abluftreinigungsanlage „C1. D1. B4. Kombiwäscher „der Firma E1. betrifft, haben Emissionsmessungen bei einem Rohgas-Mittelwert von 782 GE/m³ einen Reingas-Mittelwert von 178 GE/m ³, also eine Reduzierung um ca. 77%, ergeben. Rohgasgeruch war im Reingas nicht wahrnehmbar. Dies zeigt, dass die verbindlich geforderte 70-prozentige Geruchsminderung durch den Abluftwäscher technisch möglich und realistisch ist.
Die Einhaltung der vorgeschriebenen Werte für die Geruchsminderung ist zudem dadurch gewährleistet, dass dem Beigeladenen unter Ziff. 4.9 der Nebenbestimmungen der Genehmigung aufgegeben worden ist, frühestens einen Monat und spätestens drei Monate nach der ersten Aufstallung in dem neuen Stall durch Messungen einer nach § 26 BImSchG bekannt gegebenen Messstelle feststellen zu lassen, ob die Festlegungen in Nebenbestimmung Ziff. 4.5 eingehalten werden. Dies erleichtert der Beklagten die zeitnahe Überwachung der Anlage und ermöglicht insbesondere eine Kontrolle, ob der Abluftwäscher überhaupt funktionstüchtig ist.
Die verbindliche Festlegung weiterer Emissions- oder sogar Immissionsmessungen können die Kläger hingegen nicht verlangen. Solche Messungen sind lediglich ein Mittel der Kontrolle, ob die Vorgaben der Genehmigung auch in Zukunft eingehalten werden. Sie sind hingegen keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung. Dies gilt auch für Vorgaben zur Wartung des Abluftwäschers.
Ganz abgesehen davon, würden die Kläger auch dann nicht in ihren Rechten beeinträchtigt, wenn der neue Stall (Betriebseinheit 15) nicht mit einem geruchsmindernden Abluftwäscher ausgestattet würde. Nach den Ergebnissen der Immissionsprognose vom 28. Juli 2009 ist auch dann in den an das Grundstück der Kläger angrenzenden Quadranten nur eine Geruchsstundenhäufigkeit von 13 und 14% zu erwarten. Selbst wenn sich dieser Wert aufgrund der oben dargestellten Alternativberechnung um einen Prozentpunkt erhöhen würde, wären die Immissionswerte selbst für ein Dorfgebiet noch eingehalten.
Im Hinblick auf die Immissionsberechnung bestreiten die Kläger, dass die der Berechnung zugrunde gelegten Wetterdaten der Wetterstation B2. aus der Zeitreihe des Jahres 2005 auf den hier betroffenen Standort übertragbar seien. Diese Rüge greift ebenfalls nicht durch. Nach Nr. 1 Abs. 7 der GIRL ist die Geruchsausbreitungsberechnung auf der Basis der Richtlinie VDI 3788 Blatt 1, des Anhangs 3 der TA Luft und der speziellen Anpassungen für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U. 2004) durchzuführen. Nach Ziff. 8.1 der Anlage 3 zur TA Luft sollen die bei der Ausbreitungsberechnung verwendeten meteorologischen Daten für den Standort der Anlage charakteristisch sein. Wenn keine Messungen am Standort der Anlage vorliegen, sind Daten einer geeigneten Station des Deutschen Wetterdienstes oder einer anderen entsprechend ausgerüsteten Station zu verwenden. Die Übertragbarkeit dieser Daten auf den Standort ist zu prüfen. In der Immissionsprognose (S. 15 f.) wird dargelegt, dass die Standorte der Wetterstation B2. und des Vorhabens in topographisch vergleichbar gegliedertem Gelände lägen und vorwiegend von einer landwirtschaftlichen bzw. in Bezug auf die Rauigkeit kongruenten Landnutzung umgeben seien. Die Ausbreitungsklassen-Zeitreihe (AKTerm) des Jahres 2005 sei unter Berücksichtigung der vorliegenden meteorologischen Zeitreihen der Wetterstation B2. aus anderen Jahren und den Ausbreitungsklassen-Statistiken weiterer umliegender Stationen als repräsentativ für die Wetterstation B2. und damit auch für den Anlagenstandort in I. anzusehen. Das LANUV hat in seiner Stellungnahme vom 2. Juli 2010 die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten der Station B2. aus dem Jahr 2005 auf den Anlagenstandort für plausibel erklärt. Im Gerichtsverfahren hat der Beigeladene ergänzend dargelegt, dass die Wetterstation B2. ca. 7,5 km nordwestlich des Anlagenstandortes liege; bei einem Vergleich der topographischen Struktur sowie der jeweils vorherrschenden Bebauung und des Bewuchses seien keine Anhaltspunkte gegeben, die einer Verwendung der Ausbreitungsklassenstatistik der Station B2. entgegenstehen könnten. Die Windrichtungsverteilung entspreche den regionaltypischen Verhältnissen, die auch den Stationen X3. und L2. B3. entnommen werden könnten. Die Argumentation für die Übertragbarkeit der meteorologischen Daten ist nachvollziehbar und überzeugend. Die Entfernung zwischen B2. und dem Standort der Anlage in I. ist verhältnismäßig gering. Die Topographie ist vergleichbar. Insbesondere liegen I. und B2. im Flachland, so dass nicht zu erwarten ist, dass Windrichtung und Windstärke durch Höhenunterschiede im Gelände - etwa durch Fallwinde - erheblich beeinflusst werden. Die Kläger haben keine substantiierten Einwände gegen die Prüfung erhoben, sondern lediglich pauschal die Übertragbarkeit bestritten. Vor diesem Hintergrund ist die Einholung eines weiteren Gutachtens etwa des Deutschen Wetterdienstes nicht erforderlich.
Die Kläger rügen weiter, dass der Wald nördlich des Anlagenstandortes nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Auch diese Rüge greift nicht durch. Der Bewuchs und die Bebauung des Geländes wird bei der Ausbreitungsberechnung nach Ziff. 5 des Anhangs 3 zur TA Luft durch den Faktor der mittleren Rauigkeitslänge zo berücksichtigt, der aus den Landnutzungsklassen des CORINE-Katasters zu bestimmen ist. Die Rauigkeitslänge ist für ein kreisförmiges Gebiet um den Schornstein festzulegen, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe des Schornsteins beträgt. Setzt sich dieses Gebiet aus Flächenstücken mit unterschiedlicher Bodenrauigkeit zusammen, so ist eine mittlere Rauigkeitslänge durch arithmetische Mittelung mit Wichtung entsprechend dem jeweiligen Flächenanteil zu bestimmen und anschließend auf den nächstgelegenen Tabellenwert zu runden. Variiert die Bodenrauigkeit innerhalb des zu betrachtenden Gebietes sehr stark, ist der Einfluss des verwendeten Wertes der Rauigkeitslänge auf die berechneten Immissionsbeiträge zu prüfen. Hiervon ausgehend geht der Gutachter in der vorliegenden Geruchsimmissionsprognose von einer Bodenrauigkeit von 0,2 m aus. Hierzu wird ausgeführt, dass die durch das CORINE-Kataster bestimmte Rauigkeitslänge auf diesen Wert reduziert wird, um die vorhandene Struktur angemessen zu berücksichtigten. Das LANUV hat in seiner Stellungnahme vom 2. Juli 2010 unter Ziff. 5 des Kapitels Immissionsprognose dies auch vor dem Hintergrund der explizit berücksichtigten Bebauung für plausibel angesehen. Dies ist nicht zu beanstanden. Bereits die Vorgaben des Anhangs 3 der TA Luft zeigen, dass die Bodenrauigkeit bis zu einem gewissen Grad nur pauschalierend zu betrachten ist. Nicht jede besondere Geländestruktur ist zu berücksichtigen. Die Bildung von Mittelwerten ist vorgesehen. Nach der Tabelle 14 des Anhangs 3 der TA Luft entspricht eine Bodenrauigkeit von zo = 0,2 m folgenden Nutzungen: Straßen, Eisenbahn; Städtische Grünflächen; Weinbauflächen; Komplexe Parzellenstrukturen; Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung; Heiden und Moorheiden; Felsflächen ohne Vegetation. Dies zeigt, dass mit dem Wert von zo = 0,2 m unterschiedliche Strukturen beschrieben werden, insbesondere landwirtschaftlich genutzte Flächen, wie sie in der näheren Umgebung der Anlage ganz überwiegend zu finden sind. Hinzu kommt, dass die Bodenrauigkeit nur für eine kreisförmiges Gebiet um die Quelle festzulegen ist, dessen Radius das 10fache der Bauhöhe der Quelle beträgt. Nach dem „Leitfaden zur Erstellung von Immissionsprognosen mit AUSTAL2000 in Genehmigungsverfahren nach TA Luft und der Geruchsimmissions-Richtlinie“ des LANUV (Merkblatt 56, Essen 2006, S. 29) wird bei Quellhöhen < 20 m ein Radius von mindestens 200 m empfohlen. Hiervon ausgehend wäre der Wald schon deshalb nicht zu berücksichtigen, weil er erst nördlich des E.-I.-L1. mehr als 200m nördlich des Mittelpunktes der Anlage beginnt.
Die Verletzung sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften zulasten der Kläger, insbesondere des Bauordnungs- oder Bauplanungsrechtes, ist ebenso wenig festzustellen.
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge aus §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzuweisen. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO den Klägern aufzuerlegen, da der Beigeladene einen Sachantrag gestellt und sich damit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 der Zivilprozessordnung.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch die Kammer nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO sind nicht gegeben.
Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter folgender
Beschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes in Anlehnung an Nr. 19.2 und 2.2.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung von Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327) auf 15.000,00 Euro festgesetzt.
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