Schließung eines Flughafens wegen Schneefällen ist kein beherrschbares Risiko

Gericht

AG Rostock


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

03. 11. 2010


Aktenzeichen

47 C 240/10


Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Klägerin fordert Minderung und Schadensersatz wegen eines verspäteten Hinfluges zu einer Kreuzfahrtreise.

Der Ehemann der Klägerin buchte für sich und die Klägerin (die Klägerin trägt vor, beide hätten die Reise gebucht) bei der Beklagten eine Kreuzfahrt vom 21.12. 2009 bis 4.1.2010 in Südostasien zum Preis inkl. An- und Abreisepaket in Höhe von insgesamt 8.722,- EUR. Der Hinflug sollte am 20.12.2009 von Düsseldorf über Dubai nach Bangkok erfolgen. Gebucht war ein Flug mit der Fluggesellschaft E. Bei dieser Fluggesellschaft handelt es sich um eine Fluggesellschaft mit exzellentem Service und großzügiger Beinfreiheit.

Wegen sehr starker Schneefälle, die nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin nur in Düsseldorf stattfanden, wurde der Flughafen Düsseldorf am 20.12.2009 gesperrt. Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann um 21:30 Uhr nach Hause geschickt wurden, erhielten sie über das vermittelnde Reisebüro im Laufe des 21.12.2009 die Mitteilung, dass nunmehr am 22.12.2009 um 17:00 Uhr ein Flug nach Thailand erfolgen solle. Dieser Flug wurde später wieder abgesagt. Die Klägerin, deren Ehemann und weitere Gäste übernachteten im H.- Hotel Düsseldorf. Am 23.12.2009 flogen die Klägerin, ihr Ehemann und weitere Gäste um 8:30 Uhr von Düsseldorf aus nach Ho Chi Minh Stadt. Die Beklagte hatte einen Charterflug mit der Fluggesellschaft A. organisiert. Diese Fluggesellschaft gehört zum T.- Konzern. Während des Fluges wurden gefrorene Sandwiches serviert. Die Klägerin und ihr Ehemann kamen am 24.12.2009 in Ho Chi Minh Stadt an. Hier hatten sie Gelegenheit, in einem Hotel zu frühstücken und sich umzuziehen. Sie wurden dann zum Schiff gebracht, wo sie eincheckten.

Die Beklagte erstattete der Klägerin und ihrem Ehemann deren zusätzlichen Kosten für Verpflegung, Unterbringung, Taxifahrten und anteilige Telefonkosten in Höhe von insgesamt 130,50 EUR. Weiterhin ersetzte sie der Klägerin und ihrem Ehemann teilweise den Reisepreis durch Einrichtung eines entsprechenden Bordguthabens in Höhe von insgesamt 1.364,- EUR, basierend auf dem dreifachen Tagesreisepreis des Preises für den Urlaub auf dem Schiff inkl. Treibstoffzuschlag.

Die Klägerin fordert für sich und ihren Ehemann Ersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 691,66 EUR (50 % des hälftigen jeweiligen Tagespreises für 3 Tage). Wegen des Fluges mit einer anderen als der gebuchten Fluggesellschaft macht sie eine Reisepreisminderung von 20 % auf den Tagespreis, d. h. in Höhe von 45,45 EUR je Person, insgesamt 90,80 EUR geltend.

Der Ehemann der Klägerin trat seine Ansprüche an die Klägerin ab.

Die Klägerin behauptet, die Fluggesellschaft A. habe keinerlei Service geboten. Bei der Fluggesellschaft E. handele es sich um eine vielfach höherwertigere Fluggesellschaft. Weiter erklärt sie, die Beklagte habe nicht alles

Mögliche getan, um sie und ihren Ehemann am darauffolgenden Tag, gegebenenfalls von einem anderen Flughafen aus, auf einen anderen Flug umzubuchen. Darüber hinaus sei es möglich gewesen, einzelne Reisende auf andere Maschinen umzubuchen, da dies das übliche Prozedere bei Flugausfällen sei. …

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte gem. §§ 812 Abs. 1, 651d Abs. 1, 398 BGB einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises für die für den Zeitraum vom 20.12.2009 bis 5.1.2010 in Südostasien von der Beklagten gebuchte Kreuzfahrtreise in Höhe von 22,74 EUR. Die Reise war gem. § 651c Abs. 1 BGB mangelhaft, weil der Hinflug nicht mit der gebuchten Fluggesellschaft (E.) sondern mit einer anderen Fluggesellschaft (A.) durchgeführt wurde.

Durch die Buchung eines Hinfluges mit der Fluggesellschaft E. sicherte die Beklagte der Klägerin bzw. ihrem Ehemann die Durchführung des Fluges mit einer bestimmten Fluggesellschaft zu (vgl. MünchKomm/Tonner BGB [5. Aufl.], § 651e Anh. Rn. 74 m.w.N.).

Der vorstehend beschriebene Mangel rechtfertigt eine Minderung im Umfang von 5 % des Tagesreisepreises (a.a.O.). Hier berechnet die Klägerin den Tagesreisepreis mit 227,25 EUR/Person und die Beklagte mit 227,33 EUR/Person. Das Gericht folgt der Berechnung des Tagesreisepreises der Beklagten. Ausgehend von dem vorgenannten Tagesreisepreis errechnet sich bei einem 5 %igen Minderungsanspruch ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 11,37 EUR/Person bzw. insgesamt 22,74 EUR.

Ein höherer Minderungsanspruch lässt sich dem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen. Soweit die Klägerin meint, es sei gerichtsbekannt, dass die Fluggesellschaft E. einen deutlich höherwertigeren Service etc. anbiete, ist dieser Vortrag zumindest hinsichtlich des Bekanntseins beim Gericht offenkundig ins Blaue hinein erfolgt. Zu konkreten Unterschieden im Service trägt die Klägerin nicht vor.

Soweit ihr und ihrem Mann jeweils ein halbgefrorenes Sandwich serviert wurde, handelte es sich hierbei um eine hinzunehmende Unannehmlichkeit.

Letztlich ist die Klägerin auch aktivlegitimiert. Diese ließ sich die Ansprüche ihres Ehemannes abtreten.

Hinsichtlich der Forderung auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit ist die Klage unbegründet.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 651f Abs. 2 BGB sind nicht erfüllt. Denn die verzögerte Anreise ist nicht auf ein Verschulden der Beklagten zurückzuführen. Gemäß § 651f Abs. 1, 2. Hs. BGB wird vermutet, dass ein Reisemangel vom Reiseveranstalter zu vertreten ist. Vorliegend müsste die Beklagte beweisen, dass der Flugausfall ohne ihr Verschulden erfolgte. Ein solcher Beweis ist nicht notwendig. Denn unstrittig konnte der Flug nach Bangkok aufgrund der Schließung des Flughafens Düsseldorf nach sehr starken Schneefällen nicht stattfinden. Der Mangel, d. h. der nicht stattgefundene Flug, ist daher auf eine objektive Tatsache zurückzuführen, für die weder die Beklagte noch ihre Erfüllungsgehilfen einzustehen haben. Insbesondere ist nicht festzustellen, dass die Beklagte oder deren Erfüllungsgehilfen vor dem Hintergrund, dass im Winter mit Schneefällen zu rechnen ist, das Risiko des Mangels (Flugausfall wegen Schneefalls) übernommen hatten. Starke Schneefälle, die zur Schließung eines Flughafens führen, stellen kein beherrschbares Risiko dar. Im Übrigen muss sich auch jeder Reisende, der im Winter eine Beförderung in Anspruch nimmt, darüber im Klaren sein, dass es witterungsbedingt zu Verzögerungen oder Ausfällen kommen kann.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Beklagte alles ihr Zumutbare unternommen habe, so schnell wie möglich für eine Ersatzbeförderung der Klägerin und ihres Ehemanns von Düsseldorf nach Bangkok zu sorgen. Schon nach dem unstrittigen Sachvortrag der Parteien war dies sowohl für den 21.12. als auch für den 22.12. nicht möglich. Da zudem das Schiff der Beklagten am Abend des 23.12.2009 aus dem Hafen von Bangkok auslief, wäre eine spätere Beförderung nach Bangkok wenig sinnvoll gewesen.

Letztlich bestehen auch keine Zweifel daran, dass angesichts der besonderen Situation der Schließung eines Flughafens, die zudem zeitlich mit erhöhtem Reiseverkehr unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen zusammenfiel, die Organisation von Ersatzflügen, sei es durch einzelne Sitzplatzbuchungen oder des Charterns eines kompletten Flugzeuges, besonders schwierig war. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht