Lärm durch Windkraftanlage
Gericht
VG Darmstadt
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
02. 02. 2011
Aktenzeichen
6 K 877/09.DA
2. Zur Anwendbarkeit der TA - Lärm auf Windkraftanlagen und zu Fragen der optisch bedrängenden Wirkung einer Windkraftanlage sowie zum Wertverlust bei in Sichtbeziehung zu ihr gelegenen Wohngrundstücken.
Tatbestand:
1Die Kläger wenden sich gegen die der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen vom Beklagten mit Genehmigungsbescheid vom 09.06.2009 erteilte und auf die Beigeladene übertragene immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von zwei Windkraftanlagen auf dem Wberg in Xstadt.
2Der Wberg ist im Regionalplan Südhessen 2000 als „Bereich für die Windenergienutzung < 10 ha – Bestand“ eingetragen und keinem besonderen Schutzgebiet zugewiesen. Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen hat dort bereits seit Oktober 1999 zwei Windkraftanlagen vom Typ Fuhrländer 1000 betrieben, die eine Nabenhöhe von etwa 70 m und einen Rotordurchmesser von 54 m aufweisen.
3In Planung der Erweiterung dieser Windenergienutzung beantragte sie mit Formularantrag vom 20.12.2008 für die Errichtung zweier weiterer Windkraftanlagen vom Typ Enercon E-82 mit jeweils einer Nabenhöhe von etwa 138 m, einem Rotordurchmesser von 82 m und einer Leistung von 2 MW nebst Nebenanlagen die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 60 HBO und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Einbeziehung der Entscheidung nach § 64 HBO. Dem Antrag waren verschiedene Gutachten, unter anderem über die Schallimmissionsprognose, und eine Sichtbeziehungsstudie beigefügt. Wegen des Ergebnisses der Begutachtungen wird auf die zu den Behördenvorgängen gereichten Gutachten, insbesondere der IEL GmbH vom 09.05.2008, Bezug genommen.
4Der Standort der streitbefangenen, zwischenzeitlich auch errichteten und im Probebetrieb befindlichen Anlagen liegt 1.330 m bzw. 1.470 m vom Grundstück der Kläger entfernt.
5Nachdem die zu beteiligenden Stellen angehört worden waren, sich Bürger und Gemeinden zur Sache gemeldet hatten und die Stadt Xstadt ihre hierauf bezügliche Zustimmung erteilt hatte, erteilte das Regierungspräsidium Darmstadt der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit Bescheid vom 09.06.2009 die beantragte Genehmigung. Wegen der mit ihr verbundenen Nebenbestimmungen auch zur Umsetzung der Äußerungen der Fachbehörden wird auf den Genehmigungsbescheid Bezug genommen.
6Die Kläger haben daraufhin am 03.07.2009 (Eingang bei Gericht) Klage erhoben.
7Zur Begründung führen sie aus, die Behörde habe verkannt, dass der Standort der streitbefangenen Windkraftanlagen, wenn auch noch nach dem Regionalplan Südhessen aus dem Jahr 2000 so nicht mehr nach dessen geplanter Fortschreibung für das Jahr 2010 als Vorrang- bzw. Vorbehaltsfläche für Windenergie ausgewiesen sei. Da diese Planung bereits gewisse Planreife erlangt habe, seien die dortigen Maßgaben im Genehmigungsverfahren zu beachten. Außerhalb von Vorrang- bzw. Vorbehaltsflächen für Windenergie verbiete sich indes eine Genehmigung für Windkraftanlagen. Weiterhin berufen sich die Kläger darauf, dass auf sie wegen der relativ geringen Entfernung der Windkraftanlagen zu ihrem Wohnhaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine erhebliche, unzumutbare Belastung durch von den Anlagen ausgehenden Lärmimmissionen zukomme. Die entsprechenden Prüfungen und Festlegungen des Regierungspräsidiums Darmstadt seien unzulänglich. Insoweit sei auch zu beanstanden, dass die Genehmigungsbehörde die im Genehmigungsverfahren vom Betreiber vorgelegten Schallgutachten nach einer schlichten Schlüssigkeitsprüfung übernehmen dürfe.
8Hierauf käme es indes letztlich nicht an, weil die Windkraftanlagen zwischenzeitlich errichtet seien, weshalb die von ihnen ausgehenden Lärmimmissionen durch eine sachverständige Lärmmessung ermittelt werden müssten.
9Weiterhin rügen die Kläger eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebotes der Rücksichtnahme. Eine solche ergebe sich aus von den genehmigten Windkraftanlagen ausgehenden, den Klägern nicht zumutbaren schädlichen Umwelteinwirkungen und einer fehlerhaften Abwägung der widerstreitenden Rechtsgüter durch die Behörde. So sei insbesondere in der Rechtsprechung anerkannt, dass Windkraftanlagen auch wegen der permanenten Drehung der Rotoren bedrängende Wirkung entfalten können. Von einer erheblichen Belästigung sei bei Abständen zu Wohnhäusern von weniger als 1.000 m auszugehen.
10Ferner stehe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Kläger durch den von den Anlagen ausgehenden Schattenwurf in einem über das zulässige Maß hinausgehenden Umfang beeinträchtigt werden. Auch die von den Anlagen ausgehende Infraschallbelastung habe das Regierungspräsidium Darmstadt nicht hinreichend berücksichtigt. Neueste Studien bewiesen, dass Windkraftanlagen Infraschall erzeugten, der zu enormen körperlichen Belastungen bis hin zu schwersten Erkrankungen führe. Des Weiteren habe die Behörde die sich auf das klägerische Grundstück auswirkenden Gefahren von Eiswurf nicht zutreffend gewürdigt und die wegen der Nähe zu den genehmigten Anlagen zu erwartende Minderung des merkantilen Wertes ihres Grundstücks völlig außer Acht gelassen. So sei bei Grundstücken, die weniger als 1.000 Meter entfernt von einer Windkraftanlage gelegen seien, ein Wertverlust von 20 – 30 % zu verzeichnen, sofern diese Grundstücke überhaupt noch veräußerbar seien. Wie das Bundesverwaltungsgericht in den sogenannten „Flughafen-Schönefeld-Urteilen“ ausgeführt habe, müsse im Rahmen einer Planung durch die öffentliche Hand das Problem der Wertminderung von Grundstücken in den Blick genommen und in die Interessenabwägung mit einbezogen werden.
11Schließlich sei auch noch zu bezweifeln, dass die Anlagen im Sinne des § 35 Abs. 1 Ziff. 5 BauGB der Nutzung von Windenergie dienten, weil es an der dafür erforderlichen Effizienz der Anlagen fehle.
12Wegen der weiteren Einzelheiten der Klagebegründung wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Kläger Bezug genommen.
13Nachdem die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen von der Klageerhebung Kenntnis erlangt hatte, beantragte sie mit Schreiben vom 30.07.2009 beim Regierungspräsidium Darmstadt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 09.06.2009. Wegen der Begründung des Antrages wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen. Mit Bescheid vom 01.09.2009 ordnete das Regierungspräsidium Darmstadt daraufhin die sofortige Vollziehung der mit Bescheid vom 09.06.2009 erteilten Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei Windkraftanlagen auf dem Wberg in Xstadt an. Wegen der Begründung wird auf den Bescheid Bezug genommen.
14Die Kläger haben hierauf am 15.09.2009 bei Gericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Klage gestellt. Zur Begründung führen sie ergänzend aus, dass von Windkraftanlagen neben dem „Dauergeräusch“ auch regelmäßig ein dauernd an- und abschwellender Heulton, sowie ein schlagartiges Geräusch durch die den Turm passierenden Rotorblätter ausgingen. Ferner habe der Beklagte bestehende Lärmvorbelastungen nicht hinreichend berücksichtigt. Auch sei die TA Lärm hinsichtlich Windkraftanlagen keine geeignete Grundlage für die Erstellung einer Schallprognose bzw. für die Ermittlung der zu erwartenden Schallimmissionen und deren Auswirkungen auf den Menschen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten ihres dortigen Vorbingens wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Kläger im Rechtsschutzverfahren Bezug genommen.
16Den Rechtsschutzantrag lehnte das Gericht im Verfahren 6 L 1287/09.DA mit Beschluss vom 20.10.2009 ab; die hierauf bezügliche Beschwerde der Kläger wurde vom Hess. Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 21.01.2010 (Az.: 9 B 2936/09) zurückgewiesen. Wegen der Begründung der Entscheidungen wird auf den jeweiligen Beschluss Bezug genommen.
17Die Kläger beantragen,
18den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 09.06.2009, Aktenzeichen IV/Da-43.1-53e621-Wberg 1- für die Errichtung und den Betrieb je einer Windkraftanlage auf dem Grundstück Flurstück Nr. 1/10 der Gemarkung Vstadt, Flur 18 des Typs ENERCON 82 mit einer Nennleistung von je 2 MW, einer Nabenhöhe von 138 m und einer Rotorblattlänge von ca. 41 m aufzuheben;
hilfsweise,
ein schalltechnisches Sachverständigengutachten darüber einzuholen, ob die beiden auf dem Grundstück Flur 18, Flurstück 1/10 der Gemarkung Vstadt errichteten und betriebenen Windkraftanlagen der Marke ENERCON E-82 von 22:00 bis 6:00 Uhr hinsichtlich ihrer Geräuschentwicklung den maximalen Nachtimmissionswert von 40 dB (A) am Grundstück der Kläger einhalten. Dem Sachverständigen solle aufgegeben werden, die Anlage selbst in Augenschein zu nehmen und die für die Beurteilung der Sachverständigenfrage erforderlichen Messungen durchzuführen. Von Seiten des Sachverständigen solle festgestellt werden, welche Werte sich unter Voll- bzw. Teillast ergeben, und inwieweit das Messergebnis abhängig von den Windrichtungen, den Windgeschwindigkeiten sowie den verschiedenen Jahreszeiten ist.
19Der Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
20die Klage abzuweisen.
21Der Beklagte vertritt zur Begründung die Auffassung, dass die Kläger aus der raumplanerischen Rechtssituation keine subjektiven Abwehrrechte herleiten könnten. Dessen ungeachtet laufe die Genehmigung auch nicht der aktuellen Planung der Fortschreibung des Regionalplans Südhessen/Regionalflächennutzungsplans zuwider. Im dortigen Abstands- und Ausschlusskatalog werde zwar der Abstand zu den Vorranggebieten Siedlung mit einem pauschalen Wert von 1.100 m berücksichtigt; es werde jedoch – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – im Bedarfsfalle eine Einzelfallprüfung vorgesehen. Der Abstand zwischen dem Wohnhaus der Kläger und dem Standort der genehmigten Windkraftanlagen betrage 1.330 m bzw. 1.470 m. Soweit das fragliche Gebiet nicht länger als Vorrangfläche für Windenergienutzung ausgewiesen sei, sei keine im Sinne des völligen Ausschlusses der Windenergienutzung bestehende Planreife erreicht. Weiterhin ist der Beklagte der Auffassung, dass das Lärmgutachten der IEL GmbH vom 09.05.2008 sachlich richtig sei und damit zur Grundlage seiner Entscheidung habe gemacht werden dürfen. Insbesondere handele es sich nicht um ein schlichtes Gefälligkeitsgutachten, sondern um ein Gutachten, das einer Überprüfung durch einen Diplom-Ingenieur des Beklagten mit langjähriger Fachkunde Stand halten könne. Aus dem Gutachten ergebe sich ferner auch nicht, dass die zulässigen Grenzwerte für Lärmimmissionen überschritten würden.
22Die klägerseitig befürchtete Beeinträchtigung durch Lichtimmissionen sei auszuschließen, weil die Befeuerung konstruktionsbedingt weder zur Aufhellung noch zur Blendung in der Nachbarschaft der Anlage führen könne.
23Die Gefahr eines (unzulässigen Ausmaßes an) Schattenwurf bestehe für das Grundstück der Kläger ebenfalls nicht, weil dieses im Verhältnis zum Standort der genehmigten Anlagen zu weit südlich stehe, um vom Schattenwurf der Anlagen überhaupt betroffen zu sein.
24Soweit die Kläger eine Gefährdung durch Infraschall befürchten, sei ihnen zwar zuzugestehen, dass Windkraftanlagen Infraschall erzeugten. Dieser liege jedoch deutlich unter der menschlichen Wahrnehmungsschwelle und stelle daher keine schädliche Umwelteinwirkung bzw. Gefahrenlage dar.
25Auch eine ernsthafte Gefahr durch Eiswurf bestehe nicht, wie sich an den seitherigen Erfahrungen weltweit zeige.
26Eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme sei ebenfalls nicht gegeben, weil die von den genehmigten Anlagen ausgehenden Umwelteinwirkungen den Klägern zumutbar seien. Insbesondere hätten die Anlagen in Bezug auf das klägerische Grundstück keine bedrängende Wirkung, die grundsätzlich als ausgeschlossen gelte, wenn der Abstand zwischen Wohnhaus und Anlage mindestens das Dreifache der Gesamthöhe beträgt, was vorliegend bei einer Gesamthöhe der Anlagen von ca. 180 m und einem Abstand von 1.330 m bzw. 1.470 m der Fall sei. Aber auch dann, wenn die geländebedingte Höhendifferenz mit den klägerseitig angegebenen Maßen eingerechnet werde, mithin von einer „Überragungshöhe“ von 349 m ausgegangen werde, wäre der vorgenannte Abstand der dreifachen Gesamthöhe bei weitem gewahrt. Ferner, so der Beklagte, ergebe sich auch aus den Einzelfallumständen keine bedrängende Wirkung der genehmigten Anlagen auf das klägerische Grundstück.
27Die von den Klägern behauptete Wertminderung ihres Grundstückes sei ebenfalls nicht dargetan. Dessen ungeachtet berühre die behördliche Zulassung eines Vorhabens in der Nachbarschaft, das zu Wertverlusten an einem Grundstück führt, grundsätzlich nicht den Schutzbereich des Eigentumsrechts. Der klägerseitig erhobene Einwand der fehlerhaften Interessenabwägung gehe fehl, weil im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, anders als im Planfeststellungsverfahren, nicht nur keine Interessenabwägung vorzunehmen sei, diese sei vielmehr ausgeschlossen.
28Schließlich ergebe sich, ausgehend von der Berechnungsweise der Fördergesellschaft Windenergie, dass ein Referenzertrag an Strom erzeugt werden wird, der den Betrieb der Anlagen als wirtschaftlich erscheinen lasse.
29Wegen der weiteren Einzelheiten der Klageerwiderung wird auf das schriftsätzliche Vorbringen des Beklagten einschließlich seines Vorbingens im Rechtsschutzverfahren Bezug genommen.
30Die Beigeladene nimmt ebenfalls zur Sache Stellung und schließt sich der Auffassung des Beklagten an. Wegen der Einzelheiten ihrer Stellungnahmen wird auf ihr schriftsätzliches Vorbringen einschließlich ihres Vorbingens im Rechtsschutzverfahren Bezug genommen.
31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten einschließlich der des vorausgegangenen Rechtsschutzverfahrens sowie auf den Inhalt der beigezogenen Behördenvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
32Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung der Errichtung und des Betriebs von zwei Windkraftanlagen vom Typ Enercon E-82 mit jeweils einer Nabenhöhe von etwa 138 m, einem Rotordurchmesser von 82 m und einer Leistung von 2 MW nebst Nebenanlagen auf dem Wberg in Xstadt mit Genehmigungsbescheid vom 09.06.2009 verletzt keine nachbarschützenden Vorschriften und auch nicht die Kläger in ihren subjektiven Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), was das Gericht im vorliegenden Verfahren allein zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen hat (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 30.09.1983 - 4 C 55/80).
33Als nachbarschützende Normen, auf deren Verletzung sich die Kläger berufen könnten, kommen hier § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und § 35 Abs. 3 Nr. 3 BauGB in Betracht, wobei auch eine als drittschützend anerkannte Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebotes der Rücksichtnahme zu prüfen ist.
34Nach diesen Vorschriften sind genehmigungsbedürftige Anlagen u. a. so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Schädliche Umwelteinwirkungen in diesem Sinne sind gemäß § 3 Abs. 1 BImSchG Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Ist die Erfüllung u. a. dieser Verpflichtung sichergestellt und stehen nicht andere öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, ist die Genehmigung nach § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, ohne dass noch Raum für weitere Güterabwägungen bestünde.
35Zur Überzeugung des Gerichts werden durch die streitbefangenen Windkraftanlagen keine für die Kläger als schädlich feststellbare Umwelteinwirkungen dieser Art hervorgerufen, worauf allein sich das Drittwiderspruchsrecht der Kläger erstrecken könnte.
36Es ist den Klägern zwar in ihrer Auffassung zu folgen, dass die von einer Windkraftanlage ausgehenden Geräuschimmissionen solche Umwelteinwirkungen sein können, doch nur, wenn sie ein schädliches Ausmaß erreichen.
37Wie das erkennende Gericht im vorausgegangenen Rechtsschutzverfahren (Az.: 6 L 1287/09.DA – Beschluss vom 20.10.2009) und ihm nachfolgend der Hess. Verwaltungsgerichtshof (Az.: 9 B 2936/09 – Beschluss vom 21.01.2010) in ihren Entscheidungen ausgeführt haben, richtet sich die Beurteilung der Schädlichkeit von Lärm in diesem Sinne nach der Sechsten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm) und die dort genannten Grenzwerte. Wegen der Anwendbarkeit dieses Regelwerks auch auf Windkraftanlagen, der Verwertbarkeit des für die Beurteilung der zu erwartenden von den streitbefangenen Windkraftanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen vorgelegten Lärmprognosegutachtens der IEL GmbH vom 09.05.2008 und der darauf gestützten Annahme, dass das klägerische Grundstück wegen dieser Geräuschimmissionen keiner schädlichen Schallbelastung ausgesetzt ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen. Das Gericht hält auch nach einer erneuten Prüfung der Sach- und Rechtslage an dieser Rechtsauffassung fest und folgt insbesondere nicht der Ansicht der Kläger, dass nunmehr zur Überprüfung der Einhaltung der relevanten Lärmpegel in Bezug auf das klägerische Grundstück eine sachverständige Lärmmessung einzuholen sei, nachdem die beiden Anlagen inzwischen errichtet und (probeweise) in Betrieb genommen worden seien.
38Einer solchen Lärmmessung bedarf es unabhängig von der Frage nicht, ob ihr Ergebnis nicht ohnehin nur eingeschränkt aussagekräftig wäre, weil sie nur im laufenden Betrieb der Windräder, mithin bei stärkerem Wind, möglich wäre und die Messdaten daher durch die natürlichen Windgeräusche, Blätterrauschen und ähnliches verfälscht werden würden. Wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29.08.2007 (Az.: 4 C 2/07– BVerwGE 129, 209) ausgeführt hat, ist der Bauherr nämlich zunächst „nur“ verpflichtet, „Art und technische Merkmale der geplanten Anlage darzustellen und nachzuweisen, dass diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen hervorruft“. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof München hat, dem folgend, in seinem Beschluss vom 25.10.2010 (Az.: 22 ZB 10.1622 – juris) daher zutreffend ausgeführt, dass die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen in der Regel durch eine Prognose der zu erwartenden Lärmimmissionen (Nr. 3.2.1 Abs. 6 Satz 1 der TA Lärm) erfolgt und nicht durch Lärmmessungen nach der Errichtung der betreffenden Anlage. Dies könne auch nicht anders sein, „weil für die Entscheidung über Drittanfechtungsklagen gegen die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung die Sachlage im Zeitpunkt der Erteilung dieser Genehmigung maßgeblich ist (BVerwG vom 11.1.1991 NVwZ-RR 1991, 236). Zu diesem Zeitpunkt sind aber regelmäßig allein Immissionsprognosen und keine Immissionsmessungen möglich, weil die strittige Anlage noch nicht existiert (vgl. auch Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, Rdnr. 16 zu § 6). Lärmmessungen können zwar theoretisch Erkenntnisse darüber liefern, dass die auf einen bestimmten Anlagetyp zugeschnittene Prognose fehlerhaft und die Genehmigung deshalb rechtswidrig ist“.
39Die Möglichkeit (nachträglich entstandene) zusätzliche Erkenntnisquellen auszuschöpfen bedingt indes nicht schon, dass eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung nicht (länger) auf die Immissionsprognose gestützt werden darf, wenn Messungen möglich geworden sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner vorgenannten Entscheidung vom 29.08.2007 vielmehr auch klargestellt, dass die Genehmigungsbehörde nach Maßgabe der einschlägigen Verwaltungsvorschriften dann weitere Begutachtungen durch den Bauherrn anfordern oder selbst Begutachtungen durch eine Fachbehörde oder einen unabhängigen Sachverständigen veranlassen kann, wenn Zweifel an der Richtigkeit des Nachweises bestehen, dass keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten sind, mithin Zweifel an der Richtigkeit der vorgelegten Immissionsprognose bestehen. Diese weitere Begutachtung, die nach Errichtung der genehmigten Anlage vor Eintritt der Bestandskraft der Genehmigung auch durch konkrete Messungen erfolgen kann, ist dann ebenfalls dem Genehmigungsverfahren und nicht der Anlagenüberwachung zuzurechnen. Dies folgt aus dem Umstand, dass es sich bei der Gewinnung von Erkenntnissen aufgrund bspw. einer Lärmmessung nicht um die Auswertung einer nachträglichen Veränderung der Sachlage handelt, die im Rahmen der Drittanfechtung einer Anlagengenehmigung grundsätzlich ausgeschlossen ist, sondern lediglich um spätere Erkenntnisse über die ursprüngliche, der Genehmigung zugrundegelegte Sachlage (vgl. hierzu auch Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2010 – 8 A 340/09 – juris).
40Einer solchen nachfolgenden weiteren Begutachtung, bedarf es mithin dann, „wenn das Immissionsprognosegutachten „unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend ist, wenn es auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruht, wenn Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen bestehen, wenn ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt oder wenn die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, durch substantiierte Einwände eines Beteiligten oder durch die übrige Ermittlungstätigkeit des Gerichts ernsthaft in Frage gestellt erscheinen“ (Bundesverwaltungsgericht – Urteil vom 29.08.2007 – 4 C 2/07 a.a.O.).
41Wie das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Beschluss vom 23.06.2010 – 8 A 340/09 (a.a.O.) ausgeführt hat, liegt eine nicht verwertbare Immissionsprognose insbesondere vor, wenn eine immissionsrelevante Tonhaltigkeit nicht in Ansatz gebracht wurde, obgleich hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der genehmigte Anlagentyp typenbedingt, d.h. generell oder ganz überwiegend, tonhaltige Geräusche entwickelt. Ob derartige Anhaltspunkte bereits zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung oder erst aufgrund späterer – etwa im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Drittanfechtungsverfahrens gewonnener – Erkenntnisse vorlagen, ist, so das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, insoweit unerheblich. Demgegenüber führt es nicht zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung, wenn die konkret errichtete Anlage des genehmigten Anlagentyps im Einzelfall – unzulässigerweise – die einschlägigen Lärmpegel nicht einhält, sie also nicht der Genehmigung entspricht. Dies ist keine Frage der Rechtmäßigkeit der Genehmigung, sondern eine Frage der Anlagenüberwachung.
42Gründe einer fehlenden Verwertbarkeit des der angefochtenen Genehmigung der Errichtung und des Betriebs der streitbefangenen Windkraftanlagen zugrundeliegenden Lärm-prognosegutachtens der IEL GmbH vom 09.05.2008 sind nicht erkennbar, in dem unter anderem gerade auch die Tonhaltigkeit der streitbefangenen Windkraftanlagen und die Vorbelastung durch die beiden Altanlagen des Typs Fuhrländer 1000 berücksichtigt werden. Wegen der Begründung im Weiteren wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im vorausgegangenen Rechtsschutzverfahren (Az.: 6 L 1287/09.DA) ergangene Entscheidung des Gerichts vom 20.10.2009 und die hierauf bezügliche Beschwerdeentscheidung des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 21.01.2010 (Az.: 9 B 2936/09) Bezug genommen, nachdem die Kläger auch nachfolgend keine Umstände geschildert haben, die dem entgegenstünden. Es wurde klägerseitig nämlich nach wie vor nicht stichhaltig behauptet, dass das Lärmprognosegutachten der IEL GmbH vom 09.05.2008 unvollständig, widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht überzeugend sei oder auf unzutreffenden tatsächlichen Annahmen beruhe. Auch Umstände, die Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des erstbeauftragten Sachverständigen begründen oder erkennen ließen, dass ein anderer Sachverständiger über neuere oder überlegene Forschungsmittel verfügt, sind weiterhin ebensowenig dargetan, wie Einwände, die die Erkenntnisse, die in dem vorliegenden Gutachten ihren Niederschlag gefunden haben, ernsthaft in Frage stellen würden. Insbesondere wurde auch im weiteren Vorbringen der Kläger nicht (substantiiert) die Richtigkeit der gutachterlichen Angaben zu den Kennwerten der Altanlagen des Typs Fuhrländer 1000 (insbesondere zum anlagentypischen Schallleistungspegel) und zu den aus den hierüber vorliegenden drei schalltechnischen Messberichten ermittelten Kennwerten der streitbefangenen Neuanlagen (insbesondere deren anlagentypischen Schallleistungspegel) angegriffen. Auch der gutachterlichen Feststellung, dass die von den Altanlagen des Typs Fuhrländer 1000 ausgehende Lärmbelastung im Yweg 33,3 dB(A) beträgt und dass eine „Addition“ der von den Alt- und den Neuanlagen ausgehenden Geräuschimmissionen zu einer Erhöhung der Lärmbelastung im Yweg um nur 2,3 dB(A) führt, haben die Kläger nicht qualifiziert in Abrede gestellt.
43Die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, Lärmprognosegutachten erwiesen sich in der Praxis bei einer späteren Überprüfung sehr häufig als falsch, ist nämlich nicht geeignet, die Verwertbarkeit des Lärmprognosegutachtens der IEL GmbH vom 09.05.2008 als belastbare Grundlage für die Genehmigung der streitbefangenen Windkraftanlagen ernstlich in Zweifel zu ziehen. Dem Gericht ist vielmehr schon nicht ein solcher genereller Erfahrungssatz bekannt, weshalb es den Klägern oblegen hätte, substantiiert darzutun, in welcher Häufigkeit sich in welcher Weise erstellte Lärmprognosegut-achten unter welchen Umständen bei nachträglichen Messungen als falsch erwiesen haben sollen. Hierzu wäre unter anderem darzutun gewesen, dass die fraglichen Prognosegutachten tatsächlich (bezogen auf die Referenzmesspunkte) falsche Lärmpegel prognostiziert haben, und dass mit den Messungen nicht nur nachgewiesen wurde, dass die Immissionsprognose nicht auf ein anderes, auch vom Lärm betroffenes Grundstück übertragbar war. Ferner kommt es auch maßgeblich darauf an, ob den fraglichen Prognosegutachten, wie es vorliegend der Fall war, Erfahrungswerte über die von der jeweiligen Anlage typenbedingt, d.h. generell oder ganz überwiegend, ausgehenden Geräuschimmissionen zugrundegelegt wurden (werden konnten). So darf sicherlich als zutreffend unterstellt werden, dass bei einem Fehlen entsprechender Erkenntnisse die Prognose (möglicherweise nicht unerheblich) fehleranfällig ist.
44Dessen ungeachtet ist im vorliegenden Fall auch zu berücksichtigen, dass der streitbefangene Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 09.06.2009 in den Nebenbestimmungen 2.1 und 2.2 klare Beschränkungen bezüglich der einzuhaltenden Obergrenze der von den Anlagen ausgehenden Geräuschimmissionen in Bezug auf konkret benannte Immissionspunkte enthält. Das klägerische Grundstück gehört zwar nicht zu diesen aufgeführten Grundstücken, doch stehen sie in einer derart engen räumlichen Nähe zu denselben, dass Anhaltspunkte für die Annahme fehlen, dass mit der Einhaltung des vorgegebenen Lärmpegels an den Immissionspunkten nicht auch die auf das klägerische Grundstück treffenden Geräuschimmissionen unter dem maßgeblichen Lärmpegel von 40 dB(A) in der Nacht und von 55 dB(A) am Tag bleiben.
45Der klägerseitig hiergegen im Termin zur mündlichen Verhandlung erhobene Einwand, dass Lärmprognosen überflüssig wären, wenn es genügen würde, den einzuhaltenden Lärmpegel im Genehmigungsbescheid festzuschreiben, greift hiergegen nicht durch. Er lässt nämlich unberücksichtigt, dass diese Nebenbestimmung auf dem Lärmprognose-gutachten beruht, aus dem sich auch die für die Überprüfung der Lärmbelastung im Überwachungsverfahren relevanten Immissionspunkte ergeben.
46Der von den Klägern geltend gemachte Umstand, dass sie die von den Windkraftanlagen ausgehenden Lärmimmissionen in ihrem Haus nahezu körperlich spüren würden, kann vor diesem Hintergrund nicht zu einer anderen Bewertung der Rechtmäßigkeit der Genehmigung führen.
47Nach ihren Schilderungen im Termin zur mündlichen Verhandlung leiden die Kläger bereits seit der Errichtung der ersten beiden Windkraftanlagen vom Typ Fuhrländer 1000 unter der von diesen Altanlagen hervorgerufenen Veränderung der örtlichen Lärmbelastung. Aufgrund der geringen Erhöhung der Gesamtlärmbelastung durch die streitbefangenen Neuanlagen ist damit schon nicht schlüssig vorgetragen, dass sich die von den Klägern wahrgenommene Lärmbelastung in einem für sie spürbaren Umfang verändert hat.
48Hierauf kommt es letztlich aber nicht an, weil die Kläger, wie bereits ausgeführt, nach den Vorgaben der TA Lärm auch zur Nachtzeit noch einen Lärmpegel von 40 dB(A) hinnehmen müssen, ohne dass die Behörde zu Lasten der Beigeladenen berechtigt oder verpflichtet wäre, hiervon abweichend auf ein etwaig bestehendes besonderes, subjektives Geräuschempfinden der Kläger oder anderer Anwohner Rücksicht zu nehmen und die Genehmigung entsprechend einzuschränken.
49Vor diesem Hintergrund besteht kein Raum für die klägerseitig begehrte Einholung eines Sachverständigengutachtens. Seinem Wortlaut nach ist der klägerische Beweisantrag vom 02.03.2011 ohnehin bereits unzulässig, weil er auf eine Ausforschung des Sachverhaltes (der Ermittlung der tatsächlich von den streitbefangenen Windkraftanlagen ausgehenden Schallimmissionen) gerichtet ist und nicht auf den Beweis der Richtigkeit einer von den Klägern aufgestellten Behauptung (der Überschreitung des maßgeblichen Lärmpegels).
50Aus den vorstehenden Gründen bedarf es aber auch keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Überprüfung dessen, ob die beiden auf dem Grundstück Flur 18, Flurstück 1/10 der Gemarkung Vstadt errichteten und betriebenen Windkraftanlagen der Marke ENERCON E-82 von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr mit ihrer Geräuschentwicklung den maximalen Nachtimmissionswert von 40 dB(A) auf dem Grundstück der Kläger tatsächlich einhalten. Das hierüber vorliegende Lärmprognosegutachten der IEL GmbH vom 09.05.2008 ist uneingeschränkt verwertbar, weil es in sich schlüssig und nachvollziehbar und in seiner Aussagekraft auch durch das klägerische Vorbringen nicht ernstlich in Zweifel gezogen ist. Einer weiteren Erkenntnisgewinnung im Genehmigungsverfahren bedarf es mithin nicht; die Kläger sind daher wegen etwaiger Zweifel an einem genehmigungskonformen Errichten und Betreiben der Anlage auf das Überwachungsverfahren zu verweisen.
51Aus den Gründen der im vorausgegangenen Rechtsschutzverfahren (Az.: 6 L 1287/09.DA) ergangenen Entscheidung des Gerichts vom 20.10.2009 und der hierauf bezüglichen Beschwerdeentscheidung des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 21.01.2010 (Az.: 9 B 2936/09) ist ferner auch eine von den streitbefangenen Windkraftanlagen ausgehende bedrängende Wirkung oder eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Gebotes der Rücksichtnahme nicht gegeben. Die Kläger tragen schon selbst vor, dass von einer solchen Wirkung einer Windkraftanlage grundsätzlich (erst) bei einer Distanz von weniger als 1000 m zum Wohngrundstück ausgegangen wird. Das klägerische Grundstück liegt indes 1.330 m bzw. 1.470 m von den streitbefangenen Windkraftanlagen entfernt. Letztlich zeigen auch die vom Beklagten vorgelegten Lichtbilder, deren Aussagekraft klägerseitig nicht in Abrede gestellt wurde, dass von einer bedrängenden Wirkung oder einer im Sinne eines nachbarrechtlichen Abwehrrechts rücksichtslosen Bebauung nicht die Rede sein kann, auch wenn den Klägern eine unmittelbare Sichtbeziehung von ihrem Grundstück aus zuzugestehen ist. Das Gebot der bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahme geht nämlich nicht so weit, dass mit ihm auch ein Abwehrrecht gegen als optisch ungefällig empfundene Bauten begründet werden könnte. Keiner Ausführungen bedarf es, dass die Grundsätze über die einheitliche Bebauung innerhalb geschlossener Ortschaften vorliegend nicht einschlägig sind.
52Aus diesen Gründen sah sich das Gericht auch nicht dazu veranlasst, einen Ortstermin durchzuführen, um die Örtlichkeiten in Augenschein zu nehmen.
53Wegen des Einwandes drohenden Schatten- und Eiswurfs sowie der Beeinträchtigung der Kläger durch von den Windkraftanlagen ausgehendem Infraschall wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im vorausgegangenen Rechtsschutzverfahren (Az.: 6 L 1287/09.DA) ergangene Entscheidung des Gerichts vom 20.10.2009 und die hierauf bezügliche Beschwerdeentscheidung des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 21.01.2010 (Az.: 9 B 2936/09) Bezug genommen, nachdem sich die Kläger nachfolgend nicht weiter hierzu geäußert haben.
54Schließlich greift auch der Einwand der Kläger nicht durch, dass der Genehmigung der streitbefangenen Windkraftanlagen entgegenstehe, dass die Anlagen den merkantilen Wert ihres Grundstücks mindern würden. Mit diesem Einwand könnten die Kläger nämlich nur gehört werden, wenn mit der Genehmigung der streitbefangenen Windkraftanlagen in verfassungswidriger Weise in ihre am Grundstück bestehenden Eigentumsrechte eingegriffen würde. Ein solcher Eingriff in das nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentum ist jedoch auch ungeachtet dessen nicht erkennbar, ob schon die behördliche Zulassung eines Vorhabens in der Nachbarschaft, das zu Wertverlusten an einem Grundstück führt, den Schutzbereich des Eigentumsrechts berührt. So haben die Kläger eine durch die Errichtung und den Betrieb der streitbefangenen Windkraftanlagen bedingte nennenswerte Minderung des wirtschaftlichen Wertes ihres Grundstücks schon nicht schlüssig dargelegt. Selbst wenn ihre Ausführungen grundsätzlich als ausreichend anzusehen wären (was zu bezweifeln ist), ließen diese allenfalls erkennen, dass eine gewisse Wertminderung bezogen auf Wohngrundstücke verzeichnet wird, die weniger als 1.000 Meter von der Anlage entfernt liegen. Wie bereits ausgeführt liegt das klägerische Grundstück indes 1.330 m bzw. 1.470 m von den streitbefangenen Windkraftanlagen entfernt. Ob und wenn ja in welchem Ausmaß durch die streitbefangenen Windkraftanlagen eine Wertminderung ihres Grundstücks hervorgerufen wird, ist seitens der Kläger mithin auch nicht annähernd überprüfbar dargetan.
55Aber selbst wenn zugunsten der Kläger von einer drohenden Wertminderung an dem Grundstück um 20-30 % ausgegangen würde, wäre ein Eingriff in die Gewährleistung des Schutzes von Eigentum nicht gegeben. Wie sich auch aus der klägerseitig zitierten Rechtsprechung ergibt, liegt ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs.1 GG vielmehr nur vor, wenn dem Eigentümer die Nutzungsmöglichkeit oder die Verfügbarkeit (einschließlich der wirtschaftlichen Verwertbarkeit) in einem das Eigentumsrecht quasi entleerenden Umfang genommen wird.
56Da, wie bereits ausgeführt, von den streitbefangenen Windkraftanlagen bei einem genehmigungskonformen Errichten und Betreiben keine schädlichen Immissionen ausgehen, machen sie eine weitere Nutzung des klägerischen Grundstücks als Wohngrundstück nicht unmöglich oder unzumutbar.
57Aber auch eine Aushöhlung der (wirtschaftlichen) Verfügbarkeit des Grundstücks im Sinne einer enteignenden Wirkung liegt bei einer Wertminderung um 20-30 % nicht vor, wie sich ebenfalls aus der von den Klägern zitierten Rechtsprechung ergibt.
58Da das Recht auf Eigentum nicht auch den Werterhalt, sondern nur die wirtschaftliche Verfügbarkeit gewährleistet, bietet es unabhängig davon, welchem Zweck das Eigentum dienen soll (hier: dem der ergänzenden Altersvorsorge der Kläger), keinen Schutz vor einem Wertverlust wegen veränderter Umstände. Daher können die Kläger auch nicht mit ihrem Einwand gehört werden, dass sie im Falle eines Verkaufes ihres Hauses einen erheblichen Anteil ihrer Alterssicherung verlören.
59Da die Erteilung einer Genehmigung nach § 6 BImSchG, wie bereits ausgeführt, nicht in das Ermessen der Behörde gestellt ist, sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen dieselbe auf Antrag zu erteilen ist, besteht insoweit auch kein Raum für eine Interessenabwägung, wie sie in Planfeststellungsverfahren vorzunehmen ist.
60Wegen der weiteren Begründung, insbesondere hinsichtlich der raumplanerischen Einwände der Kläger, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die im vorausgegangenen Rechtsschutzverfahren (Az.: 6 L 1287/09.DA) ergangene Entscheidung des Gerichts vom 20.10.2009 und die hierauf bezügliche Beschwerdeentscheidung des Hess. Verwaltungsgerichtshofs vom 21.01.2010 (Az.: 9 B 2936/09) Bezug genommen, nachdem sich die Kläger nachfolgend nicht weiter hierzu geäußert haben.
61Nach alledem war die Klage mit der Folge abzuweisen, dass die Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO als Gesamtschuldner zu tragen haben.
62Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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