Bezeichnung des Flughafens zu ungenau
Gericht
AG Rostock
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
23. 04. 2010
Aktenzeichen
43 C 212/09
Auszüge aus dem Sachverhalt:
... In einem nachfolgendem Telefonat am selben Tag informierte der recherchierende Zeuge O. die Zedentin darüber, dass ihm der Reiseveranstalter am Telefon mitgeteilt habe, dass der Flug ab Frankfurt-Hahn abgehe und bat um das - alsdann gegebene - Einverständnis. Hierauf buchte der Zeuge O. eine Balkonkabine und einen Flug fest.
Die Beklagte übersandte am 2.4.2008 die Buchungsbestätigung, ...: "27.9.2008 Flug: X3 2524 Frankfurt / Gran Canaria; Economy Class." ...
Am 13.9.2008 erhielt der Reisevermittler die endgültigen Reiseunterlagen ...: "27.9.2008 Frankfurt/Las Palmas X3 2524 Y Class Abflug 03:45 h." ...
Weder in der Buchungsbestätigung noch in den endgültigen Reiseunterlagen wurde der Dreiletter-Code zur Bezeichnung des Flughafens verwendet. Wegen der frühen Abflugzeit wandte sich der Zeuge O. per Mail am 15.9.2008 an die Beklagte und bat um eine kundenfreundliche Lösung. In dieser Mail, die die Beklagte mit Schreiben vom 19.9.2008 negativ beantwortete, nannte der Zeuge O. insgesamt sechsmal Hahn als Abflugort, u. a. in der Betreffzeile. ... Das Antwortschreiben der Beklagten ..., verhielt sich zu keinem konkreten Abflugort, sondern verwies auf die lediglich bedingte Einflussmöglichkeit auf Flugzeiten und Flugpläne der einzelnen Fluggesellschaften. Tatsächlich war Startflughafen nicht Frankfurt- Hahn, sondern Frankfurt- Rhein- Main.
Die Reisenden fuhren in der Nacht vom 26. zum 27.9. 2008 zum 120 km von ihrem Wohnort entfernten Flughafen Frankfurt-Hahn, um dort gegen ca. 2:00 Uhr festzustellen, dass kein X3-Flug nach Las Palmas ab Flughafen Frankfurt-Hahn fliegt, wohl aber einer ab Abflughafen Frankfurt Rhein-Main. Sie kamen jedoch zu spät zum Flughafen Rhein-Main, um ihren gebuchten und bezahlten Flug nach Las Palmas noch zu erreichen. Der Kläger und die Zedentin kauften daher für 1.317,43 EUR pro Person Flugscheine für die Strecke Frankfurt Rhein-Main Las Palmas bei der Deutschen Lufthansa AG mit Zwischenstopp in Madrid, um das Kreuzfahrtschiff im Abgangshafen noch erreichen zu können. Sie flogen Business Class. Der Preis für ein Flugticket in der Economy Class betrug 136,30 EUR pro Person weniger. ...
Auszüge aus den Gründen:
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Schadenersatz gemäß §§ 65lf Abs.1, 398 BGB in Höhe von 2.468,26 EUR.
Die Reise ist i.S.d. § 651c Abs.1 BGB mangelhaft. Die Ist-Beschaffenheit weicht von der Soll-Beschaffenheit mit Auswirkungen auf den Nutzen der Reise ab. Denn die Beklagte hat entgegen ihrer sich u. a. aus § 651 a Abs. 3 BGB i.V.m. § 8 BGB-InfoV ergebenden Verpflichtung, den Abflugort des gebuchten Anreisepaketes konkret zu nennen, in vermuteter vorwerfbarer Weise verletzt. Sie hat einerseits mit der Übersendung der Buchungsbestätigung am 2.4.2008 einen zweideutigen Abflughafen bezeichnet und nach Erhalt der E-Mail des Zeugen O. am 15.9.2008 den bei dem Zeugen und Reisenden hervorgerufenen Irrtum, den sie hätte erkennen müssen, nicht aufgeklärt.
Dabei ist rechtlich unerheblich, ob der Zeuge O. Empfangsbote für die Kläger oder Erfüllungsgehilfe der Beklagten war. Letzterenfalls müsste sich die Beklagte die hinsichtlich des Abflughafens falschen Erklärungen des Zeugen O. gegenüber den Reisenden ohne weiteres zurechnen lassen; aber auch ersterenfalls wäre durch ein Verhalten bzw. Unterlassen der Beklagten bei dem insoweit maßgeblichen Zeugen O. ein Irrtum hervorgerufen worden, der nicht beseitigt wurde.
Die Beklagte hat in ihrer Buchungsbestätigung vom 2.4.2008 nicht unmissverständlich den Abflughafen bezeichnet. Sie hat dort lediglich mit X3 die Kennzeichnung des Flugunternehmens vorgenommen, die Flugnummer und "Frankfurt" als Startflughafen genannt. Sie hat den sogenannten Dreiletter-Code, der eine eindeutige Bezeichnung dargestellt hätte, nicht aufgeführt. Das passierte auch später im Rahmen der Übersendung der Buchungsunterlagen nicht.
Frankfurt a. M. verfügt allerdings unstreitig über zwei Flughäfen.
Der Zeuge als Empfangsbote musste auch unter Zugrundelegung seiner individuellen Kenntnisse diese Zweideutigkeit der Buchungsbestätigung nicht hinterfragen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass in dem zwischen ihm und einer Mitarbeiterin der Beklagten geführten Telefonat am 1.4.2008 Frankfurt-Hahn als Startflughafen genannt wurde. ... Die Beklagte hat diesen bestehenden Irrtum, obwohl sie ihn leicht hätte erkennen können, nicht aufgeklärt. In der E-Mail desZeugen O. am 15.9. 2008 wird mehrfach darauf hingewiesen, dass der Abflughafen Hahn zu einer Zeit um 3:45 Uhr extrem ungünstig sei. Bei gewissenhaftem Studium dieses Schreibens hätte die Beklagte, die im Übrigen darstellt, noch niemals Flugreisen von Frankfurt-Hahn in Anspruch genommen zu haben, mittels Abgleichs der Reisedaten ohne weiteres die Fehlvorstellung ihres Vertragspartners erkennen müssen und dann auch entsprechend aufklären müssen, mit der weiteren Folge aufklärungsrichtigen Verhaltens der Reisenden. Das hat sie mit dem Antwortschreiben vom 19.9.2008 nicht getan.
Rechtsfolge ist die Erstattung des infolge der Fehlvorstellung entstandenen Schadens (positives Interesse). Dies betrifft zunächst die Ticketkosten für den Ersatzflug, die sich für beide Reisenden auf unstreitige 2.362,26 EUR belaufen. Unstreitig sind auch die unnötig aufgewendeten Spritkosten für die Fahrt vom Heimatort nach Hahn und zurück in Höhe von 50,- EUR. Hinzuzusetzen sind die Parkgebühren, jedoch abzüglich ersparter Aufwendungen. ...
Neben dem Anspruch auf Schadenersatz ist der Reisepreis gemäß § 651d BGB zu mindern. Die Höhe der Minderung orientiert sich ausgehend von dem Gesamtreisepreis in Höhe von 3.746,- EUR und einem sich daraus ergebenden Tagessatz von 468,25 EUR am Maß der Beeinträchtigung der Reise. Dazu ist die unnötige Anreise nach Frankfurt- Hahn sowie die unbequemere Umsteigeflugverbindung zu rechnen. Eine Minderung von 30 % bezogen auf den Tagessatz ist angemessen und entspricht 140,48 EUR für beide Reisende. ...
Der Anspruch ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Reisenden die Notfallnummer der Beklagten nicht gewählt haben. Ungeachtet des bestrittenen Vortrages, dass die Notfallnummer überhaupt mitgeteilt wurde, bleibt die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass den Reisenden überhaupt Alternativen hätten angeboten werden können. In dem Schriftsatz vom 22.12.2009 trägt die Beklagte lediglich vor, dass sich die Reisenden über einen Flug um 14: 15 Uhr hätten informieren können, ohne konkret darzulegen, dass - was bestritten ist - die Notfallnummer mit einem Mitarbeiter der Beklagten besetzt gewesen wäre und dass sodann der Alternativflug tatsächlich angeboten worden wäre. Hieran bestehen indes durchgreifende Zweifel, denn dann hätte den Reisenden bereits auf die Mail des Zeugen O. vom 15.9.2008 derartiges unterbreitet werden können. ...
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen