Darlehensfinanzierte Zeitschriftenabonnementbestände in der Insolvenz
Gericht
OLG Karlsruhe
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
04. 02. 2011
Aktenzeichen
14 U 52/07
G r Ü n d e:
A.
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Tri-Com Halle GmbH (Schuldnerin) Ansprüche aus einem Vertrag über die von der Beklagten übernommene Verwaltung von Zeitschriftenbelieferungsrechten geltend.
Nach dem am 29.8.2003 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten abgeschlossenen Verwaltungsvertrag . (K 3, I 127) verpflichtete sich die Beklagte gegen Entgelt zur Verwaltung, Betreuung und Belieferung der von der Schuldnerin geworbenen Zeitschriftenabonnementverträge einschließlich der Durchführung des Inkassos.
Zugleich gewährte die... Beklagte der Schuldnerin auf der Grundtage eines Vorfinanzierungsvertrages vom gleichen Tage (K 4, I 143) ein Darlehen. Zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs trat die Schuldnerin "sämtliche Rechte an ihren derzeitigen und künftigen Abonnementbeständen" an die Beklagte ab (Vorfinanzierungsvertrag Nr. 5). Die Beklagte sollte monatlich eine Abrechnung über die eingezogenen Beträge und die Kosten aus der Verwaltung erstellen (Verwaltungsvertrag § 2 Nr. 1,2 und § 4 Nr. 2); die daraus resultierenden "Renditeansprüche (einschließlich WKZ)" der Schuldnerin sollten im Wege der Aufrechnung zur Tilgung des Darlehens verwendet werden (Vorfinanzierungsvertrag Nr. 6).
Am 3.8.2004 stellte der Geschäftsführer der Schuldnerin Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit. Das Amtsgericht Halle-Saalkreis ordnete am 4.8.2004 die vorläufige Vermögensverwaltung an und bestellte den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Mit weiterem Beschluß des Amtsgerichts vom 1.10:2004 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Gegenstand der Klage sind die von der Beklagten auf das Darlehen verrechneten unstreitigen Abrechnungsforderungen der Schuldnerin aus den Abrechnungen der Beklagten zur Bestandsnummer 2/791 vom 6.8.2004 (Juli 2004, € 26.071,70), 7.9.2004 (August 2004, € 31.870,84), 6.10.2004 (September 2004, € 18.807,63) und zur Bestandsnummer 2/105 vom 6.10.2004 (September 2004, € 718,40), gesamt € 77.468,57. Der Kläger verlangt Auszahlung dieses unstreitigen Betrages, weil die von der Beklagten erklärte Aufrechnung nach §§ 96 Abs. 1 Nr. 3, 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig sei, da die Beklagte die Aufrechnungslage durch anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe. Weiter hat er bestritten, daß das Darlehen der Beklagten zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Abrechnungen überhaupt noch valutierte.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von € 77.468,57 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
Die Beklagte hat um Abweisung der Klage gebeten.
Sie hat geltend gemacht: Die eingeklagte Forderung sei durch Verrechnung erloschen. Die von § 96 InsO verlangte Gegenseitigkeit der zu verrechnenden Forderungen bereits im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung sei hier gegeben. § 91 InsO stehe ebenfalls nicht
entgegen, da die Schuldnerin die Rechte aus dem Abonnementbestand an die Beklagte abgetreten habe. Zwischen den Parteien habe ein Kontokorrentverhältnis bestanden. Der Kläger habe den mit der Beklagten geschlossenen Vertrag nach Insolvenzeröffnung fortgesetzt. Das Darlehen bestehe entsprechend dem Vorfinanzierungsvertrag.
Wegen weiterer Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Mit Urteil vom 28. Februar 2007, auf das auch wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im ersten Rechtszug verwiesen wird, hat das Landgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Der Aufrechnung stehe § 96 Abs.1 Nr. 1 InsO entgegen. Nach dieser Vorschrift sei die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der (hier bereits am 1.10.2004 erfolgten) Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden sei. Selbst bei Annahme eines vereinbarten Kontokorrentverhältnisses ergäbe sich nichts anderes, weil dieses gemäß § 116 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen wäre.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie rügt, das Landgericht habe wesentliche Teile ihres Sachvortrages, insbesondere zu dem Geschäftsmodell der Beklagten, zu § 96 InsO und dazu, daß die Parteien die Verträge bis heute vollziehen, nicht berücksichtigt. Vorliegend fehle es an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung. Höchst fraglich sei, ob der maßgebliche Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung "Globalzession" erst in der Entstehung der jeweiligen Forderung liege. Auch sei ein gemäß § 142 InsO .unanfechtbares Bargeschäft in Betracht zu ziehen. Schließlich sei eine anfechtungsrechtliche Privilegierung der Vorausabtretung als Sicherheitentausch geboten.
Die Beklagte beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage.
Der Kläger bittet um Zurückweisung der gegnerischen Berufung.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Darüberhinaus trägt er erstmals vor (11 121), er habe die Beklagte mit Fax-Schreiben vom 17.8.2004 (11 125) über den Beschluß des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 4.8.2004 informiert, weshalb. die Beklagte ab diesem Zeitpunkt von dem
Insolvenzeröffnungsverfahren und von der damit einhergehenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bzw. von deren Eröffnungsantrag Kenntnis gehabt habe. Dieses Vorbringen ist unbestritten geblieben.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die vorgetragenen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Mit Beschluß vom 3.1.2011 (11 479) hat der Senat Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet; die Parteien haben zugestimmt.
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die eingeklagten Ansprüche der Schuldnerin auf Auszahlung der von der Beklagten vereinnahmten Zahlungen der Abonnenten sind durch Aufrechnung der Beklagten mit eigenen Darlehensrückzahlungsansprüchen erloschen. Diese Verrechnungen sind nicht nach insolvenzrechtlichen Vorschriften unwirksam oder anfechtbar.
I. Die streitigen Verrechnungen scheitern nicht an fehlenden aufrechenbaren Gegenforderungen der Beklagten. Auf Hinweis des Senats hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 1.7.2010 (11 245 ff) i.V.m. den vorgelegten Kontoauszügen (BK 2, insbesondere 11 253, 261) dargelegt, daß die Vorfinanzierungsdarlehen ("Orga 1 05 und 791',') im streitigen Zeitraum mit höheren Beträgen valutierten als die Beklagte durch Verrechnung vereinnahmt und den Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin gutgeschrieben hat. Der Kläger hat diese Darlegung nicht mehr bestritten.
II. Dem Kläger steht ein Anspruch auf das Guthaben aus dem Abrechnungszeitraum Juli, 2004 (€ 26.071,70) nicht zu. Die von der Beklagten am 6.8.2004 vorgenommene Verrechnung ist wirksam und hat zum Erlöschen des Auszahlungsanspruchs der Schuldnerin geführt.
1. Allerdings hatte die Schuldnerin nach §§ 2 Nr. 1, 4 Nr. 2 des Verwaltungsvertrages i.V.m. Nr. 6 des Vorfinanzierungsvertrages und §§ 675, 667 BGB grundsätzlich Anspruch auf Auszahlung des nach der Abrechnung zum jeweiligen Monatsende sich, ergebenden Guthabenbetrages. Aus der Abrechnung der-Bekla§ten-vOfTr6.8.2004 (I 53) ergibt sich ein unstreitiger Guthabenbetrag in Höhe des für den Abrechnungszeitraum Juli 2004 eingeklagten Betrages von € 26.071,70. Die Beklagte hat gegen diesen Auszahlungsanspruch aber gemäß Nr. 6 des Vorfinanzierungsvertrages vertragsgemäß und wirksam aufgerechnet, indem sie in der streitigen Abrechnung den Vermerk "Verrechnung Darlehen" angebracht hat.
2. Die Aufrechnung ist nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig, weil der Auszahlungsanspruch der Schuldnerin nicht erst nach, sondern vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1.10.2004 entstanden ist, nämlich nach §§ 675, 766 BGB bereits mit der Einziehung der Forderungen der Schuldnerin gegen die Abonnenten durch die Beklagte, spätestens aber zum Ende des jeweiligen Abrechnungsmonats, hier also zum 31.7.2004. Auf den Zeitpunkt der Erklärung der Aufrechnung kommt es nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht an. Nichts anderes gilt auch für die weiteren streitigen Verrechnungen der Guthaben aus den Abrechnungsmonaten August und September 2004.
3. Die Verrechnung ist auch nicht nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit zur Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Sie findet auch auf die Herstellung von Verrechnunglagen Anwendung (BGH ZIP 2008, 183 Rz 11). Im Streitfall ist die Verrechnung vom 6.8.2004 aber nicht anfechtbar.
a) In kritischer Zeit vorgenommene Verrechnungen eines Darlehensgläubigers können nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein. Welche Norm eingreift, hängt davon ab, ob zum anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt ein Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens fällig ist oder nicht (BGH ZIP 2009, 1124 Rz 8). Der insoweit für die anfechtungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist derjenige, zu dem das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist (BGH ZIP 2008, 183 Rz 12; ZIP 2009, 1124 Rz 8, 9). Denn die Aufrechnung setzt nach § 387 BGB voraus, daß die Hauptforderung erfüllbar und die Gegenforderung fällig ist (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Auf!., § 387 Rn 3).
b) Vorliegend handelt es sich um eine kongruente Deckung im Sinne des § 130 InsO.
Die Beklagte war nach § 1 Nr. 1 des Verwaltungsvertrages (I 127) verpflichtet, die Forderungen der Schuldnerin gegen die Abonnenten treuhänderisch einzuziehen. Mit der Einziehung der Gelder entstand zugleich der Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der vereinnahmten Zahlungen (§§ 675, 766 BGB). Da die Vertragsparteien monatliche Abrechnung vereinbart hatten, war dieser Auszahlungsanspruch (Hauptforderung) grundsätzlich zum Monatsende zu ermitteln und erfüllbar.
Umgekehrt standen der Beklagten Darlehensforderungen gegen die Schuldnerin zu, die allmonatlich in Höhe der bei der Abrechnung zum Monatsende ermittelten Guthaben der Schuldnerin fällig wurden (Gegenforderung). Die Beklagte hatte der Schuldnerin zu den
Bestandsnummern 105 und 791 "Vorfinanzierungsdarlehen" gewährt, deren Tilgung nach Nr. 6 der Vorfinanzierungsverträge (1145) in der Weise vereinbart war, daß die bei den monatlichen Abrechnungen der vereinnahmten Beträge nach Abzug der Verwaltervergütung sich ergebenden Guthaben der Schuldnerin nicht an diese ausgezahlt, sondern durch Aufrechnung zur Tilgung der Darlehen verwendet werden sollten. Dies beinhaltete zwangsläufig die Vereinbarung, daß die Darlehensforderungen der Beklagten in der Höhe des allmonatlich ermittelten Guthabens der Schuldnerin zum Monatsende fällig werden sollten. Aufgrund dieser vertraglichen Vereinbarungen hatte die Beklagte Anspruch auf die Verwendung der erzielten Überschüsse zur Tilgung der Darlehen im Wege der Aufrechnung, die deshalb nicht nach § 131 Abs. 1 InsO anfechtbar ist.
c) Die weiteren Voraussetzungen einer Anfechtbarkeit gemäß § 130 Abs. 1 InsO liegen nicht vor. Denn die Beklagte hat nach dem unstreitigen Parteivorbringen erst nach der Entstehung der Aufrechnungslage bezüglich des Abrechnungszeitraums Juli 2004 durch das Schreiben des Klägers vom 17.8.2004 von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und vom Eröffnungsantrag Kenntnis erlangt.
III. Die am 7.9.2004 von der Beklagten vorgenommene Verrechnung des Guthabens der Schuldnerin aus dem Abrechnungszeitraum August 2004 (€ 31.870,84) ist ebenfalls nicht als anfechtbare Rechtshandlung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig.
1. Allerdings erfüllt die Erlangung der Aufrechnungslage für diesen -Abrechnungszeitraum die Merkmale nach § 130 Abs. 1 - Nr. 3 InsO.
Da die Herstellung der Verrechnungslage durch die Beklagte im Wege der Einziehung der Forderungen der Schuldnerin gegen die Abonnenten vertragsgemäß und deshalb kongruent erfolgte, bestimmt sich die Anfechtbarkeit nach § 130 Abs. 1 InsO. Der insoweit für die anfechtungsrechtliche Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist vorliegend der letzte Tag des vereinbarten monatlichen Abrechnungszeitraums, hier der 31.8.2004. Denn erst zu diesem Zeitpunkt wurde aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen der Kreditrückzahlungsanspruch der Beklagten (Gegenforderung) in Höhe des zum Monatsende ermittelten Guthabens der Schuldnerin fällig (vgl BGH ZIP 2008, 183 Rz 12; ZIP 2009, 1124 Rz 9). Zum somit anfechtungsrechtlich maßgebenden Zeitpunkt am 31.8.2004 hatte die Beklagte bereits Kenntnis von Zahlungsunfähigkeit und Eröffnungsantrag, so daß die Voraussetzungen einer Anfechtbarkeit nach § 130 Abs. 1
Nr. 2 InsO erfüllt sind.
2. Die Anfechtbarkeit ist aber wegen fehlender Gläubigerbenachteiligung ausgeschlossen, weil die Beklagte aufgrund der Abtretung der Rechte aus den Abonnementverträgen (Nr. 5 des Vorfinanzierungsvertrages, 145) ein anfechtungsfestes Sicherungsrecht erworben hatte (BGH ZIP 2008, 183 Rz 13; ZIP 2002, 2182, 2183; OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129, 2131). Verwertet der Gläubiger nämlich eine ihm zustehende Sicherheit, so fehlt es an der Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO, so etwa. wenn sich der Gläubiger in dem Umfang aus Gegenständen der Konkursmasse befriedigt, wie ihm daran ein Absonderungsrecht zusteht (BGH WM 1995, 995, 999; WM 1998, 1037, 1042; OLG Nürnberg ZIP 2007, 2129, 2131; Ehricke in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Dezember 2009, § 129 Rz 78). Die dafür notwendige Voraussetzung, daß die Sicherungsabtretung ihrerseits insolvenzfest sein muß, ist hier erfüllt.
a) Für die Globalzession künftiger Forderungen des Schuldners gegen Dritte hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 29.11.2007 (ZIP 2008, 183) in teilweiser Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (ZIP 2002,812,813; ZIP 2005, 1651) ausgesprochen, daß Globalzessionsverträge auch hinsichtlich der zukünftig entstehenden Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung nach § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar seien. Er hat aber daran festgehalten, daß nach Nr. 13 bis 15 AGB-Bk entstandene Sicherungen weiterhin inkongruente Sicherheiten darstellen, weil es dort völlig dem Ermessender Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibe, ob und in welchem Umfang die Gläubigerrechte entstehen. Diese letztgenannte Fallgestaltung ist hier nicht gegeben, da die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien geradezu auf die Anwerbung neuer Abonnentenverträge abzielten, die mit dem gewährten Darlehen "vor-"finanziert und von der Beklagten verwaltet werden sollten. Auch ist der Gegenstand der Sicherungsabtretung hinreichend bestimmt ("sämtliche Rechte an ihren derzeitigen und künftigen Abonnementbeständen"). Im Streitfall ist deshalb von einer kongruenten Forderungsabtretung auszugehen, die nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar ist.
b) Der bei der Verwertung von sicherungshalber abgetretenen künftigen Forderungen anfechtungsrechtlich maßgebliche Zeitpunkt ist dabei der Zeitpunkt, zu dem die abgetretenen künftigen Forderungen entstanden sind (BGH ZIP 2008, 183 Rz 13; Schoppmeyer in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, Dezember 2009, § 131 Rz 82). Bei Dauerschuldverhältnissen wie den Abonnementverträgen ist maßgeblich, ob das Recht auf die Leistung bereits mit Abschluß des Vertrages "betagt" begründet wird oder gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 BGB erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entsteht (BGH ZIP 1997, 513, 514). Für Mietverhältnisse hat der Bundesgerichtshof (ZIP 1997, 513, 514) unter Hinweis auf die Eigenart des Mietvertrages als eines befristeten Rechtsgeschäfts angenommen, daß Mietzinsraten nicht schon mit Abschluß des Mietvertrages, sondern als Entgelt für die periodische Gebrauchsüberlassung jeweils zu Beginn der betreffenden Periode neu entstünden. Bei der Vorausabtretung von Mietzinsforderungen habe der Abtretungsempfänger keine gesicherte Rechtsposition, bis der Zeitraum, für den die jeweilige Rate geschuldet wird, wenigstens nahe bevorstehe. Bei Leasingraten für bewegliche Gegenstände hat er dagegen im Hinblick auf den Finanzierungszweck des Leasingvertrages und auf dessen im Voraus festgelegte Zahlungsmodalitäten entschieden, daß es sich regelmäßig um mit Vertragsschluß entstandene und lediglich betagte Forderungen handele (BGH ZIP 1997, 513,514 m.N.).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, daß in den Abonnementverträgen die Belieferung mit einer bestimmten Anzahl bestimmter Zeitschriften zu einem festgelegten Preis vereinbart wurde und die vertraglich vereinbarten Leistungen, so auch die Entgeltforderungen der Schuldnerin, bereits mit - Abschluß "des jeweiligen Abonnementvertrages entstehen. Wenn der Kläger ausführt (11 455), daß die Renditen von der Belieferung der Abonnenten und damit von der Erfüllung der Abonnementverträge einerseits und von den Zahlungen der Abonnenten anderseits abhingen, so ändert dies nichts. Denn der Umstand, daß die Durchsetzung der vereinbarten Entgeltforderung davon abhängig ist, daß die geschuldete Lieferung erbracht wird, steht der Entstehung der beiderseitigen Ansprüche durch den Vertragsabschluß nicht entgegen. Insbesondere gibt der Vortrag der Parteien nichts für die Annahme her, die Abonnenten seien nach den Verträgen berechtigt gewesen, jeden Monat aufs Neue frei zu entscheiden, ob und in welcher Menge sie Zeitschriften abnehmen und bezahlen wollten. Die Schwankungen in der Höhe der von der Beklagten monatlich vereinnahmten Zahlungen resultierten nach dem unwidersprochenen und einleuchtenden Vorbringen der Beklagten aus Unterschieden in der Fakturierung und im Zahlungsverhalten der Abonnenten und daher, daß die wöchentliche oder zweiwöchentliche Auslieferung von Zeitschriften je nach Datumslage im einen Kalendermonat viermal bzw. zweimal und im anderen" Monat fünfmal bzw. dreimal stattfindet. Auch beeinflussen Neuabschlüsse und Kündigungen oder Stornierungen das jeweilige Monatsergebnis. Daß und in welchem Umfang in dem Zeitraum ab 17.8.2004 Neuabschlüsse von Abonnementverträgen erfolgten und daraus resultierende -möglicherweise anfechtbare- Zahlungen Teil der Verrechnung wurden, hat der für die Voraussetzungen der Anfechtbarkeit darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl BGH ZIP 2004, 1558, 1561) nicht behauptet, geschweige substantiiert vorgetragen.
Da die vorausabgetretenen Forderungen somit vor dem anfechtungsrechtlich maßgeblichen Zeitpunkt (17.8.2004) entstanden sind, ist die Vorausabtretung anfechtungsfest und fehlt es an einer Gläubigerbenachteiligung durch die nach dem 17.8.2004 vorgenommenen Verrechnungen.
IV. Für die am 6.10.2004 von der Beklagten vorgenommene Verrechnung des Guthabens der Schuldnerin aus dem Abrechnungszeitraum September 2004 (€ 18.807,63 und € 718,40) gilt nichts anderes; insoweit kann auf die Ausführungen unter 111. verwiesen werden. Die Aufrechnung war im Hinblick auf die anfechtungsfeste Sicherungsabtretung der Forderungen aus den Abonnementverträgen zulässig.
v. Die Nebenentscheidungenberuhen auf§§ 9'7 Abs. 1, 708 NL10, 711 ZPO. Es bestand keine Veranlassung zur Zulassung der Revision; der Rechtsstreit wirft keine Fragen auf, die nicht bereits in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt wären (§ 543 Abs. 2 ZPO).
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