Lange Hosen beim Abendessen - kein Reisemangel

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 06. 2010


Aktenzeichen

223 C 5318/10


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert wird auf EUR 414,80 festgesetzt.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das angegangene Gericht örtlich und sachlich zuständig nach §§ 17 ZPO, 23 Nr. 1 GVG.

II. Die Klage erwies sich jedoch als unbegründet. Der Kläger hat keinen Zahlungsanspruch gegenüber der Beklagten.

Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch nicht auf den Minderungsanspruch nach §§ 651 d Abs. 1, 638 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB stützen, da es an einem Reisemangel fehlt.

Die landestypische Verpflichtung, zum Abendessen in einem gehobenen Hotel eine lange Hose zu tragen, stellt keine Beeinträchtigung der Reise dar. Dass es auch und gerade in südeuropäischen Ländern üblich ist, zur Schonung des ästhetischen Empfindens anderer Hotelgäste wenigstens abends lange Beinbekleidung vorzuschreiben, ist gerichtsbekannt und dürfte auch dem Kläger geläufig sein. Eine solche Kleidungsvorschrift stellt keine - und erst recht keine erhebliche - Beeinträchtigung dar. Die Wirksamkeit einer solchen Bekleidungsvorschrift hängt auch nicht davon ab, ob sie in der Katalogbeschreibung des Hotels aufgeführt ist. Es handelt sich um eine Ausprägung lokaler Sitten und Gebräuche des Reiselandes, die bei einem Reisenden als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, von diesem jedenfalls aber hinzunehmen sind. Auf alle landestypischen Gebräuche, denen der Reisende möglicherweise ausgesetzt sein könnte und die hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtig unterhalb jeglicher Erheblichkeitsschwelle liegen, kann ein Reiseunternehmen in keinem Katalog hinweisen. Ist jemand nicht bereit, sich bei einer Auslandreise in gewissem Maße landestypischen Gebräuchen zu beugen, muss er zu Hause bleiben.

Nur ergänzend sei angemerkt, dass der Kläger keineswegs gezwungen war, „geschäftsmäßige Kleidung“ zu tragen. Verlangt war lediglich eine lange Hose, die der Kläger unstreitig in seinem Gepäck mit führte.

Soweit der Kläger seinen Anspruch auch auf die Behandlung durch das Hotelpersonal stützt, ist der Vortrag unsubstantiiert. Es wird in keiner Weise dargetan, wann, durch wen und vor allem wie genau der Kläger und seine Begleitung behandelt wurden. Der Klagevortrag erschöpft sich in allgemeinen Begriffen, die eine rechtliche Qualifizierung nicht zulassen.

Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

Nachdem ein Zahlungsanspruch nicht besteht, war die Klage abzuweisen.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 3 ZPO festzusetzen.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 638, 651d