Form der Unterschrift des Rechtsanwalts

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

21. 03. 1974


Aktenzeichen

VII ZB 2/74


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Beklagten haben am 25. 6. 1973 gegen das Urteil des LG - rechtzeitig - Berufung eingelegt. Das OLG hat ihr Rechtsmittel als unzulässig verworfen, weil der am 10. 7. 1973 als Berufungsbegründung eingereichte Schriftsatz nicht ordnungsgemäß unterzeichnet gewesen sei. Es hat gemeint, daß die am Schlüsse des Schriftsatzes über dem Wort „Rechtsanwalt” gezogene „gekrümmte Linie” nicht als Unterschrift anerkannt werden könne.

Die hiergegen frist- und formgerecht eingelegte sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Der Senat hat zu der Frage, welche Anforderungen an eine Unterschrift i.S. des § 130 Nr. 6 ZPO zu stellen sind, schon wiederholt Stellung genommen (vgl. Urt. v. 14. 5. 1964 - VII ZR 57/63 = LM Nr. 3 zu § 130 ZPO; zuletzt Beschl. v. 14. 1. 1974 - VII ZB 12/73). Danach ist zwar nicht zu verlangen, daß die Unterschrift lesbar ist; es muß aber ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug sein, der einmalig ist, entsprechende charakteristische Merkmale aufweist und sich als Unterschrift eines Namens darstellt. Dazu gehört, daß mindestens einzelne Buchstaben zu erkennen sind, weil es sonst an dem Merkmal einer Schrift überhaupt fehlt. Ebenso haben auch andere Senate des BGH entschieden (BGHSt. 12, 317 = NJW 59, 734; Urt. v. 21. 1. 1960 - VIII ZR 198/59 = LM Nr. 8 zu § 170 ZPO; Beschl. v. 13. 7. 1967 - I a ZB 1/67 = NJW 67, 2310).

Diesen Anforderungen genügt die über dem Wort „Rechtsanwalt” gezogene „gekrümmte Linie” nicht. Es handelt sich bei ihr um einen nach unten rechts offenen Rundhaken, der in zwei auseinandergezogenen Wellen ausläuft. Ihr Anfang läßt nicht vermuten, daß sie ein „S” (für Rechtsanwalt S.) darstellen könnte. Mit den Unterschriften, die Rechtsanwalt S. in dieser Sache zuvor geleistet hatte und die sich durch eine sehr gute Lesbarkeit auszeichnen, hat sie nicht entfernt Ähnlichkeit. Aus der damaligen Sicht durfte das Berufungsgericht mit Recht nach dem Urheber der „gekrümmten Linie” fragen. Inzwischen hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten zwar durch Vorlage einer notariell beglaubigten Urkunde nachgewiesen, daß er auch die hier in Rede stehende Linie als „Unterschrift” zu verwenden pflege. Das ist aber für die Frage, ob sie als Unterschrift i.S. des § 130 Nr. 6 ZPO angesehen werden kann, ebensowenig von Bedeutung wie die von den Beklagten überreichten Ablichtungen anderer „Unterschriften”. Darauf, ob Rechtsanwalt S. die Linie als seine Unterschrift „anerkannt” hat, kommt es nicht an.

2. Auch was die Beklagten sonst vorbringen, vermag ihrer Beschwerde nicht zum Erfolge zu verhelfen.

a) Die Frage, ob das Gericht verpflichtet war, alsbald auf den Mangel der Unterschrift hinzuweisen, damit diese noch rechtzeitig nachgeholt werden konnte, ist allenfalls für das Wiedereinsetzungsgesuch erheblich. Hierüber hat aber das OLG zu entscheiden.

b) Richtig ist, daß die telegrafische und fernschriftliche Einreichung von Schriftsätzen auch ohne eigenhändige Unterschriftleistung wirksam sein kann (RGZ [GS] 151, 82; BAG, NJW 71, 2190 Nr. 25). Diese für zulässig erachtete Ausnahmeregelung macht aber die Beachtung der. Formvorschriften im übrigen nicht entbehrlich. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn für den Regelfall der Berufungsbegründung - wie er hier gegeben ist - eine Unterschrift i.S. des § 130 Nr. 6 ZPO gefordert wird.

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht; Anwalts-, Notar-, Steuerberater- und anderes Berufsrecht