Umfang der geschuldeten Gartenpflege des Mieters
Gericht
AG Hamburg-Barmbek
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
30. 01. 2009
Aktenzeichen
812 C 82/08
Tatbestand:
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Anspruch in Höhe von insgesamt 490,- € aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag zu.
1. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein restlicher Mietzinsanspruch in Höhe von 150,- € zu. Zwischen den Parteien war infolge einer einvernehmlichen Änderung des Mietvertrages eine monatliche Miete in Höhe von 300,- € vereinbart. Hierauf leistete der Beklagte für den November 2007 lediglich 150,- €. Diese unstreitige Forderung ist auch nicht durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen. Zwar hat der Beklagte eine Vereinbarung vorgetragen, nach der er Material- und Arbeitskosten für die Verlegung eines Fußbodenbelags einschließlich der Fußbodenleisten übernehmen sollte und dafür 150,- € zu vergüten wären. Der Kläger hat diese Vereinbarung zwar bestritten, eine Zahlung der Materialkosten aber gegen Vorlage entsprechender Belege zugesagt. Der Beklagte jedoch keine Belege vorgelegt. Insoweit war die - möglicherweise - bestehende Gegenforderung nicht fällig. Dem Kläger stand ein Zurückbehaltungsrecht wegen der nicht erfolgten Abrechnung zu, die er jedenfalls entsprechend § 259 BGB schuldete. Mit nicht durchsetzbaren Gegenansprüchen ist eine Aufrechnung ausgeschlossen.
2. Dem Kläger steht ein Anspruch in Höhe von insgesamt 340,- € wegen Verletzung der in § 19 des Mietvertrages niedergelegten Pflicht des Beklagten zur Gartenpflege zu. Ausweislich der einleitenden Sätze dieser Bestimmung war der Beklagte verpflichtet, den überlassenen Ziergarten ständig zu pflegen und als solchen zu erhalten. Einzelne Arbeiten sind in Satz 3 konkretisiert (dazu später). Es steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Beklagte die ihm nach § 19 des Mietvertrages obliegenden Pflichten verletzt hat, indem er die Rabatte nicht gesäubert und in Ordnung gehalten, die Einfahrt des Carports nicht von Unkraut befreit, die Büsche nicht ordnungsgemäß zurückgeschnitten sowie sich unzureichend um die Entfernung von Laub gekümmert hat. Zwar hat der Mieter bei einer - wie vorliegend - im Mietvertrag unscharf formulierten Pflicht zur Instandhaltung des Gartens einen erheblichen Ermessungsspielraum bei Art und Durchführung der dem Erhalt des Gartens dienenden Maßnahmen. Es gelten jedoch gewisse, anhand der allgemeinen Verkehrsanschauung zu bestimmende Mindestanforderungen an das Erscheinungsbild eines Ziergartens. Diese Grenze hat der Beklagte u. a. dadurch überschritten, dass er die Auffahrt des gemieteten Grundstücks nicht von dem erheblichen Unkrautbefall befreit hat. Dass der Beklagte es unterlassen hat, die Auffahrt von Unkraut zu befreien, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der vom Kläger eingereichten und von allen Parteien im Rahmen der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Fotos fest. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die als Anlage zur mündlichen Verhandlung vom 14. 7. 2008 zur Akte gereichten Fotos den Zustand des Gartens einerseits nach Auszug des Beklagten und andererseits nach Durchführung vom Kläger veranlasster gärtnerischer Arbeiten zeigt. Der Kläger machte einen überaus korrekten, fast pedantisch wirkenden Eindruck. Dazu passt nicht die Annahme, dass der Kläger den Garten hat weiter verwildern lassen und dem Beklagten diesen nicht ihn zurückzuführenden Zustand in Schädigungsabsicht unterschiebt. Auf dem Foto Blatt 51 der Akte ist zu sehen, dass in den Fugen der gepflasterten Einfahrt in erheblichem Umfang Gras und Unkraut wächst, das sich teilweise zu faustgroßen Büscheln herausgewachsen hat. Es entspricht der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass die Fugen gepflasterter Einfahrten von übermäßigem Bewuchs mit Unkraut freizuhalten sind. Das auf Blatt 51 der Akte ersichtliche Maß des Unkrautbefalls stellt eine erhebliche, das Empfinden eines Durchschnittsbetrachters störende Beeinträchtigung des optischen Gesamtbildes dar.
Auch die Rabatte wurden von dem Beklagten nicht in dem vertraglich geforderten Umfang gepflegt. Dies gilt insbesondere für das auf Blatt 55 der Akte unten zu sehende, den dortigen Büschen vorgelagerte Beet. Die Kante des Beetes ist von Gras/Unkraut überwuchert und macht einen ungepflegten, verwilderten Eindruck. Das gilt auch für das Beet selbst, das großflächig mit Gras und anderem Unkraut übersät ist.
Der Beklagte hat ferner versäumt, einige Büsche ordnungsgemäß zurückzuschneiden und Wildwuchs zu beseitigen. Dies trifft jedoch nur auf den Fliederbusch sowie den Bewuchs der hinteren, auf dem Foto Blatt 57 oben zu sehenden Ecke zu. Der auf dem dortigen linken Bild zu sehende Wildwuchs entspricht auch bei der gebotenen zurückhaltenden Betrachtungsweise (s. o.) nicht mehr den an einen Ziergarten zu stellenden Anforderungen. Es handelt sich ersichtlich um Wildwuchs, der keinem Plan oder einer gärtnerischen Ordnung folgt. Ebenfalls im nicht vertragsgerechten Zustand befand sich der auf den Fotos Blatt 57, zweite Reihe von oben, zu sehende Flieder. Der Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass er den Flieder im Jahre 2007 einmal geschnitten und damit seine vertraglichen Pflichten aus § 19 des Mietvertrages erfüllt habe. Die Konkretisierungen in Satz 3 werden mit der Formulierung eingeleitet „zur Gartenpflege gehört üblicherweise“. Dadurch wird lediglich - vergleichbar den Bestimmungen zu Schönheitsreparaturen - die bei gewöhnlichem Lauf der Dinge zu erwartende Häufigkeit der notwendigen gartenpflegerischen Maßnahmen näherungsweise bestimmt. Ebenso wie bei den Schönheitsreparaturen kommt es aber entscheidend auf den tatsächlichen Zustand des Gartens an, der auch ein „vorfristiges“ Tätigwerden erfordern kann, sowie es bei Schönheitsreparaturen auf die Renovierungsbedürftigkeit ankommt. Der Flieder wies einen solch ausufernden Wuchs auf, dass er den Garten nicht nur verwildert aussehen ließ, sondern ein freies Begehen der anliegenden Rasenfläche behinderte.
Schließlich kam der Beklagte nicht der ihm obliegenden Pflicht zur Laubbeseitigung im ausreichenden Maße nach. Es entspricht der allgemeinen Verkehrsanschauung, dass das auf Rasenflächen und Beete fallende Laub regelmäßig zu entfernen ist, da anderenfalls ein ungepflegter Gesamteindruck entsteht. Eine Zusammenschau aller zur Akte gereichten Fotos zeigt, dass der Beklagte dieser Pflicht nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist.
Die Höhe des dem Kläger zustehenden Schadensersatzanspruchs wird gemäß § 287 geschätzt. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens wäre angesichts des in Rede stehenden Schadensersatzanspruchs unverhältnismäßig; das Gericht kann für die Schadensschätzung auf eigene Erfahrungen sowie auf die zur Akte gereichte Rechnung des Gartendienstes Masur zurückgreifen. Der erstattungsfähige Schaden für das Unterlassen der Pflicht zur Säuberung der Rabatte ist mit 185,- € angemessen. Hingegen sind die Positionen aus der Rechnung vom 30. 11. 2007 der Firma Masur (Anlage K5) für die Positionen Laub zusammenharken, Büsche zurückschneiden sowie Einfahrt und Carport säubern (zusammen 345,- €) anteilig um 90,- € zu kürzen. Zum einen hatte der Kläger nicht in dem von ihm beantragten Umfang Anspruch auf Erstattung der Kosten des Zurückschneidens (siehe unten), zum anderen waren die mit der Beseitigung des Laubes verbundenen Kosten in Höhe von 180,- € angesichts des durch die vorgelegten Fotos konkretisierten Vortrages übersetzt.
3. Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Der Kläger hat insbesondere nicht die Pflicht, den Rasen regelmäßig zu mähen, verletzt. Es steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger dies im geforderten Umfang getan hat. Die Kinder des Klägers haben zwar, ihrem Alter entsprechend, keine genauen Angaben machen können. Das Gericht ist jedoch auch davon überzeugt, dass sie keine unwahren Angaben gemacht haben. Beide Kinderhaben ausgesagt, dass der Beklagte den Rasen mehrfach gemäht hat. Auch ist es lebensfremd davon auszugehen, dass die Kinder wahrheitswidrig bereits vor dem Prozess der (ehemaligen) Schwiegermutter des Klägers erzählt haben, sie hätten beim Kläger Rasen gemäht und dafür ein Taschengeld erhalten, nicht wissend, dass sie damit ihrem Vater helfen. Der Kläger verlangt mit seinem Begehren mehr an gärtnerischer Pflege, als der der Beklagte nach dem Mietvertrag schuldete. Der Beklagte war nicht verpflichtet, den Garten in dem Zustand zurück zu geben, den der Kläger durch die Inanspruchnahme eines Gartendienstes nach Auszug des Beklagten hergestellt hat. Darin läge eine auf den Zeitpunkt des Auszuges bezogene Pflicht zur fachmännischen Herrichtung des gesamten Gartens. Dafür bietet § 19 des Mietvertrages keinen Anhalt. Nach dieser Bestimmung ist nur die laufende, übliche Gartenpflege geschuldet, die es durchaus erlaubt, den Garten in einem nicht gänzlich akkuraten, frisch hergerichteten Zustand zurück zu geben. So war der Beklagte z. B. nicht verpflichtet, die Außenhecke in denjenigen Zustand zu versetzen, der auf dem Bild Blatt 56 unten zu sehen ist: Zwar war die Hecke, wie auf dem Bild Blatt 56 oben ersichtlich, leicht ausgewachsen. Dieser Zustand entspricht aber noch der vertraglichen Mindestverpflichtung, die Hecke einmal im Jahr zu schneiden. Sie war nicht so „ausgewildert“, dass ein zusätzlicher Schnitt der Hecke erforderlich gewesen wäre. Dasselbe gilt nach den vorstehenden Ausführungen für die Rasenfläche. Daher war die Klage mit Blick auf diese beiden Punkte abzuweisen, wobei die anteiligen Kosten gemäß § 287 geschätzt wurden. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, die auf dem Foto Blatt 53 der Akte zu sehenden Sträucher zu entfernen. Die Zeugin M. hat glaubhaft dargetan, dass sie einen vergleichbaren Zustand bereits bei Einzug des Beklagten beobachtet hat. Ihre Einlassung, dass sie mit ihrem Hund regelmäßig dort vorbei gegangen ist und Einblick in das Grundstück hatte, schenkt das Gericht Glauben. Die Zeugin steht dem Beklagten auch nicht so nah, dass zu befürchten wäre, dass sie eine strafbewehrte vorsätzliche unrichtige Aussage macht. Die Lebenserfahrung streitet eher für die Annahme, dass eine (ehemalige) Schwiegermutter jedenfalls kein solches näheres Verhältnis zu ihrem vormaligen Schwiegersohn hat, dass ohne weitere, aus der Aussage ersichtliche Anzeichen, die vorliegend nicht gegeben waren, unrichtige Angäben zu befürchten wären.
Die Zinsentscheidung beruht auf den §§ 286, 288 BGB. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen. Entscheidungserheblich waren vor allem die durch Fotos und Zeugenaussagen zu überprüfenden Tatsachen. Das Gericht weist noch vorsorglich für die Zukunft darauf hin, dass Fälle der vorliegenden Art angesichts der unscharfen Klausel des § 19 des Mietvertrages kaum mehr justiziabel sind und der Kläger sich bewusst sein muss, dass nur laufende Gartenarbeiten und nicht ein akkurater Endzustand bei Rückgabe der Mietsache geschuldet ist.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen