Mietminderung wegen im gesamten Wohnbereich hörbaren WC-Geräuschen
Gericht
LG Berlin
Datum
20. 04. 2009
Aktenzeichen
67 S 335/08
Gründe:
I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO Bezug genommen. Von der Darstellung des Tatbestandes wird im Übrigen gemäß § 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
1. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die erforderliche Berufungssumme von mehr als 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist erreicht.
2. Sie ist jedoch unbegründet, so dass auch nicht - auf Antrag der Klägerin - gemäß § 331 ZPO ein Versäumnisurteil ergehen konnte.
Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2006 kein Anspruch auf restlichen Mietzins in der geltend gemachten Höhe von 3.228,24 € gemäß § 535 Abs. 2 BGB zu, da der Mietzinsanspruch wegen der unstreitigen Mängel der Wohnung - die auch unstreitig angezeigt worden sind - zumindest in dieser Höhe gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert war.
Gemäß § 536 BGB liegt dann ein eine Minderung rechtfertigender Mangel vor, wenn die Ist-Beschaffenheit in negativer Weise von der Soll-Beschaffenheit abweicht und die Tauglichkeit der Mietsache hierdurch mehr als nur unerheblich beeinträchtigt wird. Maßgeblich für die Soll-Beschaffenheit sind nicht objektive Kriterien, sondern grundsätzlich das vertraglich Vereinbarte. Ist keine ausdrückliche Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, so ist die Verkehrsanschauung als Auslegungshilfe heranzuziehen (vgl. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 536 Rdnr. 57). In der Regel ist auf den Standard zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (vgl. BGH NZM 2006, 582). Der Mieter kann nur den Standard erwarten, der bei vergleichbaren Objekten üblich ist. Es kommt nicht darauf an, ob der Vermieter die Störung (bspw. Lärm aus Nachbarwohnungen) abstellen kann (vgl. wie zuvor Rdnr. 36).
a. Toilettengeräusche
Den Beklagten steht - mit dem Amtsgericht einhergehend- im Hinblick auf das auch in dem Wohnzimmer der Wohnung der Beklagten vernehmbare Urinstrahlgeräusch aus der oberen Nachbarwohnung ein Mietminderungsrecht von 10% zu. Nach den erstinstanzlich nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen ... sind zwar nicht sämtliche Nutzungsgeräusche aus dem Sanitärbereich der anderen Wohnung laut hörbar, aber das Uringeräusch eines „Stehpinklers“ ist akustisch deutlich auffällig vernehmbar (vgl. Seite 9 des Gutachtens, Bd. II/Bl. 9 d. A.). Die Ursache liegt - nach den Ausführungen des Sachverständigen - in einem harten Verbund zwischen Stand-WC und Estrich bzw. Rohdecke. Es kann aber auch bei einem 1978 errichteten Gebäude erwartet werden, dass solche doch sehr penetranten und unangenehmen Geräusche im Wohnbereich nicht auftreten. Immerhin wird dieser Bereich auch für die Einnahme von Speisen und den Besuch/Empfang von Gästen genutzt. Dass dies technisch nicht anders möglich sei, ist nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Es dürfte allenfalls noch hinnehmbar sein bzw. dem Üblichen ggf. entsprechen, dass derartige Geräusche u. U. gedämmt im eigenen Bad vernommen werden können, aber nicht im gesamten Wohnbereich. Daher hält auch die Kammer diese Beeinträchtigung - anders als die Klägerin meint - für so gravierend, dass eine 10%-Minderung nicht unangemessen ist.
b. Schäden an Kücheneinrichtung
Hinsichtlich der vom Sachverständigen Seidel an der Kücheneinrichtung festgestellten Mängeln ist zwar eine 10% Minderung - wie das Amtsgericht meint - etwas überhöht, aber die Kammer hält in Anbetracht der Summierung der Mängel eine Minderung i. H. v. 3-4% (mithin 3,5%) für gerechtfertigt. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit liegt nicht vor. So hängt die rechte Tür des Spülunterschrankes wegen eines ausgebrochenen Scharniers, die linke Tür hängt auch etwas, die Kantenbeschichtung an der rechten Tür löst sich ab, die Arretierung der Klapptür des Hängeschrankes ist desolat und stark in seiner Funktionsfähigkeit eingeschränkt, die Blenden (= Deckplatten) der drei Schubläden der Fensterwand und der Schublade rechts lösen sich, eine Tür des Hängeschrankes hängt schief aufgrund eines schadhaften Scharniers.
Bei einer Minderung von 13,5% (= 10% Toilettengeräusche + 3,5% Kücheneinrichtung) reduziert sich die Miete - kraft Gesetzes - für den Zeitraum von Juni 2004 bis Dezember 2006, d. h. für 31 Monate um 13,5% der monatlichen Bruttomiete (vgl. wie zuvor Rdnr. 76/82) von 825,14 €, d. h. um 111,40 € x 31 Monate = 3.453,21 €. Dieser Betrag liegt über der Klageforderung von 3.228,24 €, so dass der Klägerin kein weiterer Mietzinsanspruch insoweit mehr zusteht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zu der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Überprüfung durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung.
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