Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit

Gericht

LG Duisburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

24. 09. 2009


Aktenzeichen

12 S 154/08


Leitsatz des Gerichts

Mindermeinung; H.M. etwa OLG Köln

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 258,41 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2007 sowie weitere 46,41 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges werden dem Kläger 86% und der Beklagten 14% auferlegt. Die Kosten der zweiten Instanz haben der Kläger zu 85% und die Beklagte zu 15% zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Duisburg vom 23.10.2008 (Bl. 144-156 d. A.).

Das Amtsgericht hat nach Beweisaufnahme der auf Minderung und Schadenersatz in Höhe von 1.845,00 € gerichteten Klage - unter Berücksichtigung der vorgerichtlichen Zahlung von 150,00 € - nur in geringem Umfang (20,17 €) wegen des mangelhaften Bustransfers am Ankunftstag sowie wegen der Strandentfernung stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er Zahlung von Minderung sowie Schadenersatz von insgesamt 1.619,57 € begehrt.

II. Die zulässige Berufung ist nach dem Ergebnis der gesamten Verhandlungen in geringem Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte über die vorgerichtlich gezahlten 150.- € und die vom Amtsgericht ausgeurteilten 20,17 € ein weiterer Anspruch auf Minderung in Höhe von 238,24 €, mithin insgesamt 258,41 € nebst Zinsen gegen die Beklagte zu (1.) Im Übrigen hat es aber bei der Klageabweisung zu verbleiben (2.).

1.a. Abweichend von dem Amtsgericht sieht es die Kammer als erwiesen an, dass es in dem Appartement zu Geruchsbelästigungen gekommen ist. Einer erneuten Beweisaufnahme bedarf es nicht, da die Kammer allein aufgrund des Inhalts der Zeugenaussagen zu einer anderen Wertung kommt, eine Glaubwürdigkeitsbeurteilung mit dem Amtsgericht aber nicht vornimmt. Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass die widersprechenden Aussagen der Zeugin einerseits und der Zeugen und andererseits für sich gesehen jeweils nachvollziehbar und wahrscheinlich seien und sich der Sachverhalt nicht eindeutig aufklären lasse. Die Kammer sieht aufgrund ihrer Kenntnisse aus vergleichbaren Fällen trotz der auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinenden Aussagen der Zeugen den Nachweis der Geruchsbelästigung geführt. Es ist nämlich kammerbekannt, dass Siphons in Inselhotels unter bestimmten Wetterbedingungen zum sogenannten „Trockenfallen“ neigen und dann ihre Funktion als Geruchssperre zeitweise nicht mehr erfüllen können. Vor diesem Hintergrund lösen sich die Widersprüche zwischen den Zeugenaussagen auf. Es kann daher nach der Aussage der Zeugin festgestellt werden, dass die Arbeiten des Hoteltechnikers am 05.06., 06.06. und 07.06. nur vorübergehend zu einem Erfolg führten, nämlich solange der Siphon noch mit Wasser gefüllt war. Davon, dass - wie die Zeugen und bekundet haben - alle Abflüsse mit einem Siphon ausgestattet sind, geht die Kammer ungeachtet der entgegenstehenden Aussage der Zeugin , die dies für den Ablauf am Waschbecken verneint hat, aus. Die Kammer unterstellt, dass die Zeugin einen vorhandenen Siphon nicht als solchen erkannt hat. Die Aussage der Zeugin , sie habe bei der Inaugenscheinnahme des Badezimmers am 05.06. keine Geruchsbelästigung wahrgenommen, steht dem Beweisergebnis der Kammer nicht entgegen. Denn auch nach der Aussage der Zeugin hatte am 05.06. die Arbeit des Technikers vorübergehend Wirkung gehabt. Darauf, dass der Kläger einen Umzug im Hotel abgelehnt hat, kommt es bei dieser Sachlage nicht an. Denn mit einem „Trockenfallen“ eines Siphons musste nach Einschätzung der Kammer in jedem Appartement gerechnet werden.

Den Mangel der Geruchsbelästigung bewertet die Kammer mit 5% des Reisepreises. Diese vom Kläger in der Klage angesprochene Quote liegt im Rahmen; dies gilt nicht für die in der Berufung vertretene Quote von 15%.

b. Ebenfalls abweichend von dem Amtsgericht sieht es die Kammer als erwiesen an, dass es während des Aufenthaltes zu Bauarbeiten in der Anlage gekommen ist. Einer erneuten Beweisaufnahme bedarf es nicht, da die Kammer allein aufgrund des Inhalts der Zeugenaussagen und der vorgelegten Lichtbilder zu einer anderen Wertung kommt, eine Glaubwürdigkeitsbeurteilung mit dem Amtsgericht aber nicht vornimmt. Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass die widersprechenden Aussagen der Zeugin einerseits und der Zeugen und andererseits für sich gesehen jeweils nachvollziehbar sind und die von dem Kläger vorgelegten Lichtbilder zwar drei mit dem Transport von Dachmaterial und Balkonarbeiten beschäftigte Arbeiter zeigen, lärmintensive Arbeiten mit Bohr- und Flexmaschinen aber nicht erkennen lassen. Letzteres trifft zwar zu, steht jedoch der Feststellung nicht entgegen, dass tatsächlich Bauarbeiten durchgeführt wurden. Es lässt sich nämlich nicht erkennen, dass die vorgelegten Fotos mit den Schilderungen des Zeugen über die Erneuerung eines Blumenkübels in Einklang stehen. Damit gewinnt die Aussage der Zeugin hinsichtlich der Bauarbeiten in entscheidendem Maße an Gewicht, wenn auch der von der Zeugin geschilderte Umfang der Bauarbeiten insgesamt nicht festgestellt werden kann.

Mit einer Quote von 3% sind die Belästigungen durch Bauarbeiten, soweit sie sicher festgestellt werden können (Transport von Dachmaterial und Balkonarbeiten), ausreichend abgegolten.

Insgesamt erhöht sich die Minderung um 8%, mithin um 238,24 €.

c. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 I, 288 BGB.

2. Weitere Minderungsansprüche gemäß § 651 d BGB bestehen nicht, weil die Kammer deren tatsächliche Voraussetzungen nicht feststellen kann (§ 529 I Nr. 1 ZPO) und die vom Amtsgericht ausgeworfenen Minderungsquoten nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513, 546 ZPO) beruhen.

a. Ameisenbefall

Die Kammer schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts an, dass es sich bei dem von der Zeugin geschilderten Ameisenbefall in südlichen Urlaubsländern nicht um einen Reisemangel, sondern um eine ortsübliche Unannehmlichkeit handelt.

b. Sonnenschirme

An die Feststellungen des Amtsgerichts zu der Anzahl der vorhandenen Sonnenschirmen sieht sich die Kammer gemäß § 529 ZPO gebunden. Im Gegensatz zu den unter 1. dargelegten Erwägungen bieten sich in diesem Punkt keine außerhalb der Zeugenaussagen liegende Umstände zu einer abweichenden Beweiswürdigung an.

c. Strandentfernung

Die Minderungsquote von 5% auf den gesamten Reisepreis von 2.978,00 € ist angemessen für die Strandentfernung, die über dem im Katalog angegebenen Wert („nur wenige Meter“) lag und 600 m betrug. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, es sei unberücksichtigt geblieben, dass der Weg teilweise an einer Hauptstraße entlangführte. Das Gegenteil ist ausweislich der Urteilsgründe der Fall. Mit 5% liegt die von dem Amtsgericht zuerkannte Quote in dem von der Kammer im Allgemeinen gesetzten Rahmen. Eine deutliche Erhöhung - wie von dem Kläger auf 15% begehrt - kann allenfalls in Sonderfällen (Transport von Kleinkindern oder gehbehinderten Mitreisenden) angenommen werden, wofür hier nichts ersichtlich ist.

d. Ausstattung des Appartements

Zu Recht hat das Amtsgericht weitere Minderungsansprüche wegen der Ausstattung des Appartements verneint.

Das Amtsgericht hat die von dem Kläger vorgetragenen - nach seiner Auffassung nicht ausreichenden - Schlafmöglichkeiten mit der Katalogbeschreibung verglichen und ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die von dem Kläger vorgefundenen Schlafmöglichkeiten vertragsgerecht waren. Dem hat die Berufung nichts entgegen zu setzen. Ohne Erfolg verweist der Kläger wiederholend auf die geringe Zahl von Ablagefächern und den Umstand, dass Teile des Reisegepäcks im Koffer bleiben mussten. Die Kammer schließt sich der Auffassung des Amtsgerichts an, dass es mangels konkreter Vereinbarungen nicht als Reisemangel einzustufen ist, wenn die am Urlaubsort vorgefundenen Ablagemöglichkeiten das vollständige Reisegepäck nicht aufnehmen können.

e. Abschattung der Terrasse, Öffnungszeiten und Ausstattung des Fitnessraums, Nutzungszeiten des Pools

Weitere Minderungsansprüche im Hinblick auf Abschattung der Terrasse, Öffnungszeiten und Ausstattung des Fitnessraums, Nutzungszeiten des Pools hat das Amtsgericht ebenfalls zutreffend verneint. Diese Ausführungen, denen die Kammer beitritt, werden von der Berufung im Einzelnen nicht angegriffen.

3. Dem Kläger steht ein Schadenersatzanspruch gemäß § 651 f BGB nicht zu.

a. Die Voraussetzungen des Nichterfüllungsschadens nach § 651 f I BGB, nämlich eines Schadens, der nicht bereits durch die Minderung abgegolten ist, lassen sich - von der vom Amtsgericht dargelegten Besonderheit der teilweisen Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten abgesehen - nicht feststellen.

b. Für einen Anspruch auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit nach § 651 f II BGB fehlt es an der Erheblichkeit der Beeinträchtigung.

Zwar kann die Kammer der bislang herrschenden Meinung nicht mehr folgen, dass diese Beeinträchtigung erst bei einer begründeten Minderung des Reisepreises um 50% anzunehmen ist. Nach dem Leitner-Urteil des EuGH vom 12.02.2002 (NJW 2002, 1255) ist § 651 f II BGB unter Beachtung von Art. 5 Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG dahin richtlinienkonform auszulegen, dass bereits deutlich unter der 50% Grenze liegende Minderungen für die Bejahung einer Urlaubsbeeinträchtigung ausreichen, wobei die Kammer zu einer 25% Grenze neigt.

Diese ist vorliegend nicht erreicht.

Nicht folgen kann die Kammer der Auffassung von Tonner/Lindner (NJW 2002, 1475), in jedem Fall einer schuldhaften Urlaubsbeeinträchtigung - also auch bei Urlaubsbeeinträchtigungen, die zu geringeren Minderungen als 25% führen - sei Schadenersatz zuzusprechen. Diese Auffassung verlässt den Bereich der Gesetzesauslegung und führt mit der einer Streichung gleichkommenden Nichtbeachtung des Tatbestandsmerkmals „erheblich“ zu einer Gesetzesänderung.

4. Die anteiligen Anwaltskosten sind als Schadensersatz über § 651 f I BGB ersatzfähig. Diese sind ersatzfähig entsprechend der Höhe des Gegenstandswertes des berechtigten Minderungsbetrages, hier also für insgesamt (20,17 + 238,24 =) 258,41 €. Es verbleibt damit bei dem vom Amtsgericht ausgeurteilten Betrag von 46,41 €, weil die Erhöhung des Minderungsbetrages nicht zu einem Gebührensprung führt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Berufungsstreitwert: 1.619,57 €.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 651d, 651f