Untersagung des Flugbetriebs eines Luftfrachtführers durch EU-Kommission

Gericht

AG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

08. 07. 2009


Aktenzeichen

25 C 663/09


Tenor


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.165,€ nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.9.2008 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger buchte bei der Beklagten im August 2007 einen Flug von Düsseldorf nach Bangkok und zurück für die Daten 11.12.2007 bzw. 10.1.2008 für sich und seine Familie (5 Tickets) zu einem Preis von 2.209,00 €, die der Kläger zahlte.

Am 12.9.2007 untersagte die Kommission der Europäischen Union der Beklagten den Flugbetrieb, woraufhin der Kläger am 13.9.2008 für sich und seine Familie bei X einen Flug Frankfurt-Bangkok-Frankfurt für die Daten 10.11.2007 bzw. 13.1.2008 buchte. Hierfür zahlte er 3.284,00 € zuzüglich 90,00 € wegen inzwischen eingetretener Tax-Erhöhung. Die Beklagte erstattet den von ihr vereinnahmten Flugpreis.

Der Kläger macht nunmehr die erhöhten Kosten des Ersatzfluges geltend.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.165,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.9.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine deutsche Zweigniederlassung, welche die Beklagte sei, sei keine selbständige juristische Person und daher nicht Partei. Die Zweigniederlassung verfüge über keine eigene Rechtspersönlichkeit.

Sie bestreitet, dass es keine günstigeren Ersatzflüge von Deutschland nach Bangkok gegeben hätte. Der Kläger hätte seiner Schadensminderungspflicht ihrer Ansicht nach genügen müssen. Er hätte auch Flüge mit Zwischenstation berücksichtigen müssen.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, deutsches materielles Recht fände keine Anwendung. Eine Pflichtverletzung ergebe sich vonseiten der Beklagten nicht. Der Kläger hätte der Beklagten Gelegenheit geben müssen, günstigere Ersatzflüge zu buchen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.


I.

Gemäß § 21 Abs. 1 ZPO kann eine juristische Person auch dort verklagt werden, wo sich ihre selbständige Niederlassung befindet. Es ist davon auszugehen, dass die Beklagte eine selbständige Niederlassung in Düsseldorf hat. Zum einen ist die Niederlassung sogar im Handelsregister eingetragen, zum anderen ergibt sich dies aus dem Gegenstand des Unternehmens, die unter anderem Flugpassagier- und Frachtdienstleistungen und Flughafendienstleistungen sowie Unternehmung von touristischen Luftreisen im In- und Ausland entsprechend den betreffenden Vorschriften zum Gegenstand hat. Eine Niederlassung ist jede von dem Inhaber an einem anderen Ort als dem seines Sitzes für eine gewisse Dauer eingerichtete auf seinen Namen und für seine Rechnung betriebene und selbständig, das heißt aus eigener Entscheidung zum Geschäftsabschluss und Handeln berechtigte Geschäftsstelle. Im Hinblick auf den Gegenstand des Unternehmens besteht kein vernünftiger Zweifel der Selbständigkeit der Niederlassung. Entscheidend für die Selbständigkeit ist nicht das innere Verhältnis zum Hauptunternehmen, sondern ob nach außen der Anschein einer selbständigen Niederlassung erweckt wird. Hierfür ist die Eintragung der Zweigniederlassung im Handelsregister zwar nicht nötig, wirkt aber gegen den Eingetragenen (vgl. Zöller-Vollkommer, § 21 Rn. 8).

Daher geht auch der Hinweis der Beklagten fehl, die Zweigniederlassung sei verklagt worden. Vielmehr ist die Beklagte an dem Sitz ihrer Zweigniederlassung verklagt worden.


II.

Deutsches Recht findet Anwendung auch wenn die Beklagte eine Aktiengesellschaft nach dem Recht der islamischen Republik Iran ist.

Gemäß Art. 27 EGBGB unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht, wobei die Rechtswahl ausdrücklich sein muss oder sich mit hinreichender Sicherheit aus den Bestimmungen des Vertrages oder aus den Umständen des Falles ergeben muss. Da diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ergibt sich das anzuwendende Recht aus Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB. Danach unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engste Verbindung aufweist, wenn eine Rechtswahl durch die Vertragsparteien nicht vorgenommen wurde. Nach Abs. 2 der Vorschrift wird vermutet, dass der Vertrag die engste Verbindung mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder wenn es sich um eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre Hauptverwaltung hat. Ist der Vertrag jedoch in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Partei geschlossen worden, so wird vermutet, dass er die engste Verbindung zu dem Staat aufweist, in dem sich deren Hauptniederlassung befindet oder in dem, wenn die Leistung nach dem Vertrag von einer anderen als der Hauptniederlassung zu erbringen ist, sich die andere Niederlassung befindet.

Die Beklagte ist eine, wie sie selbst vorträgt, Aktiengesellschaft nach dem Recht der islamischen Republik Iran und hat ihre Niederlassung in Düsseldorf. Die charakteristische Leistung der Beklagten lag darin, die Luftbeförderung des Klägers und seiner Familie von Deutschland nach Bangkok und zurück zu leisten. Es ist davon auszugehen, dass diese Leistung die Niederlassung der Beklagten in Deutschland erbrachte. Denn der Vertrag wurde in Deutschland geschlossen, wobei sich die Beklagte eines Reisebüros bediente. Die deutsche Zweigniederlassung – Düsseldorf – hat ausweislich der vorgelegten Kopie des Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts Düsseldorf vom 18.4.2008 zum Gegenstand Flugpassagier und Frachtdienstleistung und Flughafendienstleistung sowie Unternehmung von touristischen Luftreisen im In- und Ausland entsprechend den betreffenden Vorschriften – also genau die Leistungen, die der Kläger in Anspruch nahm. Schließlich ist der Gegenstand des Hauptsitzes der Beklagten nicht vorgetragen worden.


III.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz gemäß §§ 636, 631, 325 BGB. Nach Ansicht des Gerichts steht dem Fluggast ein Rücktrittsrecht zu im Hinblick auf den Luftbeförderungsvertrag, wenn die Kommission der Europäischen Union dem Luftfrachtführer den Flugbetrieb untersagt.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, einen Rücktritt habe vom Luftbeförderungsvertrag habe der Kläger nicht erklärt. Die Beklagte zahlte dem Kläger den Kaufpreis der bei ihr gebuchten Tickets zurück. Wäre der Kläger vom Vertrag nicht zurückgetreten, hätte sie keinen Anlass hierzu gehabt.

Ebenso wenig mit Erfolg trägt die Beklagte vor, der Kläger habe ihr nicht die Gelegenheit gegeben, Ersatzflüge zu besorgen. Denn sie trägt nicht einmal vor, Kontakt zum Kläger gesucht zu haben, um solche Ersatzflüge anzubieten, obwohl sie erstens Kenntnis davon hatte, dass ihr der Flugbetrieb untersagt wurde und ihr zweitens die Daten des Klägers aufgrund des Vertrages bekannt waren. Aus welchem Grund sich der Kläger bemühen sollte, von ihr eine Ersatzbeförderung zu verlangen ist nicht ersichtlich, wenn durch die allgemein zugänglichen Medien die unstreitig wahre Nachricht verbreitet wird, dass der Beklagten die Flugbetrieb untersagt wurde. Unstreitig galt am 12.9.2007 die Beklagte als Luftfahrtunternehmen als unsicher und das auch noch in den Zeitpunkten der gebuchten Flüge. Insofern bestand verschuldete Unmöglichkeit der Leistung durch die Beklagte.

Soweit die Beklagte meint, die Buchung am 13.9.2007 sei verfrüht gewesen, so kann dem nicht gefolgt werden – auch nicht im Hinblick auf § 254 BGB. Es ist allgemein bekannt, dass es im Flugverkehr Frühbucherrabatte gibt. Soweit die Beklagte meint, es hätten günstigere Ersatzflüge von Deutschland nach Bangkok gegeben, so trägt sie hierzu nicht substantiiert vor. Die Voraussetzung von § 254 BGB hat sie jedoch darzulegen und unter Beweis zu stellen.

Die Höhe des Schadens, also die Höhe der Kosten für die Ersatzflüge, sind unstreitig, so dass ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 1.165,00 € besteht.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB. Unstreitig hat der Kläger die Beklagte aufgefordert, bis zum 15.9.2008 zu zahlen, so dass hiernach Verzug eintrat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.165,00 €

Rechtsgebiete

Reiserecht