Keine Wiedereinsetzung bei Abschluss der Faxübertragung nach Ablauf der Monatsfrist
Gericht
OVG Schleswig
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
23. 04. 2010
Aktenzeichen
2 LA 24/10
Bei dem Absenden eines sechsseitigen Telefax um 23.58 Uhr und damit zwei Minuten vor Fristablauf kann ein Rechtsmittelführer nicht begründet darauf vertrauen, dass die Übertragung bis vor 0.00 Uhr beendet werden würde. Daher kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Fristversäumung gewährt werden.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 1. Kammer – vom 25. Januar 2010 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 98.084,82 EUR Euro festgesetzt.
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig.
Die Klägerin hat den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht in der in § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgeschriebenen Frist von zwei Monaten nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begründet. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
Die Urteilszustellung erfolgte am 02.02.2010. Eine nach Monaten bemessene Frist, wie die Frist zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung, endet mit dem Ablauf des Tages, der dem Tag entspricht, in den das Ereignis der Zustellung des Urteils fällt (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 222 Abs. 1, Abs. 2 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB). Die Frist endet mit Ablauf dieses Tages, also um 24.00 Uhr. Im vorliegenden Fall lief die Frist deshalb am Dienstag, den 06.04.2010 um 24.00 Uhr ab.
Das Telefax des Bevollmächtigten der Klägerin mit der Berufungszulassungsbegründung ging jedoch erst am 07.04.2010 um 0.00 Uhr und damit nicht vor Beginn des Folgetages vollständig bei Gericht ein (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 08.05.2007 - VI ZB 74/06 -, NJW 2007, 2045 f. - m.w.N.).
Auf die von dem Empfangsgerät beim Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgericht festgehaltene Empfangszeit kommt es auch allein an, nicht hingegen auf die Absenderzeile des Bevollmächtigten der Klägerin mit der (noch auf Winterzeit eingestellten) Zeitangabe 22.58 Uhr auf den ersten drei und 22.59 Uhr auf den weiteren drei gesendeten Seiten. Verwendet - wie hier - der Empfänger ein Telefaxgerät, dessen Systemzeit manuell eingestellt wird, muss die betreffende Zeitangabe nicht der exakten physikalischen Zeit entsprechen. Eine mögliche Ungenauigkeit der Zeiterfassung bei manueller Einstellung ist dem Absender nicht zugute zu halten (BFH Beschluss vom 19.12.2007 - VII B 111/07 - juris). Das Gericht hat sich zudem persönlich davon überzeugt, dass die Zeitangabe des Faxgeräts um weniger als eine Minute von der physikalisch exakten Zeit abweicht. Dabei geht das Gerät nach, d.h. bei korrekter Zeiterfassung wäre die Begründung vollständig erst um 0.01 Uhr eingegangen.
Dem am 20.04.2010 und damit vor Ablauf der Zweiwochenfrist des § 60 Abs. 2 VwGO gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Zulassungsbegründung nach § 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO ist der Erfolg zu versagen. Die für die Gewährung der Wiedereinsetzung nach § 60 VwGO erforderlichen Voraussetzungen liegen nicht vor. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist einem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei ist das Verschulden des Bevollmächtigten gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO dem Beteiligten zuzurechnen.
Nach diesen Vorschriften kann dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der in Rede stehenden Begründungsfrist gewährt werden, weil sein Prozessbevollmächtigter die Frist nach § 124 a Abs. 4 S. 4 VwGO schuldhaft im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO versäumt hat. Ein Verschulden des Bevollmächtigten (Rechtsanwaltes) ist gegeben, wenn dieser die übliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften und sachgemäß prozessführenden Rechtsanwalt geboten und die ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles zumutbar gewesen ist (vgl. Redeker / von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 60 Rn. 3). Auch wenn die Anforderungen nicht überspannt werden dürfen und der Bevollmächtigte bestehende Fristen voll ausschöpfen darf, so muss er jedoch bei sehr später Einlegung des Rechtsmittels die Fristwahrung besonders sichern. Er muss so rechtzeitig mit der Übermittlung beginnen, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss vor 0.00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG, Beschluss vom 01.08.1996 - 1 BvR 121/95 -, NJW 1996, 2857 m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 01.02.2001 - V ZB 33/00 -, NJW-RR 2001, 916; vom 17.05.2004 – II ZB 22/03 -, NJW 2004, 2525).
Letzteres ist hier indes nicht geschehen. Bei dem Absenden eines sechsseitigen Telefax nach eidesstattlicher Versicherung des Prozessbevollmächtigten um 23.58 Uhr und damit zwei Minuten vor Fristablauf konnte dieser nicht begründet darauf vertrauen, dass die Übertragung bis vor 0.00 Uhr beendet werden würde. Dabei legte er nämlich zunächst ungeprüft zugrunde, dass die Zeit auf dem Absendergerät mit der Zeit auf dem gerichtlichen Empfangsgerät sekundengenau übereinstimmt. Schon bei reibungsloser Übertragung konnte der Bevollmächtigte zudem - mangels Kenntnis von der Leistungsfähigkeit des Empfangsgeräts - nicht davon ausgehen, dass der Schriftsatz in einer Geschwindigkeit von wesentlich weniger als 30 Sekunden pro Seite übertragen wird (vgl. BGH, Urteil vom 25.11.2004 - VII ZR 320/03 -, NJW 2005, 678 f.)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).
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