Hundegebell in Mehrfamilienhaus
Gericht
AG Hamburg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
06. 03. 2005
Aktenzeichen
49 C 165/05
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet, die Widerklage dagegen unbegründet.
I.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von EUR 4 × EUR 40,04 = EUR 120,12 restlichen Mietzinses für die Zeit von November 2004 bis Januar 2005 zu, § 535 Abs. 2 BGB.
Die Beklagte war nicht berechtigt, den Mietzins in der vorgenannten Zeit um monatlich EUR 40,04 zu mindern, denn die Mietsache war nicht mit einem Mangel behaftet, der die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch mehr als nur unerheblich beeinträchtigt (§ 536 Abs. 1 S. 1, 3 BGB). Zwar kann auch das Bellen eines Hundes in der Nachbarschaft einen zur Minderung berechtigenden Mangel darstellen. Dies gilt jedoch erst dann, wenn das Hundebellen ein bestimmtes Ausmaß annimmt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Haltung von Hunden in Mehrfamilienhäusern weit verbreitet und üblich ist, so dass gelegentliche Lautäußerungen von Hunden - ebenso wie andere, mit der Wohnnutzung zwangsläufig verbundene nachbarliche Lautäußerungen wie Schritte, das Rauschen von Duschen oder Toilettenspülungen, Betriebsgeräusche von Waschmaschinen, Wohnungstür- und Telefonklingeln etc. - zu dem Geräuschspektrum gehören, das jeden Mieter eines Mehrfamilienhauses erwartet und das er dementsprechend als vertragsgemäß hinzunehmen hat. Von einem erheblichen, und damit zur Minderung berechtigenden Mangel kann dagegen erst ausgegangen werden, wenn die von einem Hund ausgehenden Geräusche das normale Ausmaß deutlich übersteigen. Dies gilt namentlich dann, wenn ein Hund regelmäßig lang anhaltend laut bellt, sei es weil er allein gelassen wird oder weil der Halter nicht willens oder in der Lage ist, den Hund zu beruhigen (vgl. AG Köln, WuM 2001, 493). Gleiches gilt, wenn ein Hund sehr häufig anschlägt - z. B. auf nahezu jedes Fremdgeräusch -, so dass jederzeit mit plötzlichem Hundegebell gerechnet werden muß und Ruhephasen praktisch ausbleiben (vgl. AG Düren, WuM 1990, 117).
Entsprechendes hat die Beklagte nicht beweisen können. Soweit sie behauptet, der Hund der Streitverkündeten halte sich häufig auf der Terrasse auf und kläffe von dort aus lang anhaltend, bezieht sich der entsprechende Vortrag ausweislich des Lärmprotokolls auf den Monat August 2004, und damit auf einen hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum, der erst im November 2004 beginnt. Dass es ab November 2004 noch zu entsprechenden Belästigungen gekommen ist, geht aus dem von der Beklagten zur Akte gereichten Lärmprotokoll nicht hervor. Auch die Aussagen der Zeugen ... und ..., die sich die Beklagte zu Eigen gemacht hat, führen insoweit nicht weiter. Zwar hat der Zeuge ... ausgesagt, dass er bei seinen Besuchen bei der Beklagten lang anhaltendes Kläffen des Hundes der Streitverkündeten wahrgenommen habe. Diese Aussage bezieht sich jedoch auf Besuche im September und Oktober 2004, und damit auf einen Zeitraum, der vor der streitgegenständlichen Zeit liegt. Auch die Aussage des Zeugen ... ist insoweit unergiebig. Er hat zwar ausgesagt, dass er die Beklagte ab Herbst 2004 1-2 mal pro Woche besuche und dass der Hund nach seiner Wahrnehmung „häufig von ‚seinem‘ Balkon aus vorübergehende Spaziergänger und Radfahrer auf der anderen Seite des Kanals laut und anhaltend angebellt“ habe. An einzelne Daten konnte er sich insoweit jedoch nicht erinnern, so dass zumindest nicht auszuschließen ist, dass seine Erinnerung sich auf einen Zeitraum bezieht, der vor dem hier streitgegenständlichen Zeitraum liegt. Dies liegt insbesondere deswegen nahe, weil der Hund auch nach dem Vortrag der Streitverkündeten und nach den Aussagen der von ihr benannten Zeugen ... und ... in der Anfangsphase nach dem Einzug der Streitverkündeten im August 2004 häufiger angeschlagen hat, weil ihm die Situation und die Geräuschkulisse in der neuen Umgebung noch nicht vertraut waren.
Soweit die Beklagte behauptet, dass der Hund der Streitverkündeten sehr häufig anschlage, nämlich - zusätzlich zu den im Lärmprotokoll aufgeführten Einträgen - bei jedem Fahrstuhlgeräusch und bei jedem Betreten des Treppenhauses durch Dritte, hat sie auch dies nicht zur Überzeugung des Gerichts beweisen können. Der Zeuge ... hat insoweit nur bekunden können, dass er bei seinem Besuch bei der Beklagten im Oktober 2004 ein Hundekläffen gehört habe, als er den Fahrstuhl geholt habe. Hierbei handelt es sich jedoch um einen Einzelfall, der zudem nicht innerhalb der streitgegenständlichen Zeit liegt (s. o.). Der Zeuge ... hat insoweit nur aussagen können, dass er während seiner Besuche ab Herbst 2004 „immer wieder Hundegebell und -kläffen gehört“ habe, was keine näheren Rückschlüsse auf die Häufigkeit und Intensität etwaiger Beeinträchtigungen erlaubt.
Der Zeuge ..., der die Wohnung neben der Streitverkündeten bewohnt, hat insoweit zudem ausgesagt, dass für ihn in dem fraglichen Zeitraum und auch später überhaupt keine Störungen von dem Hund der Streitverkündeten ausgegangen seien. Da der Zeuge in unmittelbarer Nachbarschaft der Streitverkündeten lebt und sich wegen seiner Gehbehinderung sehr häufig in seiner Wohnung aufhalten dürfte, begründet seine Aussage zumindest erhebliche Zweifel an der Störintensität, die die Beklagte dem Bellen des Hunds der Streitverkündeten beimisst.
Nach alledem hält das Gericht es zwar für wahrscheinlich, dass es in der Anfangsphase nach dem Einzug der Streitverkündeten zu Lärmstörungen durch den Hund gekommen ist, die das normale Maß überschritten haben mögen. Dass etwaige Störungen auch nach Oktober 2004 und in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum ab November 2004 angehalten haben, und zwar in einem Ausmaß, das ein - normales und nicht zur Minderung berechtigendes - gelegentliches Bellen deutlich überschreitet, hält das Gericht dagegen nicht für erwiesen.
II.
Die Widerklage ist unbegründet, denn der Beklagten steht kein Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Mietzinses zu (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Miete war im streitgegenständlichen Zeitraum Februar bis Mai 2005 aus den oben ausgeführten Gründen nicht gemindert, so dass die Miete in voller Höhe mit Rechtsgrund gezahlt wurde und dementsprechend nicht zurückgefordert werden kann.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 280,28 festgesetzt.
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