Laubrente wegen zu grenznaher Eichen?
Gericht
OLG Karlsruhe
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
09. 09. 2009
Aktenzeichen
6 U 184/07
Gründe:
I.
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die Klägerin ist Erbbauberechtigte des Grundstücks T.-F.-W. ... in M. Das Grundstück ist mit einem Haus bebaut, der sich in Richtung Nord-West anschließende Teil des Grundstücks wird als Garten genutzt. Der Garten grenzt an ein Grundstück, das im Eigentum der beklagten Stadt steht. In unmittelbarer Nähe zur Grenze des Grundstücks der Klägerin stehen auf dem Grundstück der Beklagten zwei große, etwa 20 m hohe Eichen. Äste der Eichen ragen auf das Grundstück der Klägerin hinüber. Die Eichen waren bereits 1979 und damit zu dem Zeitpunkt vorhanden, in dem die Häuser der entsprechenden Häuserzeile errichtet wurden und die Klägerin ihr Haus bezog.
Eine von den Nachbarn der Klägerin beim Verwaltungsgericht K. gegen die Stadt M. erhobene Klage auf Erteilung einer nach der Baumschutzsatzung erforderlichen Genehmigung zum Fällen der beiden Eichen blieb erfolglos. Das Urteil des VG K. liegt als Anlage B 2 vor, darauf wird Bezug genommen.
Die beiden Eichen sind inzwischen abgestorben. Die Verantwortlichkeit hierfür ist zwischen den Parteien im Streit.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Eichen beeinträchtigten die Nutzung ihres Grundstücks in unzumutbarer Weise. Der durch herab fallende Äste, Harz, Blätter und Eicheln verursachte Reinigungsmehraufwand sei sehr hoch, das Grundstück sei verschattet und vermoose, zudem entzögen die Bäume dem Grundstück das Wasser. Der Wert ihres Erbbaurechts sei dadurch beeinträchtigt.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin mit einem am 30.12.2004 beim LG Mannheim per Telefax eingegangenen Schriftsatz den Antrag angekündigt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin angemessenen Schadensersatz zu zahlen und um vorläufige Festsetzung des Streitwerts gebeten. Nachdem das Landgericht den Streitwert vorläufig auf € 6.000,- festgesetzt und mit Verfügung vom 10.01.2005 den sich daraus ergebenden Vorschuss angefordert hat, hat die Klägerin diesen am 17.01.2005 eingezahlt. Die Klage wurde der Beklagten am 01.02.2005 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 05.07.2005 hat die Klägerin folgenden Antrag angekündigt:
Die Beklagte wird zur Zahlung von € 13.120,- verursacht.
Zuletzt hat die Klägerin im ersten Rechtszug beantragt.
1. Die Beklagte wird zur Zahlung von € 39.440,- verurteilt.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte erstmals ab 01.01.2007 zum Ersatz von EUR 3.944,- pro Jahr, fällig jeweils spätestens zum 31.12. eines jeden Jahres, verpflichtet ist, so lange die im Gutachten des Sachverständigen vom 14.10.2006 beschriebenen Emissionen durch den Wuchs der beiden auf der Grundstücksgrenze T.-F.-W. ... und ..., M. stehenden Eichen andauern.
Die Klägerin hat geltend gemacht, ihr stehe ein Anspruch auf Ausgleich für die durch die Eichen entstehenden Mehraufwendungen zu, auch könne sie Ersatz für den Minderwert verlangen. Die Beeinträchtigungen durch die Eichen seien nicht ortsüblich. Zwar grenzten auch die Nachbargrundstücke an ein bewaldetes Gebiet. Die Klägerin sei aber, weil es sich hier um Eichen handelt und diese sehr nahe der Grundstücksgrenze stehen, in besonderem Maße betroffen. Auch wenn ihr bewusst gewesen sei, dass das Baugebiet als Waldsiedlung konzipiert wurde, sei ihr damals nicht bewusst gewesen, welche Ausmaße die Beeinträchtigung durch die Eichen annehmen werde.
Die Klägerin hat zunächst vorgetragen, zur Beseitigung der Beeinträchtigungen falle jährlich ein Aufwand an, der mit EUR 1.312,- anzusetzen sei. Dabei gehe es um die Reinigung der Dachrinne, die Entfernung der Eicheln und Eichenjungpflanzen aus dem Garten, die Reinigung von Balkon, Terrasse und Kellerabgang, die Reinigung des Teiches, die Behandlung der Gartentüren und des Zauns und die regelmäßig erforderliche Neubepflanzung des Gartens. Auf den Ansatz des durch die Eichen bewirkten Minderwerts des klägerischen Erbbaurechts werde im vorliegenden Rechtsstreit verzichtet. Eingeklagt werde der Mehraufwand für die Jahre 1995 bis 2005. Nach Vorlage des Gutachtens des vom Gericht beauftragten Sachverständigen W. hat sie unter Hinweis auf dessen Ausführungen geltend gemacht, die jährlichen Aufwendungen beliefen sich auf € 3.944,-.
Die Ansprüche der Klägerin seien auch nicht verjährt. Die ortsunüblichen Emissionen seien in dieser Dramatik innerhalb der 5-Jahres-Frist nach dem Nachbarrechtsgesetz nicht absehbar gewesen. Zudem beginne die Verjährungsfrist bei regelmäßig fortwirkenden Einwirkungen erst mit der letzten Emission zu laufen. Dass der Antrag auf Verurteilung zur Zahlung zunächst nicht beziffert worden sei, bedeute nicht, dass er nicht zur Hemmung der Verjährung geeignet sei.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat geltend gemacht, eventuelle Beeinträchtigungen des Grundstücks der Klägerin durch die beiden Eichen gingen jedenfalls nicht über das Ortsübliche hinaus. Gefahren für Personen oder Sachen bestünden nicht, die Bäume seien standfest. Eine Beseitigung der Bäume sei ihr aufgrund der Baumschutzsatzung nicht möglich. Damit entfielen auch Ansprüche auf Zahlung einer Geldentschädigung.
Die Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen. Eventuelle Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls mit Ablauf des Jahres 2004 verjährt. Es treffe insbesondere nicht zu, dass die angeblichen Einwirkungen erst in jüngster Zeit aufgetreten seien. Die zunächst eingereichte Klage habe keine Hemmung der Verjährung bewirken können, weil die Klage mangels beziffertem Antrag nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig gewesen sei. Mindestens gelte das für die Jahre 1995 bis 2001.
Das Landgericht hat die Beklagte nach mehrfacher Einnahme eines Augenscheins und Einholung eines Gutachtens zur Zahlung von € 23.680,00 verurteilt und festgestellt, das die Beklagte verpflichtet ist, zum 31.12. eines jeden Jahres so lange die im Gutachten des Sachverständigen H. W. vom 14.10.2006 festgestellten Emissionen durch den Wuchs der beiden auf der Grundstücksgrenze T.-F.-W. ... und T.-F.-W. ..., M. stehenden Eichen andauern, an die Klägerin einen Betrag von € 3.944,- zu zahlen. im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, der anfangs unbezifferte Zahlungsantrag habe zwar die Verjährung gehemmt, dies aber nur in Höhe des zunächst erfolgten Bezifferung in Höhe von € 13.120,-. Für die Jahre bis 2002 bestehe daher der Zahlungsanspruch nur in dieser Höhe, für die nachfolgenden Jahre belaufe er sich dagegen auf jeweils € 3.944,-.
Gegen dieses Urteil, auf das wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug und der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiter verfolgt.
Im Hinblick darauf, dass nach dem Absterben der beiden Eichen die beanstandeten Emissionen im November 2007 endeten, hat die Klägerin das angefochtene Urteil zuletzt mit der Maßgabe verteidigt, dass das Urteil in Ziffer 2 dahin zu fassen sei, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin weitere € 3.617,16 zu zahlen. Den Feststellungsantrag hat sie für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung angeschlossen.
Die Beklagte meint, eventuelle Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verjährt. Nach dem Grundsatz der Schadenseinheit sei hier von einer einheitlichen Beeinträchtigung der Klägerin durch die Bäume auszugehen. In einem solchen Fall komme es für den Beginn der Verjährungsfrist auf das erstmalige Auftreten der behaupteten Beeinträchtigungen an. Nach der Änderung der Verjährungsvorschriften seien die Ansprüche jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt. Bis zu diesem Zeitpunkt habe die Klage an mangelnder Bestimmtheit gelitten, sei damit nicht wirksam erhoben und habe keine Hemmung bewirken können.
Ansprüche der Klägerin seien zumindest verwirkt, nachdem die Klägerin ihr Haus bereits 1979 bezogen und über Jahrzehnte nichts gegen die nun gerügten Beeinträchtigungen unternommen hätten.Ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht, weil die Baumschutzsatzung die Rechte der Kläger in zulässiger Weise beschränke. Außerdem liege keine wesentliche, sondern allenfalls eine normale, ortsübliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger vor. Die vom Landgericht hierzu getroffenen, auf die Einnahme eines Augenscheins gestützten Feststellungen reichten hierzu nicht aus. Die vom Landgericht festgestellten Verfärbungen, Flechtenantragungen und Vermoosungen träten angesichts der waldnahen Lage des Grundstücks der Kläger in gleicher Weise auf, wenn die beiden streitigen Eichen nicht vorhanden seien. Der Anspruch auf Ausgleichszahlung sei jedenfalls nicht in der vom Landgericht zugesprochenen Höhe begründet.
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil mit der erwähnten Maßgabe. Sie ist der Ansicht, die unbezifferte Klage sei zur Hemmung der Verjährung geeignet gewesen. Auch wenn die Verjährung des Ausgleichsanspruchs möglicherweise 1995 in Lauf gesetzt worden sei, habe dieser nach In-Kraft-Treten des geänderten BGB noch bis 31.12.2004 geltend gemacht werden können. Für die Verwirkung fehle es am Umstandsmoment. Die substanzschädigenden Einwirkungen, die die Klägerin zu beklagen habe, gingen gerade von den beiden Eichen aus. Die Beklagte sei schon deshalb als Störerin anzusehen und sei zur Beseitigung der Eichen verpflichtet, weil die Bäume auf einem sogenannten Dungweg stünden, der freigehalten werden müsse. Die Zumutbarkeitsschwelle sei im Streitfall eindeutig und weit überschritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dr. K. F. Auf das unter dem 05.03.2009 vorgelegte Gutachten wird verwiesen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Ausgleichsbetrags wegen eines durch die beiden Eichen in der Vergangenheit entstandenen erhöhten Reinigungsaufwands.
1. Wird der Eigentümer eines Grundstücks in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, kann er vom Störer nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Allerdings kann er nach § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB die Zuführung von Gasen, Dämpfen usw. sowie ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Ein Verbietungsrecht steht dem solchen Einwirkungen ausgesetzten Nachbarn nach § 906 Abs. 2 Satz 1 BGB auch dann nicht zu, wenn zwar die Beeinträchtigung wesentlich ist, aber durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer nach dieser Regelung eine Einwirkung zu dulden, kann er nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB vom Nachbarn einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt. Der Ausgleichsanspruch in Geld besteht hier als Äquivalent dazu, dass ein Abwehrrecht von vornherein nicht begründet ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist überdies in analoger Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch gegeben, wenn von einem Grundstück Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen und die an sich nach § 1004 Abs. 1 BGB hätten abgewehrt können, sofern der davon betroffene Eigentümer aus besonderen Gründen gehindert war, diese Einwirkungen rechtzeitig zu unterbinden (z. B. BGH NJW 1990, 1910, 1911; NJW 2003, 1732; 1733 BGH AUR 2005, 410, BGHZ 157, 33, BGHZ 160, 232). Dabei kann der Hinderungsgrund rechtlicher Art sein - etwa der Ablauf einer Ausschlussfrist zur Abwehr der Störung - oder tatsächlicher Art (BGH NJW 2003, 2377, 2378). Der Erbbauberechtigte steht insoweit nach § 11 ErbbauRG einem Eigentümer gleich.2. Voraussetzung eines Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB sowohl in direkter als auch in analoger Anwendung ist jedoch jeweils, dass die hinzunehmenden Einwirkungen das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 157, 33 Rn. 30). Für die Unzumutbarkeit ist dabei auf das Empfinden eines verständigen Benutzers des betroffenen Grundstücks in seiner konkreten örtlichen Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung abzustellen. An einer solchen Beeinträchtigung fehlt es hier.
a) Allerdings spricht vieles dafür, dass im Streitfall die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs in analoger Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zum Teil vorliegen.
aa) Das Abfallen von Laub, Ästen und Eicheln von den beiden Eichenbäumen, die auf dem Grundstück der Beklagten in unmittelbarer Nähe zum Grundstück der Klägerin stehen, gehört zu den „ähnlichen Einwirkungen“ i. S. des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die von dieser Regelung erfassten Einwirkungen stimmen darin überein, dass sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, nur unwesentlich oder aber wesentlich beeinträchtigen können. Das trifft auch auf das Abfallen von Laub, Ästen und Eicheln zu (vgl. BGHZ 157, 33, Rn. 23 m. w. N.; Senat, Urt. v. 09.11.1988, 6 U 100/88, AgrarR 1990, 209). Dagegen handelt es sich bei dem von der Klägerin behaupteten Entzug von Sonnenlicht nicht um eine Einwirkung i. S. von § 906 BGB (BGH NJW-RR 2003, 1313, 1314).
bb) Die Beklagte ist auch für die genannten Einwirkungen verantwortlich, weil die beiden Eichen unter Missachtung der einschlägigen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten werden. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin noch die Beseitigung oder das Zurückschneiden der Eichen hätte verlangen können. Selbst wenn ihr dies wegen Fristablaufs versagt ist, hat das nicht zur Folge, dass der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Unerheblich ist insoweit auch, dass die Klägerin das Grundstück zu einem Zeitpunkt erworben hat, als die Eichen bereits seitJahrzehnten standen. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 5 NachbG Baden-Württemberg ist mit Eichen ein Grenzabstand von 8 m einzuhalten. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt dem Gedanken der Priorität im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB nur eingeschränkte Bedeutung zu. Auch wer sich in Kenntnis einer vorhandenen Quelle störender Einwirkungen in deren Nähe ansiedelt, ist nicht uneingeschränkt zur Duldung jeglicher Immissionen verpflichtet (BGHZ 148, 261, 269, BGH NJW-RR 2007, 168, 170).
cc) Ob der Klägerin ursprünglich ein Anspruch auf Beseitigung der von den beiden Eichen ausgehenden Einwirkungen gemäß § 1004 Abs. 1 BGB zugestanden hätte, bedarf keiner näheren Erörterung. Die Klägerin war jedenfalls im hier in Rede stehenden Zeitraum daran gehindert, die von den beiden Eichen ausgehenden Einwirkungen zu unterbinden, weil eventuelle Ansprüche auf Beseitigung der Bäume verjährt sind und sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen hat.
b) Ein Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog setzt jedoch, ebenso wie ein Anspruch in direkter Anwendung der genannten Regelung, voraus, dass von dem benachbarten Grundstück Einwirkungen ausgehen, durch die der Betroffene Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (BGHZ 157, 33, Rn. 30). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme liegt eine solche Beeinträchtigung im Streitfall nicht vor.
aa) Maßgeblich ist insoweit, in welchem Verhältnis der von der Klägerin behauptete, durch die Emissionen der beiden Eichen bis November 2007 - dem Zeitpunkt, ab dem aufgrund ihres Absterbens keine nennenswerten Auswirkungen mehr auftreten - verursachte zusätzliche Reinigungs- und Pflegeaufwand zu dem Aufwand steht, den sie für die Reinigung und Pflege ihres Grundstücks ohnehin hat (BGHZ 157, 33 Rn. 32). Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich das Grundstück der Klägerin in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befindet, weshalb es ebenso wie die der in der Nachbarschaft liegenden Grundstücke dem Abfallen von Laub usw., das von eigenen und fremden Bäumen stammt, ausgesetzt ist. Nach den vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen befindet sich im Nordwesten der Reihe der Grundstücke, in der sich auch das Grundstück der Klägerin befindet, ein Waldstück, zudem ist die Reihenhauszeile im Westen und Süden von einer waldartigen Parkanlage umgeben. Das verdeutlichen auch die Fotos US 1 bis 6 sowie „Rundschau“ 1 bis 6 im Anhang des Gutachtens. Die Klägerin muss deshalb, ebenso wie ihre Nachbarn, ohnehin mit einer gewissen Regelmäßigkeit Reinigungsarbeiten auf ihrem Grundstück vornehmen, um das Laub u. ä. zu entfernen.
bb) Nach den Feststellungen des Sachverständigen gingen von den Eichen bis zu ihrem Absterben Auswirkungen auf ihre Umgebung und damit auch auf das Grundstück der Klägerin aus. Während das Auftreten von Harz vernachlässig werden kann (Gutachten S. 6) kam es zu erheblichem Anfall von Laub und Eicheln (Gutachten S. 6/7), was zu einem erhöhten Reinigungsaufwand, etwa bei der Dachrinne führt (Gutachten S. 9). Das Wurzelsystem der beiden Eichen ragt in den Garten der Klägerin hinein und bewirkt in gewissem Umfang, wenn auch deutlich weniger als bei flachwurzelnden Baumarten, den Entzug von Wasser und Nährstoffen aus dem Boden (Gutachten S. 7). Auswirkungen der beiden Eichen auf den Gartenteich hat der Sachverständige verneint (Gutachten S. 8). Zum Bewuchs mit Moos und Flechten hat der Sachverständige ausgeführt, dieser sei aufgrund der Umgebungssituation ohnehin zu erwarten und nicht speziell auf die beiden Eichen zurückzuführen (Gutachten S. 8). Zur Begründung hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass sich entsprechender Bewuchs auch an Referenzobjekten in der Nachbarschaft findet und auf der südöstlichen Dachseite des Anwesens der Klägerin, die den Eichen abgewandt ist. Nachteilige Auswirkungen der beiden Eichen auf den Zustand des Gartenzauns hat der Sachverständige ebenso verneint wie Auswirkungen auf - sachgerecht ausgewählte - Bepflanzung (Gutachten S. 9).
cc) Der Sachverständige hat sodann entsprechend den Vorgaben des Senats ermittelt, in welchem Verhältnis der Aufwand, der für die Pflege des Gartens der Klägerin bis November 2007 angefallen wäre, wenn es die beiden Eichen nicht gegeben hätte, zu dem Aufwand steht, der in diesem Zeitraum unter Berücksichtigung der von den beiden Eichen ausgehenden Einwirkungen angefallen ist. Der Sachverständige hat dabei zunächst den generellen Aufwand für eine Garten dieser Größe bei einer Pflege durch einen Fachbetrieb ermittelt. Dieser beläuft sich auf 2.300 Euro jährlich. Er hat sodann ermittelt, in welchem Umfang sich dieser Aufwand dadurch erhöht, dass des Grundstück in einer waldartigen Umgebung liegt. Hierfür hat er einen Betrag von 244,- Euro jährlich ermittelt. Schließlich hat er festgestellt, dass speziell durch die beiden Eichen vor ihrem Absterben jährlich ein weiterer Zusatzaufwand von 366,- Euro angefallen ist. Damit führten die beiden Eichen zu einer Erhöhung der jährlich erforderlichen Aufwendungen um 14,4%. Anders ausgedrückt beläuft sich der Anteil der insgesamt erforderlichen Kosten (2.910,- Euro), der gerade auf die beiden Eichen entfällt (366,- Euro), auf 12,57% und damit auf ein Achtel des Gesamtaufwands.
dd) Der Senat legt seiner Entscheidung diese Ausführungen des Sachverständigen zugrunde. Dieser hat seine Vorgehensweise nachvollziehbar dargelegt und begründet. Die von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Es besteht daher weder Anlass zu einer Ergänzung noch zur Einholung eines weiteren Gutachtens.
(1) Unzutreffend ist die Annahme der Klägerin, der Sachverständige habe seiner Ermittlung die jetzige Sachlage, also die Situation nach dem Absterben der Eichen, zugrunde gelegt. Der Sachverständige hat - entsprechend der ausdrücklichen Vorgabe des Gerichts unter Ziffer 4 des Beweisbeschlusses vom 22.12.2008 - die Situation vor dem Absterben der Eichen beurteilt und erklärt, er könne sich aufgrund seiner Sachkunde sehr gut vorstellen, welche Einwirkungen in der Vergangenheit - vor November 2007 - von diesen ausgegangen waren (Gutachten S. 3). Im Übrigen ergibt sich daraus, dass er zum Abfall von Laub und Eicheln Stellung nimmt, dass er von dem Zustand vor dem Absterben der beiden Eichen ausgegangen ist.
(2) Die Auffassung der Klägerin, das „Hinüberfliegen von Grünbestand jeder Art“ könne aufgrund der rund um das Grundstück der Klägerin sowie der Nachbarn Eckhart existierenden Hecken ausgeschlossen werden, trifft ersichtlich nicht zu. Blätter und Nadeln von Bäumen aus der unmittelbaren Umgebung können schon deshalb auf das Grundstück der Klägerin gelangen, weil die Bäume solche Hecken deutlich überragen, also bei entsprechender Windrichtung Laub und dergleichen eingetragen werden. Zudem gibt es, wie auf den vom Sachverständigen gefertigten Fotografien zu sehen ist, keine geschlossene Hecke rund um den Garten der Klägerin.
(3) Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. werden auch nicht durch das Gutachten des vom Landgericht beauftragten Sachverständigen W. in Frage gestellt. Die diesem Gutachten zugrundeliegende Fragestellung ist bereits im rechtlichen Ausgangspunkt verfehlt, weil es nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend darauf ankommt, in welchem Verhältnis der Mehraufwand aufgrund der beanstandeten Bäume zu dem ansonsten ohnehin erforderlichen Reinigungs- und Pflegeaufwand ankommt. Der Sachverständige W. hat dagegen - entsprechend den damaligen Vorgaben des Landgerichts - lediglich ermittelt, welcher Aufwand für die Reinigung des Grundstücks erforderlich ist, sich jedoch nicht damit befasst, welcher Aufwand insoweit ohne Berücksichtigung der Eichen angefallen wäre. Im Übrigen hat er diesen Aufwand zu hoch angesetzt. So ist nichts dafür ersichtlich, dass die vom Sachverständigen Dr. F. zugrunde gelegte Zahl von 18 Pflegegängen pro Jahr unzureichend ist. Die Notwendigkeit einer wöchentliche Reinigung/Pflege des Gartens gerade wegen der Eichen, wie sie der Sachverständige W. angenommen hat, ist schon deshalb zu verneinen, weil von den Eichen in den Wintermonaten, nach dem Laubfall, allenfalls in geringem Umfang Einwirkungen ausgegangen sein können. Auch das Privatgutachten S. (Anlage K 7) steht den Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. nicht entgegen. Dort wird zwar ausgeführt, der Aufwand zur Reinigung und Instandhaltung der Dachflächen übersteige das ortsübliche Maß. Diese Angaben werden jedoch nicht näher begründet und sind damit nicht geeignet, die Richtigkeit der im Einzelnen erläuterten Feststellungen des Sachverständigen Dr. F. in Zweifel zu ziehen.
Es besteht ferner kein Anlass, die von der Klägerin benannten Zeugen für die Behauptung zu vernehmen, nach dem Absterben der beiden Eichen gebe es „faktisch“ keine Beeinträchtigungen des Grundstücks mehr. Selbst wenn die Zeugen bestätigen würden, dass nach ihrem Eindruck solche Einwirkungen nachgelassen habe, wären solche, notwendig stark subjektiv geprägten Aussagen nicht geeignet, die vom Sachverständigen getroffenen Feststellungen zu erschüttern.
ee) Nach Auffassung des Senats übersteigt der Mehraufwand, der nach den Feststellungen des Sachverständigen in der Vergangenheit - bis November 2007 - durch die beiden Eichen verursacht wurde, weder dem absoluten Betrag nach noch nach seinem Verhältnis zu dem Reinigungs- und Pflegeaufwand, der für den Garten der Klägerin in seiner konkreten Lage ohnehin anfällt, das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass bei der hierfür erforderlichen Abwägungen Gesichtspunkte wie der, dass derjenige, der die mit dem Wohnen im Grünen verbundenen Annehmlichkeiten in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile in Kauf nehmen muss, oder das gewachsene Umweltbewusstsein weiter Kreise der Bevölkerung, das das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als wünschenswert ansieht, keine Rolle spielen dürfen (vgl. BGHZ 157, 33, Rn. 32). Dagegen ist zulasten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs des Erbbaurechts Kenntnis vom Vorhandensein der beiden Eichen hatte.
3. Andere Anspruchsgrundlagen für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch sind nicht ersichtlich. Damit erweist sich die Berufung der Beklagten als begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nur noch über die Kosten zu entscheiden. Diese sind von der Klägerin zu tragen, weil ihr Zahlungsbegehren, wie sich aus den Ausführungen unter II 2 ergibt, von Anfang an unbegründet war. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen