Herabfallende Kokosnüsse sind kein Reisemangel

Gericht

OLG Koblenz


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

05. 10. 2009


Aktenzeichen

5 U 766/09


Leitsatz des Gerichts

1. Am Urlaubsort sind Mängelanzeige und Abhilfeverlangen stets an den Reiseveranstalter zu richten.

2. Die örtliche Hotelleitung ist nicht Vertreter oder Empfangsbote des Reiseveranstalters. Auch die irrige Vorstellung des Urlaubers, die Hotelleitung sei sein Übermittlungsbote, lässt das Verschulden nicht entfallen.

3. Herabfallende Kokosnüsse sind kein Reisemangel.

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung zu Recht abgewiesen. Was die Berufung dagegen vorbringt ist nicht stichhaltig.

Im Einzelnen:

Der Amtsrichter ist ohne weiteres von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Das ist nicht zu beanstanden und wird von der Berufung auch hingenommen.

Ansprüche wegen Reisemängeln verliert der Reisende, wenn er es schuldhaft unterlässt, die Mängel anzuzeigen (§ 651 d Abs. 2 BGB). Der Berufung ist zuzugeben, dass die Vorschrift darüber schweigt, wer Adressat der Mängelanzeige sein kann. Indes versteht sich von selbst, dass die Anzeige an den Vertragspartner des Reisenden zu richten ist. Das ist der Reiseveranstalter.

Der Bundesgerichtshof hat es zwar in einem Sonderfall für ausreichend erachtet, dass Ansprüche nicht gegenüber dem Reiseveranstalter, sondern gegenüber dem Reisebüro angemeldet wurden, das die Reise vermittelt hatte (vgl. BGHZ 102, 80-87). In jener Entscheidung hat der BGH allerdings klargestellt, dass das nur für die Anmeldung der Ansprüche nach Beendigung der Reise gem. § 651g Abs. 1 BGB gilt, nicht aber für Mängelanzeige und Abhilfeverlangen am Urlaubsort gem. §§ 651c Abs. 2, 3; 651d Abs. 2 BGB. Die Rüge am Urlaubsort soll dem Reiseveranstalter vor allem Gelegenheit geben, vorhandene Mängel abzustellen (vgl. BGHZ 90, 363, 367/368). Dann aber muss sie so bald wie möglich beim Reiseveranstalter selbst oder bei dessen Vertreter vor Ort angebracht werden.

Der Auffassung der Berufung, mangels Vertreter vor Ort sei hier die Hotelleitung richtiger Adressat der Mängelrüge gewesen, ist unzutreffend. Dem Senat erschließt sich nicht, aus welchen dogmatisch tragfähigen Gründen die örtliche Hotelleitung Empfangsbote oder gar Vertreter des Reiseveranstalters sein sollte.

Sofern das Berufungsvorbringen dahin zu verstehen ist, die örtliche Hotelleitung habe vorgespiegelt, derart vom Reiseveranstalter legitimiert worden zu sein, steht das mit den objektiven Gegebenheiten nicht in Einklang. Eine derartige Falschauskunft kann, sofern sie die Durchsetzung berechtigter Ansprüche gegen die Beklagte vereitelt hat, allenfalls Ersatzansprüche gegen den Hotelbetreiber begründen, über die hier nicht zu befinden ist. Sollte ein Mitarbeiter des Hotels vorgespiegelt haben, er werde als Bevollmächtigter oder Bote des Klägers dessen Beanstandungen an den Reiseveranstalter übermitteln, gilt nichts anderes. Ein derartiges Fehlverhalten wäre der Beklagten nicht zuzurechnen.

Letztlich scheitert die Berufung auch mit dem Einwand, angesichts der Erklärungen des Klägers gegenüber der Hotelleitung und der ihm zuteil gewordenen Antworten, die im Übrigen nicht näher konkretisiert sind, liege keine schuldhaft versäumte Mängelanzeige vor. Die Hotelleistungen betreffende Beanstandungen wird ein Hotelbetreiber häufig schon deshalb nicht an den Reiseveranstalter weiterleiten, um zu vermeiden, wegen der gerügten Mängel aus den künftigen Angeboten des Veranstalters gestrichen zu werden, was für den Hotelier und seine Angestellten erhebliche, möglicherweise die wirtschaftliche Existenz vernichtende Folgen haben kann. Diese ganz nahe liegende Überlegung hätte auch der Kläger anstellen und zu der Erkenntnis kommen müssen, dass die Hotelleitung nicht der richtige Adressat der Mängelrügen war.

Die durch das Beweisergebnis erster Instanz widerlegte Behauptung des Klägers, die Kommunikationswege zwischen den Malediven und Deutschland seien tagelang derart gestört gewesen, dass die beabsichtigte Mängelanzeige gegenüber dem Reiseveranstalter aus diesem Grund gescheitert sei, wird von der Berufung nicht weiterverfolgt. Immerhin zeigt dieser erstinstanzliche Vortrag aber, dass der Kläger wusste, an wen die Mängelanzeige zu richten war.

Die der Berufungsbegründung beigefügte Objektbeschreibung des Reiseveranstalters stützt nicht die Behauptung des Klägers, sämtliche Mängel seien der Beklagten bekannt gewesen. Im Übrigen erscheint zweifelhaft, ob eine derartige Kenntnis gegebenenfalls die Mängelanzeige entbehrlich macht. Die von mitteleuropäischen Gegebenheiten manchmal abweichenden Besonderheiten exotischer Urlaubsziele werden von manchem Reisenden als besonderer Reiz angesehen, während andere Urlauber in derartigen Dingen einen Reisemangel erblicken. Unter diesem Gesichtspunkt ist für den Senat nicht nachvollziehbar, dass der Kläger sich auf den Malediven unter anderem dadurch beeinträchtigt sah, dass „alle paar Minuten eine Kokosnuss zu Boden krachte“ (Klageschrift Seite 4).

Nach alledem erscheint die Berufung aussichtslos. Der Kläger mag daher prüfen, ob der Rechtsstreit nicht kostengünstiger durch eine Berufungsrücknahme beendet werden sollte Es wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis:

Vorinstanzen

AG Neuwied - 41 C 947/08

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 120, 164, 651 c, 651 d