„Ärztebewertung“ – zulässige Erhebung und Speicherung von Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen
Gericht
LG Hamburg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
20. 09. 2010
Aktenzeichen
325 O 111/10
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger bleibt nachgelassen, die Kostenvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils für die Beklagten vollstreckbaren Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet;
und beschließt:
Der Streitwert wird auf € 10.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, seinen Namen und sonstige Daten auf der Website www. … .de zu veröffentlichen, diese Daten zu löschen sowie es zu unterlassen, Bewertungsabgaben bezüglich des Klägers auf der Website www. … .de zu ermöglichen.
Die Beklagte hat auf der Internetplattform www. … .de ohne Zustimmung des Klägers dessen Namen, seine Berufsbezeichnung als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Neurologie sowie die Anschrift seines Arbeitgebers veröffentlicht.
Mit Schreiben vom 14. Januar 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, seine Daten aus der Internetplattform zu löschen und zukünftig die Veröffentlichung seines Namens in Verbindung mit Bewertungsportalen zu unterlassen. Die Beklagte lehnte dies ab und weigerte sich, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen.
Der Kläger ist der Auffassung, das Landgericht Hamburg sei zuständig, da der örtliche Gerichtsstand bei Verstößen im Internet immer dort sei, wo das Medium bestimmungsgemäß abrufbar sei, und damit grundsätzlich überall. Da der Personenkreis, der im Bewertungsportal aktiv werden könne oder sich die Daten des Klägers aus dem Portal der Beklagten ziehen könne, weltweit, zumindest aber deutschlandweit sei, sei der Ort der unerlaubten Handlung auch Hamburg.
Des weiteren macht der Kläger geltend, dass er in keinem Fall von Dritten ohne seine Zustimmung und Information im Internet geführt werden möchte, ohne geschäftlich im Zusammenhang mit den Betreibern zu stehen. Allein der Umstand, dass auch die Klinik des Klägers über das Internet erreichbar sei, gebe der Beklagten noch keine Rechtfertigung, die Daten ohne seine Zustimmung zu nutzen und mittels Werbung auch noch damit Geld zu verdienen. Daten, die über einen Arbeitgeber registriert seien, seien sehr wohl sensible Daten, die nicht ohne Zustimmung des Betroffenen gespeichert und genutzt werden dürften. Gerade die weltweite "Google" Registrierung von Straßen und Häusern zeige, dass allein der Zugang von Daten und Informationen noch nicht berechtige, ohne Zustimmung des Betroffenen diese zu verwenden und zu veröffentlichen. Zumindest müsse ein Widerspruchsrecht jederzeit möglich sein und dessen Ausübung beachtet werden. Dieses Widerspruchsrecht habe er, der Kläger, hier ausgeübt und dies müsse eigentlich schon zum Löschen der Daten führen.
Insbesondere wehre er sich gegen die Möglichkeit, dass anonyme Benutzer der Internetseite willkürlich Bewertungen über ihn abgeben könnten, ebenso Empfehlungen.
Das BGH-Urteil vom 23. Juni 2009 zu der Frage des Schülerportals sei für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Er, der Kläger, sei mit einer Suchmaschine für jedermann, der das Internet nutze, nach Namen mit Bewertungsportal auffindbar und registriert. Durch eine Suchmaschine könne automatisch der Name des Klägers abgerufen und eine Bewertung abgegeben werden. Des Weiteren müssten die Personen, die Bewertungen über den Kläger abgeben, nicht registriert sein. Hinzu komme, dass im vorliegenden Fall jedermann die erfolgten Bewertungen abrufen und Einsicht nehmen könne. In dem vom BGH entschiedenen Fall sei das alles nur für mit Passwort registrierte und demzufolge mit Zugangsbeschränkung versehene Nutzer möglich.
Gerade im Hinblick auf seine (des Klägers) berufliche Tätigkeit sei damit zu rechnen, dass Missbrauch getrieben werde und er an den "Pranger" gestellt werde. Da die Bewertungen anonym verliefen, habe er keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren.
Dies könne bis hin zu einer Beeinträchtigung seiner Berufstätigkeit als Arzt mit Fachrichtung "Psychiatrie und Psychotherapie" führen. Als Folge dieser Registrierung tauche er, der Kläger, unter … .de auf. Die Beklagtenseite sei Partner von …, sodass hier auch die Medienwirkung unabsehbar auszuweiten drohe.
Es möge zwar sein, dass das Bewertungsportal in Bezug auf seine Person noch nicht genutzt oder noch nicht geöffnet werde, jedoch sei auf dem Internetportal eine Bewertung möglich und das Bewertungsportal sei auch vorhanden. Es sei eindeutig auf der Seite von …: "Bewertungen, Empfehlungen, Anzahl der Aufrufe" vermerkt. Demzufolge sei auch bei noch nicht aktueller Nutzung eine so latente Gefahr und jederzeit die Möglichkeit der Öffnung dieser Nutzung gegeben, dass hier bereits ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sei. Es gebe auch keinen Hinweis auf eine notwendige Registrierung zum Einsehen der Bewertung. Auch der Hinweis der Beklagten, dass die Einrichtung einer Bewertungsmöglichkeit für im Krankenhaus tätige Ärzte noch nicht bestehe, genüge nicht, um die mit der Veröffentlichung seiner Daten auf dem Bewertungsportal verbundene Gefahr und die Möglichkeit der jederzeitigen Öffnung und Nutzung glaubwürdig verhindern zu wollen. Entsprechend habe die Beklagte eine strafbewehrte Erklärung abgeben sollen. Dies sei jedoch nicht erfolgt, sodass davon auszugehen sei, dass hier zumindest die latente Gefahr (wenn nicht inzwischen auch konkrete Gefahr) bestehe, und damit auch ein Rechtsschutzbedürfnis, zumal bereits "Bewertungen" angemerkt seien und demzufolge dem Nutzer bewusstseinsmäßig diese Möglichkeit nahe gelegt worden sei. Bereits durch die Möglichkeit eines Anklickens von Bewertungen und ferner auch durch die zeitnahe Möglichkeit der Öffnung dieser Nutzung sei eine konkrete Gefahr gegeben. Dies bestätigten auch die Ausführungen der Beklagtenseite im Termin. Dabei habe nicht überzeugend registriert werden können, dass Bewertungen noch nicht vorgesehen seien. Die Beklagtenseite habe stets mit Formulierungen wie "derzeit noch nicht" versucht, der konkreten Gefahr entgegenzutreten. Das sei ihr jedoch nicht gelungen. Die habe Gegenseite einräumen müssen, dass zurzeit schon Empfehlungen angegeben werden könnten und dabei mit Anklicken die Zahl der Empfehlungen entsprechend angepasst und erhöht werden würden. Somit sei hier bereits technisch der erste Schritt zur weiteren ausführlichen Bewertung gesetzt worden und dies könne mit wenigen technischen Möglichkeiten innerhalb kürzester Zeit problemlos erfolgen.
Es sei auch nicht schutzwürdig, medizinisch-fachlich nicht fundierte Aussagen über ihn (den Kläger) als Arzt jedermann zugänglich zu machen. Gerade im Hinblick auf die medizinische Fachrichtung, in der er, der Kläger, tätig sei, sei die Gefahr von irrationalen und wirklichkeitsfremden Äußerungen besonders groß. Es stehe auch der Beklagten nicht zu, zu beurteilen, ob die Äußerungen Dritter fachlich zutreffend seien oder nicht. Demzufolge sei der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Gefahr könne vorliegend nicht dadurch reduziert werden, dass Bewertungsangaben nur durch registrierte Teilnehmer möglich seien. Das Problem bestünde darin, dass man nicht registriert sein müsse, um diese Bewertungen jederzeit abzurufen und weiter zu verbreiten. Es könne auch eine E-Mailadresse jederzeit abgeändert, von Dritten benutzt oder auch trotz Registrierung nicht identifizierbar sein.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Veröffentlichung des Namens und sonstiger Daten des Klägers im Zusammenhang mit den Kläger betreffenden Bewertungen auf der Website „www. … .de“ zu unterlassen,
die Beklagte zu verurteilen, die bereits auf der Website „www. … .de“ registrierten Daten des Klägers zu löschen,
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Bewertungsabgaben bezüglich des Klägers auf der Website „www. … .de“ zu ermöglichen,
der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das angerufene Gericht sei örtlich nicht zuständig. Sie, die Beklagte, habe ihren Sitz in München und der Kläger übe seinen Beruf in Frankfurt am Main aus. Es sei nicht zu erkennen, wodurch eine Verbindung der Auseinandersetzung mit dem Gerichtsort Hamburg hergestellt werden könne. Hamburg sei weder Handlungs- noch Erfolgsort. Die theoretische Möglichkeit eines Abrufs der Informationen in Hamburg genüge nicht, denn diese Abrufmöglichkeit sei im Internet aufgrund der technischen Gegebenheiten generell weltweit gegeben und könne somit für sich genommen noch keinen hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine örtliche Zuständigkeit darstellen.
Der Antrag zu Ziff. 1. sei nicht hinreichend bestimmt, weil nicht klar würde, was mit "sonstigen Daten" gemeint sei.
Der Titel, der Name, die Facharztbezeichnungen sowie die Anschrift der Klinik dürften auf jeden Fall im Internet zum Abruf bereitgehalten werden, weil es sich um berufsbezogene Daten handele, die auch der Arbeitgeber des Klägers selbst öffentlich mache. Name und Titel des Klägers sowie seine Kontaktinformationen seien auch über die Internetseite des Bürgerhospitals in Frankfurt am Main abrufbar. Überdies sei er mit Titel, Facharztbezeichnungen und Kontaktangaben auf dem Portal www. … .de vertreten.
Es gebe nur für selbstständige (niedergelassene) Heilberufe eine Bewertungsmöglichkeit, bei der die Internetnutzer nach Registrierung in einem Notenschema bestimmte Bewertungen abgeben sowie Freitextkommentare eingeben könnten. Die Noten sowie die Kommentare seien dann wiederum für andere Nutzer abrufbar. Eine Bewertung ohne Registrierung sei nicht möglich. Für Klinikärzte existiere keine Bewertungsmöglichkeit. Bewertungen, Empfehlungen oder sonstige Kommentare über den Kläger befänden sich nicht auf dem Portal. Es sei auch nicht möglich, Bewertungen abzugeben, weil diese Funktion bei Klinikärzten nicht zur Verfügung stehe. Um auf dem Portal auf den Kläger zu stoßen, müsse ein Nutzer eine Suche durchführen, die entweder anhand des Namens erfolge oder aber anhand der geografischen Position (Umkreissuche). Hinsichtlich der Abgaben von Bewertungen fehle es an einer Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr, weil sie, die Beklagte, gar keine entsprechende Funktionalität zur Verfügung stelle.
Eine Bewertungsmöglichkeit für Klinikärzte wäre aber auch in vollem Umfang rechtmäßig. Hierfür sei das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Juni 2009 (VI ZR 196/08 - spickmich.de) maßgeblich. Auch im vorliegenden Fall würde es sich bei den Bewertungen um Werturteile handeln, die die Sozialsphäre des Klägers, nämlich seine berufliche Tätigkeit, tangierten. Ein Informationsinteresse an der Qualität von an Kliniken tätigen Ärzten sei in noch deutlich höherem Maße gegeben, als dies bei Lehrern der Fall sei, denn Patienten suchten sich in aller Regel selbst aus, in welcher Klinik und von wem sie sich behandeln ließen. Für diese Entscheidung müsse der Patient auf Erfahrungen anderer Patienten zurückgreifen. Hierfür stehe ihm häufig nur die Möglichkeit zu Gebote, sich an "Mundpropaganda" zu orientieren. Ein wesentlich breiteres Meinungsspektrum könne ihm über Bewertungsportale zugänglich gemacht werden. Dies bringe für den Bewerteten im Übrigen den Vorteil mit sich, dass er wenigstens wisse, was andere über ihn sagen und sich - soweit Äußerungen unzulässig oder unwahr sein sollten - hiergegen effektiv zur Wehr setzen könne. Negativer Mundpropaganda sei er hingegen weitgehend schutzlos ausgeliefert. Zutreffend sei zwar, dass der Abruf über das Internet grundsätzlich jedermann möglich sei und dass Einträge auch über Suchmaschinen aufgefunden werden könnten. Das sei aber in Bezug auf Ärzte auch sinnvoll und im Grunde unumgänglich. Anders als bei Schulen bestehe nämlich keine "Bindung" an eine bestimmte Institution, auf deren Besucher der Kreis der zugelassenen Nutzer sinnvollerweise beschränkt werden könnte. Auch bei Krankenhäusern gelte selbstverständlich, dass nicht eine vorrangige "Klinikwahl" von den Nutzern verlangt und ihnen dann nur noch der Zugang zu Arztinformationen bezüglich dieser Klinik ermöglicht werden könne. Es sei auch nicht unangemessen, dass Ärzte auf diese Weise einem breiteren Personenkreis mit ihren Bewertungen zugänglich gemacht würden, denn sie träten als Freiberufler doch in ganz anderer Weise der Öffentlichkeit gegenüber als Lehrer und müssten sich von Berufs wegen dem Umstand stellen, dass Patienten eine Auswahlentscheidung träfen.
Eine Bewertung auf den Seiten der Beklagten sei ohne Registrierung nicht möglich. Wer bewerten wolle, müsse sich registrieren und sei nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten, die er in diesem Zusammenhang akzeptieren müsse, auch zu wahrheitsgemäßen Angaben verpflichtet. Nutzer des Portals könnten nicht aus totaler Anonymität heraus agieren. Sie müssten zumindest damit rechnen, dass ihre Identität später zurückverfolgt werden könne.
Sollten Bewertungen über den Kläger abgegeben werden, die rechtlich unzulässige Aussagen enthielten, würden diese mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits durch bestimmte von der Beklagten angewendete Vorfilter ausfindig gemacht und gar nicht veröffentlicht. Sollte eine Bewertung veröffentlicht werden, die aus Sicht des Klägers Anlass zu Beanstandungen böte, könne er sich an sie, die Beklagte, wenden. In allen Beschwerdefällen werde ein fester Ablaufplan eingehalten, der beinhalte, dass streitige Bewertungen zunächst zu Prüfungszwecken gesperrt würden. Erst wenn im Anschluss daran eine intensive Prüfung zu dem Ergebnis führen würde, dass Rechtsansprüche nicht bestünden, würde die Bewertung wieder freigeschaltet. Dem Betroffenen stünde der Rechtsweg offen, ggf. im einstweiligen Rechtsschutz eine Sperrung der Bewertung zu erreichen. Durch diese Schutzmechanismen sei Persönlichkeitsrechte des Betroffenen auch in einem eventuellen Missbrauchsfall hinreichend gewahrt. Des Weiteren bestehe für den Kläger oder andere Ärzte auch die Möglichkeit, ihrerseits zu Bewertungen Stellung zu nehmen. Für einen Interessenausgleich sei dadurch Sorge getragen. Würde man dem Kläger hingegen zubilligen, allein aufgrund abstrakter Gefahren von Bewertungsportalen zu erreichen, dass er dort nicht mehr aufgeführt werden dürfe, dann käme dies einem generellen Verbot solcher Portale gleich. Dies wäre weder mit der Meinungsfreiheit der Beklagten und ihrer Nutzer noch mit der Berufsausübungsfreiheit der Beklagten vereinbar.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und den Schriftsatz der Klägervertreterin vom 07. September 2010 sowie das Sitzungsprotokoll vom 24. August 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Hamburg ist gemäß § 32 ZPO für die Entscheidung des Rechtsstreits örtlich zuständig. Bei Verletzungshandlungen im Internet sind diese überall begangen, wo das Medium bestimmungsgemäß abrufbar ist. Die Internetseite www. … .de ist nicht nur in Deutschland abrufbar, sondern auch für alle Orte Deutschlands bestimmt, weil sich dort Patienten aus ganz Deutschland über Ärzte aus ganz Deutschland informieren können. Deshalb ist die Verletzungshandlung auch in Hamburg begangen worden und damit das Landgericht Hamburg örtlich zuständig.
Auch die von der Beklagten gegen die Bestimmtheit des Klagantrags zu 1. geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch. Der Kläger hat jedenfalls durch seine klarstellenden Formulierungen den Klagantrag nunmehr so gefasst, dass der Inhalt des geltend gemachten Unterlassungsanspruches eindeutig bestimmt ist.
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger stehen gegenüber der Beklagten keine Unterlassungs- bzw. Löschungsansprüche aus §§ 823, 1004 BGB (analog) i.V.m. dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1, 2 GG) zu.
1. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die Beklagte die bereits auf der Website www. … .de registrierten Daten des Klägers löscht.
Der Kläger kann sich vor allem nicht darauf berufen, dass ihm ein Löschungsanspruch schon deshalb zusteht, weil die Veröffentlichung seines Namen sowie der weiteren über ihn auf der Internetplattform gespeicherten Informationen gegen Vorschriften des BDSG verstößt. Es ist zwar zutreffend, dass der Kläger nicht gemäß § 4 Abs. 1 BDSG in die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung seiner personenbezogenen Daten gegenüber der Beklagten eingewilligt hat. Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte jedoch zur Nutzung seiner Daten gemäß § 29 BDSG berechtigt. Zwar hat die Beklagte die Daten des Klägers geschäftsmäßig im Sinne von § 29 BDSG zur Übermittlung an Dritte erhoben und gespeichert. Allerdings können die auf der Website www. … .de über den Kläger gespeicherten Daten, nämlich sein Name, seine Berufsbezeichnung als Arzt für Psychiatrie und Physiotherapie, Neurologie, das Krankenhaus, in dem er arbeitet, sowie dessen Anschrift, von der Homepage des Krankenhauses abgerufen werden. Die Daten sind somit aus einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen worden und daher bereits im System vorhanden, sodass die Erhebung und Nutzung dieser Daten nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG grundsätzlich zulässig ist. Sofern diese Daten lediglich auf das Bewertungsportal der Beklagten übernommen und anderen Personen zugänglich wurden, überwiegt auch kein schutzwürdiges Interesse des Klägers an dem Ausschluss der Erhebung und Speicherung der Daten des Klägers. Zwar ist die Erhebung und Nutzung von Daten im Zusammenhang mit der Speicherung von Bewertungen nicht ohne Weiteres zulässig, sondern nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG nur dann, wenn ein Grund zu der Annahme eines schutzwürdigen Interesses an dem Ausschluss der Datenerhebung und Speicherung gegeben ist. Der wertausfüllungsbedürftige Begriff des "schutzwürdigen Interesses" verlangt grundsätzlich eine Abwägung der Interessen des Betroffenen an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte. Dabei sind Art, Inhalt und Aussagekraft der beanstandeten Daten an den Aufgaben und Zwecken zu messen, denen die Datenerhebung und Speicherung dient. Die Daten über den Kläger waren auch vor der Erhebung und Speicherung durch die Beklagte für die Allgemeinheit im Internet zugänglich. Die Übernahme dieser Daten durch die Beklagte stellt bedeutet daher nicht, dass der Kreis der Personen, die Zugang zu den Daten hat, vergrößert wurde. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Erhebung und Speicherung der Daten durch die Beklagte eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers darstellt. Dem Kläger hat somit keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die bereits auf der Website www. … .de gespeicherten Daten über den Kläger löscht.
2. Der Kläger kann auch nicht verlangen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Veröffentlichung des Namens und sonstiger Daten des Klägers im Zusammenhang mit den Kläger betreffenden Bewertungen auf der Webseite www. … .de zu unterlassen. Zwar müsste für den Fall, dass die Daten des Klägers im Zusammenhang mit Bewertungen durch die Beklagte veröffentlicht werden würden, die Abwägung des Interesses des Klägers an dem Schutz seiner Daten und des Stellenwerts, den die Offenlegung und Verwendung der Daten für ihn hat, mit den Interessen der Nutzer, für deren Zwecke die Speicherung erfolgt, unter Berücksichtigung der objektiven Wertordnung der Grundrechte möglicherweise anders auffallen als bei der bloßen Erhebung und Speicherung der Daten. Die Entscheidung darüber kann aber an dieser Stelle offen bleiben. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen sein (des Klägers) Interesse am Schutz seiner persönlichkeitsrechtlichen Belange überwiegen würde, fehlt es vorliegend jedenfalls an der für ein gerichtliches ordnungsmittelbewehrtes Verbot erforderlichen Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr. Unstreitig wurden über den Kläger bisher noch keinerlei Bewertungen abgegeben. Wie sich aus dem als Anlage zur Klagschrift vom Kläger eingereichten Ausdruck der Website www. … .de ergibt, ist eine Bewertung von Klinikärzten noch nicht möglich. Auch aus dem von der Beklagten als Anlage B 1 überreichten Ausdruck der Website www. … .de ergibt sich, dass über den Kläger bisher noch keine Bewertung abgegeben wurde. Auch dort ist vermerkt, dass sein Eintrag derzeit noch nicht bewertet werden kann. Dies ergibt sich aus dem Ausdruck, den die Klägervertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24. August 2010 übergeben hat. Es fehlt somit an einer rechtswidrigen Erstveröffentlichung, die eine Wiederholungsgefahr begründen könnte. Auch eine Erstbegehungsgefahr, die Voraussetzung für einen entsprechenden vorbeugenden Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB wäre, ist nicht gegeben. Insoweit wäre erforderlich, dass eine konkrete Begehungsgefahr bestünde, d.h. eine Gefahr, dass die Beklagte auch hinsichtlich von Klinikärzten es zukünftig ermöglichen wird, Bewertungen zuzulassen. Eine solche Begehungsgefahr ist jedoch nicht hinreichend konkret dargelegt worden. Zwar ist auf den bereits zitierten Ausdrucken aus der Website www. … .de zu entnehmen, dass eine Bewertung von Klinikärzten "noch" nicht möglich ist. Daraus kann jedoch nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Einrichtung einer solchen Bewertungsfunktion unmittelbar bevorsteht. Vielmehr hat die Beklagtenvertreterin im Termin am 24. August 2010 erklärt, dass nicht geplant sei, hinsichtlich der Klinikärzte eine Bewertungsfunktion einzurichten. Sofern sich die Klägervertreterin im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf berufen hat, dass es der Beklagten technisch möglich sei, die Bewertungsfunktion innerhalb kürzester Zeit einzurichten und somit die Gefahr bestehe, dass die Bewertungsfunktion eingerichtet und dann auch Bewertungen über den Kläger auf dem Bewertungsportal abgegeben würden, genügt das nicht, um einen entsprechenden vorbeugenden Unterlassungsanspruch zu begründen. Allein die technische Möglichkeit, eine solche Bewertungsfunktion einzurichten, begründet keine konkrete Begehungsgefahr. Eine solche bestünde vielleicht dann, wenn die Beklagte die technischen Voraussetzungen für die Bewertung von Klinikärzten bereits eingerichtet und auf ihrer Homepage ankündigen würde, dass die Bewertung von Klinikärzten demnächst beginnen solle. Da somit eine Erstbegehungsgefahr nicht gegeben ist und es auch an einer Wiederholungsgefahr fehlt, kann der Kläger nicht verlangen, dass die Beklagte dazu verurteilt wird, die Veröffentlichung des Namens und sonstiger Daten des Klägers im Zusammenhang mit den Kläger betreffenden Bewertungen auf der Website www. … .de zu unterlassen.
3. Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass auch der Hilfsantrag unbegründet ist. Die Beklagte ist auch nicht zu verurteilen, es zu unterlassen, Bewertungsabgaben bezüglich des Klägers auf der Website www. … .de (künftig) zu ermöglichen. Dem Kläger steht ein entsprechender vorbeugender Unterlassungsanspruch §§ 823, 1004 BGB (analog) nicht zu, weil es - wie bereits oben dargelegt - an der erforderlichen Erstbegehungsgefahr fehlt.
4. Soweit der Kläger mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung und nach Ablauf der dem Kläger eingeräumten Schriftsatzfrist eingereichten Schriftsatz vom 10. September 2010 ergänzend vorgetragen hat, er habe festgestellt, dass die Beklagte nicht nur selbst auf ihrem Portal seine Daten nutze, sondern diesen Service auch an … .de und … .de weitergegeben habe, und zusätzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Weitergaben der Daten des Klägers, die bei ihr gespeichert sind, an andere Internetportale, hier insbesondere www. … .de und www. … .de zu unterlassen und dafür Sorge zu tragen, dass die bereits gespeicherten Daten gelöscht werden, ist dieses Vorbringen gemäß § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Der Klägervertreterin ist im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. August 2010 lediglich nachgelassen worden, zu dem Vorbringen in dem Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 12. August 2010 binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Der Schriftsatz vom 10. September 2010 wurde jedoch nach Ablauf der Frist, nämlich erst mit Telefax vom 10. September 2010 eingereicht. Zudem enthält dieser Schriftsatz nicht lediglich eine Stellungnahme zu dem Schriftsatz der Beklagtenvertreter vom 12. August 2010, sondern ein völlig neues Vorbringen. Dieses darf nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht berücksichtigt werden. Ein Anlass, die mündliche Verhandlung gemäß § 156 ZPO wiederzueröffnen, besteht ebenfalls nicht.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Schulz
Dr. Wölk
Dr. Graf
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