Reiseveranstaltereigenschaft einer Buchungspattform im Internet

Gericht

OLG Frankfurt


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

28. 09. 2009


Aktenzeichen

16 U 238/08


Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 24. Oktober 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) - 2 C 577/08 (12) - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger begehrt Rückerstattung des restlichen Reisepreises für eine über die Internetseite der Beklagten A...de gebuchte Flugreise in die USA.

Am 13. Februar 2007 buchte der Kläger für sich und seine (damalige) Lebensgefährtin einen Flug mit Rückflug für den 14. September 2007 bzw. 2 Oktober 2007 mit B von O1 nach O2 und zurück. Der Kläger zahlte insgesamt einen Betrag in Höhe von 1.230,24 €.

Auf der Buchungsbestätigung (Bl. 68 d. A.) ist über der jeweiligen Flugnummer die Fluggesellschaft B ausgewiesen und unter der Rubrik Allgemeine Geschäftsbedingungen der Fluglinie der Satz vermerkt, dass Flugtickets nicht übertragbar und Namensänderungen nicht zulässig sind.

Die vom Kläger vorgelegten Internetausdrucke (Bl. 15 ff. d. A.) weisen die Flüge als gebucht aus, wobei unter anderem die Bestätigung des Kaufs durch die Fluglinie erklärt, die Flugnummer unter dem Logo der B angegeben und nochmals auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluglinie hingewiesen wird.

Unter dem Stichwort Allgemeine Geschäftsbedingungen wird auf einem der Ausdrucke (Bl. 24 d. A.) darauf hingewiesen, dass der Beklagten für diesen Flug keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorlägen, in den meisten Fällen jedoch folgende Bedingungen gelten würden:

Dort folgt unter anderem der Hinweis, dass bei Buchungsänderungen zusätzliche Gebühren anfielen und Flugtickets nicht übertragbar seien.

Im Juni 2007 nahm der Kläger aufgrund der Trennung von seiner Lebensgefährtin Abstand von seinen Reiseplänen und bat die Beklagte um eine Umbuchung derselben Flüge auf seine Großeltern.

Nachdem dem Kläger mitgeteilt worden war, dass Namensänderungen nicht möglich und die Flüge nur gegen eine Gebührenhöhe von 585,12 pro Person storniert werden könnten, erklärte der Kläger mit Schreiben vom 4. September 2007 den Widerruf und vorsorglich den Rücktritt vom Vertrag wegen der Verletzung vertraglicher Schutz- und Aufklärungspflichten.

Auf die hilfsweise erbetene Stornierung des Vertrages zahlte die Fluggesellschaft einen Betrag in Höhe von 146,24 an den Kläger aus.

Der Kläger stützt seinen Anspruch auf Rückzahlung der bislang nicht erstatteten 1.084,- auf einen Verstoß gegen §§ 312 d, 312 c Abs. 2 BGB, auf die Unwirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, eine Verletzung von Aufklärungs- und Informationspflichten und einen Verstoß gegen Treu und Glauben.

Die Beklagte stellt in erster Linie ihre Passivlegitimation in Abrede.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 92 bis 94 d. A.) Bezug genommen.

Das Amtsgericht Friedberg (Hessen) hat mit dem angefochtenen Urteil die auf Zahlung in Höhe von 1.084,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2007 gerichtete Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass es an der Passivlegitimation der Beklagten fehle, da die Beklagte lediglich als Leistungsvermittlerin einer Flugreise tätig geworden sei und auch keine Haupt- oder Nebenpflichten aufgrund des Reisevermittlungsvertrages verletzt habe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten der amtsgerichtlichen Begründung wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (Bl. 95 bis 98 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 5. November 2008 zugestellte Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) hat der Kläger mit einer am 3. Dezember 2008 bei Gericht eingegangenen Schrift Berufung eingelegt, die nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist mit einer am 5. Februar 2009 bei Gericht eingegangenen Schrift begründet worden ist.

Der Kläger rügt Rechtsfehler in der angefochtenen Entscheidung und ist der Auffassung, das Amtsgericht sei zu Unrecht von einer fehlenden Passivlegitimation der Beklagten ausgegangen, da angesichts der mit Anzeigen und Informationen überfrachteten Internetseite der Beklagten aus der Sicht des Kläger als rechtsunkundigem Verbraucher nicht objektiv von einer sich eindeutig ergebenden Vermittlertätigkeit der Beklagten ausgegangen werden könne.

Überdies habe - so meint der Kläger - die Beklagte gegen ihre Informations- und Aufklärungspflichten verstoßen, weil sich auf der Internetplattform der Beklagten der Hinweis befinde, dass Umbuchungen teilweise möglich sein. Schließlich habe sich die Beklagten entgegen der Auffassung des Amtsgerichts wegen mangelnder Unterstützung bei der vom Kläger gewünschten Umschreibung auf seine Großeltern schadensersatzpflichtig gemacht. Auf die Wirksamkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei das Amtsgericht überdies mit keinem Wort eingegangen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) vom 24. Oktober 2008 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.084,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. seit dem 11. September 2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, dass das Amtsgericht zu Recht ihre Passivlegitimation bzw. Pflichtverletzungen aus dem Vermittlungsvertrag verneint habe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG begründet.

Zu Recht hat das Amtsgericht Friedberg (Hessen), dessen örtliche Zuständigkeit gemäß §§ 15 Abs. 2, 16 Abs. 1 EUGVO begründet war, die Klage abgewiesen.

Auch nach Auffassung der Einzelrichterin des Senats scheitern Ansprüche auf Rückzahlung des restlichen Reisepreises aufgrund eines Rücktritts oder Widerrufs des Klägers an der fehlenden Passivlegitimation der Beklagten.

Im Übrigen sind auch Schadensersatzansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aufgrund des Reisevermittlungsvertrages nicht ersichtlich.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Passivlegitimation der Beklagten verneint.

Es handelt sich bei dieser weder um eine Reiseveranstalterin noch um eine Luftfrachtführerin.

Die Beklagte ist Betreiberin einer Buchungsplattform im Internet. Sie bietet keine Reisen im eigenen Namen an, sondern vermittelt als online-Reisebüro die Reisen, ist also Reisevermittlerin (vgl. auch LG Berlin, RRa 2005, 220 ff., 221).

Das hat die Beklagte für den Kunden auch mit hinreichender Deutlichkeit offengelegt. Aus dem Internetausdruck zur Buchung (Bl. 16 d. A.) geht unmissverständlich hervor, dass der Luftfrachtführer die B ist, die die Flüge bestätigt habe. Ferner steht zu Beginn der A AGB (Bl. 71 d. A.), dass die Beklagte ausschließlich als Vermittler von Beförderungs-, Unterkunfts- und damit verbundenen Leistungen (Flüge, Pauschalreisen u. ä.) auftritt und selbst keine eigenen Reisen veranstaltet.

Dass der Flugpreis direkt an die Beklagte überwiesen wurde, ist ohne Belang, weil die Weiterleitung des Entgelts ohne weiteres zu den Aufgaben des Vermittlers gehören kann.

Demgegenüber waren entsprechend Ziffer V der A AGB (Bl. 73 f. d. A.) der Rücktritt bzw. andere Ansprüche aus dem Vertrag gegenüber dem Reiseveranstalter bzw. Anbieter der Leistung geltend zu machen.

Für seine Behauptung, am Schalter der Fluglinie sei er für sein Umbuchungsbegehren auf die Beklagte verwiesen worden, ist der Kläger beweisfällig geblieben. Überdies ist mit einer Umbuchung die zeitliche Verlegung eines Fluges für dieselbe Person, nicht aber der Austausch der Personen für denselben Flug gemeint. Dass Flugtickets - jedenfalls kostenfrei - nicht übertragbar und Namensänderungen nicht zulässig seien, ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Fluglinie vermerkt, die dem Kläger offengelegt wurden.

Die Beklagte ist als Vermittlerin auch nicht passivlegitimiert bezüglich der vom Kläger reklamierten Verstöße gemäß §§ 312 d, 312 c Abs. 2 BGB bzw. § 307 ff. BGB.

Überdies handelt es sich bei Beförderungsverträgen gemäß § 312 b Abs. 3 Nr. 6 BGB nicht um Fernabsatzverträge. Und der Reisevermittler hat nicht für aufgrund Widersprüchlichkeit unwirksame Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Reiseveranstalters einzustehen. Widersprüchlich sind die Bedingungen überdies nicht, weil Umbuchungen eben von Namensänderungen bzw. Übertragungen der Tickets auf andere Personen zu unterscheiden sind.

Zutreffend hat das Amtsgericht auch eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aus dem Vermittlungsvertrag verneint (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).

Eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten ist auch nach Auffassung der Einzelrichterin des Senats nicht gegeben. Als Reisevermittlerin haftet die Beklagte nicht für eine Unterlassung der Aufklärung über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der befördernden Fluggesellschaft. Wie das Amtsgericht Friedberg (Hessen) zutreffend ausgeführt hat, weist die Beklagte in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich darauf hin, dass sie bei den einzelnen Angeboten auf die Informationen der Leistungsträger angewiesen ist und keine Garantie für die Vollständigkeit und Richtigkeit der von diesen übermittelten Klauseln übernehmen kann.

Es kommt hinzu, dass der Kläger ja vorliegend auf das grundsätzliche Verbot der Namensänderungen ausdrücklich hingewiesen wurde und deshalb nicht von einer kostenfreien Änderung der Tickets zugunsten seiner Großeltern ausgehen durfte. Deshalb ist auch der geltend gemachte Verstoß gegen die BGB-InfoV nicht relevant.

Der Beklagten ist auch keine mangelnde Unterstützung des Klägers bei der Ticketübertragung auf seine Großeltern anzulasten.

In der unterbliebenen Übersendung der Vertragsunterlagen liegt kein Pflichtenverstoß.

Bei online-Flugbuchungen entspricht es nicht zu beanstandenden Gepflogenheiten, dem Kunden statt der Tickets oder sonstiger Vertragsunterlagen lediglich eine Buchungsnummer und die Flugdaten zu übermitteln, was zur Vorlage beim Flugschalter genügt. Gerade dies dient im Interesse des Kunden der Reduzierung des Verwaltungsaufwandes und damit der Kosten.

Ferner hat die Beklagte das Luftfahrtunternehmen B über das Begehren des Klägers auf Übertragung der Tickets auf seine Großeltern informiert. Der Kläger wusste auch, dass es sich dabei um ein US-amerikanisches Unternehmen handelt und musste die möglicherweise damit einhergehenden Abwicklungsschwierigkeiten in Kauf nehmen. Überdies hat er ausweislich seines erstinstanzlichen Vortrags gerade keine weiteren Daten über die B von der Beklagten gefordert.

Aus diesen Gesamtumständen lässt sich daher auch kein Verstoß gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) herleiten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert. Die Rechtssache erschöpft sich in der Anwendung anerkannter Rechtsgrundsätze.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB § 651 a