Der EuGH kippt das deutsche Glückspielmonopol
Entscheidungsgründe
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 43 EG und 49 EG.
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen Herrn Stoß, der Avalon Service-Online-Dienste GmbH (im Folgenden: Avalon) und Herrn Happel einerseits und dem Wetteraukreis andererseits sowie zwischen der Kulpa Automatenservice Asperg GmbH (im Folgenden: Kulpa), der SOBO Sport & Entertainment GmbH (im Folgenden: SOBO) und Herrn Kunert einerseits und dem Land Baden-Württemberg andererseits über Entscheidungen der beiden genannten Körperschaften, mit denen den Betroffenen unter Androhung von Geldbußen die weitere Ausübung jeder Tätigkeit verboten wurde, die auf die Ermöglichung oder Erleichterung des Abschlusses von Sportwetten abzielt, die von Anbietern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland veranstaltet werden.
Nationales Recht
Bundesrecht
§ 284 des Strafgesetzbuchs (StGB) bestimmt:
„(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
…
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
1. gewerbsmäßig [handelt]
…
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
…“
Mit Ausnahme der Wetten auf öffentliche Pferdewettkämpfe, die insbesondere dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RWLG) unterliegen, sowie des Aufstellens und des Betriebs von Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit in anderen Einrichtungen als Spielbanken (Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften, Beherbergungsbetrieben), die insbesondere der Gewerbeordnung und der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit unterliegen, werden die Voraussetzungen, unter denen Erlaubnisse im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB auf dem Gebiet des Glücksspiels erteilt werden können, auf Länderebene bestimmt.
§ 1 Abs. 1 RWLG lautet:
„Ein Verein, der das Unternehmen eines Totalisators aus Anlass öffentlicher Pferderennen und anderer öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde betreiben will, bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.“
§ 2 Abs. 1 RWLG bestimmt:
„Wer gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher), bedarf der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde.“
Der Staatsvertrag zum Lotteriewesen
Mit dem am 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland (LottStV) haben die Länder für die Veranstaltung, die Durchführung und die gewerbliche Vermittlung von Glücksspielen mit Ausnahme von Spielbanken einen einheitlichen Rahmen geschaffen.
§ 1 LottStV lautet:
„Ziel des Staatsvertrages ist es,
1. den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern,
2. übermäßige Spielanreize zu verhindern,
3. eine Ausnutzung des Spieltriebs zu privaten oder gewerblichen Gewinnzwecken auszuschließen,
4. sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß und nachvollziehbar durchgeführt werden, und
5. sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verwendet wird.“
§ 5 Abs. 1 und 2 LottStV sieht vor:
„(1) Die Länder haben im Rahmen der Zielsetzungen des § 1 die ordnungsrechtliche Aufgabe, ein ausreichendes Glücksspielangebot sicherzustellen.
(2) Auf gesetzlicher Grundlage können die Länder diese Aufgabe selbst, durch juristische Personen des öffentlichen Rechts oder durch privatrechtliche Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt sind, erfüllen.“
Hessisches Landesrecht
In § 1 des Gesetzes über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen vom 3. November 1998 (GVBl. 1998 I S. 406) in der zuletzt am 13. Dezember 2002 (GVBl. 2002 I S. 797) geänderten Fassung (GSZZ H) heißt es:
„(1) Das Land Hessen ist allein befugt, innerhalb seines Staatsgebietes Sportwetten zu veranstalten. …
(2) Das Land Hessen veranstaltet Zahlenlotterien (Zahlenlotto).
…
(4) Mit der Durchführung der vom Land Hessen veranstalteten Sportwetten und Lotterien kann eine juristische Person des Privatrechts beauftragt werden.
…“
In Anwendung von § 1 Abs. 1 und 4 GSZZ H werden die Sportwetten von der Hessischen Lotterieverwaltung im Namen des Landes Hessen veranstaltet und betrieben, während ihre technische Durchführung der Lotterie-Treuhandgesellschaft mbH Hessen übertragen wurde.
§ 5 Abs. 1 GSZZ H bestimmt:
„Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird, soweit die Tat nicht nach § 287 des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht ist, bestraft, wer in Hessen ohne Genehmigung des Landes für eine Sportwette oder Zahlenlotterie
1. wirbt,
2. zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen auffordert oder sich erbietet,
3. Angebote zum Abschluss oder zur Vermittlung von Spielverträgen entgegennimmt.“
Baden-Württembergisches Landesrecht
§ 2 des baden-württembergischen Gesetzes über staatliche Lotterien, Wetten und Ausspielungen vom 14. Dezember 2004 (GBl. 2004 S. 894) (StLG BW) bestimmt:
„(1) Das Land veranstaltet folgende Glücksspiele:
1. Zahlenlotterien,
2. Ergebniswetten,
3. Losbrieflotterien.
…
(4) Über die Veranstaltung staatlicher Glücksspiele entscheidet das Finanzministerium. Die Entscheidung des Finanzministeriums über die Veranstaltung neuer Glücksspiele bedarf der Zustimmung des Landtags. Das Finanzministerium kann eine juristische Person des privaten Rechts, an der das Land unmittelbar oder mittelbar maßgeblich beteiligt ist, mit der Durchführung der durch das Land veranstalteten Glücksspiele beauftragen.
…“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Rechtssachen C-316/07, C-409/07 und C-410/07
Herr Stoß, Avalon und Herr Happel verfügen jeweils über ein im Wetteraukreis (Land Hessen) in Deutschland gelegenes Geschäftslokal, in dem sie u. a. Sportwetten vermitteln (Wettannahme, Entgegennahme der Einsätze und Auszahlung der Gewinne). Die beiden Erstgenannten tun dies für Rechnung der Happybet Sportwetten GmbH (im Folgenden: Happybet Österreich) mit Sitz in Klagenfurt (Österreich), der Drittgenannte für Rechnung der Happy Bet Ltd (im Folgenden: Happy Bet UK) mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich).
Happybet Österreich verfügt über eine von der Landesregierung des Bundeslands Kärnten erteilte Bewilligung zum Abschluss von Wetten aus Anlass sportlicher Veranstaltungen in der Region Klagenfurt. Happy Bet UK verfügt ebenfalls über eine Erlaubnis, die von der zuständigen Behörde des Vereinigten Königreichs erteilt wurde.
Mit Verfügungen vom 11. Februar 2005, 18. August 2006 und 21. August 2006 untersagte die Ordnungsbehörde des Wetteraukreises Herrn Happel, Herrn Stoß und Avalon, in ihren Geschäftslokalen Sportwetten für andere Veranstalter als die Hessische Lotterieverwaltung abzuschließen oder dafür zu werben oder Einrichtungen für den Abschluss solcher Wetten und die Werbung dafür bereitzustellen. Weder die Betreffenden noch die Wettveranstalter, für die sie tätig würden, verfügten nämlich über eine ihre Tätigkeit gestattende Erlaubnis des Landes Hessen. Sie hätten zudem weder eine solche Erlaubnis beantragt noch versucht, über eine Klage eine rechtliche Klärung herbeizuführen. Nach den genannten Verfügungen waren die mit ihnen untersagten Tätigkeiten bei Meidung eines Zwangsgelds in Höhe von 10 000 Euro innerhalb einer Frist von sieben Tagen einzustellen.
Der von Herrn Happel gegen die Verfügung vom 11. Februar 2005 eingelegte Widerspruch wurde am 20. Februar 2007 zurückgewiesen. Die Widersprüche von Herrn Stoß und von Avalon gegen die Verfügungen vom 18. und 21. August 2006 wurden am 8. Dezember 2006 zurückgewiesen.
Herr Stoß, Herr Happel und Avalon erhoben vor dem Verwaltungsgericht Gießen Aufhebungsklagen gegen die damit bestätigten Verfügungen, weil diese gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr verstießen. Das Sportwettenmonopol, auf das sich die streitigen Entscheidungen stützten, laufe nämlich den Art. 43 EG und 49 EG zuwider. Happybet Österreich und Happy Bet UK verfügten außerdem in dem Mitgliedstaat, dem sie angehörten, über die zur Veranstaltung von Sportwetten erforderlichen Genehmigungen, und derartige Genehmigungen müssten von den deutschen Behörden anerkannt werden.
Das Verwaltungsgericht Gießen führt aus, weder Herr Stoß, Herr Happel und Avalon noch Happybet Österreich und Happy Bet UK verfügten über die nach § 284 StGB und § 5 Abs. 1 GSZZ H erforderliche Erlaubnis für die fraglichen Tätigkeiten. Außerdem sei jeder von Interessenten gestellte Antrag auf eine solche Erlaubnis angesichts des Monopols, über das das Land Hessen auf dem Gebiet der Veranstaltung von Sportwetten gemäß § 1 Abs. 1 GSZZ H verfüge, und des gänzlichen Fehlens von Vorschriften über die Voraussetzungen, unter denen gegebenenfalls einem privaten Veranstalter eine Erlaubnis erteilt werden könnte, zum Scheitern verurteilt.
Das Verwaltungsgericht Gießen bezweifelt, dass sich die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs, die sich aus dieser Situation ergäben, durch im Allgemeininteresse liegende Ziele wie die Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen oder die Bekämpfung der Spielsucht rechtfertigen ließen, da das fragliche Monopol nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genüge. Fehle eine derartige Rechtfertigung, stünden die Art. 43 EG und 49 EG, wie insbesondere aus den Urteilen vom 6. November 2003, Gambelli u. a. (C-243/01, Slg. 2003, I-13031), und vom 6. März 2007, Placanica u. a. (C-338/04, C-359/04 und C-360/04, Slg. 2007, I-1891), hervorgehe, sowohl der Anwendung der Sanktionen, die § 284 StGB und § 5 Abs. 1 GSZZ H vorsähen, als auch den angefochtenen ordnungsrechtlichen Maßnahmen entgegen.
Das Gericht hat in dreierlei Hinsicht Zweifel an der Vereinbarkeit des in den Ausgangsverfahren fraglichen Monopols mit dem Unionsrecht.
Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 13. November 2003, Lindman (C-42/02, Slg. 2003, I-13519), fragt sich das Verwaltungsgericht Gießen erstens, ob sich ein Mitgliedstaat auf das erklärte Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, berufen könne, um eine restriktive Maßnahme zu rechtfertigen, wenn er nicht dartun könne, dass vor dem Erlass der genannten Maßnahme eine Untersuchung zu ihrer Verhältnismäßigkeit durchgeführt worden sei. Eine derartige Untersuchung, die eine Prüfung des Wettmarkts, seiner Gefahren, der Möglichkeiten ihrer Beseitigung sowie der Folgen der beabsichtigten Beschränkungen impliziere, sei im vorliegenden Fall vor dem Abschluss des LottStV und dem Erlass des GSZZ H nicht durchgeführt worden.
Zweitens sei zweifelhaft, ob sich die fragliche Regelung auf das strikt Notwendige beschränke, da das mit ihr verfolgte Ziel auch dadurch erreicht werden könnte, dass kontrolliert werde, ob die Vorschriften über die zulässigen Angebotsarten und -methoden sowie die Werbung von den privaten Wettveranstaltern eingehalten würden, was einen geringeren Eingriff in die im EG-Vertrag niedergelegten Freiheiten bedeuten würde.
Drittens könnte es, um sich zu vergewissern, dass die Politik der Behörden zur Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und zur Bekämpfung der Spielsucht – wie in der Rechtsprechung des Gerichtshofs und insbesondere im Urteil Gambelli u. a. gefordert – in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werde, erforderlich sein, erschöpfend die Voraussetzungen zu berücksichtigen, unter denen sämtliche Spielformen erlaubt würden, ohne die Prüfung allein auf den Spielsektor zu beschränken, für den das in Rede stehende Monopol gelte.
Im Land Hessen fehle es insbesondere deshalb an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels, weil der Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten zur Teilnahme an anderen Glücksspielen ermuntere, das Land im Bereich der Kasinospiele neue Spielmöglichkeiten – insbesondere über das Internet – eröffne und das Bundesrecht die Durchführung anderer Glücksspiele durch private Veranstalter erlaube.
Angesichts dessen, dass Happybet Österreich und Happy Bet UK über eine Genehmigung verfügten, die es ihnen gestatte, Sportwetten mittels moderner technischer Möglichkeiten anzubieten, und dass sie wahrscheinlich im Mitgliedstaat ihrer Niederlassung einer Regelung unterlägen, die Kontrollen und Sanktionen vorsehe, sei zudem fraglich, ob nicht aus den Art. 43 EG und 49 EG folge, dass die deutschen Behörden diese Genehmigungen anerkennen müssten.
In Anbetracht dessen hat das Verwaltungsgericht Gießen beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof im Rahmen jeder der drei bei ihm anhängigen Rechtssachen folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Sind die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie z. B. Sportwetten entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, insbesondere weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen – wie staatlichen Lotterien und Kasinospielen – ermuntern, und ferner andere Spiele mit gleichem oder höherem mutmaßlichen Suchtgefährdungspotential – wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (wie Pferderennen) und Automatenspiel – von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
2. Sind die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass durch dafür berufene staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne zusätzlich erforderliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?
Rechtssachen C-358/07 bis C-360/07
SOBO, Herr Kunert und die Allegro GmbH (im Folgenden: Allegro) verfügen jeweils über ein in Stuttgart (Deutschland) gelegenes Geschäftslokal. Das von Allegro genutzte Geschäftslokal wurde ihr von Kulpa vermietet.
SOBO, Herr Kunert und Allegro üben eine Tätigkeit aus, die die Vermittlung von Sportwetten umfasst (Entgegennahme der Wettaufträge und elektronische Weiterleitung der Wetten an den Veranstalter). Die Erstgenannte tut dies für Rechnung der Web.coin GmbH (im Folgenden: Web.coin) mit Sitz in Wien (Österreich), der Zweitgenannte für Rechnung der Tipico Co. Ltd (im Folgenden: Tipico) mit Sitz in Malta und die Drittgenannte für Rechnung der Digibet Ltd (im Folgenden: Digibet) mit Sitz in Gibraltar.
Digibet, Tipico und Web.coin verfügen jeweils über eine Lizenz, die von den für sie aufgrund ihrer Niederlassung zuständigen Behörden ausgestellt wurde und ihnen die Veranstaltung von Sportwetten erlaubt.
Mit Verfügungen vom 24. August 2006, 23. November 2006 und 11. Mai 2007 untersagte das Regierungspräsidium Karlsruhe SOBO, Kulpa und Herrn Kunert, im Land Baden-Württemberg Sportwetten zu veranstalten oder zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Nach diesen Verfügungen waren die mit ihnen untersagten Tätigkeiten bei Meidung eines Zwangsgelds in Höhe von 10 000 Euro innerhalb einer Frist von zwei Wochen einzustellen.
SOBO, Kulpa und Herr Kunert erhoben beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klagen gegen die genannten Verfügungen und trugen dazu vor, das Sportwettenmonopol, auf das sie gestützt seien, laufe den Art. 43 EG und 49 EG zuwider. Ferner müssten die Genehmigungen, über die Digibet, Web.coin und Tipico verfügten, von den deutschen Behörden anerkannt werden.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart meint, eine Monopolisierung der Wetttätigkeit könne zwar nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter Umständen mit den Art. 43 EG und 49 EG vereinbar sein – wobei die Mitgliedstaaten insoweit über einen gewissen Wertungsspielraum verfügten –, doch sei zweifelhaft, ob dies bei dem im Land Baden-Württemberg geltenden Sportwettenmonopol, wie es sich aus § 5 Abs. 2 LottStV und § 2 Abs. 1 Nr. 2 StLG BW ergebe, der Fall sei.
Die Zweifel des genannten Gerichts entsprechen zum großen Teil denen, die das Verwaltungsgericht Gießen zum Ausdruck gebracht hat.
Erstens habe weder vor dem Abschluss des LottStV noch vor dem Erlass des StLG BW eine Untersuchung der Gefahren der Spielsucht und der verschiedenen Möglichkeiten ihrer Verhinderung stattgefunden.
Zweitens genügten die damit vorgenommenen Beschränkungen der Sportwetttätigkeiten nicht dem sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Erfordernis des kohärenten und systematischen Vorgehens bei der Spielbekämpfung. Denn es seien nicht sämtliche Sektoren von Glücksspielen im Rahmen einer Gesamtschau berücksichtigt worden, und das Gefährdungs- und Suchtpotenzial der einzelnen Spiele sei keiner vergleichenden Betrachtung unterzogen worden.
Auch wenn für Spielbanken detaillierte Konzessionsregelungen gälten und in Gaststätten zugelassene Geldspielautomaten Schutzvorschriften nach der Gewerbeordnung unterlägen, könnten solche Glücksspiele von privaten Veranstaltern angeboten werden, obwohl Geldspielautomaten ein höheres Suchtpotenzial als Sportwetten hätten.
Außerdem sei die Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit unlängst zu dem Zweck geändert worden, die Zahl der in einer Gaststätte oder einer Spielhalle erlaubten Maschinen zu erhöhen, die Mindestdauer des einzelnen Spiels zu verkürzen und die Grenze der zulässigen Verluste zu erhöhen.
An einer kohärenten und systematischen Begrenzungspolitik fehle es auch angesichts der aggressiven Werbetätigkeit, die der Inhaber des staatlichen Monopols entfalte. Bei den massiven Werbekampagnen – insbesondere im Internet und mittels Plakatwerbung – für Lotterieprodukte, mit denen zur Teilnahme am Spiel ermuntert werden solle, würden im Übrigen die Verwendung der Gewinne für soziale, kulturelle und sportliche Aktivitäten und der Finanzierungsbedarf dieser Aktivitäten herausgestellt. Die Maximierung der Gewinne, die bis zu einer staatlicherseits festgelegten Obergrenze für solche Aktivitäten bestimmt seien und im Übrigen in den Staatshaushalt flössen, werde so zu einem Hauptzweck der Politik im Spielbereich und sei nicht nur ein nützlicher Nebenzweck.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart fragt sich drittens, ob bei der Beurteilung der Geeignetheit des fraglichen Monopols zur Verfolgung der angeführten Ziele nicht berücksichtigt werden müsse, dass die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Wettveranstalter im Allgemeinen über einen Internetauftritt verfügten, über den in Deutschland ansässige Wettteilnehmer unmittelbar elektronische Geschäfte abschließen könnten, und dass die nationalen Behörden angesichts eines solchen grenzüberschreitenden Phänomens weitgehend machtlos und strikt nationale Maßnahmen wenig wirksam seien.
Außerdem stelle sich die Frage, ob für die Genehmigungen, über die Digibet, Web.coin und Tipico im jeweiligen Mitgliedstaat ihrer Niederlassung für das Angebot von Sportwetten im Internet verfügten, nicht der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zwischen den Mitgliedstaaten gelten müsse, so dass ihre Inhaber von einer Genehmigung in Deutschland freigestellt seien.
In Anbetracht dessen hat das Verwaltungsgericht Stuttgart beschlossen, die Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof im Rahmen jeder der drei bei ihm anhängigen Rechtssachen folgende Fragen, die in ihren Formulierungen denen des Verwaltungsgerichts Gießen sehr ähnlich sind, zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1. Sind die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele, wie z. B. Sportwetten und Lotterien, entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen – wie staatlichen Sportwetten und Lotterien – ermuntern und hierfür werben, und ferner andere Spiele mit gleichem oder sogar höherem Suchtgefährdungspotenzial – wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (Pferderennen), Automatenspiele und in Spielbanken – von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?
2. Sind die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen, dass durch dafür zuständige staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne weitere zusätzliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 15. Oktober 2007 sind die Rechtssachen C-316/07, C-358/07 bis C-360/07, C-409/07 und C-410/07 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren sowie zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
Zum Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung
Mit Schreiben vom 21. Juni 2010 haben Herr Stoß, Herr Happel, Herr Kunert und Avalon die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beantragt und dazu im Wesentlichen vorgetragen, unlängst sei in der deutschen Presse aufgedeckt worden, dass eine von den deutschen Ländern in Auftrag gegebene Studie aus dem Jahr 2009 über die Suchtgefahren im Zusammenhang mit Sportwetten und geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Gefahren in bestimmter Weise manipuliert worden sei. Die genannten Kläger, die sich insoweit auf die von den vorlegenden Gerichten in Bezug auf die möglichen Auswirkungen des Urteils Lindman geäußerten Zweifel beziehen, machen geltend, die Länder hätten sich unter diesen Umständen nicht auf diese Studie stützen dürfen, um die Verhältnismäßigkeit der in den Ausgangsverfahren fraglichen restriktiven Maßnahmen zu untermauern.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen kann, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. u. a. Urteil vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C-42/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im Übrigen fällt in einem Verfahren nach Art. 234 EG, der auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, die Würdigung des Sachverhalts in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts. Der Gerichtshof ist insbesondere nur befugt, sich auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zur Auslegung oder zur Gültigkeit einer Gemeinschaftsvorschrift zu äußern. Hierbei ist es dessen Sache, die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen festzustellen und daraus die Folgerungen für seine Entscheidung zu ziehen (vgl. u. a. Urteil vom 8. Mai 2008, Danske Svineproducenter, C-491/06, Slg. 2008, I-3339, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall genügt der Hinweis, dass die Studie, auf die Herr Stoß, Herr Happel, Herr Kunert und Avalon in ihrem Antrag Bezug nehmen, von den vorlegenden Gerichten nicht erwähnt wurde und im Übrigen auch nicht erwähnt werden konnte, weil sie aus dem Jahr 2009 stammt und damit erst geraume Zeit nach der Anrufung des Gerichtshofs durch diese Gerichte erstellt wurde.
Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts der Auffassung, dass er über alle erforderlichen Angaben verfügt, um über die Vorabentscheidungsersuchen zu entscheiden, und dass diese nicht anhand eines vor ihm nicht erörterten Vorbringens zu prüfen sind.
Folglich ist der Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung zurückzuweisen.
Zu den Vorlagefragen
Zur Zulässigkeit
Die italienische Regierung meint, die erste in allen Ausgangsverfahren gestellte Frage sei für unzulässig zu erklären. Allein die vorlegenden Gerichte seien für die Überprüfung zuständig, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Monopole dem Erfordernis der Kohärenz bei der Bekämpfung der Spielsucht genügten, und die Vorlageentscheidungen enthielten nicht die rechtlichen und tatsächlichen Mindestangaben, anhand deren sich nachvollziehen ließe, warum diese Gerichte an der Vereinbarkeit der fraglichen nationalen Regelungen mit dem Unionsrecht zweifelten.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des durch Art. 267 AEUV geschaffenen Verfahrens ausschließlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Richters ist, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Daher ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, über ihm vorgelegte Fragen zu befinden, wenn diese die Auslegung des Unionsrechts betreffen (vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra, C-379/98, Slg. 2001, I-2099, Randnr. 38, und vom 10. März 2009, Hartlauer, C-169/07, Slg. 2009, I-1721, Randnr. 24).
Die Entscheidung über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts kann nur dann abgelehnt werden, wenn offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (vgl. Urteile PreussenElektra, Randnr. 39, und Hartlauer, Randnr. 25).
Das ist in den vorliegenden Verfahren indessen nicht der Fall. Die in den Vorlageentscheidungen dargelegten tatsächlichen und rechtlichen Umstände und die Zweifel, die die vorlegenden Gerichte insoweit im Hinblick auf die Entscheidung über die Ausgangsrechtsstreitigkeiten in Bezug auf die Auslegung des Unionsrechts äußern, stehen nämlich in offensichtlichem Zusammenhang mit dem Gegenstand dieser Rechtsstreitigkeiten und ermöglichen es dem Gerichtshof, seine Zuständigkeit auszuüben.
Daher sind die Vorabentscheidungsersuchen zulässig.
Zur Bestimmung der auszulegenden Vorschriften des Unionsrechts
Die niederländische Regierung und die Kommission haben Zweifel an der Relevanz der Bezugnahme auf Art. 43 EG in den Vorlagefragen geäußert und geltend gemacht, dass auf Sachverhalte, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede stünden, allein Art. 49 EG Anwendung finde.
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass Tätigkeiten, die darin bestehen, den Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an einem Geldspiel zu ermöglichen, nach ständiger Rechtsprechung Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 EG darstellen (vgl. u. a. Urteile vom 24. März 1994, Schindler, C-275/92, Slg. 1994, I-1039, Randnr. 25, und vom 21. Oktober 1999, Zenatti, C-67/98, Slg. 1999, I-7289, Randnr. 24). Gleiches gilt für die Werbung für Geldspiele und ihre Vermittlung, da eine solche Tätigkeit nur eine konkrete Einzelheit der Veranstaltung und des Ablaufs der Spiele darstellt, auf die sie sich bezieht (vgl. u. a. Urteil Schindler, Randnrn. 22 und 23).
Leistungen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden können somit in den Anwendungsbereich von Art. 49 EG fallen, sobald – wie es in den Ausgangsverfahren der Fall ist – wenigstens einer der Leistungsanbieter in einem anderen Mitgliedstaat als dem niedergelassen ist, in dem die Leistung angeboten wird (vgl. u. a. Urteil Zenatti, Randnr. 24), es sei denn, dass Art. 43 EG Anwendung findet.
In Bezug auf Art. 43 EG ist darauf hinzuweisen, dass nach dieser Vorschrift Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einschließlich Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften verboten sind (vgl. Urteil Gambelli u. a., Randnr. 45).
Insoweit geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs hervor, dass der Begriff der Niederlassung ein sehr weiter Begriff ist, der die Möglichkeit für einen Gemeinschaftsangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und soziale Verflechtung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der selbständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. u. a. Urteil vom 30. November 1995, Gebhard, C-55/94, Slg. 1995, I-4165, Randnr. 25). Die Aufrechterhaltung einer ständigen Präsenz in einem Mitgliedstaat durch ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenes Unternehmen kann daher den Bestimmungen des Vertrags über die Niederlassungsfreiheit unterliegen, auch wenn diese Präsenz nicht die Form einer Zweigniederlassung oder einer Agentur angenommen hat, sondern lediglich durch ein Büro wahrgenommen wird, das gegebenenfalls von einer Person geführt wird, die zwar unabhängig, aber beauftragt ist, auf Dauer für dieses Unternehmen wie eine Agentur zu handeln (vgl. Urteil vom 4. Dezember 1986, Kommission/Deutschland, 205/84, Slg. 1986, 3755, Randnr. 21).
Für den Bereich der Spiele und Wetten hat der Gerichtshof im Urteil Gambelli u. a. dargelegt, dass Art. 43 EG auf eine Situation Anwendung findet, in der ein in einem Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat über eine Präsenz verfügt, die ihren konkreten Niederschlag im Abschluss von Geschäftsverträgen mit Wirtschaftsteilnehmern oder Vermittlern über die Errichtung von Datenübertragungszentren findet, die den Benutzern elektronische Mittel zur Verfügung stellen, Wettabsichten sammeln und registrieren und sie diesem Unternehmen übermitteln. Soweit ein Unternehmen der Tätigkeit des Sammelns von Wetten durch Vermittlung einer entsprechenden Organisation von Agenturen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat nachgeht, stellen die diesen Agenturen auferlegten Beschränkungen ihrer Tätigkeit Hindernisse für die Niederlassungsfreiheit dar (vgl. Urteile Gambelli u. a., Randnrn. 14 und 46, sowie Placanica u. a., Randnr. 43).
In den Ausgangsrechtsstreitigkeiten lässt sich anhand der Angaben in den Vorlageentscheidungen zu den Beziehungen zwischen den in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Wirtschaftsteilnehmern, die Sportwetten veranstalten, und den Wirtschaftsteilnehmern, die Parteien der Rechtsstreitigkeiten sind und die entsprechenden Wetten in den beiden betreffenden Bundesländern vertreiben, weder bejahen noch ausschließen, dass die letztgenannten Wirtschaftsteilnehmer als von den erstgenannten geschaffene Tochtergesellschaften, Zweigniederlassungen oder Agenturen im Sinne von Art. 43 EG anzusehen sind.
Unter diesen Umständen ist darauf hinzuweisen, dass in einem Verfahren nach Art. 267 AEUV, der auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, die Würdigung des Sachverhalts des Ausgangsverfahrens in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts fällt (vgl. u. a. Urteil vom 25. Februar 2003, IKA, C-326/00, Slg. 2003, I-1703, Randnr. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im Übrigen ist es, wie in Randnr. 51 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ausschließlich Sache des nationalen Richters, sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof insoweit vorgelegten Fragen zu beurteilen.
Es ist daher Sache der vorlegenden Gerichte, im Hinblick auf die Besonderheiten jedes Einzellfals zu bestimmen, ob die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sachverhalte Art. 43 EG oder Art. 49 EG unterfallen.
Angesichts der vorstehenden Ausführungen sind die Vorlagefragen sowohl anhand von Art. 43 EG als auch anhand von Art. 49 EG zu prüfen.
Zur ersten in allen Rechtssachen vorgelegten Frage
Nach den in den Randnrn. 14 bis 25 und 28 bis 40 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Angaben in den Vorlageentscheidungen ist davon auszugehen, dass die vorlegenden Gerichte mit ihrer ersten Frage wissen möchten, ob die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen sind, dass sie regionalen staatlichen Sportwettenmonopolen wie den in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wenn mit diesen Monopolen das Ziel verfolgt wird, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, und
i) die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats nicht darzutun vermögen, dass vor Errichtung der Monopole eine Untersuchung zu ihrer Verhältnismäßigkeit durchgeführt wurde,
ii) das entsprechende Ziel auch durch eine Kontrolle erreicht werden könnte, die auf die Gewährleistung der Einhaltung der Vorschriften über die Wettarten, die Vermarktungsmethoden und die Werbung durch private Veranstalter, die über eine ordnungsgemäße Erlaubnis verfügen, abzielen und die im Vertrag niedergelegten Freiheiten weniger beeinträchtigen würde,
iii) die Monopole zur Erreichung des genannten Ziels möglicherweise nicht geeignet sind, weil die nationalen Behörden auf Schwierigkeiten bei der Durchsetzung ihrer tatsächlichen Beachtung in dem durch das Internet geschaffenen transnationalen Umfeld stoßen könnten,
iv) im vorliegenden Fall Zweifel daran bestehen, dass das angeführte Ziel kohärent und systematisch verfolgt wird, weil
– erstens privaten Veranstaltern gestattet ist, andere Arten von Glücksspielen wie Pferdewetten oder Automatenspiel durchzuführen,
– zweitens für die Teilnahme an anderen, denselben staatlichen Monopolen unterliegenden Arten von Glücksspielen, nämlich Lotterien, von den Inhabern dieser Monopole mittels intensiver Webekampagnen, die auf die Maximierung der Einnahmen aus den Spielen abzielen, geworben wird und
– drittens in Bezug auf Angebote anderer Arten von Glücksspielen wie Kasinospiele oder Spielautomaten in Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften sowie Beherbergungsbetrieben eine Expansionspolitik verfolgt wird.
Diese verschiedenen Fragen werden im Folgenden der Reihe nach geprüft.
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass feststeht, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehende eine Beschränkung des in Art. 49 EG verbürgten freien Dienstleistungsverkehrs oder alternativ der in Art. 43 EG verbürgten Niederlassungsfreiheit darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 52).
Im vorliegenden Fall ist allerdings im Hinblick auf die entsprechenden Zweifel der vorlegenden Gerichte zu prüfen, ob eine solche Beschränkung in Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 55).
Zur fehlenden Untersuchung der Verhältnismäßigkeit staatlicher Monopole wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden vor ihrer Errichtung
Unter Berufung auf das Urteil Lindman fragen sich die vorlegenden Gerichte, ob die betreffenden nationalen Behörden, um restriktive Maßnahmen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Monopole mit dem Ziel der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht rechtfertigen zu können, in der Lage sein müssen, eine vor dem Erlass dieser Maßnahmen durchgeführte Untersuchung vorzulegen, die ihre Verhältnismäßigkeit untermauert.
Wie der Generalanwalt in den Nrn. 81 und 82 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geht diese Frage auf ein fehlerhaftes Verständnis des genannten Urteils zurück. Wie nämlich aus dessen Randnrn. 25 und 26 und aus der späteren Rechtsprechung, in der darauf Bezug genommen wird (vgl. u. a. Urteil vom 13. März 2008, Kommission/Belgien, C-227/06, Randnrn. 62 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung), hervorgeht, hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch eine restriktive nationale Maßnahme rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände vorlegen muss, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt.
Dagegen lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht ableiten, dass einem Mitgliedstaat nur deshalb die Möglichkeit genommen wäre, zu belegen, dass eine innerstaatliche restriktive Maßnahme diesen Anforderungen genügt, weil er keine Untersuchungen vorlegen kann, die dem Erlass der fraglichen Regelung zugrunde lagen.
Zur etwaigen Unverhältnismäßigkeit staatlicher Monopole wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden aufgrund des Umstands, dass eine Regelung über die Erteilung von Erlaubnissen an private Veranstalter eine Maßnahme darstellen könnte, die die gemeinschaftsrechtlichen Freiheiten weniger beeinträchtigt
Wie aus Randnr. 23 des vorliegenden Urteils hervorgeht, fragt sich das Verwaltungsgericht Gießen, ob ein staatliches Monopol der in den bei ihm anhängigen Rechtssachen in Rede stehenden Art dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen könne, da das Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, auch mit Kontrollen verfolgt werden könne, die darauf abzielten, die Einhaltung der Vorschriften über die Wettarten, die Vermarktungsmethoden und die Werbung durch private Veranstalter, die über eine ordnungsgemäße Erlaubnis verfügten, zu gewährleisten und dabei die im Vertrag niedergelegten Freiheiten weniger beeinträchtigten.
Dazu ist einleitend darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof zu den gegebenenfalls zulässigen Rechtfertigungen innerstaatlicher Maßnahmen, mit denen der freie Dienstleistungsverkehr oder die Niederlassungsfreiheit eingeschränkt wird, dargelegt hat, dass sich die Ziele, die mit den im Spiel- und Wettbereich erlassenen nationalen Rechtsvorschriften verfolgt werden, bei einer Gesamtbetrachtung meist auf den Schutz der Empfänger der jeweiligen Dienstleistungen und, allgemeiner, der Verbraucher sowie auf den Schutz der Sozialordnung beziehen. Der Gerichtshof hat ferner hervorgehoben, dass solche Ziele zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehören, die Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können (vgl. u. a. Urteile Schindler, Randnr. 58, vom 21. September 1999, Läärä u. a., C-124/97, Slg. 1999, I-6067, Randnr. 33, Zenatti, Randnr. 31, vom 11. September 2003, Anomar u. a., C-6/01, Slg. 2003, I-8621, Randnr. 73, und Placanica u. a., Randnr. 46).
Dabei hat der Gerichtshof insbesondere anerkannt, dass auf dem Gebiet der Spiele und Wetten, die, wenn im Übermaß betrieben, sozialschädliche Folgen haben, nationale Rechtsvorschriften gerechtfertigt sein können, die darauf abzielen, eine Anregung der Nachfrage zu vermeiden und vielmehr die Ausnutzung der Spielleidenschaft der Menschen zu begrenzen (Urteile Schindler, Randnrn. 57 und 58, Läärä u. a., Randnrn. 32 und 33, sowie Zenatti, Randnrn. 30 und 31).
In diesem Kontext hat der Gerichtshof im Übrigen wiederholt hervorgehoben, dass die sittlichen, religiösen oder kulturellen Besonderheiten und die mit Spielen und Wetten einhergehenden sittlich und finanziell schädlichen Folgen für den Einzelnen wie für die Gesellschaft ein ausreichendes Ermessen der staatlichen Stellen rechtfertigen können, im Einklang mit ihrer eigenen Wertordnung festzulegen, welche Erfordernisse sich aus dem Schutz der Verbraucher und der Sozialordnung ergeben (vgl. u. a. Urteile Placanica u. a., Randnr. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 57).
Auch wenn es den Mitgliedstaaten somit freisteht, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen gleichwohl den sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Anforderungen an ihre Verhältnismäßigkeit genügen (vgl. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Daher haben die nationalen Gerichte zu prüfen, ob eine von einem Mitgliedstaat beschlossene Beschränkung geeignet ist, die Verwirklichung eines oder mehrerer der von ihm geltend gemachten Ziele auf dem von ihm angestrebten Schutzniveau zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zu dessen Erreichung erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 60).
Was insbesondere die Errichtung staatlicher Monopole betrifft, hat der Gerichtshof bereits anerkannt, dass ein nationales System, das eine begrenzte Erlaubnis von Geldspielen im Rahmen von – bestimmten Einrichtungen gewährten oder zur Konzession erteilten – besonderen oder Ausschließlichkeitsrechten vorsieht, was insbesondere den Vorteil bietet, die Spiellust und den Betrieb der Spiele in kontrollierte Bahnen zu lenken, zur Verwirklichung der oben genanten, im Allgemeininteresse liegenden Ziele des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung dienen kann (vgl. u. a. Urteile Zenatti, Randnr. 35, und Anomar u. a., Randnr. 74). Er hat ferner klargestellt, dass die Entscheidung über die Frage, ob es zur Erreichung dieser Ziele besser wäre, eine Regelung mit den erforderlichen Auflagen für die betroffenen Wirtschaftsteilnehmer zu erlassen, statt einer zugelassenen Einrichtung der öffentlichen Hand ein ausschließliches Betriebsrecht zu gewähren, im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, jedoch unter dem Vorbehalt, dass die getroffene Wahl im Hinblick auf das angestrebte Ziel nicht unverhältnismäßig erscheint (Urteil Läärä u. a., Randnr. 39).
Dazu ist allerdings hervorzuheben, dass angesichts des Ermessens, über das die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung darüber verfügen, welches Niveau des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung sie im Glücksspielsektor gewährleisten wollen, insbesondere nicht verlangt wird, dass die von den Behörden eines Mitgliedstaats erlassene restriktive Maßnahme im Hinblick auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 28. April 2009, Kommission/Italien, C-518/06, Slg. 2009, I-3491, Randnrn. 83 und 84).
Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist anzuerkennen, dass die Behörden eines Mitgliedstaats im Rahmen des ihnen insoweit zukommenden Wertungsspielraums Grund zu der Annahme haben können, dass es ihnen die Gewährung exklusiver Rechte an eine Einrichtung der öffentlichen Hand, die hinsichtlich ihrer Leitung unmittelbarer staatlicher Aufsicht untersteht, oder einen privaten Veranstalter, dessen Tätigkeiten die Behörden genau überwachen können, erlaubt, die mit dem Glücksspielsektor verbundenen Gefahren zu beherrschen und das legitime Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, wirksamer zu verfolgen, als es bei einem Erlaubnissystem der Fall wäre, nach dem Veranstaltern die Ausübung ihrer Tätigkeiten im Rahmen einer Regelung ohne Ausschließlichkeitscharakter gestattet würde (vgl. in diesem Sinne Urteile Läärä u. a., Randnrn. 40 bis 42, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnrn. 66 und 67, sowie vom 3. Juni 2010, Sporting Exchange, C-203/08, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 59).
Den Behörden steht es nämlich frei, den Standpunkt zu vertreten, dass der Umstand, dass sie als Kontrollinstanz der mit dem Monopol betrauten Einrichtung über zusätzliche Mittel verfügen, mit denen sie deren Verhalten außerhalb der gesetzlichen Regulierungsmechanismen und Kontrollen beeinflussen können, ihnen eine bessere Beherrschung des Glücksspielangebots und bessere Effizienzgarantien bei der Durchführung ihrer Politik zu gewährleisten vermag, als es bei der Ausübung der entsprechenden Tätigkeiten durch private Veranstalter in einer Wettbewerbssituation der Fall wäre, selbst wenn diese eine Erlaubnis benötigten und einer Kontroll- und Sanktionsregelung unterlägen.
Allerdings muss eine so restriktive Maßnahme wie die Schaffung eines Monopols, die sich nur im Hinblick auf die Gewährleistung eines besonders hohen Verbraucherschutzniveaus rechtfertigen lässt, mit der Errichtung eines normativen Rahmens einhergehen, mit dem sich gewährleisten lässt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, das festgelegte Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.
Zur geltend gemachten fehlenden Effizienz von Monopolen wie den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden angesichts des durch das Internet geschaffenen transnationalen Umfelds
Wie aus Randnr. 40 des vorliegenden Urteils hervorgeht, beziehen sich die insoweit vom Verwaltungsgericht Stuttgart geäußerten Zweifel darauf, dass die Behörden eines Mitgliedstaats, der staatliche Monopole errichtet hat, die mit den in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden vergleichbar sind, auf gewisse Schwierigkeiten stoßen könnten, die Beachtung dieser Monopole durch außerhalb des entsprechenden Mitgliedstaats ansässige Veranstalter von Spielen und Wetten sicherzustellen, die unter Verstoß gegen die Monopole über das Internet Wetten mit Personen im örtlichen Zuständigkeitsbereich dieser Behörden abschließen.
Wie der Generalanwalt in Nr. 79 seiner Schlussanträge dargelegt hat, reicht dieser Umstand indessen nicht aus, um die Vereinbarkeit solcher Monopole mit dem Unionsrecht in Frage zu stellen.
Zum einen trifft es zwar zu, dass sich über das Internet vorgenommene unzulässige Transaktionen, insbesondere dann, wenn sie transnationalen Charakter haben, als schwieriger zu kontrollieren und zu ahnden erweisen können als andere Arten strafbarer Handlungen, doch ist dieser Befund nicht auf das Gebiet der Spiele und Wetten beschränkt. Einem Mitgliedstaat kann aber nicht allein deshalb das Recht versagt werden, die Anwendung einseitiger restriktiver Normen, die er zu legitimen, im Allgemeininteresse liegenden Zielen erlassen hat, auf das Internet zu erstrecken, weil diese technische Übertragungsform ihrem Wesen nach transnational ist.
Zum anderen steht fest, dass den Mitgliedstaaten durchaus rechtliche Mittel zur Verfügung stehen, die es ihnen erlauben, die Beachtung der von ihnen erlassenen Normen gegenüber im Internet tätigen und in der einen oder anderen Weise ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Wirtschaftsteilnehmern so wirkungsvoll wie möglich zu gewährleisten.
Zum Erfordernis der systematischen und kohärenten Begrenzung von Glücksspielen
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Randnr. 67 des Urteils Gambelli u. a. zunächst hervorgehoben hat, dass Beschränkungen der Spieltätigkeiten durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses wie den Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen gerechtfertigt sein können, dann jedoch entschieden hat, dass dies nur insoweit gilt, als die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der Sozialordnung vorzubeugen, geeignet sind, die Verwirklichung der genannten Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie dazu beitragen müssen, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
Wie insbesondere aus Randnr. 66 des vorliegenden Urteils hervorgeht, stellen sich die vorlegenden Gerichte Fragen zur Tragweite dieses letztgenannten Erfordernisses.
Sie haben nämlich Zweifel daran, ob staatliche Monopole wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Sportwettenmonopole, die zur Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und zur Bekämpfung der Spielsucht errichtet wurden, angesichts der Art der Vermarktung anderer Arten von Glücksspielen dazu beitragen können, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
Hierzu hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es Sache jedes Mitgliedstaats ist, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind (vgl. u. a. Urteile Läärä u. a., Randnrn. 35 und 36, Zenatti, Randnrn. 33 und 34, sowie Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 58).
Er hat ferner entschieden, dass im Rahmen mit dem Vertrag vereinbarer Rechtsvorschriften die Wahl der Bedingungen für die Organisation und die Kontrolle der in der Veranstaltung von und der Teilnahme an Glücks- oder Geldspielen bestehenden Tätigkeiten, wie z. B. der Abschluss eines verwaltungsrechtlichen Konzessionsvertrags mit dem Staat oder die Beschränkung der Veranstaltung von und der Teilnahme an bestimmten Spielen auf ordnungsgemäß dafür zugelassene Orte, Sache der nationalen Stellen im Rahmen ihres Ermessens ist (Urteil Anomar u. a., Randnr. 88).
Der Gerichtshof hat im Übrigen darauf hingewiesen, dass im Bereich der Glücksspiele grundsätzlich gesondert für jede mit den nationalen Rechtsvorschriften auferlegte Beschränkung namentlich zu prüfen ist, ob sie geeignet ist, die Verwirklichung des Ziels oder der Ziele zu gewährleisten, die von dem fraglichen Mitgliedstaat geltend gemacht werden, und ob sie nicht über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels oder dieser Ziele erforderlich ist (Urteil Placanica u. a., Randnr. 49).
In den Randnrn. 50 bis 52 des Urteils Schindler, das zu einer Regelung eines Mitgliedstaats ergangen ist, mit der Lotterien verboten wurden, hat der Gerichtshof u. a. ausgeführt, dass andere in dem entsprechenden Mitgliedstaat weiterhin zugelassene Geldspiele wie Fußballtoto oder das Spiel „Bingo“, auch wenn es bei ihnen zu Einsätzen in einer Höhe kommen kann, die mit denen bei Lotterien vergleichbar sind, und der Zufall bei ihnen eine bedeutende Rolle spielt, sich hinsichtlich ihres Gegenstands, ihrer Regeln sowie der Einzelheiten ihrer Durchführung doch von den großen Lotterien in anderen Mitgliedstaaten unterscheiden. Er hat daraus den Schluss gezogen, dass die Lage bei diesen anderen Spielen nicht mit der bei den Lotterien vergleichbar ist, die durch die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats verboten wurden, und dass sie diesen nicht gleichgestellt werden können.
Wie alle Regierungen, die Erklärungen beim Gerichtshof abgegeben haben, hervorgehoben haben, steht nämlich fest, dass die verschiedenen Arten von Glücksspielen erhebliche Unterschiede aufweisen können, u. a. hinsichtlich der konkreten Modalitäten ihrer Veranstaltung, des Umfangs der für sie kennzeichnenden Einsätze und Gewinne, der Zahl potenzieller Spieler, die an ihnen teilnehmen können, ihrer Präsentation, ihrer Häufigkeit, ihrer kurzen Dauer oder ihrem sich wiederholenden Charakter, der bei den Spielern hervorgerufenen Reaktionen oder, wie insbesondere der Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, danach, ob sie, wie es bei den in Spielbanken angebotenen Spielen und den dort oder in anderen Einrichtungen aufgestellten Geldspielautomaten der Fall ist, die körperliche Anwesenheit des Spielers erfordern oder nicht.
Daher kann der Umstand, dass von verschiedenen Arten von Glücksspielen einige einem staatlichen Monopol und andere einer Regelung unterliegen, nach der private Veranstalter eine Erlaubnis benötigen, im Hinblick darauf, dass mit Maßnahmen, die – wie das staatliche Monopol – auf den ersten Blick als am restriktivsten und wirkungsvollsten erscheinen, legitime Ziele verfolgt werden, für sich genommen nicht dazu führen, dass diese Maßnahmen ihre Rechtfertigung verlieren. Derart divergierende rechtliche Regelungen ändern nämlich als solche nichts an der Eignung eines solchen staatlichen Monopols zur Verwirklichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize für die Bürger zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen.
Wie in Randnr. 88 des vorliegenden Urteils dargelegt, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs aber auch, dass die Errichtung einer mit diesem Ziel begründeten Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit nur dann gerechtfertigt werden kann, wenn die entsprechende restriktive Maßnahme geeignet ist, die Verwirklichung dieses Ziels dadurch zu gewährleisten, dass sie dazu beiträgt, die Wetttätigkeiten in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
Der Gerichtshof hat ferner klargestellt, dass es den nationalen Gerichten obliegt, sich im Licht insbesondere der konkreten Anwendungsmodalitäten der betreffenden restriktiven Regelung zu vergewissern, dass sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Zenatti, Randnrn. 36 und 37, sowie Placanica u. a., Randnrn. 52 und 53).
Wie der Gerichtshof zu diesen verschiedenen Aspekten bereits im Urteil Gambelli u. a. (Randnrn. 7, 8 und 69) entschieden hat, können sich die Behörden eines Mitgliedstaats, soweit sie den Verbrauchern Anreize geben und sie dazu ermuntern, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen zufließen, nicht auf die öffentliche Sozialordnung mit der aus ihr folgenden Notwendigkeit, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern, berufen, um restriktive Maßnahmen zu rechtfertigen, auch wenn diese sich wie in jener Rechtssache ausschließlich auf Wetttätigkeiten beziehen.
Hier haben die vorlegenden Gerichte nach einem Hinweis darauf, dass Pferdewetten und Automatenspiele von privaten Veranstaltern mit einer Erlaubnis betrieben werden könnten, auch festgestellt, dass zum einen der Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten in Bezug auf die ebenfalls dem Monopol unterliegenden Lotteriespiele intensive Werbekampagnen durchführe, in denen der Finanzierungsbedarf sozialer, kultureller oder sportlicher Aktivitäten herausgestellt werde, denen die erzielten Gewinne zugute kämen, und so den Anschein erwecke, dass die Maximierung der diesen Aktivitäten zugedachten Gewinne zu einem eigenständigen Ziel der fraglichen restriktiven Maßnahmen werde. Zum anderen haben die genannten Gerichte festgestellt, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf Kasino- und Automatenspiele, obwohl diese ein höheres Suchtpotenzial aufwiesen als Sportwetten, eine Politik der Angebotsausweitung betrieben oder duldeten. Das Angebot neuer Kasinospielmöglichkeiten im Internet werde nämlich von diesen Behörden geduldet, während die Bedingungen für den Betrieb von Automatenspielen in anderen Einrichtungen als Spielbanken, etwa in Spielhallen, Schank- und Speisewirtschaften sowie Beherbergungsbetrieben, unlängst erheblich gelockert worden seien.
Insoweit hat der Gerichtshof zwar in Bezug auf das von einem nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel, einer Ausnutzung von Glücksspieltätigkeiten zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen, entschieden, dass eine Politik der kontrollierten Expansion dieser Tätigkeiten mit dem Ziel in Einklang stehen kann, sie in kontrollierbare Bahnen zu lenken, indem Spielern, die verbotenen geheimen Spiel- oder Wetttätigkeiten nachgehen, ein Anreiz gegeben wird, zu erlaubten und geregelten Tätigkeiten überzugehen. Zur Erreichung dieses Ziels ist es nämlich erforderlich, dass die Veranstalter, die über eine Erlaubnis verfügen, eine verlässliche und zugleich attraktive Alternative zur verbotenen Tätigkeit darstellen, was als solches das Angebot einer breiten Palette von Spielen, einen gewissen Werbeumfang und den Einsatz neuer Vertriebstechniken implizieren kann (vgl. Urteil Placanica u. a., Randnr. 55).
Wie der Generalanwalt in Nr. 61 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, können solche Erwägungen grundsätzlich auch dann Anwendung finden, wenn mit den innerstaatlichen restriktiven Maßnahmen ein Ziel des Verbraucherschutzes – Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und Bekämpfung der Spielsucht – verfolgt wird, und zwar insbesondere in dem Sinne, dass eine gewisse Werbung vorbehaltlich der in den Randnrn. 97 bis 99 des vorliegenden Urteils angeführten Erfordernisse gegebenenfalls dazu beitragen kann, die Verbraucher zu dem Angebot des Inhabers des staatlichen Monopols zu lenken, bei dem davon auszugehen ist, dass es gerade so eingerichtet und ausgestaltet wurde, dass das genannte Ziel wirksamer verfolgt wird.
Wie der Generalanwalt jedoch in Nr. 61 seiner Schlussanträge weiter dargelegt hat, kommt es insoweit darauf an, dass die vom Inhaber eines staatlichen Monopols eventuell durchgeführte Werbung maßvoll und strikt auf das begrenzt bleibt, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme am Spiel angeregt werden, etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln.
Soweit in den vom Inhaber des Monopols durchgeführten Werbekampagnen für Lotterieprodukte der Umstand herausgestellt wird, dass die Einnahmen aus dem Vertrieb dieser Produkte für die Finanzierung uneigennütziger oder im Allgemeininteresse liegender Aktivitäten verwendet werden, ist zudem erstens darauf hinzuweisen, dass es nach ständiger Rechtsprechung zwar nicht gleichgültig ist, dass Geldspiele in erheblichem Maß zur Finanzierung solcher Aktivitäten beitragen können, dies allein aber nicht als sachliche Rechtfertigung von Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs angesehen werden kann. Deren Zulässigkeit setzt nämlich insbesondere voraus, dass die Finanzierung solcher sozialer Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik ist, was das nationale Gericht zu überprüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Zenatti, Randnrn. 36 und 37).
Da das Verwaltungsgericht Stuttgart im Übrigen hervorgehoben hat, dass nach dem Abzug, den die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften zugunsten der dafür in Frage kommenden uneigennützigen Aktivitäten vorsähen, die darüber hinausgehenden Einnahmen in die öffentlichen Kassen flössen, und da sich ferner nicht ausschließen lässt, dass die finanzielle Unterstützung als gemeinnützig anerkannter Einrichtungen es diesen erlaubt, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten zu entfalten, die normalerweise der Staat übernehmen müsste, so dass sich dessen Ausgaben verringern, ist zweitens darauf hinzuweisen, dass auch das Erfordernis, einen Rückgang der Steuereinnahmen zu vermeiden, nicht zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses zählt, die eine Beschränkung einer vom Vertrag eingeräumten Freiheit rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 2009, Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnrn. 45 und 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Nach alledem können die vorlegenden Gerichte auf der Grundlage der von ihnen getroffenen und in Randnr. 100 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Feststellungen berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass der Umstand, dass die zuständigen Behörden in Bezug auf andere Glücksspiele als die, die dem in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden staatlichen Monopol unterliegen, eine Politik betreiben oder dulden, die eher darauf abzielt, zur Teilnahme an diesen anderen Spielen zu ermuntern, als darauf, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen, zur Folge hat, dass das der Errichtung dieses Monopols zugrunde liegende Ziel, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, mit ihm nicht mehr wirksam verfolgt werden kann, so dass es im Hinblick auf die Art. 43 EG und 49 EG auch nicht mehr gerechtfertigt werden kann.
Somit ist auf die erste in jeder der Rechtssachen gestellte Frage zu antworten, dass die Art. 43 EG und 49 EG wie folgt auszulegen sind:
i) Um ein staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art mit dem Ziel rechtfertigen zu können, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, müssen die betreffenden nationalen Behörden nicht unbedingt in der Lage sein, eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
ii) Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein solches Monopol einem Erlaubnissystem vorzieht, nach dem privaten Veranstaltern die Ausübung ihrer Tätigkeiten im Rahmen einer Regelung ohne Ausschließlichkeitscharakter gestattet würde, kann dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen, soweit, unter dem Aspekt des Ziels eines hohen Verbraucherschutzniveaus, die Errichtung des Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergeht, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, ein solches Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.
iii) Der Umstand, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats auf gewisse Schwierigkeiten stoßen könnten, die Beachtung eines solchen Monopols durch im Ausland ansässige Veranstalter von Spielen und Wetten sicherzustellen, die unter Verstoß gegen das Monopol über das Internet Wetten mit Personen im örtlichen Zuständigkeitsbereich dieser Behörden abschließen, ist als solcher nicht dazu angetan, die eventuelle Vereinbarkeit eines solchen Monopols mit den genannten Bestimmungen des Vertrags zu beeinträchtigen.
iv) Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,
– dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,
– dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,
– dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,
so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
Zur zweiten in allen Rechtssachen vorgelegten Frage
Mit der zweiten in jeder der Rechtssachen gestellten Frage möchten die vorlegenden Gerichte wissen, ob die Art. 43 EG und 49 EG dahin auszulegen sind, dass ein privater Veranstalter, dem in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, eine Erlaubnis zum Anbieten von Glücksspielen erteilt wurde, aufgrund dieser Erlaubnis die betreffenden Spiele auch in anderen Mitgliedstaaten anbieten darf, weil diese gegebenenfalls verpflichtet wären, die fragliche Erlaubnis anzuerkennen.
Dazu ist, wie der Generalanwalt in Nr. 94 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, zunächst festzustellen, dass dann, wenn in einem Mitgliedstaat ein staatliches Monopol auf Glücksspiele errichtet worden ist und diese Maßnahme den verschiedenen Voraussetzungen genügt, unter denen sie mit in der Rechtsprechung anerkannten legitimen Zielen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann, jede Verpflichtung zur Anerkennung einer Erlaubnis, die privaten Veranstaltern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten erteilt wurde, allein aufgrund der Existenz eines solchen Monopols per se ausgeschlossen ist.
Die Frage nach der eventuellen Existenz einer solchen Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung einer in anderen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnis kann sich daher nur dann als für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten relevant erweisen, wenn die dort in Rede stehenden Monopole als mit den Art. 43 EG und 49 EG unvereinbar angesehen würden.
Insoweit ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof angesichts des in Randnr. 76 des vorliegenden Urteils angesprochenen Ermessens der Mitgliedstaaten bei der nach ihrer eigenen Wertordnung vorzunehmenden Festlegung des Schutzniveaus, das sie gewährleisten wollen, und der Erfordernisse, die dieser Schutz mit sich bringt, regelmäßig betont hat, dass die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des von einem Mitgliedstaat errichteten Schutzsystems insbesondere nicht dadurch beeinflusst werden kann, dass ein anderer Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem gewählt hat (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 58).
Angesichts dieses Wertungsspielraums und in Ermangelung jeglicher Harmonisierung des betreffenden Gebiets auf Gemeinschaftsebene kann es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse geben.
Daraus folgt insbesondere, dass jeder Mitgliedstaat berechtigt bleibt, die Möglichkeit, den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, für alle daran interessierten Veranstalter vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen, ohne dass der Umstand, dass ein bestimmter Veranstalter bereits über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis verfügt, dem entgegenstehen kann.
Die Vereinbarkeit eines solchen Erlaubnissystems mit den Art. 43 EG und 49 EG setzt allerdings angesichts der mit ihm verbundenen Beschränkungen des Rechts auf die freie Erbringung von Dienstleistungen oder des Rechts auf freie Niederlassung voraus, dass es den insoweit in der Rechtsprechung insbesondere in Bezug auf seine Diskriminierungsfreiheit und seine Verhältnismäßigkeit aufgestellten Erfordernissen genügt (vgl. Urteil Placanica u. a., Randnrn. 48 und 49).
Angesichts der in Randnr. 19 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen näheren Angaben des Verwaltungsgerichts Gießen ist auch darauf hinzuweisen, dass ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (Urteil Placanica u. a., Randnr. 69).
Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Art. 43 EG und 49 EG dahin gehend auszulegen sind, dass beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts der Umstand, dass ein Veranstalter in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, über eine Erlaubnis für das Anbieten von Glücksspielen verfügt, es einem anderen Mitgliedstaat nicht verwehrt, unter Beachtung der Anforderungen des Unionsrechts die Möglichkeit für solche Veranstalter, derartige Dienstleistungen den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet anzubieten, vom Besitz einer von seinen eigenen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen.
Kosten
Für die Parteien der Ausgangsverfahren ist das Verfahren ein Zwischenstreit in den bei den vorlegenden Gerichten anhängigen Rechtsstreitigkeiten; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieser Gerichte. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Die Art. 43 EG und 49 EG sind wie folgt auszulegen:
a) Um ein staatliches Monopol auf Sportwetten und Lotterien der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art mit dem Ziel rechtfertigen zu können, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, müssen die betreffenden nationalen Behörden nicht unbedingt in der Lage sein, eine vor Erlass der genannten Maßnahme durchgeführte Untersuchung vorzulegen, die ihre Verhältnismäßigkeit belegt.
b) Der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein solches Monopol einem Erlaubnissystem vorzieht, nach dem privaten Veranstaltern die Ausübung ihrer Tätigkeiten im Rahmen einer Regelung ohne Ausschließlichkeitscharakter gestattet würde, kann dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit genügen, soweit, unter dem Aspekt des Ziels eines hohen Verbraucherschutzniveaus, die Errichtung des Monopols mit der Einführung eines normativen Rahmens einhergeht, der dafür sorgt, dass der Inhaber des Monopols tatsächlich in der Lage sein wird, ein solches Ziel mit einem Angebot, das nach Maßgabe dieses Ziels quantitativ bemessen und qualitativ ausgestaltet ist und einer strikten behördlichen Kontrolle unterliegt, in kohärenter und systematischer Weise zu verfolgen.
c) Der Umstand, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats auf gewisse Schwierigkeiten stoßen könnten, die Beachtung eines solchen Monopols durch im Ausland ansässige Veranstalter von Spielen und Wetten sicherzustellen, die unter Verstoß gegen das Monopol über das Internet Wetten mit Personen im örtlichen Zuständigkeitsbereich dieser Behörden abschließen, ist als solcher nicht dazu angetan, die eventuelle Vereinbarkeit eines solchen Monopols mit den genannten Bestimmungen des Vertrags zu beeinträchtigen.
d) Stellt ein nationales Gericht sowohl fest,
– dass die Werbemaßnahmen des Inhabers eines solchen Monopols für andere, ebenfalls von ihm angebotene Arten von Glücksspielen nicht auf das begrenzt bleiben, was erforderlich ist, um die Verbraucher zum Angebot des Monopolinhabers hinzulenken und sie damit von anderen, nicht genehmigten Zugangskanälen zu Spielen wegzuführen, sondern darauf abzielen, den Spieltrieb der Verbraucher zu fördern und sie zwecks Maximierung der aus den entsprechenden Tätigkeiten erwarteten Einnahmen zu aktiver Teilnahme am Spiel zu stimulieren, als auch,
– dass andere Arten von Glücksspielen von privaten Veranstaltern, die über eine Erlaubnis verfügen, betrieben werden dürfen, als auch,
– dass in Bezug auf andere Arten von Glücksspielen, die nicht unter das Monopol fallen und zudem ein höheres Suchtpotenzial als die dem Monopol unterliegenden Spiele aufweisen, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren,
so kann es berechtigten Anlass zu der Schlussfolgerung haben, dass ein solches Monopol nicht geeignet ist, die Erreichung des mit seiner Errichtung verfolgten Ziels, Anreize zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen zu vermeiden und die Spielsucht zu bekämpfen, dadurch zu gewährleisten, dass es dazu beiträgt, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen.
2. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin gehend auszulegen, dass beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts der Umstand, dass ein Veranstalter in dem Mitgliedstaat, in dem er ansässig ist, über eine Erlaubnis für das Anbieten von Glücksspielen verfügt, es einem anderen Mitgliedstaat nicht verwehrt, unter Beachtung der Anforderungen des Unionsrechts die Möglichkeit für solche Veranstalter, derartige Dienstleistungen den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet anzubieten, vom Besitz einer von seinen eigenen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen.
Unterschriften
* Verfahrenssprache: Deutsch.
Rechtsgebiete
Wettbewerbsrecht