Trinkgeldzwang als Reisemangel

Art der Entscheidung

Urteil


Datum

29. 06. 2000


Aktenzeichen

122 C 171/00


Leitsatz des Gerichts

1. Das Fehlen von Cocktails und internationalen Getränken oder unbegrenzt Bier ist kein erheblicher Mangel da, der eine Minderung in erheblichem Umfang rechtfertigen könnte, sondern nur eine geringfügige Belanglosigkeit.

2. Verlangt das Personals für bereits bezahlte Leistungen, wie das Servieren von Getränken, ein Trinkgeld, ist eine Minderung in Höhe von 5% gerechtfertigt

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) DM 860,50 nebst 4% Zinsen seit dem 19.04.2000 sowie an den Kläger zu 2) DM 860,50 nebst 4% Zinsen seit 19.04.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 1/2 die Kläger, zu 1/2 die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.900,00 DM.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Kläger buchten bei der Beklagten am 16.08.1999 eine Pauschalreise nach Kuba W. Grand Hotel vom 20.10. bis 10.11.1999 zum Reisepreis von 6.884,00 DM incl. Zuschlag von 83,00 DM und Flughafensicherheitsgebühr in Höhe von 16,00 DM. Die Kläger begehren Minderung des Reisepreises in Höhe von 50% wegen von ihnen angeführter Mängel. Die Kläger behaupten, dass Grundlage der Buchung der Winterkatalog Fernreisen 99/00 gewesen sei.

An Mängel seien zu rügen:

1. Die Speisen seien nicht in Form eines Vollpensions-Buffets gegeben worden, da die Schalen nicht wieder aufgefüllt worden seien. Es seien keine Cocktails oder internationale Getränke oder unbegrenzt alkoholische Getränke gereicht worden.

2. Das Personal habe Trinkgeld verlangt, da ansonsten wenig Alkohol gereicht worden sei.

3. Es sollen zu wenig Liegen vorhanden gewesen, die auch teils stark beschädigt gewesen seien.

4. Es sei weder Fitness-Raum noch Tennisplatz wie im Katalog Winter 99/00 aufgeführt vorhanden gewesen.

5. SAT-TV habe in der ersten Woche nicht funktioniert.

6. Im Korridor habe in der ersten Woche kein Licht geherrscht.

7. Deckenplatten im Korridor seien ständig heruntergefallen.

Die Kläger behaupten, dass bereits am 21.10.1999 gerügt hatten, dass der Fitness-Raum nicht geöffnet sei und die Tennisplätze nicht zur Verfügung standen. Am 26.10.1999 hätten sie angezeigt, dass die Vollpension nicht ordnungsgemäß erbracht werde und Tische nicht abgeräumt wurden, dass das 2. Buffet-Restaurant nicht geöffnet gewesen sei. Am 02.11.1999 sei die mangelhafte Bewirtung mit Cocktails und Bier angezeigt worden und darauf hingewiesen worden, dass die Kläger nicht bereit seien, für jedes Getränk ein Trinkgeld zu geben und auf die wenigen Liegen am Strand hingewiesen worden unter Aufforderung zur Mängelbeseitigung.

Den Klägern sei der Reiseprospekt Winter 99/00 durch das Reisebüro ausgehändigt worden. Die Kläger beantragen, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu 1. 1.721,00 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass die Kläger sich erstmals am 06.11.1999 an die Reiseleitung der Beklagten gewandt hätten und ein Schreiben vom 05.11.1999 überreicht hätten.

Auf die Erklärung des Reiseleiters, dass eine Abhilfe kurz vor Rückreise nicht mehr möglich sei, hätten die Kläger erklärt, dass es ihnen nicht um eine Abhilfe gegangen sei, sie wollten nur diese Meldung noch vor Reiseende machen. Es fehle somit an der unverzüglichen Anzeige der Mängel. Im Übrigen sei für die Reise der Katalog Fernreise Sommer 1999 zugrunde zu legen in dem Tennishartplätze oder ein Fitness-Raum nicht ausgeschrieben gewesen sei. Das sogenannte 2. Buffet-Restaurant sei während der Aufenthaltsdauer der Kläger täglich geöffnet gewesen. Die Kläger hätten aus den Platten und Schüsseln das auswählen können, was sie haben wollten. Es habe internationale Getränke und auch nationale in der Hotelanlage gegeben und unbegrenzt Bier und zwar immer. Es stimme nicht, dass Serviceleistungen vom Trinkgeld abhängig gewesen seien. Es habe immer eine ausreichende Anzahl von Liegen gegeben, das Fernsehprogramm habe ohne weiteres empfangen werden können. Eine Anzeige, dass der Korridor kein Licht habe, hätte zur entsprechenden Reparatur geführt.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf deren vorbereitete Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist den Klägern jeweils zur Minderung in Höhe von 25% des entrichteten Reisepreises gem. den Bestimmungen der §§ 651 c, 651 d, 472 BGB verpflichtet. Insofern ist nach dem Vortrag der Parteien die Reiseleitung mit Fehlern behaftet gewesen, die die Tauglichkeit zum gewöhnlichen oder nach dem Vertrag auch vorausgesetzten Nutzen minderten. Ein Minderungsanspruch der Kläger entfällt nicht deshalb, weil sie schuldhaft eine Anzeige der Mängel unterlassen hätten und dadurch der Beklagten nicht die Möglichkeit gegeben hätten, Abhilfe zu ermöglichen.

Die von den Klägern geschilderten Mängel, nämlich dass am Buffet die Speisen nicht wieder aufgefüllt worden seien, dass das Personal Trinkgeld verlangt habe und bei Ablehnung nur schleppend den Wünschen nachgekommen sei, dass die Liegen teils stark beschädigt gewesen seien und das Satelitten-TV in der ersten Woche nicht funktioniert habe, werden von der Beklagtenseite nicht bestritten. Die Beklagte stellt sich jedoch auf den Standpunkt, dass diese Erscheinungen keinen Mangel der Reiseleitung darstellten, da derartiges üblich sei bzw. die Liegen ausreichend gewesen seien und Fitness-Raum oder Tennisplätze nicht Inhalt des Vertrages gewesen seien ebenso wie ein Buffet nicht wieder aufgefüllt werden müsse. Unter diesen Umständen ist ein Verschulden der Kläger zu verneinen, sofern sie eine Anzeige nicht bereits vor dem 06.11.1999 an die Reiseleitung geleitet haben. Ein Verschulden entfällt nämlich dann, wenn der Reiseveranstalter tatsächlich den Mangel hätte beseitigen können. Dies muss hier angenommen werden, da die Beklagte die gerügten Zustände als vertragsgerecht ansieht und eine Minderung aus diesem Grunde verneint. Aus dem gleichen Grunde hätte somit auch die Reiseleitung der Beklagten eine Abhilfe abgelehnt, da keine Mängel vorhanden waren. Es ist seitens der Beklagten auch nicht dargetan, in welcher Weise sie bei einer Anzeige am 26.10. wie sie von den Klägern behauptet wird, Abhilfe geschaffen hätte. Die von den Klägern gerügten Mängel wie fehlendes Licht im Korridor in der ersten Woche, Herunterfallen von Deckenplatten im Korridor sowie fehlendes SAT-TV mit der Deutschen Welle in der ersten Woche stellen ebenso wie das Fehlen von Cocktails und internationalen Getränken oder unbegrenzt Bier keine erheblichen Mängel dar, die eine Minderung in erheblichem Umfang rechtfertigen könnten.

Es handelt sich insofern um geringfügige Belanglosigkeiten, die einen Urlaubsgenuss und eine Reise nicht beeinträchtigen können. Hinsichtlich des Fehlens von Cocktails oder unbegrenztem Bier wäre deren Vorhandensein bei entsprechender Ausnutzung für die Kläger gerade gesundheitlich schädlich gewesen. Es kann daher dahinstehen, ob der Reiseleiter der Beklagten in der Hotelanlage die internationalen Getränke während der Aufenthaltsdauer der Kläger dort zu sich genommen hat.

Für die Art der Führung des Buffets im Rahmen der Vollpension durch das Hotel als Erfüllungsgehilfe der Beklagten ist eine Minderung in Höhe von 10% angemessen. Auch aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich, dass Speisen in Buffetform gereicht wurden, wobei nach deren Verzehr durch andere Gäste den Klägern nicht die Möglichkeit gegeben wurde, solche Speisen noch zu sich zu nehmen und die Kläger waren somit genötigt, die Reste zu essen.

Da das Buffet einzig und allein der Ernährung der Kläger diente, hätte somit bei Wunsch nach dem Verzehr bereits aufgegessener Speisen das Buffet entsprechend nachgefüllt werden müssen. Die Kläger sind dadurch in ihrer Beköstigung erheblich beeinträchtigt worden. Für die Angewohnheit des Personals, für bereits bezahlte Leistungen, wie das Servieren von Getränken, Trinkgeld zu begehren, ist ebenfalls eine Minderung in Höhe von 5% gerechtfertigt. Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die Kläger dann zwar nach Ablehnen von Trinkgeld in den Genuss der Getränke kamen, jedoch nach derart langer Zeit, dass hiermit kein Genuss mehr verbunden war. Die Bedienung des Hotels hat somit den Service nicht vom Trinkgeld abhängig gemacht, aber in unzumutbarer Weise verschlechtert. Für das Vorhandensein von zu wenigen Liegen in teils stark beschädigtem Zustand ist eine Minderung von 5% gerechtfertigt. Der Vortrag der Beklagten, es habe immer eine ausreichende Anzahl von Liegen gegeben, lässt nicht erkennen, aus welchen Werten die Wertung „ausreichend“ gewonnen wurde. So ist nicht erkennbar, ob diese auf die Anzahl der Gäste bezogen wird oder den Platz für Liegen oder darauf, dass für 4 Personen jeweils eine Liege vorhanden gewesen sei, was in Deutschland mit dem Begriff „ausreichend“ umschrieben wird. Die Kläger können schließlich Minderung in Höhe von 5% für das Fehlen der Tennishartplätze und des Fitness-Raumes begehren.

Unstreitig ist den Klägern bei der Buchung der Reise für die 3. Dekade des Monats Oktober und die 1. Dekade des Monats November der Winterprospekt vorgelegt worden, in dem diese Einrichtungen angeboten wurden unter der Rubrik „Sport inklusive“. Deren Vorlage im Reisebüro als der Erfüllungsgehilfin der Beklagten ließ für die Kläger nicht erkennen, dass es sich hierbei um einen für sie nicht einschlägigen Katalog handele. Die Monate Oktober und November werden in Deutschland bereits dem Winterhalbjahr zugerechnet. Der Entgang des Genusses von 2 Tennishartplätzen mit Flutlicht und eines Fitness-Raumes und Sauna rechtfertigt eine weitere Minderung in Höhe von 5%.

Insgesamt sind damit von der Beklagten 25% des Reisepreises den Klägern als Minderung zu erstatten. Dieser Wert ist von dem Reisepreis incl. Zuschlag und Sicherheitsgebühr zu errechnen. Er beträgt damit 860,50 DM für jeden der Kläger. Die geltend gemachten Verzugszinsen sind gerechtfertigt in Höhe von 4% gem. den Bestimmungen der §§ 284, 288 BGB seit dem 19.04.2000. Die Nebenentscheidungen entsprechen den Bestimmungen der §§ 92, 709 bzw. 708 Ziff. 11, 711 ZPO. Anmerkung: Siehe dazu auch Berichtigungsbeschluss vom 14.08.2000 in der Sache 121 C 171/00 des Amtgerichts Köln.

Rechtsgebiete

Reiserecht

Normen

BGB §§ 651c, 651d, 472