Von Heuschrecken und Schmeißfliegen - Kritische Äußerung über Berufskläger keine Schmähkritik

Gericht

AG Düsseldorf


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

15. 07. 2010


Aktenzeichen

54 C 984/10


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte wegen der Kosten abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, sofern nicht die Beklagte ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe von 110. % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Die Parteien streiten über Schmerzensgeldansprüche infolge einer Presseveröffentlichung.

Die Beklagte betreibt einen Zeitschriftenverlag, der unter anderem die Zeitschrift … herausgibt, bei der es sich um ein wöchentlich erscheinendes Erzeugnis handelt. In der Ausgabe Nr. 44 des vorbezeichneten Wirtschaftsmagazins vom 24.10.07 erschien auf Seite 35 ein Börsenkommentar des Redakteurs …, wobei Anlass für den Kommentar das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.10.07, Aktenzeichen 3-5 O 177/07, war. Im Rahmen dieses Urteils hatte das Landgericht Frankfurt erstmals entschieden, dass solche Aktionäre, die rechtsmissbräuchlich Anfechtungsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse von Aktiengesellschaften betreiben, sich gegebenenfalls schadensersatzpflichtig machen. Zum Schadensersatz verurteilter Widerbeklagter war in diesem Zusammenhang der hiesige Kläger.

Im Rahmen des streitgegenständlichen Artikels kommentierte der Redakteur in diesem Zusammenhang das Phänomen der sogenannten "Berufskläger", zu denen er auch den Kläger zählt. Er enthält zum Teil scharfe Kritik des Vorgehens von Berufsklägern.

Im Einzelnen lautete der Artikel wie folgt:

"Erpressung ade

Sensationelles Urteil des Landesgerichts Frankfurt:

Der Richter verurteilte den Berufskläger … zu Schadensersatz. Hintergrund: … gehört zu den fünf am meisten klagenden Aktionären. Im vorliegenden Fall hat er eine Kapitalerhöhung der … blockiert. Für die Rücknahme der Klage hatten er und seine Mitstreiter versucht, 3500 Bezugsrechte zu erpressen, obwohl ihnen nur 53 Anteile zugestanden hätten. Endlich hat ein Richter den Mut gehabt, seinen gesunden Menschenverstand einzuschalten. Er meinte, es sei offenkundig, dass … sittenwidrig gehandelt habe - gute Nachrichten für Aktiengesellschaften und Anleger.

Vor allem der Schadensersatz dürfte Profikläger abschrecken. … hat Private-Equity-Investoren mal als Heuschrecken bezeichnet. Daran angelehnt, erlaube ich mir, Berufskläger Schmeißfliegen zu nennen. Die haben jetzt eine Klatsche gekriegt.

…,

Anlagestrategie"

Ausweislich der Eintragung im elektronischen Bundesanzeiger ist der Kläger in mehreren Fällen im Rahmen von Anfechtungsklagen gegen aktienrechtliche Hauptversammlungsbeschlüsse in Erscheinung getreten. In mehreren Presseveröffentlichungen unter anderem der …, der …, sowie dem … wurde der Kläger in der Vergangenheit als sogenannter "Berufskläger" bezeichnet.

Vorgehend zu dem hiesigen Rechtsstreit waren die Parteien über einen zweitinstanzlich geführten Rechtsstreit vor dem Amts- und Landgericht Düsseldorf betreffend den vorliegenden Sachverhalt verbunden, in dem die Parteien über Abmahnkosten des Klägers gegen die Beklagte stritten. Im Rahmen dieser Verfahren hat unter anderem das Landgericht Düsseldorf in den Entscheidungsgründen ausgeführt, dass der Kläger von der Beklagten mit einem Tier verglichen werde, was bereits deswegen nicht hinnehmbar sei, weil der Kläger zu Recht auf die unselige deutsche Vergangenheit zwischen 1933 und 1945 verweise, in der insbesondere Juden mit Tieren gleichgestellt wurden, um ihnen hiermit die Eigenschaft und die Rechte eines Menschen abzusprechen. In beiden Instanzen obsiegte der Kläger.

Der Kläger macht im Wesentlichen folgendes geltend:

Er sei durch die Bezeichnung als "Schmeißfliege" in seiner Ehre als Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verletzt worden. Die Gleichstellung mit einem Tier sei als unzulässige Schmähkritik einzuordnen, die die Grenzen der zulässigen Meinungsäußerung deutlich überschreite. Auszugehen sei bei dem Begriff der "Schmeißfliege" von der Definition, wie sie in der freien Enzyklopädie "www.wikipedia.de" zu lesen sei. Daraus ergebe sich, dass die Bezeichnung "Schmeißfliege" mit deren Vorliebe für geruchsintensive organische Stoffe zusammenhänge, wobei das heute veraltete Wort "schmeißen" für "Kot auswerfen" stehe. Der Kläger sei gezielt deformiert und in seiner Persönlichkeit gekränkt worden, zumal es sich bei dem streitgegenständlichen Magazin um ein auflagenstarkes, wöchentlich erscheinendes Wirtschaftsmagazin handele, in welchem sich unter anderem Kleinaktionäre, institutionelle Anleger sowie auch Organe von Unternehmen, in der Regel Aktiengesellschaften, über Hintergründe zu den Themen Finanzen und Wirtschaft informierten. Aufgrund der Parallelveröffentlichung auf der Homepage des … im Internet sei die Zahl der potentiellen Nutzer überdies unbeschränkt. Schließlich meint der Kläger, er gehöre nicht zur Gruppe der sogenannten Berufskläger. Die Gleichstellung mit einem Tier entspreche im Übrigen der Terminologie der Nationalsozialisten, die jene zur Herabsetzung von Juden gebraucht hätten. Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Schmerzensgeld vom zumindest 2.500,-- Euro angemessen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.10.07 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht im Wesentlichen folgendes geltend:

Die streitgegenständliche Äußerung des Redakteurs überschreite nicht die Grenzen zur Schmähkritik, vielmehr bewege sich diese noch in dem zulässigen und von Artikel 5 Abs. 1 Satz 1. Grundgesetz geschützten Bereich der Meinungsfreiheit. Die Eingriffsintensität sei deshalb gering, weil die Beklagte nach Erscheinen des Artikels gegenüber dem Kläger eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe. Aus dem Zusammenhang in dem Artikel sei ersichtlich, dass der Redakteur den Begriff "Schmeißfliege" offensichtlich als Symbol der Lästigkeit benutzt habe. Schließlich sei auch der Kläger gar nicht unmittelbar als solcher Art Schmeißfliege bezeichnet worden, vielmehr habe der Redakteur die Bezeichnung Schmeißfliege für die Gruppe der Berufskläger gewählt. Aus anderen Wörterbüchern, so etwa aus dem der Gebrüder Grimm seien auch andere Bedeutungen des Begriffes Schmeißfliege als die vom Kläger in Rede gebrachten gängig.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artikel 2 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 Grundgesetz zu.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung liegen bereits dem Grunde nach nicht vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht jede Persönlichkeits- oder sonstige Rechtsverletzung durch Medienberichterstattung die Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigt. Vielmehr kommt die Zuerkennung einer Geldentschädigung nur als letztes Mittel für solche Fälle in Betracht, bei denen schwerwiegende Verletzungen des Persönlichkeitsrechts in Rede stehen (BVerfG, NJW 1980, 2069 ff.). Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Verurteilung zur Zahlung einer Geldentschädigung zur Folge hat, dass die Kundgabe von Meinungen, also von Gedanken, behindert wird, mit denen der Kundgebende einen Beitrag zu der zu Art. 5 Abs. 1 GG geschützten geistigen Auseinandersetzung leisten will. Denn die Verurteilung zur Zahlung von Schmerzensgeld führt nicht nur zu einer Genugtuung für einen in der Vergangenheit liegende Ehrverletzung auf Seiten des Klägers, sie verbreiten daneben unvermeidlich auch insoweit präventive Wirkung, als dass sie das Kundgeben kritischer Meinungen einem hohen finanziellen Risiko unterwirft. Dadurch kann sie die Bereitschaft mindern, in Zukunft Kritik zu üben und auf diese Weise eine Beeinträchtigung freier geistiger Auseinandersetzung zu bewirken. An die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Eingriffs in die Meinungsfreiheit des Kundgebenden sind daher besonders strenge Anforderungen zu stellen (BVerfG, NJW 1980, 2069 ff.). Für die Schwere des Eingriffs sind unter anderem maßgeblich die Art und Intensität des Eingriffs, die Nachhaltigkeit der Rufschädigung, der Anlass und Beweggrund des Verletzers einschließlich des Verschuldens, sowie der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs (BGH, Urteil vom 15.11.94, Aktenzeichen VI ZR 56/94).

Nach diesen Maßstäben liegen im Rahmen einer Gesamtbeurteilung aller maßgeblichen Umstände dieses Falles die Kriterien für die Zuerkennung einer Geldentschädigung nicht vor.

Nach Auffassung des Gerichts liegt vielmehr eine noch zulässige Meinungsäußerung vor, die dem Grundrechtsschutz des Art. 5 Abs. 1 GG unterfällt. Nach dieser Verfassungsnorm hat jeder das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Meinungen sind dabei im Unterschied zu Tatsachenbehauptungen durch die subjektive Einstellung des sich Äußernden zum Gegenstand der Äußerung gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 90, 241 (247 ff.), BVerfG, Beschluss vom 10.10.95, NJW 1995, 3303). Sie enthalten Werturteile über Sachverhalte, Ideen oder Personen. Auf diese persönliche Stellungnahme bezieht sich der Grundrechtsschutz. Er besteht deswegen unabhängig davon, ob die Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (vgl. BVerfGE 30, 336 (347); BVerfGE 33, 1 (14); BVerfGE 61, 1 (7)). Der Schutz bezieht sich dabei nicht nur auf den Inhalt der Äußerung, sondern auch auf ihre Form. Dass eine Aussage polemisch oder verletzend formuliert ist, entzieht sie nicht schon per-se dem Schutzbereich des Grundrechts (vgl. BVerfGE 54, 129 (138 ff.); BVerfGE 61, 1 (7 ff.)). Der sich Äußernde hat nicht nur das Recht, überhaupt seine Meinung kundzutun. Er darf dafür auch diejenigen Umstände wählen, von denen er sich die größte Verbreitung oder die stärkere Wirkung seiner Meinungskundgabe verspricht (vgl. BVerfG, NJW 1995, 3303). Allerdings findet das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken an den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, wozu auch §§ 185 und 187 StGB zählen. Vorliegend steht auf der Seite des Klägers dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1, 1 Abs. 1 GG der Meinungsfreiheit gem. Art. 5 Abs. 1 GG gegenüber, so dass nach den Grundsätzen der praktischen Konkordanz zwischen beiden Rechten abzuwägen ist.

Eine solche Abwägung führt vorliegend dazu, dass die Grenzen der Meinungsfreiheit noch gewahrt sind. Zwar liegt eine Überschreitung regelmäßig dann vor, wenn die Äußerung die Grenzen zur Schmähkritik überschreiten. Allerdings ist nach Auffassung des Gerichts eine solche Schmähkritik mit der Bezeichnung Schmeißfliege hier nicht gegeben, sondern stellt vielmehr noch ein Werturteil dar, welches von Elementen der Stellungnahme und des Dafür- und Dagegenhaltens geprägt ist (BVerfG, Beschluss vom 22.07.82, Aktenzeichen 1 BVR 1376/79). In dieser Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Zunächst vermag das Gericht in der streitgegenständlichen Bezeichnung eine Formalbeleidigung nicht zu erkennen. Vorliegend hat der Redakteur der Beklagten mit seinem Artikel den Versuch unternommen, seinen Lesern seine kritische und ablehnende Einstellung gegenüber Berufsklägern zu vermitteln und zu verdeutlichen. Dabei mag es sein, dass der indirekten Bezeichnung als Schmeißfliege über die Gruppe der Berufskläger, zu der der Redakteur den Kläger zählt, ein gewisser herabsetzender Charakter zukommt. Allerdings ist dieser vorliegend vom Kläger trotz seiner Polemik hinzunehmen. Einer herabsetzenden Äußerung kommt nach der Rechtsprechung des BVerfGs nämlich erst dann der Charakter einer unzulässigen Schmähkritik zu, wenn ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik, die Defamierung der Person im Vordergrund steht (BVerfG, NJW-RR 2000, 1712), wobei auch überzogener Äußerungen für sich genommen noch nicht die Grenzen der Schmähkritik überschreitet (BVerfG, NJW 2009, 3016, 3018).

Nach Auffassung des Gerichts ist im vorliegenden Fall ersichtlich, dass es dem Redakteur primär um eine Auseinandersetzung in der Sache, nämlich um eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Berufskläger ging, zu dem er sich im Rahmen seines Artikels kritisch äußert.

Dafür spricht zunächst, dass sich der Redakteur im Rahmen seines Artikels in dem längeren ersten Abschnitt primär mit dem Inhalt des Urteils befasst hat, wobei sich der Redakteur dabei zunächst darauf beschränkt, den Kläger in die Gruppe der sogenannten Berufskläger einzuordnen. Einen direkten Angriff gegen die Person des Klägers enthält der erste Abschnitt nicht. Vielmehr werden Ausführungen zu dem Inhalt der Entscheidung und deren Hintergrund gemacht, die der Redakteur ausdrücklich begrüßt.

In dem dann folgenden zweiten, kürzeren Absatz des Kommentars befindet sich die in Streit stehende Bezeichnung "Schmeißfliege". Allerdings richtet sich diese auch nicht gegen den Kläger direkt, vielmehr entfernt sich der Kommentar an dieser Stelle von der Person des Klägers und dem Hintergrund der konkreten landgerichtlichen Entscheidung und nimmt Bezug auf das Gewerbe der sogenannten Berufskläger insgesamt. Konkret bezeichnet der Redakteur der Beklagten die Gruppe der Berufskläger als Schmeißfliegen. Darin liegt aber aus Sicht des Gerichts entgegen der Ansicht der Klägerseite keine Herabwürdigung des Klägers zum Tier. Insoweit vermag das erkennende Gericht der Argumentation der von Klägerseite in Bezug genommenen Entscheidung des Amts- und Landgerichts zur Kostenerstattung im Unterlassungsverfahren nicht zu folgen. Für dieses Verständnis spricht zunächst die Tatsache, dass der Redakteur der Beklagten zunächst im ersten Satz dieses Abschnitts auf die von ihm erkannte mögliche Abschreckungswirkung auf Profikläger eingeht. Sodann nimmt der Redakteur konkret Bezug auf eine Äußerung des früheren …-Vorsitzenden …, der Private-Equity-Investoren einmal als Heuschrecke bezeichnet hat. Aus dieser Inbezugnahme ergibt sich bereits, dass es dem Redakteur gerade nicht um eine Herabwürdigung des Klägers auf die Stufe eines Tieres, sondern vielmehr um die Herbeiführung einer Symbolwirkung geht. Denn nur so kann man auch die Ausführungen des … verstehen. Dieser hatte seinerzeit das Beispiel der Heuschrecken für Private-Equity-Investoren deshalb gewählt, weil nach seiner Sicht diese sich wie ein Heuschreckenschwarm auf ein angeschlagenes Unternehmen stürzen, um sich die Vorteile des Unternehmens wirtschaftlich anzueignen. Wie die Beklagtenseite zu Recht ausführt, ist der tatsächliche Bezugspunkt für den letzten Abschnitt des Artikels die sogenannte Heuschrecken-Diskussion, nämlich die Debatte um die Ausnutzung von gesetzlichen Übernahmevorschriften durch Investoren. Tatsächlich legt der Redakteur der Beklagten mit seiner Bezugnahme auf das …-Zitat die Rahmenbedingungen der geistigen Auseinandersetzung mit den Berufsklägern fest, wobei schon sprachlich der Ausdruck Heuschrecke als Symbol für die alles vernichtende biblische Plage in seiner Schärfe und Prägnanz versinnbildlichen soll.

Soweit der Redakteur im unmittelbaren Anschluss daran dann ausführt, er erlaube sich daran angelehnt Berufskläger Schmeißfliegen zu nennen, so kann diese Ausführung aus Sicht des Gerichts ebenfalls ausschließlich als Symbolaussage bezeichnet werden. Dem Redakteur der Beklagten ging es ersichtlich darum, mit der Bezeichnung Schmeißfliege ein Symbol für eine besondere Lästigkeitssymptomatik zu finden, die er mit der Gruppe der sogenannten Berufskläger verbindet. Dabei vermag das Gericht dem klägerischen Vortrag, insoweit komme die Bezeichnung als Schmeißfliege einer Herabstufung des Klägers zu einem Tier gleich, die der Terminologie der Nationalsozialisten in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gegen die Juden entspreche, nicht zu folgen. Vielmehr soll das Symbol der Schmeißfliege eine subjektivierte Versinnbildlichung von Lästigkeit im Sinne von lästig wie die Fliegen darstellen, wie die Beklagtenseite zu Recht vorträgt. Dabei kann es aus Sicht des Gerichts dahinstehen, ob dem Begriff der Schmeißfliege wie von Klägerseite vorgetragen, aufgrund seiner etymologischen Bedeutung einmal die Bedeutung des "Kot Auswerfens" zukam. Denn bei der Frage, ob es sich bei dem Begriff der Schmeißfliege im hiesigen Zusammenhang um eine unzulässige Schmähkritik handelt, ist vielmehr entscheidend, was nach heutigem Verständnis in der breiten Bevölkerung mit dem Begriff der Schmeißfliege verbunden wird. Insoweit meint das Gericht, dass das überwiegende Verständnis dieses Begriffs das sein dürfte, dass die Schmeißfliege eben als Symbol einer besonderen Lästigkeit bekannt ist, die an etwas klebt und schwer loszuwerden ist. Das aber passt aus Sicht des Redakteurs zur Verhaltensweise der Berufskläger im Bezug auf die von ihnen angegriffenen Aktiengesellschaften, was er nach Auffassung des Gerichts durch die Anlehnung an das vorgenannte …-Zitat hinreichend deutlich zu verstehen gibt, und was sich noch innerhalb des zulässigen Rahmens der Meinungsfreiheit bewegt. Hätte der Redakteur der Beklagten den Kläger persönlich herabwürdigen wollen, so hätte es sich aus seiner Sicht deutlich eher angeboten, den Kläger persönlich herauszustellen und als Person als Schmeißfliege zu bezeichnen, als nach Äußerung seiner Meinung über das Verhalten der Berufskläger die Gruppe als solches derart zu bezeichnen.

Soweit die Klägerseite meint, aus dem letzten Satz des streitgegenständlichen Artikels gehe die Absicht des Redakteurs der Beklagten hervor, den Kläger herabzuwürdigen, indem er diesen wie ein Tier zerklatschen wolle, so mag das Gericht auch dieser Argumentation nicht zu folgen. Der Begriff "Klatsche" bezieht sich unmittelbar und ersichtlich einzig auf die Begrifflichkeit der Schmeißfliege. Ersichtlich setzt der Redakteur der Beklagten hier ein Wortspiel ein. Durch dieses eingesetzte Wortspiel und die Parallele zu der allseits bekannten Fliegenklatsche soll dem Leser das mögliche und erhoffte Ende einer lästigen Verhaltensweise plastisch vor Augen geführt werden, nämlich der kommentierten und für fragwürdig befundenen Verhaltensweise der Gruppe der Berufskläger. Den Begriff der Klatsche benutzt der Redakteur hier offensichtlich als Symbol für die Vertreibung der Berufskläger. Genauso wie Fliegen durch eine Fliegenklatsche verscheucht werden, erhofft sich der Redakteur der Beklagten durch das Urteil versinnbildlich entsprechendes für die Berufskläger.

Nach alledem hat der Kläger im Rahmen einer sämtliche Umstände umfassenden Gesamtabwägung die Ausführungen des Redakteurs der Beklagten in dem Artikel noch hinzunehmen. Der Kläger hat die von der Rechtsprechung des BVerfG vorgegebenen Voraussetzungen für ein unabwendbares Bedürfnis nach einer billigen Entschädigung in Geld zur Verschaffung einer Genugtuung nicht ausreichend dargelegt. Aus den vorgenannten Gründen vermag das Gericht in der streitgegenständlichen Bezeichnung als Schmeißfliege, die überdies nur indirekt über die Gruppe der Berufskläger vermittelt wird, eine besonders, grobe Missachtung des Persönlichkeitsrechts und ein hierzu führendes schweres Verschulden des Redakteurs der Beklagten nicht zu erkennen. Auf der anderen Seite ist für eine Hinnahmepflicht des Klägers zu berücksichtigen, dass aus Sicht des Gerichts kein schwerwiegender Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht vorliegt. Die Beklagte hat bereits im Vorfeld nach Veröffentlichung des Artikels eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, mit der sie sich verpflichtete, zukünftig die Verwendung des Begriffs Schmeißfliege im Bezug auf den Kläger zu unterlassen. Überdies handelte es sich um einen einmaligen Verstoß.

Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Streitwert: bis zu 2.500,-- Euro.


Dué

Rechtsgebiete

Äußerungsrecht; Presserecht