Verwendung eines religiösen Begriffs als amtlich registriertes Warenzeichen
Gericht
BPatG
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
02. 11. 1993
Aktenzeichen
27 W (pat) 85/92
Gründe:
I. Das zur Eintragung als Warenzeichen für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" angemeldete Wort "MESSIAS" hat die Prüfungsstelle für Klasse 25 Wz des DPA als für Angehörige jüdischer und christlicher Glaubensgemeinschaften ärgerniserregend beanstandet. Die angemeldete Bezeichnung sei der allseits bekannte Name für den im Alten Testament verheißenen göttlichen Heilsbringer, der in der christlichen Religion mit Jesus Christus gleichgesetzt werde, im jüdischen Glauben aber noch Gegenstand der Zukunftserwartung sei. Die Übertragung dieses religiösen Begriffs auf das profane Gebiet der Warenwirtschaft sei geeignet, das Empfinden eines beachtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise zu verletzen und stelle eine grobe Geschmacksverletzung dar.
Mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren erlassen worden ist, hat die Prüfungsstelle sodann die angemeldete Bezeichnung von der Eintragung ausgeschlossen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie ist der Auffassung, aus der religiösen Bedeutung des Wortes "Messias" könne nicht ohne weiteres der Schluß gezogen werden, daß dessen Verwendung zur Bezeichnung von alltäglichen Gegenständen das religiöse Empfinden eines beachtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise verletze. Nur ein geringer Teil der Bevölkerung habe heute noch religiöse Bindungen. Somit sei schon fraglich, ob die religiöse Bedeutung des angemeldeten Zeichens überhaupt von einem beachtlichen Teil des Verkehrs wahrgenommen werde. Davon abgesehen werde aber durch die Verwendung der angemeldeten Bezeichnung noch nicht die Schwelle erreicht, von der ab das religiöse Empfinden verletzt werde. Religiöse Begriffe hätten einen Wertewandel erfahren und seien in der heutigen Zeit ganz allgemein nicht mehr "tabu". In der Verwendung des Wortes "MESSIAS" für neutrale Gegenstände des täglichen Gebrauchs, um die es sich vorliegend handele, werde keine Herabsetzung oder Verunglimpfung gesehen.
II. Die Beschwerde ist zulässig (WZG § 13 Abs. 1 bis 3, PatG § 73 Abs. 2), jedoch in der Sache nicht begründet.
Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung als Warenzeichen steht die Vorschrift des WZG § 4 Abs. 2 Nr. 4 Alt. 1 entgegen. Das Wort "MESSIAS" wird in entscheidungserheblichem Umfang für Waren der in Anspruch genommenen Art als ärgerniserregend empfunden. Ärgerniserregend ist ein Zeichen dann, wenn es das Empfinden eines beachtlichen Teils der angesprochenen Verkehrskreise zu verletzen geeignet ist, insbesondere wenn es sittlich, politisch oder religiös anstößig wirkt oder eine grobe Geschmacksverletzung enthält (Althammer, WZG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 66 mit weiteren Nachw.). Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind diese Voraussetzungen vorliegend gegeben, weil der Begriff "MESSIAS", mit der von der Prüfungsstelle nachgewiesenen und auch von der Anmelderin in der Sache nicht bestrittenen religiösen Bedeutung, für durchaus beachtliche Teile des angesprochenen Verkehrs im gegebenen Zusammenhang ärgerniserregend wirkt (vgl. BPatG Mitt. 1968, 192 - Mosaic; BPatGE 28, 41 - CORAN). Der Anmelderin mag zwar einzuräumen sein, daß eine generelle Tendenz zur Lockerung religiöser Bindungen besteht und daß mithin nicht in allen Volkskreisen die Verwendung (ursprünglich) religiöser Begriffe im Bereich der Warenwirtschaft durchweg als anstößig empfunden wird. Für einen ganz erheblichen Teil der Bevölkerung, auch soweit er nicht in strengem Sinne kirchlich gebunden ist, liegt aber in jedem Fall eine grobe Geschmacksverletzung vor, wenn ihm ein Begriff wie "Messias", der im christlichen Sprachgebrauch eine andere Bezeichnung für Gott selbst darstellt (im jüdischen für einen gottgesandten Propheten), in Verbindung mit alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Bekleidungsstücken, Schuhwaren und Kopfbedeckungen als amtlich bestätigtes Warenzeichen im Verkehr begegnet.
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