Kontrolle des Sendeberichts und Friststreichung bei fristgebundenen Schriftsätzen
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
27. 04. 2010
Aktenzeichen
VIII ZB 84/09
Ein Rechtsanwalt darf die Übersendung von fristgebundenen Schriftsätzen einschließlich der Kontrolle des Sendeberichts und der Streichung der Frist im Kalender regelmäßig einer geschulten und sich bisher als zuverlässig erwiesenen Mitarbeiterin überlassen. Ihn trifft grundsätzlich keine Verpflichtung, sich anschließend zu vergewissern, ob diese die Aufgabe weisungsgemäß ausgeführt hat (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08, juris, Tz. 8). Streicht er nach Unterrichtung über die ordnungsgemäße Übermittlung des Schriftsatzes eigenhändig die Frist im Kalender, ist ihm regelmäßig nicht schon deswegen ein eigenes Verschulden an einer durch das Fehlschlagen der Faxübermittlung verursachten Fristversäumung anzulasten, weil er sich zuvor nicht persönlich von der Richtigkeit der ihm von seiner Mitarbeiterin erteilten Auskunft überzeugt hat. Die Sachlage stellt sich insoweit nicht anders dar, als wenn er die Streichung im Fristenkalender seiner Mitarbeiterin überlassen hätte (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 11. Februar 2009 - IV ZB 26/08, NJW-RR 2009, 785).
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 14. Oktober 2009 aufgehoben.
Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 13. Januar 2009 gewährt.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde: 14.914 €
Gründe:
I.
Die Klägerin hat den Beklagten auf Räumung einer Mietwohnung und auf Zahlung rückständiger Mieten in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat den Beklagten durch Teilurteil vom 13. Januar 2009 zur Räumung und zur Zahlung eines Teils der geltend gemachten Mieten verurteilt. Das Urteil ist dem Beklagten am 7. Februar 2009 zugestellt worden. Seine hiergegen gerichtete Berufung ist am 6. März 2009 beim Landgericht eingegangen. Am letzten Tag der - bis einschließlich 5. Mai 2009 verlängerten - Berufungsbegründungsfrist ging beim Landgericht per Telefax die erste Seite der Berufungsbegründung ein. Das eingegangene Schriftstück war nicht vom Prozessbevollmächtigten des Beklagten unterzeichnet. Auf entsprechenden Hinweis des Gerichts wurde einen Tag später - ebenfalls per Telefax - der vollständige Text der zweiseitigen Berufungsbegründung einschließlich der Unterschrift des Prozessbevollmächtigten des Beklagten übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2009, beim Landgericht am selben Tag eingegangen, hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Zur Rechtfertigung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht, sein Prozessbevollmächtigter habe einer seit 1. April 2008 bei ihm tätigen, geschulten und zuverlässigen Bürokraft, die Weisungen bislang sorgfältig und fehlerlos ausgeführt habe, den Auftrag erteilt, die am 5. Mai 2009 gefertigte Berufungsbegründung unmittelbar nach Unterzeichnung an das Landgericht per Telefax zu übermitteln. Dabei habe sein Prozessbevollmächtigter die - im Umgang mit dem Faxgerät vertraute - Anwaltsgehilfin in Übereinstimmung mit einer allgemeinen Handhabung angewiesen, das Sendeprotokoll auszudrucken und darauf zu überprüfen, ob der Originalschriftsatz vollständig und ordnungsgemäß übermittelt worden sei. Außerdem sei die Mitarbeiterin angewiesen worden, den Beklagtenvertreter über den Erfolg oder das Fehlschlagen der Übermittlung zu unterrichten und ihm im letztgenannten Fall das Sendeprotokoll vorzulegen. Die Bürokraft habe den zweiseitigen Schriftsatz einschließlich zweier Abschriften in das Faxgerät eingelegt. Dabei seien alle sechs Seiten fehlerfrei eingezogen und gelesen worden. Übertragungsfehler, die üblicherweise sowohl durch ein akustisches Signal (Piepton) als auch auf dem Display angezeigt und in einem Fehlerprotokoll ausgewiesen würden, seien nicht aufgetreten. Nach der Übermittlung des Schriftsatzes nebst Abschriften habe die Mitarbeiterin den Sendebericht ausgedruckt und überprüft. Hierbei habe sie der Meldung unter der Sendenummer 5 ("FL54") im Hinblick auf den unter der Sendenummer 6 angezeigten Vermerk "OK" keine Bedeutung beigemessen und den Beklagtenvertreter von der ordnungsgemäßen Übermittlung der Berufungsbegründung unterrichtet. Daraufhin habe dieser selbst die Frist im Kalender gestrichen. Nach dem Benutzerhandbuch zeige der Fehlercode "FL54" die Meldung an: "Keine Übertragung möglich wegen schlechter Qualität der Telefonverbindung".
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Dabei hat es ausgeführt, die Fristversäumung sei auf ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurückzuführen. Dabei könne dahinstehen, ob die in dessen Kanzlei praktizierte Ausgangskontrolle den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen genüge. Denn der Beklagtenvertreter habe schuldhaft in das auf einer allgemeinen Büroanweisung beruhende System der Ausgangskontrolle eingegriffen und hierdurch die Fristversäumung verursacht. Da er - entgegen der sonst üblichen Praxis - selbst die Löschung der Frist im Kalender vorgenommen habe, sei er verpflichtet gewesen, sich eigenhändig von der ordnungsgemäßen Absendung des Telefaxschreibens zu überzeugen und habe sich nicht auf die Mitteilung seiner Bürogehilfin verlassen dürfen.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Rechtsbeschwerde. Er macht geltend, die verspätete Übermittlung der Berufungsbegründung beruhe ausschließlich auf einem - dem Beklagten nicht anzulastenden - Fehlverhalten der Bürokraft seines Prozessbevollmächtigten. Der Beklagtenvertreter habe sich darauf verlassen dürfen, dass seine Mitarbeiterin die allgemeine Büroanweisung und die damit übereinstimmende Einzelanweisung ordnungsgemäß ausführe.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung verletzt den verfassungsrechtlich verbürgten Anspruch des Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip). Denn sie überspannt in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise die Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. November 2004 - VIII ZB 32/04, NJW-RR 2005, 1006, unter III 2, und vom 20. Oktober 2009 - VIII ZB 97/08, juris, Tz. 8, jeweils m.w.N.).
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Dem Beklagten, der die Frist zur Berufungsbegründung um einen Tag versäumt hat, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er war ohne sein Verschulden daran gehindert, diese Frist einzuhalten (§ 233 ZPO). Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten beruht das Fristversäumnis nicht auf einem - ihm nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden - Eigenverschulden seines Prozessbevollmächtigten, sondern allein auf einem Fehlverhalten der mit der Versendung des Begründungsschriftsatzes vom 5. Mai 2009 beauftragten Büroangestellten.
a) Ein Rechtsanwalt hat zwar durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Er muss aber nicht jeden zur Fristwahrung erforderlichen Arbeitsschritt persönlich ausführen, sondern ist grundsätzlich befugt, einfachere Verrichtungen zur selbständigen Erledigung seinem geschulten Personal zu übertragen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, unter 1; vom 4. April 2007 - III ZB 109/06, NJW-RR 2007, 1429, Tz. 7; vom 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576, Tz. 15; Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO, Tz. 12; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes mittels eines Telefaxgerätes (BGH, Beschlüsse vom 14. Februar 2006 - VI ZB 44/05, NJW 2006, 1521, Tz. 12; vom 4. April 2007, aaO; vom 3. Dezember 2007, aaO; Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO; jeweils m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten genügt. Er hat seiner seit 1. April 2008 bei ihm tätigen, geschulten und zuverlässigen Bürokraft, die bis dahin Weisungen sorgfältig und fehlerlos ausgeführt hatte, den Auftrag erteilt, die am 5. Mai 2009 gefertigte Berufungsbegründung unmittelbar nach Unterzeichnung per Telefax an das Berufungsgericht zu übermitteln. Dabei hat er die - im Umgang mit dem Faxgerät vertraute - Anwaltsgehilfin zugleich angewiesen, das Sendeprotokoll auszudrucken und darauf zu überprüfen, ob der Originalschriftsatz vollständig und ordnungsgemäß übermittelt worden ist. Außerdem ist die Mitarbeiterin angewiesen worden, den Beklagtenvertreter über den Erfolg oder das Fehlschlagen der Übermittlung zu unterrichten. Diese Vorkehrungen waren ausreichend. Hätte die Kanzleikraft die übertragene Aufgabe ebenso zuverlässig wie bisher erledigt und den Inhalt des Sendeprotokolls richtig gedeutet, wäre die fehlgeschlagene Übermittlung der zweiten Seite der Berufungsbegründung aufgefallen und ein rechtzeitiger Eingang des gesamten Schriftsatzes (§ 520 Abs. 5, § 130 Nr. 6 ZPO) beim Berufungsgericht gewährleistet gewesen.
Nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Beklagten stand die erteilte Einzelanweisung, soweit sie sich auf die Überprüfung des Sendeberichts bezog, im Einklang mit der allgemeinen Handhabung bei der Versendung von Schriftstücken per Telefax. Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Da sich die konkrete Einzelanweisung insoweit mit den allgemeinen Bürovorkehrungen deckte, schuf sie bei der eingesetzten Bürokraft keine Unklarheit über die Reichweite der ihr abverlangten Kontrolle (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH, Beschluss vom 25. Juni 2009 - V ZB 191/08, NJW 2009, 3036, Tz. 9 ff.). Vielmehr war ihr der Inhalt und der Umfang der ihr obliegenden Pflichten bekannt. Sie interpretierte jedoch die Angaben auf dem ausgedruckten Sendebericht fälschlicherweise dahin, dass die Sendung erfolgreich übermittelt worden war. Das vorlegte Sendeprotokoll weist unter der angegebenen Telefaxnummer des Berufungsgerichts zwei Einträge auf. Der erste Eintrag lautet: "Seiten 02 - FL54". Der direkt darunter befindliche Eintrag lautet: "Seiten 01 - OK". Außer dem angegebenen Code gab es keine Hinweise auf ein Fehlschlagen der ersten Übermittlung. Anders als bei sonstigen Übertragungsfehlern üblich, ertönte weder ein akustisches Signal (Piepton) noch erfolgte eine Anzeige auf dem Display oder eine Beschreibung des aufgetretenen Problems im Sendebericht.
c) Dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten kann nicht angelastet werden, dass er die Ausführung der ausgegebenen Anweisungen nicht überwacht hat. Die seiner Mitarbeiterin erteilte Anweisung, die unterzeichnete Berufungsbegründung per Fax unter der von ihm angegeben Nummer an das Berufungsgericht zu übermitteln, hatte - ebenso wie die daneben im Einklang mit der allgemein bestehenden Handhabung erteilte Weisung, den Ausdruck des Sendeberichts abzuwarten und diesen darauf zu überprüfen, ob die Übermittlung erfolgreich durchgeführt wurde - einfache Aufgaben zum Gegenstand. Bei solchen Tätigkeiten darf ein Rechtsanwalt regelmäßig darauf vertrauen, eine ansonsten zuverlässig und sorgfältig arbeitende Bürokraft werde sie fehlerfrei erledigen (Senatsbeschlüsse vom 17. Juli 2007 - VIII ZB 107/06, juris, Tz. 4, und vom 20. Oktober 2009, aaO, Tz. 17; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09, juris, Tz. 16 f.; jeweils m.w.N.). Ihn trifft keine Verpflichtung, sich anschließend zu vergewissern, ob die Weisung ordnungsgemäß ausgeführt wurde (Senatsbeschlüsse vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02, FamRZ 2003, 1650; vom 20. Oktober 2009, aaO; BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2009, aaO; vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08, NJW 2009, 296, Tz. 10; vom 26. Januar 2006 - I ZB 64/05, NJW 2006, 1519, Tz. 11; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03, NJW-RR 2004, 711, unter II; jeweils m.w.N.). Dies gilt in gleicher Weise für allgemeine Weisungen und für konkrete Anweisungen im Einzelfall (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO; BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2003, aaO; vom 3. September 1998 - IX ZB 46/98, VersR 1999, 1170, unter [II] 2 b bb; jeweils m.w.N.).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auch nicht deswegen gehalten, den Sendebericht deswegen eigenhändig zu überprüfen, weil er abweichend von der bisherigen Handhabung die Löschung der Frist im Kalender nicht seiner Bürokraft überlassen, sondern die Frist nach erfolgter Mitteilung über die ordnungsgemäße Übermittlung der Berufungsbegründung selbst gestrichen hat. Denn durch diese Abweichung von der bisher praktizierten Vorgehensweise hat er weder eine unklare Lage hervorgerufen noch weitere Gefahrenquellen geschaffen. Wie bereits ausgeführt, war er angesichts der klar umrissenen und einfach gelagerten Tätigkeit berechtigt, die Kontrolle des Sendeberichts und die Streichung der Frist im Kalender ausschließlich seiner geschulten Mitarbeiterin zu überlassen. Wenn er sich zusätzlich durch eine - nicht geschuldete - konkrete Nachfrage über die Ausführung eines konkreten Auftrags vergewissert, gereicht dieses überobligationsmäßige Verhalten seinem Mandanten nicht zum Nachteil (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289, unter [II] 1). Ebenso wenig stellt die von seinem Prozessbevollmächtigten eigenhändig vorgenommene Streichung der Frist im Kalender ein - dem Beklagten zuzurechnendes - Eigenverschulden des Anwalts dar. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dieser nicht verpflichtet, sich zuvor persönlich von der Richtigkeit der ihm von seiner Mitarbeiterin erteilten Auskunft zu überzeugen. Denn die Sachlage stellt sich hier nicht anders dar, als wenn der Beklagtenvertreter die Streichung im Fristenkalender seiner Mitarbeiterin überlassen hätte. Anders als das Berufungsgericht meint, hat der Beklagtenvertreter dadurch, dass er nach Abschluss der erforderlichen Überprüfungsmaßnahmen den letzten Schritt selbst vollzogen hat, nicht schuldhaft zur Fristversäumung beigetragen. Er hat hierdurch nämlich keine zusätzlichen Fehlerquellen geschaffen. Das Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Beklagten ändert nichts daran, dass die Berufungsbegründung bei ordnungsgemäßer Erledigung der der Mitarbeiterin zulässigerweise übertragenen Aufgaben rechtzeitig beim Landgericht eingegangen wäre.
Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung in einem wesentlichen Punkt von der Sachverhaltskonstellation, mit der sich der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in der vom Berufungsgericht angeführten Entscheidung zu befassen hatte (vgl. Beschluss vom 11. Februar 2009 - IV ZB 26/08, NJW-RR 2009, 785). Im dortigen Fall wurde die Fristversäumung dadurch ausgelöst, dass die Kanzleikraft einen fristgebundenen Schriftsatz in der Postmappe übersehen hatte. Wenn die Mitarbeiterin - dem bislang praktizierten System der Ausgangskontrolle folgend - für die Streichung der Frist verantwortlich geblieben wäre, hätte sie zuvor überprüfen müssen, ob ihr ein Ausdruck über eine erfolgreiche Telefaxübermittlung vorlag. Da der Rechtsanwalt die Löschung der Frist selbst übernommen, sich aber nicht zuvor von der erfolgten Absendung überzeugt und damit eine Lücke im Kontrollsystem geschaffen hatte, trug er schuldhaft zur Fristversäumung bei. Vorliegend steht jedoch ein anderes Fehlverhalten des Büropersonals (Missdeutung der Angaben auf dem Sendeprotokoll) in Rede. Die bis dahin als zuverlässig geltende Kanzleikraft hatte den Schriftsatz - wenn auch nicht vollständig - abgesandt und anschließend das Sendeprotokoll ausgedruckt und überprüft. Die zur Löschung der Frist erforderlichen Prüfungsschritte wurden also, wenn auch fehlerhaft, von einer ausgebildeten Kraft vorgenommen. Bei dieser Sachlage durfte sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten darauf verlassen, dass die geschulte Anwaltsgehilfin die übertragene Versendung der Berufungsbegründung ordnungsgemäß ausgeführt und den Inhalt des Sendeprotokolls richtig gedeutet hatte (Senatsbeschluss vom 20. Oktober 2009, aaO, Tz. 17; vgl. ferner BGH, Beschluss vom 26. Januar 2006, aaO; jeweils m.w.N.).
Der verspätete Zugang der Berufungsbegründung beruht damit ausschließlich auf einem dem Beklagten nicht zuzurechnenden Fehlverhalten der Büroangestellten seines Prozessbevollmächtigten.
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