Wegfall eines interessanten Reiseziels wegen Beschädigung des Kreuzfahrtschiffes
Gericht
LG Bonn
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
13. 03. 2009
Aktenzeichen
10 O 17/09
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 7.836,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.09.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger je zu 2/10 und die Beklagte zu 6/10.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Rückzahlung des Reisepreises für eine von der Beklagten veranstaltete Kreuzfahrt in Anspruch.
Die Beklagte ist als Pauschalreiseveranstalterin tätig und bietet u.a. auch Kreuzfahrten an.
Die Kläger buchten bei der Beklagten am 19.12.2006 eine Kreuzfahrt mit dem Schiff B ("Auf Expeditionskurs in die Lische und Hische Arktis"), an der sie in der Zeit vom 18.07.2008 bis 07.08.2008 auch teilnahmen. Der von den Klägern gezahlte Reisepreis für zwei Personen betrug 12.735,00 €, worin 980,00 € Aufpreis für Business-Class-Flüge enthalten waren. Wegen des näheren Inhalts der Buchung wird auf die Reisebestätigung (Bl. 15 d.A.) verwiesen. Grundlage der Buchung war die Katalogbeschreibung der Beklagten, wozu auch ein Kreuzfahrt-Kalender sowie ein Routenplan gehörten (Bl.16/17 d.A.).
Auf der Fahrt nach M, dem ersten Reiseziel der Kreuzfahrt, wurde das Kreuzfahrtschiff direkt zu Beginn der Kreuzfahrt am 19.07.2008 auf stürmischer See am Bug beschädigt, weshalb es im weiteren Verlaufe der Kreuzfahrt zu Änderungen im Reiseablauf kam. Zunächst entfiel infolge der Beschädigung des Schiffes der Besuch der P-Inseln in M, da das Schiff M gar nicht anlief.
Am 21.07.2008 wurden dann die G Inseln angelaufen, wo mit Reparaturarbeiten am Schiff begonnen wurde. Am 22.07.2008 fuhr das Schiff dann weiter nach S/J, wo es am 24.07.2008, einen Tag später als geplant, anlandete und wo die weiteren Reparaturarbeiten in Angriff genommen wurden. Wegen der bereits eingetretenen Verzögerungen im Reiseablauf wurden den Reisenden von der Schiffsleitung geänderte Reisepläne unterbreitet, die die Reisenden über die notwendig gewordenen Routen- und Zeitänderungen gegenüber dem ursprünglichen Routenplan unterrichten sollten. Am 26. oder 27.07.2008 verließ man S, nachdem zwischen Reisenden und Schiffsleitung über die Möglichkeit eines vorzeitigen Abbruchs der Reise durch die Reisenden bei Erstattung der Reisekosten durch die Beklagte verhandelt worden war.
Die Kläger entschieden sich, an Bord zu bleiben und die Reise fortzusetzen, und traten nicht wie andere Mitreisende von J aus die Rückreise nach Deutschland an. Diesen Mitreisenden wurde neben Rückflug und Hotelkosten auf J auch der gesamte Reisepreis zurückerstattet.
Die Kreuzfahrt wurde dann an der Westküste Hs fortgesetzt. Es entfielen infolge der bereits eingetretenen Verzögerung der Kreuzfahrt sowie der durch die Beschädigung geminderten Leistungsfähigkeit des Kreuzfahrtschiffes in der Folgezeit etliche der im ursprünglichen Routenplan vorgesehenen Reiseziele; insbesondere wurden die z.T. für Landgänge ausgelegten Besuche der Lischen Küste nicht durchgeführt. Z.T. wurden stattdessen Ziele angefahren, die in der ursprünglichen Route nicht berücksichtigt waren. Wegen der Einzelheiten der Abweichungen der tatsächlichen Reiseroute von den ursprünglichen Planungen wird auf den Routenplan der Beklagten (Bl. 16/17 d.A. und Anlage) einerseits sowie – vorbehaltlich der Klarstellungen im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2009 - auf die Skizzen und Beschreibungen der Klägerseite (Bl. 7 ff., 17) sowie der Beklagtenseite (Bl. 40 ff. d.A.) andererseits Bezug genommen. Die letzten beiden Tage der Kreuzfahrt sowie der abschließende Rückflug nach Deutschland verliefen dann wieder in Übereinstimmung mit dem ursprünglichen Reiseprogramm der Beklagten.
Die von den Klägern während der Kreuzfahrt bewohnte "Juniorsuite" wies eine undichte Tür auf, wodurch Zugluft in der Kabine herrschte und Wasser eindrang, so dass der in der Kabine befindliche Teppich nass war. Der bordeigene Swimmingpool war zudem nicht beheizt und die Zodiak-Boote waren wegen technischer Defekte nicht alle einsatzfähig.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 28.08.2008 forderten die Kläger die Beklagte zur Erstattung des vollen Reisepreises in Höhe von 12.735,00 € bis zum 15.09.2008 auf (Bl.22 d.A.). Hierauf erwiderte die Beklagte mit Schreiben vom 14.10.2008 und bot unter der Bedingung eines Verzichts auf weitere Forderungen die Erstattung eines Betrags von 1.764,00 € an (Bl. 44 ff. d.A.).
Die Kläger behaupten, die Kreuzfahrt nur deshalb fortgesetzt zu haben, weil ihnen vor der Weiterfahrt von S aus von der Reiseleitung versichert worden sei, die Kreuzfahrt werde im Wesentlichen so fortgesetzt werden können wie im ursprünglichen Reiseplan vorgesehen. Von einer vollumfänglichen Kostenerstattung durch die Beklagte bei Reiseabbruch sei ihnen gegenüber zu diesem Zeitpunkt keine Rede gewesen.
Die Kläger sind der Ansicht, aus den ihrer Auffassung nach falschen Informationen durch den Kreuzfahrtdirektor in S ergebe sich neben dem Minderungsanspruch wegen Mangelhaftigkeit der Reise auch ein (weitergehender) Schadensersatzanspruch.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie
1.) 12.735,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.09.2008 zu zahlen;
2.) außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 09.01.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, die Möglichkeit einer vollumfänglichen Reisekostenerstattung durch die Beklagte im Falle des Abbruchs der Kreuzfahrt durch die Reisenden sei diesen vor der Weiterfahrt von S aus angeboten worden.
Sie ist zudem der Ansicht, die Reiseleistung sei - mit Einschränkungen - so wie geschuldet erbracht worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf teilweise Rückzahlung der Reisekosten in Höhe von 2/3 des Reisepreises (7.836,67 €) zu, wobei das Gericht in Verfolgung seiner ständigen Rechtsprechung als Basis der Minderung den um den Business-Class-Aufschlag verminderten Reisepreis zu Grunde gelegt hat.
Der Anspruch ergibt sich aus §§ 651 c, 651 d, 638 III, IV BGB.
Die Parteien haben einen Reisevertrag im Sinne des § 651 a BGB geschlossen, indem die Kläger am 19.12.2006 bei der Beklagten die streitgegenständliche Kreuzfahrt buchten. Die Buchung der Kläger erfüllt die Anforderungen an einen Reisevertrag im Sinne des § 651 a BGB; enthalten waren in der Buchung Hin- und Rückflug, die Unterbringung und Verpflegung auf dem Schiff sowie die Kreuzfahrt mit den verschiedenen Stationen. Es handelte sich insoweit um eine Gesamtheit verschiedener Einzelleistungen, die von der Beklagten als Reiseveranstalterin gegen die vereinbarte Vergütung zu erbringen war.
Die streitgegenständliche Kreuzfahrt wies erhebliche Mängel im Sinne des § 651 c I BGB auf.
Nach § 651 c I BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise so zu erbringen, dass sie die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen aufheben oder mindern.
Ein Fehler im Sinne des § 651 c I BGB liegt danach vor, wenn die Ist-Beschaffenheit, d.h. die tatsächliche Beschaffenheit der Reise, von derjenigen abweicht, welche die Vertragspartner bei Vertragsschluss vereinbart haben (Soll-Beschaffenheit). Die Soll-Beschaffenheit betrifft insbesondere Art, Umfang und Erbringung der nach dem Vertrag geschuldeten Leistungen, also den Verantwortungs- und Organisationsbereich des Veranstalters. Sie wird durch die Vereinbarungen, in der Regel die Reisebestätigung und Prospektangaben, vorgegeben. Eine Abweichung der Ist- von der Sollbeschaffenheit kann insbesondere darin liegen, dass die in Aussicht gestellten Leistungen ganz oder teilweise nicht oder nicht in der gebotenen Art und Weise erbracht werden.
Ein Fehler ist beispielsweise dann anzunehmen, wenn ein interessanter Zielpunkt einer Kreuzfahrt bzw. ein wesentlicher Programmteil einer Reise entfällt (BGH, Urteil v. 26.06.1980 - VII ZR 257/79 (OLG München) - NJW 1980, 2189; Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., 2009, § 651 c Rn. 3a). Ein Fehler liegt auch vor bei einer erheblichen Routenabweichung einer Trekking- oder Expeditionsreise gegenüber dem Prospekt (OLG Karlsruhe, Urteil v. 27.01.1984 - 10 U 7/83 - VersR 1985, 1073; vgl. auch OLG Köln, Urteil v. 14.07.2008 – 16 U 82/07 - RRa 2008, 222 f.; Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., 2009, § 651 c Rn. 3a).
Die streitgegenständliche Kreuzfahrt wich in wesentlichen Punkten vom ursprünglich vorgesehenen und zwischen den Parteien vereinbarten Reiseverlauf ab. Bedingt durch die Beschädigung des Kreuzfahrtschiffes direkt am ersten Tag der Kreuzfahrt und die hierdurch notwendig gewordene Reparatur des Schiffes konnte die Kreuzfahrt von Beginn an nicht wie geplant und im Prospekt beschrieben durchgeführt werden. Bereits das erste in Aussicht genommene Reiseziel, M bzw. die P-Inseln, wurde nicht angelaufen. Darüber hinaus kam es ebenfalls zu Beginn der Kreuzfahrt zu einem unfreiwilligen 4-tägigen Aufenthalt in S. Auch anschließend wurde die Reiseroute in wesentlichen Punkten geändert, etliche der vorgesehenen Ziele wurden gar nicht mehr angefahren. Zu berücksichtigen ist, dass nicht einmal die Hälfte der im Prospekt vorgesehenen Besichtigungsstationen tatsächlich angefahren wurden und insbesondere ein Aufenthalt/Landgang in L nicht wie vorgesehen stattgefunden hat. Durch die beschriebenen Änderungen im Reiseverlauf, insbesondere die weitgehende Aussparung der Lischen Küste, wurde auch der Gesamtcharakter der Kreuzfahrt – wie von den Klägern zutreffend vorgetragen – in nicht unerheblicher Weise verfälscht. Die Kreuzfahrt trug nämlich den Namen "Auf Expeditionskurs in die Lische und Hische Arktis".
Der beschriebene Mangel der Reise entstammt auch dem Verantwortungsbereich des Veranstalters. Erfasst werden hierbei im Grundsatz alle nicht in der Person des Reisenden liegenden Umstände, die die Gesamtreise oder Einzelleistungen stören; also Beeinträchtigungen der Reise durch vom Veranstalter beeinflussbare oder auch nicht beeinflussbare Risiken (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., 2009, § 651 c Rn. 2). Insbesondere können selbst Mängel infolge höherer Gewalt erfasst sein, soweit sie sich auf die geschuldete Leistung unmittelbar auswirken (LG Kleve, Urteil v. 21.01.2000 - 6 S 305/99 - RRa 2000, 99, Palandt/Sprau, 68. Aufl., 2009, § 651 c Rn. 2; Tempel NJW 1997, 621).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Durch die von der Beklagten als solche nicht beeinflussbare stürmische See wurde das Schiff in einer Weise am Bug beschädigt, die eine nicht ganz unaufwändige Reparatur desselben erforderte. Infolgedessen war das Kreuzfahrtschiff zur Erbringung der geschuldeten Reiseleistungen nur noch eingeschränkt zu verwenden. Die Nutzbarkeit des Kreuzfahrtschiffes als Hauptgegenstand der Vertragserfüllung gegenüber den Reisenden ist der Risikosphäre der Beklagten als Veranstalterin der Kreuzfahrt zuzuordnen, auch wenn die zur Beschädigung führenden Umstände selbst von ihr kaum beeinflussbar erscheinen.
Zwar ist vom Vorliegen auch der anderen erwähnten Umstände wie der Undichtigkeit der Kabinentür, der fehlenden Beheizung des bordeigenen Swimmingpools sowie der Einsatzunfähigkeit der Beiboote, auszugehen, die insoweit unbestritten geblieben sind.
Insoweit steht jedoch bereits nicht fest, ob diese Mängel von den Klägern gemäß § 651 d II BGB vor Ort gerügt wurden. Wann und wem gegenüber die Kläger Mängel gerügt haben, wird von den Klägern weder dargelegt noch ist dies aus sonstigen Umständen ersichtlich. Die pauschale Behauptung, "all dies" (die Mängel) sei der Reiseleitung "bekannt gemacht", reicht für die Annahme einer Mängelrüge im Sinne des § 651 d II BGB nicht aus. Unabhängig hiervon werden diese Umstände nur als "Randerscheinung" "erwähnt", ohne sie indes zur Grundlage von Ansprüchen zu machen.
Hinsichtlich der Hauptmängel der Reise in Bezug auf ihren Gesamtverlauf war eine Mängelanzeige der Kläger indes nicht erforderlich, sondern vielmehr entbehrlich. Entbehrlich ist die Anzeige von Reisemängeln, die der Veranstalter zweifelsfrei kennt, etwa weil es sich um einen für den Reiseleiter vor Ort offensichtlichen Mangel handelt (AG Frankfurt a.M., Urteil v. 28.10. 1999 - 31 C 1061/99 - 83 - NJW-RR 2000, 787 Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., 2009, § 651 d Rn.4). Der Schaden bzw. die Reparaturbedürftigkeit des Kreuzfahrtschiffes als Ursache der Mangelhaftigkeit der Reise war der Beklagten als Veranstalterin hier bekannt. Die Vorlage von Alternativplänen und geänderten Reiserouten zeigt, dass die Schiffsleitung bemüht war, die Mängel zu beheben bzw. zu kompensieren, diese also kannte.
Die Kläger haben die Ausschlussfrist des § 651g I BGB gewahrt. Ansprüche nach den §§ 651 c – 651 f BGB hat der Reisende innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise geltend zu machen. Die Kläger haben den Rückzahlungsanspruch gegenüber der Beklagten nach ihrer Rückkehr von der Reise am 07.08.2008 mit Schreiben vom 28.08.2008 geltend gemacht.
Aufgrund der vorliegenden Mängel mindert sich der Reisepreis um 2/3.
Bei der Minderung ist die Vergütung gem. §§ 651 d I, 638 III BGB in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Vertragsschlusses der Wert der Reise in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde; soweit erforderlich, ist dies durch eine Schätzung zu ermitteln.
Hier erscheint bei einer Würdigung der gesamten Umstände nach Überzeugung des Gerichts gem. § 287 ZPO eine Minderungsquote von 2/3 angemessen, wobei in Bezug auf den zugrundezulegenden Reisepreis die in der Reisebestätigung gesondert ausgewiesenen Business-Class-Aufschläge in Höhe von 980,00 € herauszurechnen sind.
Die Festlegung der Minderungsquote stellt sich im vorliegenden Falle deshalb als schwierig dar, weil sich bei einer Kreuzfahrt der streitgegenständlichen Art eine einfache zeitanteilige Minderung nach beeinträchtigten und nicht beeinträchtigten Tagen, wie sie etwa sonst vorzunehmen sein kann, verbietet. Denn es ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Kreuzfahrt "Auf Expeditionskurs in die Lische und Hische Arktis" – wie auch die vorgesehene Reiseroute sowie der Reisekalender zeigen – um eine "Expeditionsreise" im eigentlichen Sinne handelt, deren maßgeblicher Zweck sich nicht allein in der Erholung und dem Vergnügen einer Schiffsreise erschöpft. Von wesentlicher Bedeutung ist vielmehr die gewählte Reiseroute, die mit den vorgesehenen Anlandungen und dem Kreuzen vor bestimmten Panoramen bestimmte kulturelle und landschaftliche Erlebnisse verspricht sowie dem Kennenlernen verschiedener Kulturen - zum einen derjenigen Hs, zum anderen derjenigen Ls – dient.
In einem solchen Falle hat hinsichtlich der Schätzung der Minderungsquote vielmehr eine Gewichtung unter wertender Betrachtung der einzelnen Programmpunkte und nicht lediglich eine Addition einzelner Tabellenwerte zu erfolgen (OLG Köln, Urteil v. 14.07.2008 – 16 U 82/07 - RRa 2008, 222 f.; OLG Celle, Urteil v. 26.09.2002 - 11 U 337/01 - NJW-RR 2003, 200) Dies folgt schon daraus, dass es bei der Bemessung der Minderung grundsätzlich auf die Reise als Gesamtheit ankommt, also darauf, inwieweit das mit der Reise verbundene Urlaubserlebnis bzw. der Nutzen der Reise beeinträchtigt ist (BGH, Urteil v. 14.12.1999 - X ZR 122/97 - NJW 2000, 1188, 1191; OLG Köln, Urteil v. 14.07.2008 – 16 U 82/07 - RRa 2008, 222 f.).
Unbeschadet dessen, dass die Kreuzfahrt über den gesamten geplanten Zeitraum hin tatsächlich stattgefunden hat und die Reiseleitung sich offenbar bemüht hat, die (unvermeidlichen) Abweichungen vom geplanten Reiseverlauf durch das Ansteuern anderer als der geplanten Reiseziele sowie die Bereitstellung ergänzenden Programms zu kompensieren, weicht der tatsächliche Verlauf der streitgegenständlichen Kreuzfahrt von dem vereinbarten Reiseverlauf in so wesentlichem Umfang ab, dass die Kreuzfahrt ihren eigentlichen Gesamtcharakter (als "Expeditionsreise" nach L und H) weitgehend einbüßte. Gerade in Bezug auf die Tatsache, dass insgesamt nicht einmal die Hälfte der im Prospekt vorgesehenen Besichtigungsstationen tatsächlich angefahren wurde und insbesondere die Lische Küste, welche gemäß der Reisebeschreibung der Beklagten einen der beiden Hauptbestandteile der Kreuzfahrt ausmachen sollte, nahezu vollständig aus dem durchgeführten Programm ausgespart blieb, ist bereits von einer etwa hälftigen Minderung des Reisepreises auszugehen.
Hinzu kommt, dass die Beschädigung des Schiffes bereits zu Beginn der Kreuzfahrt einen unplanmäßigen viertägigen Aufenthalt in S erforderte, wodurch bei einer für drei Wochen angesetzten Kreuzfahrt das mögliche Restprogramm notgedrungen bereits stark verkürzt wurde, wie die ebenfalls beschriebenen Ausfälle der auch nicht-Lischen Reiseziele bzw. Programmpunkte dokumentieren.
Gegenüber diesen eklatanten Reisemängeln, die umso schwerer wiegen, als es sich bei der streitgegenständlichen Kreuzfahrt um eine "Expeditionsreise" zu bestimmten Orten handelte und die Reisenden ein berechtigtes Interesse an gerade den in Aussicht genommenen Zielpunkten hatten, steht der Wert der anderen (beanstandungsfreien) Reiseleistungen wie An- und Abreise, Verpflegung, Unterbringung und sonstiges Programm deutlich zurück. Er mag im Verein mit der prospektgemäßen Ansteuerung einzelner planmäßiger Reiseziele mit einem Drittel des Reisepreises veranschlagt werden, weshalb - andererseits – auch keine Minderung in voller Höhe des Reisepreises in Frage kommt.
Ein über den Minderungsbetrag von 2/3 des Reisepreises hinausgehender Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte besteht nicht. Ein solcher ergibt sich auch nicht – wie geltend gemacht - aus § 651 f II BGB.
Nach § 651 f II BGB kann der Reisende, wenn die Reise vereitelt oder erheblich beeinträchtigt wird, neben der Minderung nach § 651 d BGB auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Zwar ist hier, wie dargelegt, von einer die Erheblichkeitsschwelle des § 651 f II BGB überschreitenden Minderungsquote von 2/3 des Reisepreises auszugehen.
Die Beklagte als Reiseveranstalterin hat die Mangelhaftigkeit der Reise aber nicht zu vertreten, was anders als für die Minderung nach § 651 d BGB Voraussetzung für den Schadensersatzanspruch gemäß § 651 f II BGB ist. Ein Verschulden der Beklagten als Reiseveranstalterin wird gem. § 651 I 2. HS BGB vermutet. Dem Veranstalter steht insoweit der Entlastungsbeweis offen. Außerhalb des übernommenen Gefahrenbereichs liegende, von ihm nicht beeinflussbare Umstände in der Sphäre des Reisenden oder Dritter, die nicht seine Erfüllungsgehilfen sind, sowie höhere Gewalt hat der Veranstalter in Bezug auf § 651 f II BGB nicht zu vertreten (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., 2009, § 651 f Rn.4).
Die Abweichungen im Reiseverlauf als maßgebliche Reisemängel wurden hier unstreitig durch das Schadensereignis zu Beginn der Kreuzfahrt infolge schwerer See ausgelöst. Die Entstehung des Schadens als solche kann der Beklagten nicht zugerechnet werden, sie stellt vielmehr ein unbeherrschbares Ereignis der höheren Gewalt dar. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Fahrt des Kreuzfahrtschiffes als solche bei den herrschenden widrigen Witterungsbedingungen leichtfertig gewesen wäre und damit als schuldhafte Herbeiführung des Schadens anzusehen wäre. Auch hinsichtlich der Reparatur des Schiffes ist nicht ersichtlich, inwieweit geeignetere Reparaturmaßnahmen zur Verfügung standen, die die Einhaltung des vorgesehenen Reiseplans ermöglicht hätten.
Ein anderer Anknüpfungspunkt für ein Verschulden der Beklagten bzw. eines für sie handelnden Leistungsträgers kommt insoweit nicht in Betracht. Soweit die Kläger ein Verschulden der Beklagten in den ihrer Auffassung nach falschen Auskünften der Schiffsleitung hinsichtlich des prognostizierten Reiseverlaufs sowie der Kostenerstattung durch die Beklagte bei Abbruch der Kreuzfahrt durch die Reisenden erblicken, so liegt hierin jedenfalls kein in Bezug auf den Schadensersatzanspruch aus § 651 f II BGB relevanter Umstand. Denn es geht allein um ein Verschulden des Veranstalters in Bezug auf die Mangelhaftigkeit der Reise. Die Reise wurde aber nicht etwa erst durch potentiell falsche Auskünfte der Schiffsleitung mangelhaft. Dass die Kläger sich im Falle der Erteilung anderslautender Auskünfte seitens der Reiseleitung zu einer Fortsetzung der Kreuzfahrt nicht entschieden haben würden, spielt in Bezug auf die Frage nach der Mangelhaftigkeit der Reise sowie nach dem Verschulden hierfür keine Rolle. Wären die nach dem Dafürhalten der Kläger korrekten Auskünfte erteilt worden, so wäre die Reise möglicherweise abgebrochen worden, der Mangel der (fortgesetzten) Reise aber nicht etwa entfallen.
Der Zinsanspruch der Kläger orientiert sich am zugesprochenen Betrag von 7.836,67 € und ergibt sich aus §§ 286, 288 I BGB.
Ein Anspruch der Kläger auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten nebst geltend gemachter Prozesszinsen besteht nicht. Zwar handelt es sich bei den geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten der Kläger grundsätzlich um einen ersatzfähigen Schaden, wobei der anrechenbaren Geschäftsgebühr als Gegenstandswert nach § 13 RVG insoweit lediglich der zugesprochene Betrag von 7.836,67 € zu Grunde zu legen wäre. Jedoch befand sich die Beklagte weder zum Zeitpunkt der anwaltlichen Zahlungsaufforderung vom 28.08.2008 mit der Rückzahlung des Reisepreises in Verzug, weshalb ein Anspruch aus §§ 286, 280 I BGB ausscheidet, noch liegt nach dem oben Gesagten eine verschuldete Pflichtverletzung der Beklagten vor, die zur Entstehung der Rechtsverfolgungskosten geführt hätte, weshalb auch ein Anspruch aus §§ 280 I, 249 BGB ausscheidet.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 I S.1 Alt.2, 709 ZPO.
Streitwert: 12.735,00 €
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