Reiserücktritt wegen Verlängerung eines Langstreckenfluges um 5 Stunden

Gericht

AG München


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

06. 05. 2009


Aktenzeichen

212 C 1623/09


Tenor

  1. Die Beklagte zahlt an die Klagepartei einen Betrag von EUR 696,- nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 26.2.2009.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger buchte bei der Beklagten eine 17-tägige Thailandreise vom 11.2.2009 bis 27.2.2009.

Er leistete eine Anzahlung in Höhe von EUR 696,-.

Als Flugzeiten waren vorgesehen Abflug am 11.2.2009, 14.20 Uhr in F., Ankunft nach Zwischenstop um 12.20 Uhr in B.

Mit geänderter Reisebestätigung vom 5./6.11.2008 änderte die Beklagte die Flugzeiten auf Abflug am 11.2.2009 um 9.05 in F. und Ankunft am nächsten Tag um 12.15 Uhr in B.

Mit Schreiben vom 9.12.2008 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag.

Der Kläger behauptet, die Vorverlegung der Abreisezeit verlängere nicht nur die Flugzeit, sondern erweitere seine Reisezeit unter Berücksichtigung der Anreise von seinem Wohnort um eine zusätzliche Nacht.

Außerdem könne er die Verlängerung der Flugzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht akzeptieren.

Der Kläger ist der Ansicht, es handle sich um eine wesentliche Änderung der Reiseleistung im Sinne des § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB.

Im Übrigen und hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Klagepartei Bezug genommen.

Die Klagepartei beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 696,- nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Verlängerung der Flugzeit um fünf Stunden und 15 Minuten sei bei einer Fernostreise zumutbar. Die Transferzeiten vom Wohnsitz des Reisenden zum Flughafen seien nicht relevant. Daher habe der Kläger zwar die Reise stornieren können, schulde jedoch die vereinbarte Stornopauschale.

Im Übrigen und hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beklagtenpartei Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat einen Rückzahlungsanspruch in Höhe der Anzahlung nach § 346 Abs. 1 BGB, weil er vom Reisevertrag mit der Beklagten wirksam nach § 651 a Absatz 5 Satz 2 BGB zurückgetreten ist.

Die Änderung der Flugzeiten im streitgegenständlichen Umfang stellt eine wesentliche Änderung der Reiseleistung im Sinne des § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB dar.

Zwar hat sich die Beklagte mit dem Hinweis auf die Unverbindlichkeit der Flugzeiten eine Änderung dieser Flugzeiten vorbehalten. Dies führt dazu, dass eine Änderung der Flugzeiten grundsätzlich zulässig ist, ändert aber nichts daran, dass der Reisende bei einer wesentlichen Änderung, nach § 651 a Abs. 5 Satz 2 BGB zum Rücktritt berechtigt ist.

Es handelt sich bei der Verlängerung der Flugzeiten von ca. 14 Stunden plus Zeitverschiebung auf ca. 19 Stunden plus Zeitverschiebung um eine wesentliche Änderung der Reiseleistung. Zum einen stellt dies eine Steigerung der reinen Flugzeit um mehr als 25% der ursprünglichen Flugzeiten dar, zum anderen sind fünf Stunden auch absolut gesehen eine so lange Zeit, dass sie auch und gerade bei Langstreckenflügen nicht vernachlässigt werden können.

Außerdem ermöglicht die Vorverlagerung der Abreisezeit den Kläger nicht mehr, die Anreise zum Flughafen Frankfurt am Morgen des Abflugtages zu beginnen und erweitert damit die Reise um eine zusätzliche Nacht.

Dass ein Reisender regelmäßig von seinem Wohnsitz zum Flughafen anreisen muss, ist für die Beklagte erkennbar ebenso wie der Umstand, dass die Flugzeiten für die Organisation einer solchen Anreise zum Flughafen regelmäßig von erheblicher Bedeutung sind.

Dabei ist der Beklagten Recht zu geben, dass die Anreise zum Flughafen zwar grundsätzlich vom Reisenden zu organisieren ist und auch in dessen Risikosphäre fällt.

Die Flugzeiten spielen jedoch für die Beklagte erkennbar für den Reisenden eine ganz erhebliche Rolle und es ist nicht ersichtlich, warum dieser Umstand, dass nämlich die Organisation der Anreise bei einer wesentlichen Änderung der Flugzeiten gegebenenfalls erheblich erschwert wird, bei der Frage, ob es sich um eine wesentliche Änderung der Reiseleistungen handelt, keine Rolle spielen soll.

Nachdem der Kläger von der Reise berechtigterweise zurücktreten konnte, bedarf die Frage, ob die Stornopauschalen wirksam vereinbart waren, keiner Entscheidung mehr.

Die Nebenforderungen ergeben sich aus §§ 288, 291 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsgebiete

Reiserecht