Grundsätze für eine Familienreise; Mängelanzeige
Gericht
LG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
21. 08. 2009
Aktenzeichen
22 S 93/09
Tenor:
Auf die Berufung der Kläger wird das am 6. Februar 2009 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 20 C 13761/08 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an jeden Kläger 121,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2008 sowie insgesamt vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 57,12 Euro zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen jeder Kläger 46 % und die Beklagte 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird nach § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Entscheidungserhebliche Ergänzungen tatsächlicher Art sind bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt.
Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihr erstinstanzliches Begehren weiter.
Die Berufung ist zulässig.
Die Kläger machen geltend, das angefochtene Urteil sei nicht aufgrund eines öffentlichen Haupttermins erfolgt. Ausweislich des Protokolls habe eine Nicht-Öffentliche Sitzung stattgefunden. Auch habe nur ein früher erster Termin als Durchlauftermin stattgefunden ohne Anberaumung eines Haupttermins. Schließlich sei ihr Fristverlängerungsgesuch mit sachfremden Gründen zurückgewiesen worden.
Außerdem habe das Amtsgericht den von ihnen unterbreiteten Sachverhalt unzutreffend gewürdigt. Hätte es die Klarstellung um Schriftsatz vom 23. Januar 2009 ordnungsgemäß berücksichtigt, dass ein Repräsentant des Beklagten vor Ort nicht erreichbar gewesen sei, hätten sich alle Ausführungen des Amtsgerichts zum Umfang der erforderlichen Mängelanzeige erübrigt.
Abgesehen davon wäre angesichts der unzumutbaren Verhältnisse im Hotel, die der Beklagten angesichts der zahlreichen Kundenbeschwerden zuvor bereits hinlänglich bekannt gewesen sein mussten, es reine Förmelei , auch von ihnen eine ausführliche Mängelanzeige zu fordern.
Keinesfalls hätte das Amtsgericht Ansprüche wegen Beschädigung des Buggys abweisen dürfen, da es für Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung keine Anzeigepflicht gebe.
Das sind die Rügen von Rechtsverletzungen durch das Amtsgericht im Sinne von § 546 ZPO, die – träfen sie zu – entscheidungserheblich wären, so dass eine formal ordnungsgemäße Begründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gegeben ist. Ob diese Rügen zutreffend oder auch nur schlüssig sind, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Begründetheit.
Die Berufung ist lediglich in geringem Umfang begründet.
Den Klägern steht gegenüber der Beklagten jeweils ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises nach § 651 d Abs. 1 BGB im tenorierten Umfang zu. Die Kläger sind nicht Gläubiger einer unteilbaren Leistung im Sinne von § 432 BGB, da zwischen ihnen und der Beklagten jeweils ein eigenständiger Reisevertrag zustande gekommen war. Dies entspricht bei der Buchung einer Reise durch Buchende mit unterschiedlichen Familiennamen der herrschenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur (vgl. hierzu Führich Reiserecht 5. Auflage Rdnr. 117). Dass es sich nach Klägervortrag bei ihnen um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft handelt, ist unerheblich, da die Grundsätze für eine Familienreise nur gelten, wenn das besondere Näheverhältnis dem Veranstalter bei der Buchung erkennbar gemacht worden ist. Hierfür fehlt jeglicher Vortrag der Kläger.
Die nach Ansicht der Kläger gegebenen Verfahrensfehler des Amtsgerichts können dahinstehen. Selbst wenn diese zuträfen, muss die Kammer nach § 538 Abs. 1 ZPO in der Sache selbst entscheiden, da die Voraussetzungen des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht gegeben sind. Es fehlt schon an einem Antrag einer der Parteien, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Zurecht hat das Amtsgericht eine Minderung wegen Mängel des Hinflugs, der Stromausfälle im Hotel einschließlich der dadurch bedingten Ausfälle der Klimaanlage sowie des kalten bzw. dreckigen Wassers an einer fehlenden Anmeldung nach § 651 g Abs. 1 BGB scheitern lassen. Dies gilt entgegen der Ansicht der Kläger auch für die Beschädigung des Buggys. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt ein Reisefehler vor, für den der Veranstalter nach den §§ 651 c ff. BGB haftet, wenn eine nach dem Vertrag geschuldete Leistung aus Gründen, die nicht allein in der Person des Reisenden liegen, ganz oder teilweise nicht erbracht wird (vgl. BGH NJW 1986, 1748). Danach schließen die Vorschriften des Reiserechts die allgemeinen Leistungsregeln ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Reisevertrages aus. Dies gilt auch für Verstöße gegen vertragliche Nebenpflichten (vgl. Führich aaO Rdnr. 205). Da die Beförderung des Buggys als Reisegepäck zur reisevertraglichen Leistungspflicht der Beklagten gehörte, die Beförderung nach Klägervortrag aber nicht ordnungsgemäß durchgeführt sein und zu einem Schaden geführt haben soll, hätte dies entsprechend dem oben Ausgeführten nach § 651 g Abs. 1 BGB angemeldet werden müssen. Dies war jedoch nicht geschehen. Zwar ist auf Seite 3 der Anspruchsanmeldung vom 31. Juli 2008 bei der Berechnung eines materiellen Schadens in Höhe von 371,-- Euro die Ausführung enthalten "sowie Schadensersatz für den beschädigten Buggy unserer Mandantin in Höhe von 59,-- Euro". Während aber für die übrigen Schadenspositionen in dem Anspruchsschreiben dargelegt ist, dass und weshalb ein solcher Schadensanspruch bestehen soll, fehlt dies gänzlich für einen beschädigten Buggy. Dementsprechend konnte die Beklagte beim besten Willen nicht erkennen, dass und weshalb sie für einen beschädigten Buggy haften soll. Entsprechend dem Sinn und Zweck des § 651 g Abs. 1 BGB ist es jedoch erforderlich, dass der Reisende die Reisemängel einzeln so konkret nach Ort, Zeit und Geschehensablauf beschreibt, dass der Veranstalter erkennen kann, was der Kunde will (vgl. Führich aaO Rdnr. 451).
Mangels nicht erfolgter Anmeldung nach § 651 g Abs. 1 BGB entfällt darüberhinaus ein Minderungsanspruch wegen angeblich kaputter Liegestühle am Strand, die zudem immer belegt gewesen sein sollen. Im Anmeldungsschreiben vom 31. Juli 2008 steht hiervon nichts.
Als minderungsrelevante und auch rechtzeitig angemeldete Mängel kommen in Betracht, dass nach Klägervortrag die Matratzen im Zimmer der Kläger massenhaft Haare von vorherigen Gästen aufgewiesen und die Kissen gelbe Schweißspuren gehabt haben sollen. Dies ist auch in einem preiswerten 3-Sterne-Hotel in der Türkei nicht hinnehmbar. Dies gilt auch für den Umstand, dass am Getränkespender Schimmelränder zu sehen gewesen sein sollen. Ebenfalls stellte es einen Mangel dar, wenn die Animation in dem Hotel nur auf russich erfolgt war. Versprochen war in der Katalogbeschreibung der Beklagten ein Softanimationsprogramm. Schließlich käme als Mangel in Betracht, dass nach Klägervortrag am Strand Scherben und keine Schirme vorhanden waren. Letztere waren jedoch ausweislich per Katalogbeschreibung der Beklagten zugesichert.
Diese Mängel in ihrer Gesamtheit rechtfertigten, wenn sie vor Ort bei der Reiseleitung der Beklagten gerügt worden wären, eine Minderung von insgesamt 20 % des Reisepreises. Es handelt sich im Wesentlichen um geringfügige Mängel, die auch in ihrer Gesamtheit nicht dazu führten, dass die Reise überwiegend als fertan angesehen werden könnte. 20 % des Reisepreises von 1208.,-- Euro sind 241,60 Euro. Insoweit hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juli 2007 die Klage in Höhe von 242,-- Euro anerkannt.
Weitere minderungsrelevante Mängel sind nicht feststellbar. Insoweit gilt:
Der Vortrag der Kläger, an den Wänden ihres Zimmers hätte sich Schimmelbefall gezeigt, ist unsubstantiiert. Wo in welchem Umfang Schimmel vorhanden gewesen sein soll, wird nicht angegeben. Eine solche Darlegung wäre jedoch für die Zuerkennung einer Minderung unbedingt erforderlich. Bei einem preiswerten 3-Sterne-Hotel in der Türkei wie im vorliegenden Fall, für welches für einen 14-tägigen Aufenthalt incl. Flug und allinclusiv-Verpflegung pro Person lediglich 589,-- Euro gezahlt worden sind, stellen geringfügige Schimmelstellen z. B. im Bad keinen minderungsrelevanten Mangel dar (vgl. AG Duisburg RRa 2009, 85; AG Stuttgart RRa 1996, 202). Die von den Klägern zitierten Entscheidungen hatten Schimmelbefall in nicht unerheblichen Umfang zum Gegenstand.
Unzureichend ist auch der Vortrag, die Zimmer seien massiv verdreckt und auch die anderen Hotelräume kaum sauberer gewesen. Dieser Vortrag lässt nicht erkennen, welcher Schmutz in welchem Umfang vorhanden gewesen sein soll. Die Vernehmung der angebotenen Zeugen wäre reine Ausforschung.
Nicht besser ist der Vortrag, die Kläger hätten mit dreckigen Tischdecken, schlecht gespülten Besteck und schmutzigen Plastikstühlen Vorlieb nehmen müssen. So wären zum Beispiel kleinere Flecken von Kaffee bei einem derart preiswerten Hotel in der Türkei noch entschädigungslos hinzunehmen. Ebenfalls ist mangels entsprechenden Vortrags nicht feststellbar, was an dem gespülten Besteck auszusetzen war. Wasserflecken wären lediglich eine hinzunehmende Unannehmlichkeit. Dass Speisereste in einem nicht hinzunehmenden Umfang vorhanden gewesen sein sollen, wird nicht gesagt. Das Vorhandensein von Plastikstühlen in einem preiswerten Hotel in der Türkei stellt keinen Mangel dar. Inwiefern diese schmutzig gewesen sein sollen, wird nicht mitgeteilt.
Unsubstantiiert ist auch die Angabe, der hoteleigene Strand sei vermüllt gewesen. Was dort wo in welchem Umfang herumgelegen haben soll, ist mangels entsprechender Darlegung nicht ersichtlich. Auch unter "herumstehenden Gerümpel" kann die Kammer sich nichts vorstellen. Lediglich ausreichend ist die Behauptung, es seien zahlreiche Scherben im Sand vorhanden gewesen. Dies wäre ein Mangel, der aber bereits oben bei der zuerkannten Minderung Berücksichtigung gefunden hat.
Dass in dem Hotel 80 % der Gäste Russen gewesen sein sollen, stellt keinen Mangel dar. Die Beklagte hatte nicht versprochen, dass in dem Hotel nur oder doch zumindest überwiegend deutsche Gäste sein würden. Mit anderen Nationalitäten in einem Hotel muss ein Reisender grundsätzlich rechnen.
Keine Beeinträchtigung für die Kläger ist aufgrund des Umstandes ersichtlich, dass das Hotelpersonal kaum ein Wort Englisch geschweige denn Deutsch gesprochen haben soll. Die Kläger sind nach eigenem Vortrag türkische Kurden und sprechen dementsprechend türkisch, was sich auch darin zeigt, dass sie nach ihrem Vortrag verstanden hatten, dass das Personal ständig auf türkisch über die Gäste gelästert haben soll. Hätten sie dies nicht verstanden, hätten sie nicht gewusst, dass über Gäste in türkisch gelästert wurde.
Ebenfalls keine Minderung rechtfertigt der von den Klägern monierte Umstand, dass weder Bettlaken ausgetauscht noch Handtücher gewechselt worden sein sollen. Ausweislich der von den Klägern selbst vorgelegten Buchungsbestätigung war die planmäßige Landung auf dem Flughafen Antalya am 10. Juli 2008 um 00.30 Uhr. Entsprechend spät war ihre Ankunft an diesem Tag im Hotel. Dort hatten sie lediglich bis zum 12. Juli 2008 gewohnt, da sie am 13. Juli 2008 bereits in ein selbstgebuchtes Ersatzhotel umgezogen waren. In einem preiswerten Hotel in der Türkei reicht jedoch ein Bettlakenwechsel einmal pro Woche und ein Wechsel der Handtücher zweimal die Woche. Dementsprechend konnten die Kläger bis zu ihrem Auszug weder einen Austausch der Bettlaken noch einen Wechsel der Handtücher erwarten.
Der Vortrag, sie seien ständig dem rüpelhaften, unmöglichem Benehmen zahlreicher russischer Hotelgäste ausgesetzt gewesen, ist unsubstantiiert. "Rüpelhaft" und "unmöglich" ist ein reines subjektives Werturteil ohne nachvollziehbaren Tatsachenkern.
Die monierten Wartezeiten von 15 – 20 Minuten an der Hotelbar stellt eine reine Unannehmlichkeit dar (vgl. hierzu Führich aaO Rdnr. 326 Fußnote 329). Bei dem von den Klägern gebuchten Hotel mit 201 Zimmern muss ein Reisender von vornherein mit gewissen Wartezeiten rechnen.
Soweit die Kläger mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2008 vorgetragen haben, entgegen der Zusicherung im Reisekatalog sei in der Zeit von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr im Hotel keine kostenfreien Getränke angeboten worden, kann dies nicht ernst gemeint sein. In der Klageschrift haben sie geltend gemacht, vor 10.00 Uhr und nach 23.00 Uhr habe das Hotel keine kostenlosen Getränke und Speisen angeboten. Mehr war aber nach der Katalogbeschreibung nicht geschuldet, da dort ausdrücklich steht, dass zwischen 10.00 und 22.00 Uhr alle einheimischen alkoholischen und nicht alkoholischen Getränke kostenlos gereicht würden.
Dass es am Stand kein allinclusive-Angebot gab, ist kein Mangel, da von der Beklagten Entsprechendes nicht versprochen worden war. Ausweislich der Katalogbeschreibung sollten dort als Beklagtenleistung nur Liegen und Schirme kostenlos vorhanden sein.
Ebenfalls stellt die Schließung der Poolbar von 18.00 Uhr bis 19.00 Uhr keinen Mangel dar, da bestimmte Öffnungszeiten dieser Bar nicht geschuldet waren. Getränke gab es offensichtlich woanders im Hotel in der Zeit von 10.00 bis 23.00 Uhr. Dies war ausreichend.
Soweit erstinstanzlich eine geringe Auswahl an Esssen moniert worden war, das ungenießbar gewesen und teilweise gestunken haben soll, fehlt dem die erforderliche Substanz. Was es gegeben hatte, wieso es ungenießbar war und was wonach teilweise gestunken haben soll, wird nicht ansatzweise mitgeteilt. Gerade aber Verpflegungsmängel sind genau zu substantiieren, da anderenfalls ein minderungsrelevanter Mangel nicht feststellbar ist (vgl. Führich aaO Rdnr. 326 ). "Ungenießbar" ist reines Werturteil. "Geringe Auswahl" ist nicht nachvollziehbar, da mitgeteilt werden müsste, was es wann wie oft gegeben hatte, um feststellen zu können, dass die Auswahl in der Tat zu gering gewesen war. Soweit die Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 23. Juli 2008 hinsichtlich der Verpflegung weiteren Vortrag gebracht haben, ist dieser nach § 296 a ZPO nicht zu berücksichtigen. Entgegen der Ansicht der Kläger liegt auch keine Hinweispflichtverletzung nach § 139 Abs. 2 ZPO vor. Auch ohne einen Hinweis muss eine anwaltlich vertretenen Partei klar sein, dass lediglich die Mitteilung, das Essen sei ungenießbar, völlig unzureichend ist. Auf Selbstverständlichkeiten muss jedoch eine anwaltliche Partei nicht hingewiesen werden. Abgesehen davon ist auch selbst der neue Vortrag größtenteils nach wie vor nicht ausreichend. Wenn Speisen vom Vortag serviert worden sein sollen, stellt dies keinen Mangel dar, wenn diese Speisen in Ordnung waren. Was es heißen soll, das Essen sei teilweise sauer und abgelaufen gewesen, erschließt sich der Kammer ohne nähere Erläuterung nicht. Das in Buffetform gereichtes Essen nicht heiß sondern eher warm ist, stellt keinen Mangel dar.Unzureichend ist auch die Angabe, es habe viel zu wenig warme Speisen gegeben. Ohne Darlegung, was es an warmen Speisen tatsächlich gegeben hatte, kann nicht festgestellt werden, dass diese zu wenig gewesen sein sollen.
Schließlich rechtfertigen die Erkrankung des Kindes sowie der Durchfall der Kläger keine Minderung. Ein solche Anspruch käme nur in Betracht, wenn die Kläger darlegten und notfalls bewiesen, dass die Ursache der Erkrankung auf eine Leistung des gebuchten Hotels beruhte (vgl. Führich aaO Rdnr. 326). Ein Anscheinsbeweis käme den Klägern nur zugute, wenn eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Hotelgästen in gleicher oder ähnlicher Weise erkrankten waren. Deshalb ist es erforderlich, die ungefähre Anzahl der Hotelgäste insgesamt sowie die Anzahl der erkrankten Reisenden und deren Krankheitsverlauf substantiiert vorzutragen (vgl. Seyderhelm Reiserecht § 651 d BGB Rdnr. 64 u. 66). Eine solche substantiierte Darlegung fehlt jedoch. Dass neben den Klägern und ihrem Kind eine signifikant hohe Anzahl weiterer Gäste im Hotel mit gleichartigen Symptomen erkrankt waren, ist mangels entsprechenden Vortrags nicht feststellbar.
Ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises sowie Aufwendungsersatz für die Kosten des Rückfluges ist nicht gegeben. Insoweit käme als Anspruchsgrundlage lediglich in Betracht § 651 e Abs. 3 bzw. Abs. 4 BGB. Voraussetzung hierfür wäre jedoch eine erfolglose Setzung einer angemessenen Frist nach § 651 e Abs. 1 BGB. Eine solche war nicht erfolgt. Auch kann nicht festgestellt werden, dass die Kläger gegenüber der Reiseleitung der Beklagten vor Ort eine Erklärung abgegeben hatten, die die örtliche Reiseleitung als Kündigung hätte verstehen können. Sowohl eine solche Erklärung als auch eine Fristsetzung wäre den Klägern jedoch nach eigenem Vortrag möglich gewesen. Danach hatten sie am 13. Juli 2008 telefonisch den Reiseleiter erreicht und hätten ihm im Rahmen dieses Telefonats erklären können, dass sie beabsichtigt hätten, die Reise abzubrechen und zurückzufliegen, falls Mängel nicht beseitigt würden. Daran fehlt es. Wegen der weitreichenden Folge einer Kündigung des Reisevertrages waren die Kläger verpflichtet, die gegebene telefonische Kontaktaufnahme zu nutzen, um ihren Entschluss dem Vertreter der Beklagten zukommen zu lassen. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Die bloße Abreise ohne Einschaltung der Reiseleitung reicht deshalb nicht (vgl. Führich aaO Rdnr. 372). Hinzu kommt, dass eine Kündigung nach § 651 e Abs. 1 eine erhebliche Beeinträchtigung voraussetzt. Dies wird nach überwiegender Ansicht bei einer Minderung von lediglich 20 % nicht angenommen (vgl. Führich aaO Rdnr. 364; Seyderhelm aaO § 651 e BGB Rdnr. 14). Somit lagen die Voraussetzungen für eine Kündigung nicht vor.
Auch der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Kosten des Ersatzhotels ist nicht gegeben. Anspruchsgrundlage hierfür wäre § 651 c Abs. 3 BGB. Auch hierfür wäre die Setzung einer angemessenen Frist erforderlich. Zudem handelt es sich bei dem Bezug eines Ersatzquartiers um eine sogenannte erweiterte Selbstabhilfe. Für diese fordert die überwiegende Ansicht eine erhebliche Beeinträchtigung wie bei der Kündigung nach § 651 e Abs. 1 BGB (vgl. Führich aaO Rdnr. 275). Diese Voraussetzung liegt jedoch bei einer Minderung von lediglich 20 % nicht vor.
Da entsprechend dem oben Ausgeführten die Kläger weder zur Kündigung des Reisevertrages noch zum Bezug eines Ersatzquartiers berechtigt waren, sind sie im Rahmen der Minderung so zu stellen, als wenn sie im gebuchten Hotel verblieben wären. Dann aber wären die oben angeführten Mängel während der gesamten Reisezeit gegeben gewesen, so dass der Berechnung der Minderung nicht lediglich die wenigen Tage, die die Kläger im Hotel verbracht hatten, zu Grunde zu legen ist, sondern die gesamte Reisezeit.
Schließlich ist auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen vertaner Urlauszeit nach § 651 f Abs. 2 BGB nicht begründet. Ein solcher setzte voraus, dass die Reise vertan oder zumindest erheblich beeinträchtigt gewesen wäre. Letzteres ist nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur erst der Fall bei Mängeln, die eine Minderung von mindestens 50 % rechtfertigten. Diese Voraussetzung ist aus den vorstehend wiedergegebenen Gründen nicht gegeben.
Der Zinsanspruch ist nach §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.007,00 Euro.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
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