Reisemangel bei Wasserknappheit

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

16. 07. 2009


Aktenzeichen

2-24 S 16/09


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.12.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v. d. H., Az.: 2 C 1786/07 (22), teilweise wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an den Kläger 1.700,- Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.08.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Von einer Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II, 313 a I S. 1 ZPO abgesehen.


II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache nur geringen Erfolg.

1. Der Kläger hat einen Anspruch auf teilweise Rückzahlung des Reisepreises aufgrund einer eingetretenen Reisepreisminderung wegen Reisemängeln gemäß §§ 651 c I, 651 d I, 638 III und IV BGB in Höhe von 1.700,- Euro.

Die Reise des Klägers und seiner Familie nach Venezuela in der Zeit vom 09.02.2007-24.02.2007 war im Sinne von § 651 c I BGB mängelbehaftet.

a. Das Amtsgericht hat seinen ausgeworfenen Minderungsbetrag von 1.700,- Euro auf drei Reisemängel gestützt, nämlich

- mangelhafte Wasserversorgung

- unfertige Hotelanlage/Baustellen

- zu geringe Doppelbettengröße von lediglich 1,40 m.

Das Amtsgericht hat ohne Differenzierung bzgl. der Mängel eine Minderungsquote von „etwa 1/3“ angenommen. Konkret ausgerechnet hat das Amtsgericht eine Minderungsquote von genau 33,86% angenommen.

Diese vom Amtsgericht angesetzte Minderungsquote ist letztlich nicht zu beanstanden.

aa. Völlig zutreffend hat das Amtsgericht in der mangelhaften Wasserversorgung einen erheblichen Reisemangel gesehen. Nachts zwischen 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr war die komplette Wasserversorgung in den Zimmern fast vollständig unterbrochen. Eine Möglichkeit, sich zu waschen oder mehr als eine Toilettenspülung vorzunehmen, war jedenfalls nicht möglich. Auch tagsüber war die Wasserversorgung in dem gebuchten Hotel massiv eingeschränkt. Wasser war nur sehr bedingt verfügbar. Insoweit wurde Wasser tankwagenweise eingekauft, um die Wasserversorgung rudimentär zu gewährleisten. Im Rahmen der Minderung kommt es auf ein Verschulden der Beklagten nicht an, worauf das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hat.

Das Berufungsgericht teilt die Auffassung des Amtsgerichts zum Vorliegen eines erheblichen Reisemangels uneingeschränkt. Insoweit kann sich die Beklagte auch nicht damit entlasten, dass sich das bereiste Zielgebiet in einem Entwicklungsland befinde und Defizite bei der Wasserversorgung eine landestypische Begebenheit seien. Vielmehr hat grundsätzlich jeder Reisende, der jedenfalls eine durchschnittliche Hotelunterkunft bucht und einen entsprechenden Reisepreis zahlt, regelmäßig auch einen Anspruch auf eine ausreichend funktionierende Wasserversorgung, egal ob Entwicklungsland oder nicht. Gegebenfalls sind aufgrund der Verhältnisse vor Ort geringfügige gelegentliche Versorgungsstörungen noch als Unannehmlichkeit hinzunehmen. Jedoch müssen entgegen der Auffassung der Beklagten solch massive Versorgungsstörungen wie vorliegend von einem Reisenden auch in einem Entwicklungsland nicht hingenommen werden, es sei denn die Beklagte hätte in ihrem Prospekt an prominenter Stelle ausdrücklich und deutlich darauf hingewiesen, dass die Wasserversorgung im Hotel möglicherweise nicht durchgängig gewährleistet ist. Dazu hat die Beklagte auch nach Hinweis des Berufungsgerichts jedoch nichts vorgetragen.

Dies gilt vorliegend umso mehr als der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, dass die mangelhafte Wasserversorgung entgegen der Behauptung der Beklagten kein inselweites Problem gewesen sei, da insbesondere in einem ca. 50 m entfernten Hotel keine Probleme mit der Wasserversorgung bestanden hätten (z. B. ganztägiges Laufen eines Rasensprengers, volle Pools).

Nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt dieser Mangel mit all seinen Auswirkungen eine Minderungsquote von mindestens 20%.

bb. Zutreffend hat das Amtsgericht auch hinsichtlich des Punktes „unfertige Hotelanlage/Baustellen“ einen nicht unerheblichen Reisemangel angenommen.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Beklagte selbst Bauarbeiten eingeräumt hat, zwar nur in geringem Umfange aber nichts desto trotz. Die unfertige Anlage und die entsprechenden Baustellen ergeben sich jedoch darüber hinaus aus dem ausreichend substanziierten Klägervortrag in Verbindung mit den vorgelegten Lichtbildern. Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht diese Lichtbilder verwertet hat. Entgegen der Auffassung der Berufung ergeben sich aus den Lichtbildern durchaus die Umstände einer unfertigen Hotelanlage und das Vorhandensein von Baustellen. Dagegen ist das pauschale Bestreiten der Beklagten unerheblich. Insoweit ist nach den Gesamtumständen darüber hinaus davon auszugehen, dass die Beklagte den Umfang der Bauarbeiten und der nicht fertigen Anlage ins Blaue hinein bestreitet. Zunächst ergibt sich der Zustand, wie bereits angesprochen, aus den vorgelegten Lichtbildern. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Beklagte hier Zustände schriftsätzlich bestreitet ohne vorher bei der Reiseleitung vor Ort über die tatsächlichen Zustände, die der Kläger substanziiert behauptet, Informationen einzuholen. Anders ist es nicht nachzuvollziehen, dass die vom Amtsgericht vernommene Reiseleiterin der Beklagten zu dem Mangelpunkt „Doppelbett“, der einzig Gegenstand einer Beweisaufnahme war, die bestreitende Behauptung der Beklagten sogar widerlegt und den Klägervortrag ausdrücklich bestätigt hat.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt dieser Mangel mit all seinen Auswirkungen eine Minderungsquote von mindestens 15%.

b. Da bereits für die Mängel „Wasserversorgung“ und „unfertige Hotelanlage/Baustellen“ eine Minderungsquote von mindestens 35% gerechtfertigt ist und das Amtsgericht lediglich eine Minderungsquote von 33,86% angenommen hat, kommt es auf die übrigen Mängel nicht mehr an.

Insbesondere kann offen bleiben, ob das Amtsgericht hinsichtlich der Doppelbetten zu Recht einen Reisemangel angenommen hat.

Weiterhin kann in diesem Zusammenhang letztlich dahinstehen, ob auch noch ein Reisemangel in Form einer Informationspflichtverletzung seitens der Beklagten in Betracht kommt, indem die Beklagte vor Reiseantritt nicht auf die unfertige Hotelanlage hingewiesen hat.

Da der vom Amtsgericht ausgeurteilte Minderungsbetrag von 1.700,- Euro jedenfalls aufgrund der vom Amtsgericht festgestellten Mängel gerechtfertigt ist, ist die Berufung der Beklagten insoweit unbegründet.

2. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts scheidet ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 169,99 Euro aus.

Ein solcher Anspruch ist weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich schlüssig vorgetragen worden.

Dem Vortrag des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass seine Prozessbevollmächtigte mit einer (ausschließlich) vorgerichtlichen Tätigkeit beauftragt worden ist (vgl. auch OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242 ff.).

Dem Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2007 (Bl. 13 ff. d. A.) lässt sich vielmehr entnehmen, dass dieses bereits schon zum Klageauftrag gehört hat. Denn dort heißt es im letzten Absatz nach einer Fristsetzung zur Zahlung: „Nach fruchtlosem Fristablauf werden wir die Ansprüche unseres Mandanten gerichtlich geltend machen....“

Das Schreiben diente demgemäß dazu, für ein späteres gerichtliches Verfahren die Kostenfolge des § 93 ZPO auszuschließen. Ein solches vorbereitendes Schreiben gehört jedoch schon zum Klageauftrag und kann nicht als isolierte außergerichtliche Tätigkeit angesehen werden. Dies wird auch durch die Prozessvollmacht vom 16.03.2007 (Bl. 7 d. A.) gestützt.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 II Nr. 1 (entsprechend), 97 I ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Rechtsgebiete

Reiserecht