Prominentenanwalt muss kritische Berichterstattung über seine Tätigkeit hinnehmen

Gericht

KG


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

18. 03. 2010


Aktenzeichen

10 U 139/09


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 8. September 2009 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin geändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe


Gründe

I.

Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO wird von der Darstellung des Tatbestandes abgesehen.


II.

Die gemäß § 511 ZPO statthafte Berufungen der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht im Sinne der §§ 517, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch analog § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, §§ 22 ff. KUG nicht zu.

Die angegriffene Veröffentlichung betrifft, wie das Landgericht zutreffend ausführt, den Kläger in der Sozialsphäre. Denn sie beschäftigt sich mit dessen beruflicher Tätigkeit als Rechtsanwalt und dessen Engagement in persönlichkeitsrechtlichen Angelegenheiten. Auch in diesem Bereich muss dem Einzelnen zwar grundsätzlich die Bestimmung darüber vorbehalten bleiben, welcher Öffentlichkeit er personal vorgestellt wird. Der Lebens- und Entfaltungsraum der Persönlichkeit wäre übermäßig eingeengt, wenn sie der steten Gefahr konfrontiert wäre, einer breiteren Öffentlichkeit ausgesetzt zu werden als jener, die sie im sozialen Kontakt gesucht hat (BGH NJW 1981, 1366 - Wallraff II). Einschränkungen für das Bestimmungsrecht können sich allerdings insbesondere daraus ergeben, dass der Betroffene in einem Wirkungsfeld auftritt, das nicht ihm allein gehört, sondern an dem andere mit ihren schutzwürdigen Interessen ebenso teilhaben. Vor allem Bedürfnisse der Allgemeinheit, dieses Wirkungsfeld als solches zur öffentlichen Erörterung und Kritik zu stellen, könne es rechtfertigen, mit ihm auch die in ihm tätigen Personen in die Öffentlichkeit zu rücken, insoweit drückt sich die Sozialbindung des Individuums in Beschränkungen seines Persönlichkeitsrechts aus (vgl. BGH a.a.O.).

Bei der Darstellung der beruflichen Tätigkeit ist der Einzelne zwar ebenfalls auf einen Mindestbestand an Schutz vor der Öffentlichkeit angewiesen, ohne den seine Persönlichkeit sich auch in diesem Bereich nicht frei entfalten kann. Dieser Schutz reicht aber nicht so weit, dass der Betroffene gegenüber Kritik abgeschirmt wäre. Soweit er Vorgänge zu vertreten hat, muss er es hinnehmen, im Zusammenhang damit genannt zu werden. Der Schutz bleibt dann auf die Verpflichtung des Kritikers zur Wahrheit beschränkt (vgl. BGH a.a.O.). Wie der BGH in einer Entscheidung vom 21. November 2006 (NJW-RR 2007, 619 = GRUR 2007, 350) betont hat, muss sich der Einzelne im beruflichen Bereich wegen der Wirkungen, die seine Tätigkeit für andere hat, von vornherein auf die Beobachtung seines Verhaltens durch eine breitere Öffentlichkeit einstellen. Wer sich im Wirtschaftsleben bestätigt, setzt sich in erheblichem Umfang der Kritik en seinen Leistungen aus. Zu einer solchen Kritik gehört, wie der BGH (a.a.O.) betont, auch die Namensnennung. Die Öffentlichkeit habe in solchen Fällen ein legitimes Interesse daran zu erfahren, um wen es geht.

Hiernach muss der Kläger die angegriffene Wortberichterstattung hinnehmen. Mit ihr wird zu einem in der Zeitschrift "M" veröffentlichten Artikel Bezug genommen, in dem der Kläger als einer der nationalen Top-Anwälte für Persönlichkeitsrecht erwähnt und für seine Erfolge gelobt wird. Die Beklagten kritisieren demgegenüber, dass der Kläger etwa für seinen Mandanten Joschka Fischer wegen der Veröffentlichung harmloser Fotos Schmerzensgeld beanspruchen würde und er nicht nur für das Persönlichkeitsrecht anderer streite, sondern auch die Persönlichkeitsrechte der Anwälte der eigenen Sozietät mit großem Aufwand verteidige. Die angegriffene Textpassage knüpft genau an diese Kritik an und sucht diese zu belegen. Ob es sich bei dem zitierten Fall um einen spektakulären handelte, ist nach Auffassung des Senats bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Kritik ebenso unerheblich wie die Frage, ob der Kläger im angeführten Fall im Recht war.

Vor diesem Hintergrund ist auch die Veröffentlichung des Bildnisses des Klägers nicht zu beanstanden. Denn der streitgegenständliche Bericht betrifft ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Bei der im Rahmen von § 23 Abs.1 Nr. 1 KUG vorzunehmenden Abwägung kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Bericht, wie bereits ausgeführt, auf einen Artikel in der Zeitschrift "M" Bezug nimmt und der Kläger, wie das Landgericht ausgeführt hat, nichts gegen die Darstellung seiner Person im Zusammenhang mit seinen Auftritten als Medienrechtexperte und Anwalt prominenter Mandanten einzuwenden und deswegen auch gelegentlich Bildberichterstattungen hingenommen hat.

Mangels Bestehens eines Unterlassungsanspruchs scheidet auch ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Kosten aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordert. Insbesondere liegt eine Abweichung von der Rechtsprechung eines obersten Gerichts oder eine sonstige Rechtsprechungsdivergenz nicht vor.


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