Kein Ordnungsmittel ohne Verschulden

Gericht

LG Köln


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

08. 03. 2010


Aktenzeichen

28 O 756/09


Tenor

Der Antrag des Gläubigers vom 26.11.2009 auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes gegen die Schuldnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Gläubiger auferlegt.

Entscheidungsgründe


Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Zwangsvollstreckungsverfahren darüber, ob die Schuldnerin ihrer Unterlassungspflicht aus der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 06.11.2009 ausreichend nachgekommen ist.

In der Zeitschrift … vom 18.11.2009 wurde die streitgegenständliche Werbung aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Bildnis des Gläubigers erneut veröffentlicht.

Die einstweilige Verfügung wurde dem Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin am Nachmittag des 11.11.2009 zugestellt. Nachdem er die einstweilige Verfügung seiner Posteingangsmappe entnahm und sie zur Kenntnis nahm, zeichnete er das Empfangsbekenntnis gegen und veranlasste dessen Rücksendung per Fax. Es wurde um 17:36 den Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers zurückgesendet.

Das Werk in dem die Zeitschrift gedruckt wurde, konnte aufgrund der Uhrzeit der Zustellung an diesem Tage nicht mehr erreicht werden.

Der Druck der Ausgabe vom 18.11.2009 begann im Werk … am französischen Standort der Schuldnerin mit der Gravur der Druckzylinder am 10.11.2009 von 10:00 Uhr bis 19:18 Uhr. Nach der Gravur ist der Austausch einzelner Seiten nicht möglich, vielmehr müsste mit einem Zeitaufwand von ca. 8 bis 11 Stunden einer neuer Zylinder graviert werden. Es wäre dann zu einer Verzögerung der Auslieferung mit Sonderauslieferungskosten gekommen.

Mit Druck und Heftung der Ausgabe wurde am 11.11.2009 um 2:20 Uhr begonnen. Um 6:00 Uhr wurde der Druck wegen eines französischen Feiertages für 24 Stunden unterbrochen und sodann bis um 13:20 am 12.11.2009 fortgesetzt. Der Druck erfolgt in Tiefdruckrotation, d. h. das einzelne Heft wird zugleich gedruckt, geheftet und geschnitten, pro Stunde ca. 35.000 Hefte.

Eine Abstandnahme vom Verkauf der Zeitung hätte Verluste von ca. 200.000,00 € zur Folge gehabt. Auch ein Neudruck hätte zu zusätzlichen Druck- und Auslieferungskosten im 6-stelligen Bereich geführt.

Der Gläubiger meint, das Verschulden der Schuldnerin sei durch diese Vorgänge nicht entkräftet.

Der Gläubiger beantragt,

gegen die Schuldnerin ein empfindliches Ordnungsgeld festzusetzen.

Die Schuldnerin beantragt,

den Ordnungsgeldantrag vom 26.11.2009 zurückzuweisen.

Die Schuldnerin ist der Auffassung, dass sie die Ausgabe vom 18.11.2009 dem Druck nicht mehr habe entnehmen können und müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte genommenen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.


II.

Der Antrag auf Verhängung des Ordnungsmittels ist nicht nach § 890 ZPO gerechtfertigt, denn es mangelt jedenfalls am hierfür notwendigen Verschulden der Schuldnerin betreffend die Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot der einstweiligen Verfügung der Kammer.

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass sich die Unterlassungsverpflichtung des Schuldners generell nicht im bloßen Nichtstun erschöpft, sondern vielmehr die Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustandes umfasst, wenn alleine dadurch dem Unterlassungsgebot Folge geleistet werden kann, damit der Vorwurf des Verschuldens entkräftet werden kann. Dabei ist der Schuldner jedoch nur innerhalb der Grenzen des Zumutbaren verpflichtet, alle ihm zu Gebote stehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um weitere Rechtsbeeinträchtigungen des Gläubigers auszuschließen.

Vorliegend war der Schuldnerin ein Abbruch und Neubeginn des Druckes nicht zumutbar. Zum Zeitpunkt der Gravur des Druckzylinders am 10.11.2009 ab 10:00 Uhr hatte die Schuldnerin von der einstweiligen Verfügung noch keine Kenntnis. Die Zustellung erfolgte erst im Laufe des späten Nachmittags des 11.11.2009 an ihren Prozessbevollmächtigten. Ab diesem Zeitpunkt war die Verbotsverfügung zu beachten. Da die Schuldnerin jedoch bis dato keine Kenntnis von der einstweiligen Verfügung hatte, bestand auch kein Anlass, besondere Vorkehrungen zu treffen, das Werk in Frankreich in der Nacht noch erreichen und den Druck stoppen zu können. Hierauf kam es letztendlich auch nicht an: Aufgrund der geschilderten Auslieferungsproblematik hätte mit einer neue Gravur des Druckzylinders die Auslieferung nicht mehr rechtzeitig und nur gegen Zusatzkosten erfolgen können. Denn aufgrund des französischen Feiertages hätte man wohl erst am 12.11.2009 mit der Gravur des Zylinders beginnen können, was alleine 9 bis 11 Stunden gedauert hätte und hätte hiernach noch einmal knapp einen 3/4 Tag drucken müssen, also nicht auf die bestehenden Auslieferungsmöglichkeiten zurückgreifen können.

Auch war es der Schuldnerin aufgrund der zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung am Morgen des 12.11.2009 schon gedruckten erheblichen Teilmenge von knapp 40.000 Zeitschriften nicht zuzumuten, diesen Wert zu vernichten und - inklusive eines neuen Druckzylinders - neu zu drucken.

Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen der Schuldnerin an der Auslieferung und dem Abverkauf der besagten Ausgabe kann bei der gebotenen Abwägung daher nicht dazu führen, die Untersagung der Bildnisverbreitung des Gläubigers im vorliegenden Verletzungsfall als vorrangig zu betrachten. Dies gerade deshalb, weil keine Unterlassung des Vertriebs der Zeitung angeordnet worden war, sondern lediglich die Unterlassung mit der Werbung des Bildnisses des Gläubigers. Die Einhaltung dieser Untersagungsverfügung wäre der Schuldnerin vorliegend aber nur noch durch das Stoppen des Drucks und der Auslieferung der Zeitschrift sowie deren Neudruck und verspätete Auslieferung unter erheblichen finanziellen Konsequenzen möglich gewesen. Das war ihr in diesem speziellen Einzelfall nicht zuzumuten.


Streitwert:
3.000,00 €.


Büch
Dr. Robertz
Dr. Semmler

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht