Markenmäßiger Gebrauch durch Verwendung auf der T-Shirt- Vorderseite?

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

16. 11. 2009


Aktenzeichen

3 W 120/09


Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 10. August 2009 abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.- ; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

verboten,

im geschäftlichen Verkehr mit Bekleidungsstücken die Bezeichnung „P...“ in Kombination mit der Darstellung eines springenden P..., so wie es aus der beigefügten Verbindungsanlage ersichtlich ist (obere Reihe, zweites Bild von rechts), zu benutzen, nämlich Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, bei denen diese Bezeichnung auf der Außenseite angebracht ist, anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder in der Werbung für Kleidungsstücke zu benutzen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird in Abänderung der landgerichtlichen Wertfestsetzung auf € 10.000.- festgesetzt.

Entscheidungsgründe


Gründe:

Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet. Zur Sache folgt der geltend gemachte Anspruch aus § 14 Abs. 2 Nr. 2 i. V. mit Abs. 5 MarkenG, der Verfügungsgrund ergibt sich aus §§ 935,940 ZPO.

Der Senat hat den missglückten Unterlassungsantrag nach § 938 ZPO als Verbotstenor so gefasst, dass das Verhalten gekennzeichnet wird, das der Antragsteller ausweislich der vorprozessualen Abmahnung unterbunden sehen will und zudem die zukünftig zu unterlassende Handlung für den Antragsgegner unmissverständlich bezeichnet wird. Nach der Sachverhaltsschilderung in der Abmahnung wendet der Antragsteller sich dagegen, dass der Antragsgegner über einen online-shop – erreichbar unter der dafür eingetragenen Domainanschrift www. ... .de – T-Shirts mit einem der für den Antragsteller eingetragenen nationalen Wort-/Bildmarke „P...“ – Nr. ... – entsprechenden Aufdruck zum Verkauf anbietet. Das vom Senat zugesprochene Verbot trifft das Charakteristische der Verletzungsform. Nichts anderes wollte der Antragsteller, der offenbar der Fehlvorstellung unterliegt, dass die verletzte Marke und nicht der Verletzungsgenstand in den Antrag aufgenommen werden müsste und der weiter die nichtssagende Tatmodalität des „Nutzens“ und weitere den Verletzungsfall nicht treffende Modalitäten in den Antrag aufgenommen hat. Da wenigstens aus der Abmahnung hervorgeht, was der Antragsteller tatsächlich will, geht der Senat als selbstverständlich davon aus, dass dies auch Ziel des Angriffs sein soll und die ungeschickte Form der Antragstellung aus Unkenntnis gewählt worden war. Eine Teilzurückweisung geht mit der vom Senat gewählten Fassung des Verbots deswegen nicht einher.

Die Vorausetzungen von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind gegeben. Es handelt sich um eine so genannte Doppel-Identverletzung. Der Antragsgegner benutzt das für den Antragsteller eingetragene Zeichen in identischer Form für Waren, für die das Zeichen eingetragen ist, im geschäftlichen Verkehr in den Tatmodalitäten des Anbietens und Werbens und setzt mindestens Begehungsgefahr dafür, dass das beworbene Teil bei entsprechender Nachfrage auch in den Verkehr gebracht wird.

Das Zeihen wird markenmäßig verwendet.

Dafür sind die Grundsätze der „Zicke“-Entscheidungen dieses Gerichts (Urteile vom 30.01.2002 – 5 U 160/01 – Zicke I und vom 20.02.2002 – 5 U 187/01 – Zicke II) sowie der „Angel“-Entscheidung (Urteil vom 14.08.2002 – 5 U 195/02 -), allerdings nur mit Bedacht heranzuziehen; denn bereits seit dem berühmten obiter dictum des BGH aus der Entscheidung „Oxygenol II“ (WRP 1995, 320) steht fest, dass die Kollisionslage des jeweiligen Einzelfalles nach dessen Gegebenheiten genau zu fokussieren ist und die Voraussetzungen eines markenrechtlichen Unterlassungsanspruchs sich nur nach Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalles feststellen lassen.

Der markenmäßige Gebrauch eines Zeichens liegt vor, wenn das Zeichen in der Weise verwendet wird, dass es im Rahmen des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren von denen anderer Unternehmen unterscheidet (siehe nur: EuGH Urteil vom 12.11.2002 in der Rechtssache C-206/01, Randziffern 47 ff, „Arsenal Football Club pic“, WRP 2002,1415), wobei man zur Frage der markenmäßigen Benutzung aber auch stets die Entscheidung „Hölterhoff“ (EuGH, Urteil vom 14.05.2002 in der Rechtssache C-2/00, WRP 2002, 664) mit lesen muss.

In der Antwort auf die Vorlagefrage der Hölterhoff-Entscheidung (a.a.O. Randziffer 17) geht es um die hier einschlägige Frage des markenmäßigen Gebrauchs in der als verletzend beanstandeten Verwendungsform. Diese soll dann nicht gegeben sein, wenn ein Dritter im Rahmen eines Verkaufsgesprächs die Herkunft der Ware aus seiner Produktion offenbart und er das betreffende Zeichen ausschließlich zur Kennzeichnung der besonderen Eigenschaften der von ihm angebotenen Ware verwendet, so dass ausgeschlossen ist, dass die benutzte Marke im Verkehr als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird.

Beide Entscheidungen beziehen sich auf bestimmte Verwendungssituationen für ein Zeichen, ändern aber nichts an dem Grundsatz, dass die Frage, ob ein Zeichen markenmäßig verwendet wird, nach der Sichtweise des normal informierten, durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers zu beantworten ist.

Der Referenzverbraucher mag hier zwar erkennen, dass es bei dem gestalteten P... Zeichen um die Veralberung eines berühmten Vorbildes geht. Dies schließt aber nicht aus, dass er in dem Aufdruck des Zeichens auf der Schauseite eines Bekleidungsstückes zugleich einen Hinweis auf die Herkunft des Stückes sieht, nämlich aus dem Betrieb desjenigen, der sich die Zeichenpersiflage hat einfallen lassen oder der von diesem lizensiert worden ist. Das Zeichen wird in der Verletzungsform damit nicht ausschließlich benutzt, um eine besondere Eigenschaft des T-Shirts anzuzeigen, also etwa derjenigen, Träger eines satirischen Beitrags zur Bereicherung der Kunstszene oder zur Meinungsmache zu sein. Es ist im Gegenteil nicht auszuschließen, sondern sogar überwiegend wahrscheinlich, dass relevante Anteile der Verbraucherschaft in der Verwendung des Zeichens auf der Textilie zugleich einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft des so bezeichneten Kleidungsstückes sehen werden.

Der Verfügungsgrund ergibt sich aus den §§ 935, 940 ZPO. Bei der danach vorzunehmenden umfassenden Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen gebührt denjenigen des Antragstellers der Vorrang. Er muss es bei eindeutiger Doppel-Identverletzung nämlich nicht hinnehmen, dass der Antragsgegner unter Verwendung einer ihm nicht gehörenden Marke Umsätze, die allein dem Markeninhaber gebühren, in die eigene Tasche abzuleiten versucht. Der Antragsteller ist nach Lage der Glaubhaftmachungsmittel auch zeitnah zur Aufdeckung des Verletzungsfalles gegen den Antragsgegner vorgegangen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Wertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO. Der Antragsteller hat zu eigenen Umsätzen unter dem Klagzeichen nichts vorgetragen, zur Marktbedeutung des Antragsgegners ist ebenfalls nicht vorbereitet, so dass der Senat nur einen durch die Aktivitäten des Antragsgegners etwa gefährdeten Jahresumsatz an der unteren Grenze zugrunde legen kann. ...

Rechtsgebiete

Markenrecht