Klausel "Änderungen des Programmablaufs vorbehalten" in einem Reiseprospekt

Gericht

OLG Nürnberg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

16. 12. 2008


Aktenzeichen

3 U 1724/08


Leitsatz des Gerichts

Die Verwendung der Klausel "Änderungen des Programmablaufs vorbehalten" in einem Reiseprospekt steht im Zusammenhang mit den Informationspflichten des Reiseveranstalters. Die Prüfung ihrer Zulässigkeit unterliegt daher nicht den Regelungen in §§ 305 ff. BGB, sondern hat anhand der Spezialvorschrift des § 4 BGB-InfoV zu erfolgen.

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29.07.08 abgeändert.

  2. Die Klage wird abgewiesen.

  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird in Abänderung des erstinstanzlichen Streitwerts auf 10.189 Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

A

Der Kläger ist ein Verein .... Die Beklagte gibt als Reiseveranstalterin regelmäßig Reiseprospekte heraus, so auch das sogenannte „P. B.“, das u. a. der Ausgabe der F. A. Zeitung vom 29.08.2007 beigelegen hat. In diesem Prospekt sind Angaben zum Reisepreis, Reiseziel, Transportmittel, zur Unterbringung und zu dem im Preis eingeschlossenen Mahlzeiten enthalten. Jede Reisebeschreibung ist mit dem Zusatz „Änderungen des Programmablaufs vorbehalten“ versehen.

Der Kläger ist der Auffassung, dass diese Klausel gegen § 308 Nr. 4 BGB verstoße, da sich nach ihrem Wortlaut die Beklagte Änderungen der versprochenen Leistung ohne Rücksicht auf die Zumutbarkeit für den Reisenden vorbehalte. Ferner liege ein Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor, da dieser im Prospekt enthaltene pauschale Änderungsvorbehalt in Widerspruch zu Nr. 5 der von der Beklagten selbst verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen stehe. Die Möglichkeit zu Leistungsänderungen sei dort anders geregelt als in dieser pauschalen Vorbehaltsklausel.

Der Kläger hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte unter Verhängung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd in Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Pauschalreiseverträgen gegenüber Verbrauchern wörtlich oder inhaltsgleich nachstehende Klausel zu verwenden und/oder sich bei der Abwicklung bestehender Verträge auf diese Klauseln zu berufen: „Änderungen des Programmablaufs vorbehalten.“

Ferner hat der Kläger von der Beklagten den Ersatz vorgerichtlicher Abmahnkosten verlangt.

Das Erstgericht ist der Ansicht des Klägers gefolgt und hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Die Beklagte hat gegen diese Verurteilung uneingeschränkt Berufung eingelegt. Der Kläger hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalts wird nach § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.


B

I.

Der Kläger will die für seinen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr aus einer Verletzungshandlung der Beklagten herleiten. Diese Verletzungshandlung liegt nach Ansicht des Klägers darin, dass die Beklagte die beanstandete Klausel unter Verstoß gegen die §§ 305 ff BGB in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendet hat.

Eine solche Verletzungshandlung liegt jedoch nicht vor, da die Verwendung der Vorbehaltsklausel im Zusammenhang mit Angaben in einem Reiseprospekt rechtlich nicht als „Verwendung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ zu verstehen ist. Die Beklagte verwendet den Änderungsvorbehalt vielmehr im Zusammenhang mit den Informationspflichten nach § 4 BGB-InfoV, die sie als Reiseveranstalter bei Herausgabe eines Reiseprospektes treffen. Insoweit hat der Gesetzgeber, was die Zulässigkeit von Änderungsklauseln betrifft, in §§ 4 ff BGB InfoV, die bei einer in die Zukunft gerichteten Unterlassungsklage auch in ihrer seit 28.10.2008 geltenden Neufassung anzuwenden ist, eine spezielle Regelung getroffen, die sich von den Änderungsmöglichkeiten in § 308 Nr. 4 BGB unterscheidet. Es wäre Sache des Klägers gewesen, einen eventuellen Verstoß gegen diese Bestimmung durch eine geänderte, prozessual mit einer Änderung des Streitgegenstandes verbundenen Klageänderung geltend zu machen, was jedoch nicht erfolgt ist (s. u. IV.).

1. Angaben in Prospekten sind grundsätzlich rechtlich als „invitatio ad offerendum“ und noch nicht als bindendes Angebot zu werten. Dieser Grundsatz wird allerdings durch § 4 Abs. 2 BGB-InfoV dahingehend durchbrochen, dass der Prospekt für den Reiseveranstalter insoweit bindend ist, dass er die darin enthaltenen Angaben bereits vor dem eigentlichen Abschluss des Reisevertrages nur noch eingeschränkt ändern kann (siehe Münchener Kommentar zum BGB - Tonner, 4. Auflage 2005 Rn. 23 f, Staudinger-Eckert, BGB, 2003, Rn. 13 f zu § 4 BGB-InfoV sowie Palandt-Sprau BGB, 68. Auflage, Rn. 2 zu § 4 BGB-InfoV). Allerdings eröffnet § 4 Abs. 2 S. 2 BGB-InfoV die Möglichkeit, diese vorvertragliche Bindung mit Hilfe eines Leistungsänderungsvorbehaltes für konkret zu bezeichnende Merkmale zu durchbrechen. Wie ein solcher Vorbehalt für eine Preisanpassung auszugestalten ist, ist nun der durch Verordnung vom 23.10.2008 geänderten BGB-InfoV selbst zu entnehmen, denn in Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 hat der Gesetzgeber selbst Beispielsfälle formuliert. Ein weiteres Kriterium enthält Art. 3 der EU-Richtlinie vom 13.06.1990, 90/134/BWG. Dort heißt es unter Nr. 1 g, dass ein Vorbehalt bereits im Prospekt klar formuliert sein muss.

2. Quintessenz des § 4 Abs. 2 BGB-InfoV ist, dass dort für den Zeitraum vor Vertragsschluss eine ausdrückliche Regelung für inhaltliche Änderungen einer Reise aufgrund eines Vorbehalts getroffen ist. Die §§ 305 ff BGB dagegen, auf die der Kläger seine Rüge stützt, regeln die Ausgestaltung eines bereits abgeschlossenen Vertrages durch Allgemeine Geschäftsbedingungen.


II.

Der Kläger kann dem nicht entgegenhalten, dass die Prospektangaben über § 4 Abs. 2 BGB-InfoV auch für die Zeit nach Vertragsschluss bindend werden, an dieser Bindung auch der Änderungsvorbehalt teilnehme und sich somit dieser dann doch an den Bestimmungen der §§ 305 ff BGB messen lassen müsse, der Änderungsvorbehalt somit selbst eine „Allgemeine Geschäftsbedingung“ i. S. d. genannten Vorschriften werde.

Diese Ansicht wird nicht geteilt, da nur die im „Prospekt enthaltenenen Angaben“ den Reiseveranstalter binden. „Angaben“ in diesem Sinne sind jedoch, wie § 4 Abs. 1 S. 1 BGB-InfoV einschließlich der Nr. 1-7 zu entnehmen ist, Angaben zu Merkmalen der Reise wie Reisepreis, Höhe einer zu leistenden Anzahlung, die Fälligkeit des Restbetrages sowie die in § 4 Abs. 1 Nr. 1-7 BGB-InfoV konkret aufgeführten Merkmale. Der Änderungsvorbehalt selbst ist gerade keine Angabe in diesem Sinne.


III.

Ebenso wenig vermag der Hinweis des Klägers, nämlich dass sich die Beklagte selbst auf den in ihrem Prospekt enthaltenen Änderungsvorbehalt für die Zeit nach Vertragsschluss berufe, ein anderes Ergebnis zu begründen. Denn allein eine falsche rechtliche Bewertung macht eine Klausel noch nicht zu einer für die Zeit nach Vertragsschluss geltenden Allgemeinen Geschäftsbedingung.

Der Kläger hat somit die Verletzung von Vorschriften gerügt, die für den hier zu beurteilenden Sachverhalt, nämlich eine Änderungsvereinbarung in einem Prospekt, keine Regelungen treffen. Demzufolge ist auch der vom Kläger gestellt Antrag, „in Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ die hier streitgegenständliche Klausel nicht mehr zu verwenden, unbegründet da die Klausel - wie dargelegt - nicht als „Allgemeine Geschäftsbedingung“, d.h. für die Zeit nach dem eigentlichen Vertragsschluss verwendet wird.


IV.

Die Frage, ob der hier von der Beklagten verwendeten Änderungsvorbehalt gegen § 4 BGB-InfoV verstößt, ist nicht zu klären:

Dazu hätte es eines geänderten Antrags bedurft. Der Kläger hätte seinen Unterlassungsantrag statt auf die „Verwendung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ auf die „Verwendung in Prospekten“ ändern müssen, was er jedoch nicht getan hat. Einer entsprechenden Umformulierung des Tenors steht § 308 BGB entgegen, da es sich um ein aliud, nicht aber um ein minus im Vergleich zum bisherigen Streitgegenstand handeln würde. Trotz ausdrücklichen Hinweises des Senats hat der Kläger seinen Antrag Innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 ZPO über eine - sogar stillschweigend mögliche - Anschlussberufung (siehe BGH, Urteil vom 07.12.2007, V ZR 210/06) nicht umformuliert. Die Klage musste folglich in vollem Umfang abgewiesen werden.


V.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Vorinstanzen

LG Nürnberg-Fürth, 7 O 10969/07, 29.07.2008

Rechtsgebiete

Reiserecht