Schutz einer bekannten Marke auch außerhalb des Markenrechts
Gericht
KG
Art der Entscheidung
Beschluss über sofortige Beschwerde
Datum
10. 11. 2009
Aktenzeichen
5 W 120/09
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Ast. hat glaubhaft gemacht: Sie führe vergleichende Tests von Waren und Dienstleistungen durch. Die Ergebnisse veröffentliche sie seit vielen Jahren u.a. in der Zeitschrift „test”. Sie sei Inhaberin einer Vielzahl von Marken, so etwa der beim DPMA für u.a. die „Veranstaltung, Auswertung und Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen” auf Grund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Wort-/Bildmarke
und der u.a. für „Verbraucherberatung bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen, insbesondere unter Verwendung von Test- sowie Test- und Untersuchungsergebnissen” eingetragenen und nachfolgend abgebildeten Wort-/Bildmarke
Der Verbraucher nehme die Werbung mit ihren Testergebnissen (für eine Vielzahl von Waren/Dienstleistungen) wahr, wie sie nachfolgend abgebildet ist:
Die Ast. sei 94% der Bevölkerung bekannt. Die Zeitschrift „test” würden 57% der Bevölkerung kennen.
Die Ag. habe an der Eingangstür des „F. -Mitmachzentrums” in … wie abgebildet geworben.
Die Ast. sieht darin nicht nur eine Verletzung ihrer Markenrechte. Der für die Werbung Verantwortliche suggeriere mit der Werbung für ein bestimmtes Produkt unter Inanspruchnahme von Marken/Unternehmenskennzeichen der Wahrheit zuwider, dass diese Werbung vom Originalhersteller stamme.
Auf die sofortige Beschwerde der Ast. wurde dem Ag. im Wege einer einstweiligen Verfügung untersagt, die Bezeichnung „test” zu benutzen, wenn dies wie abgebildet geschieht.
Auszüge aus den Gründen:
1. Die von der Ast. beanstandete Werbung des Ag. ist nach §§ 824 I, 1004 I BGB (in analoger Anwendung) zu untersagen.
a) Diese Werbung enthält aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs die Tatsachenbehauptung, die Ast. habe den Service des „F.-Mitmachzentrums” getestet und daraus sei diese Einrichtung des Ag. als „Testsieger” hervorgegangen.
aa) Die beanstandete Werbung lehnt sich nach Inhalt und äußerer Gestaltung an die gerichtsbekannt breiten Schichten der Bevölkerung geläufige Aufmachung an, mit der Testergebnisse der Ast. über viele Jahre von Unternehmen werbend mitgeteilt wurden. Kennzeichnend für diese Veröffentlichungen von Testergebnissen der Ast. sind ein viereckiger Kasten, in dem im oberen Teil hervorgehoben das Testergebnis genannt, darunter in kleinerer Schrift der Gegenstand des Tests umschrieben und wiederum darunter deutlich hervorgehoben die Veröffentlichung des Testergebnisses („test”-Logo als rotes Quadrat mit weißem Schriftzug „test” und daneben in deutlicher Schriftstärke die Angabe von Monat und Jahr, z.B. „8/2007”) angegeben wird. Diese Merkmale werden in einem wesentlichen Umfang in der beanstandeten Werbung übernommen. Es wird ein viereckiger Kasten benutzt, in dem im oberen Teil hervorgehoben das Testergebnis genannt wird („Testsieger”). Darunter wird der Gegenstand des Tests in deutlich kleinerer Schrift umschrieben („F. -Mitmachzentrum im Test: 5 Parteien”). Unter dieser Angabe wiederum werden deutlich hervorgehoben das „test”-Logo sowie daneben Monat und Jahr aufgeführt, und zwar in identischer Form wie bei der genannten Darstellung der Testergebnisse der Ast.
bb) Es mag bei Ansicht der beanstandeten Werbung auf den ersten Blick ungewohnt erscheinen, dass die Ast. nunmehr auch politische Parteien testet. Deutlich erkennbar soll sich der Test aber nicht auf politische Inhalte beziehen, sondern auf den Service von Geschäftsstellen oder Einrichtungen politischer Parteien („F.-Mitmachzentrum im Test: 5 Parteien … Servicequalität”). Eine derartige testweise Prüfung – mag sie auch neu erscheinen – ist mit den der Öffentlichkeit bekannten Untersuchungen der Ast. in den verschiedensten Bereichen noch ohne Weiteres zu vereinbaren.
Weitergehende Angaben, die etwa auf eine Parodie oder eine Übernahme der Aufmachung in einem nur übertragenen Sinne schließen lassen könnten, sind in der beanstandeten Werbung des Ag. nicht enthalten. Die allein gegenläufige Angabe „b. consulting” am oberen Rand des Kastens ist sachlich gehalten und sie steht der Annahme einer ernst gemeinten Sachaussage (Mitteilung des Ergebnisses eines tatsächlich durchgeführten Tests) nicht entgegen.
Allein die Angabe „b. consulting” ist auch nicht geeignet, die Vorstellung eines Testurteils der Ast. zu beseitigen. Dieser Name bzw. diese Firma ist in der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt. Zwar wird sie an der Stelle genannt, an der bei den Veröffentlichungen der Testergebnisse der Ast. deren Name angegeben ist. Diese Angabe der Ast. ist aber schon in den Veröffentlichungen ihrer Testergebnisse vergleichsweise unscheinbar (nicht zuletzt durch den dunkleren Hintergrund und des darin enthaltenen schwarzen Schriftzuges) und sie wird insbesondere durch das (auch vom Ag. übernommene) „test”-Logo weit in den Hintergrund gedrängt. Es prägt deshalb auch nicht die Erinnerung der Verbraucher. Darüber hinaus läge hinsichtlich der beanstandeten Werbung die Annahme des angesprochenen Verkehrs nicht fern, die Ast. habe sich zur Durchführung des Tests (unter ihrer Verantwortung) dieser Firma bedient.
b) Die Ast. hat glaubhaft gemacht, dass die vorstehend genannte Tatsachenbehauptung unwahr ist. Es ist nichts ersichtlich, dass dem Ag. hätte Anlass geben können, von der Wahrheit der Behauptung auszugehen. Die Umstände drängen sogar die Annahme auf, dass der Ag. bewusst und zielgerichtet die Fehlinformation eingesetzt hat, um eine größere Wirkung seiner Werbung in der Öffentlichkeit zu erreichen.
c) Die Tatsache ist geeignet, den Kredit der Ast. zu gefährden bzw. sonstige Nachteile für den Erwerb oder das Fortkommen der Ast. herbeizuführen.
aa) § 824 I BGB schützt die wirtschaftliche Wertschätzung von Unternehmen vor Beeinträchtigungen, die durch Verbreitung unwahrer Tatsachenbehauptungen über sie unmittelbar herbeigeführt werden (BGH, NJW 1978, 2151; BGHZ 90, 113 = GRUR 1984, 474 – Bundesbahnplanungsvorhaben; Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl. [2009], § 824 Rdnr. 1). Geschützt sind nur wirtschaftliche Interessen. Der Verletzte soll davor bewahrt werden, dass das Vertrauen Dritter in seine wirtschaftliche Seriosität und Bonität erschüttert wird (OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1988, 562; Palandt/Sprau, § 824 Rdnr. 8). Dem stehen sonstige Nachteile für den Erwerb (d.h. die gegenwärtige wirtschaftliche Stellung) und das Fortkommen (d.h. die wirtschaftlichen Zukunftsaussichten) des Verletzten gleich. Der Schutzzweck der Norm umfasst aber nicht jede Bedrohung, die auf unrichtige oder herabsetzende Äußerungen zurückgeführt werden kann; erfasst sind vielmehr nur Nachteile, die sich in den bestehenden oder künftigen Geschäftsverbindungen zu (potenziellen) Geschäftspartnern im weiten Sinne niederschlagen, nicht solche, die nur ein außergeschäftliches Verhalten Dritter beeinflussen (BGHZ 90, 113 = GRUR 1984, 474 – Bundesbahnplanungsvorhaben; Palandt/Sprau, § 824 Rdnr. 8).
bb) Die bewussten und zielgerichteten Falschinformationen in der beanstandeten Werbung des Ag. sind geeignet, die wirtschaftliche Betätigung und Entfaltung der Ast. im Wirtschaftsleben unmittelbar erheblich zu beeinträchtigen.
(1) Die beanstandete – der Öffentlichkeit allgemein zugängliche – Werbung des Ag. suggeriert eine Betätigung der Ast. im parteipolitischen – und damit einem stark emotional geprägten – Bereich.
Zwar belegt das Testergebnis als solches noch keine Verletzung einer parteipolitischen Neutralität der Ast. Nach dem Inhalt der beanstandeten Werbung sollen insgesamt fünf Parteien geprüft worden sein. Dass der daraus hervorgegangene Testsieger nicht mit sachgerechten Kriterien ermittelt worden wäre, kann dieser Werbung nicht unmittelbar entnommen werden. Auch die Herausstellung als Testsieger steht nicht notwendig der Annahme einer Neutralität der Ast. entgegen. Bei den von der Ast. im gewerblichen Bereich durchgeführten Testverfahren werden ebenso Testsieger ermittelt, ohne dass damit der Vorwurf verknüpft wäre, die Ast. bevorteile damit dieses Unternehmen.
Die Ast. wird mit der beanstandeten Werbung aber gegen ihren Willen in den politischen Bereich hineingezogen. Denn die beanstandete Werbung des Ag. dient unmittelbar der Werbung für eine politische Partei. Anders als im Unternehmensbereich ist Parteipolitik in den Augen nicht weniger Bürger stark emotional geprägt. Deshalb besteht eine konkrete Gefahr, dass insbesondere die der Partei des Ag. eher ablehnend gegenüber stehenden Verbraucher eine positive Werbewirkung von Äußerungen der Ast. für diese Partei missbilligen werden und diese Missbilligung insgesamt auf das Werk der Ast. übertragen wird. Dies kann naheliegend insbesondere den Absatz der von der Ast. verlegten Zeitschrift und eine Vermarktung ihrer Testergebnisse beeinträchtigen. Diese Gefahr beruht unmittelbar auf der Falschinformation des Ag.
(2) Darüber hinaus ist es ohne Weiteres vorstellbar, dass von der beanstandeten Werbung angesprochene Bürger auch negative Erfahrungen mit dem Service von Einrichtungen des Ag. gemacht haben oder machen werden. Für diese Verbraucher wäre das positive Testergebnis der Ast. nicht nur irritierend, sondern es läge für sie auch die Annahme einer Falschbewertung durch die Ast. nahe. Dies vermindert unmittelbar die Wertschätzung der Kompetenz der Ast. im Bereich des testweisen Vergleichs von Waren und Dienstleistungen. Damit ist der Kernbereich der wirtschaftlichen Betätigung der Ast. gefährdet.
(3) Die Verpflichtung der Ast. zur Gemeinnützigkeit steht der Annahme einer Gefährdung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen nicht entgegen. Denn die Ast. verfolgt ihre gemeinnützigen Ziele der Verbraucheraufklärung mit Hilfe privatwirtschaftlicher Gestaltungsmittel, insbesondere auch durch den Verkauf der von ihr herausgegebenen Zeitschriften, die über die Testergebnisse berichten.
d) Der dem Ag. zustehende verfassungsrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 I GG und der politischen Parteien aus Art. 21 I GG gibt vorliegend keinen Anlass, eine Kreditgefährdung der Ast. nach § 824 I BGB und eine daraus abgeleitete Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich der beanstandeten Werbung zu verneinen.
Art. 5 I GG schützt nicht die Wiederholung bewusst unwahrer Tatsachenbehauptungen (BVerfGE 94, 1; BGH, BGHZ 90, 113 = GRUR 1984, 474 – Bundesbahnplanungsvorhaben). Weitergehendes folgt auch nicht aus Art. 21 I GG.
Selbst wenn man in der beanstandeten Werbung des Ag. insgesamt eine Meinungsäußerung zur Servicequalität seiner Einrichtung sehen wollte, bliebe doch – wie erörtert – die Behauptung eines positiven Testverfahrens der Ast. als Tatsachenkern maßgeblich zu berücksichtigen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2006, 1130; NJW 2006, 207; NJW 2008, 358; NJW 2000, 199; BGH, GRUR-RR 2008, 257 Rdnr. 18 = NJW-RR 2008, 913 – namenloser Gutachter; NJW 1997, 2513; Palandt/Sprau, § 823 Rdnr. 102, § 824 Rdnr. 4 m.w. Nachw.).
Zwar kommt dem Schutz von Äußerungen politischer Parteien, die um die Gunst der Wähler werben, ein erhebliches Gewicht zu, insbesondere in Zeiten eines Wahlkampfes. Der Ag. äußert sich in der beanstandeten Werbung aber nicht zu allgemeinpolitischen, die Gesellschaft wesentlich berührenden Fragen. Die Qualität des Services parteipolitischer Einrichtungen spielt insoweit nur mittelbar eine Rolle.
Dem (unwahren) Tatsachenkern kommt hier schon deshalb eine besondere Bedeutung zu, weil der Ag. mit der vorliegenden Gestaltung seiner Werbung gerade den Umstand eines sachgerechten neutralen Testverfahrens herausstellen will und dies so auch vom angesprochenen Verkehr aufgefasst wird. Es ist dem Ag. ohne Weiteres möglich und zumutbar, allein das Unternehmen zu benennen, das die Tests vorgenommen hat (wohl die b. consulting), ohne dabei unmittelbar das Prestige der Ast. in Anspruch zu nehmen. Soweit damit die Werbung des Ast. weniger öffentlich wirksam sein sollte, muss er dies im Hinblick auf die aufgezeigte schutzwürdige wirtschaftliche Betätigungsfreiheit der Ast. hinnehmen.
e) Die Anwendung der allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften der §§ 824, 1004 BGB ist vorliegend nicht durch die Regelungen des Kennzeichenrechts (insbesondere des MarkenG) ausgeschlossen.
aa) Zwar enthält die beanstandete Werbung in markenrechtlich eine Verwechslungsgefahr begründender Form Kennzeichen (insbesondere die oben genannten Marken) der Ast. Gerade darauf beruht auch die Annahme der oben dargestellten Tatsachenbehauptung zu einem von der Ast. durchgeführten Test, aus dem die Einrichtung des Ag. als Testsieger vorgegangen sei. Es kommt hinzu, dass der angesprochene Verkehr diese Tatsachenbehauptung nicht nur als eine solche des Ag. (über sich und die Ast.) erkennt, sondern dass er nach dem Inhalt der beanstandeten Werbung eine eigene Aussage der Ast. zu einem von ihr durchgeführten Test annimmt. Dies ist markenrechtlich nicht eine notwendige, aber doch die typische Konstellation (unmittelbare Verwechslungsgefahr). Wenn das Kennzeichenrecht in §§ 14, 15 MarkenG einen Kennzeichenschutz allerdings nur „im geschäftlichen Verkehr” gewährt, bedarf ein weitergehender Schutz im privaten Rechtsverkehr auf Grund allgemeiner deliktsrechtlicher Vorschriften einer besonderen Rechtfertigung.
Zutreffend hat das LG im angefochtenen Beschluss trotz der gebotenen weiten Auslegung der markenrechtlichen Voraussetzung eines „geschäftlichen Verkehrs” eine wirtschaftliche Betätigung des Ag. mit der beanstandeten Werbung verneint. Diese dient nur seiner parteipolitischen Tätigkeit, die als solche keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgt. Weitergehendes hat die Ast. zum Gegenstand des „F.-Mitmachzentrums” auch nicht vorgetragen. Die Angabe „b. consulting” weist zwar auf ein gewerbliches Unternehmen hin. Damit soll aber nur eine Mitwirkung dieses Unternehmens am Testverfahren oder der Darstellung seines Ergebnisses verlautbart werden. Dieser Hinweis wird betont im Hintergrund gehalten. Damit stellt sich diese Angabe nur als eine die politische Werbung des Ag. für seine Einrichtung notwendig begleitende dar. Es fehlt deshalb – wie das LG zutreffend ausführt – an einem hinreichenden objektiven Zusammenhang zwischen der Handlung des Ag. und einer Förderung der unternehmerischen Tätigkeit dieses Unternehmens.
bb) Eine Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften gegenüber einem Handeln im privaten Rechtsverkehr ist zwar nicht von vornherein im Hinblick auf die speziellen Bestimmungen des Markengesetzes ausgeschlossen (BGH, GRUR 2009, 871 Rdnr. 37 – Ohrclips, m.w. Nachw.). Der Schutz von Marken nach den allgemeinen deliktsrechtlichen Vorschriften muss jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil der Schutz von Marken im MarkenG spezialgesetzlich ausgestaltet und auf ein Handeln im geschäftlichen Verkehr zugeschnitten ist. Dies gilt auch für den Schutz bekannter Marken, der im MarkenG eine umfassende Regelung erfahren hat. Allgemeine zivilrechtliche Bestimmungen können daher ergänzend nur herangezogen werden, wenn der Schutz nach dem MarkenG versagt. Davon kann nicht schon dann ausgegangen werden, wenn eine bekannte oder berühmte Marke außerhalb des geschäftlichen Verkehrs und damit im privaten Rechtsverkehr (etwa auf einer Internet-Plattform) Verwendung findet (BGH, GRUR 2009, 871 Rdnr. 37 – Ohrclips, m.w. Nachw.). Ob unter diesen Umständen noch an den Grundsätzen eines aus § 823 I BGB abgeleiteten Schutzes gegen eine Verwässerung von Marken (der eine Berühmtheit der Marke voraussetzt, BGH, GRUR 1990, 711 – Telefonnummer 4711; GRUR 1991, 863 [865f.] – Avon; Bornkamm, GRUR 2005, 97 [100]; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl. [2003], § 10 Rdnr. 788 m.w. Nachw.) festgehalten werden kann (ablehnend schon zuvor etwa OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2005, 317 – Cartierschmuck II, unter Hinweis auf eine wegen § 14 II Nr. 3 MarkenG fehlende Regelungslücke), kann hier dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist im privaten Rechtsverkehr der allgemeine deliktsrechtliche Schutz aus §§ 823ff. BGB für Marken dann eröffnet, wenn ein schwerwiegender Angriff auf die Marke vorliegt (so BGH, GRUR 2009, 871 Rdnr. 38 – Ohrclips, im Zusammenhang mit der Prüfung des § 826 BGB; ebenso schon OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2005, 317 – Cartierschmuck II). Bei der danach gebotenen Abwägung des jeweiligen Einzelfalles ist die Bekanntheit oder Berühmtheit einer Marke jedenfalls ein gewichtiger Umstand. An einem schwerwiegenden Angriff auf die Marke soll es etwa dann fehlen, wenn die Marke nur bezugnehmend („à la Cartier”) verwendet wird, und sei es auch auf einer Internet-Plattform (BGH, GRUR 2009, 871 Rdnr. 38 – Ohrclips; noch enger wohl OLG Frankfurt a.M., GRUR-RR 2005, 317 – Cartierschmuck II, selbst bei einer unmittelbar kennzeichnenden Verwendung).
Das Erfordernis einer Interessenabwägung bei einem Kennzeichenschutz außerhalb des geschäftlichen Verkehrs ist konsequent. Denn immerhin das Unternehmenskennzeichenrecht kennt mit § 12 BGB einen flankierenden Schutz der Firma eines Unternehmens (vgl. Palandt/Ellenberger, § 12 Rdnr. 9 m.w. Nachw.) auch im privaten Verkehr. § 12 BGB setzt aber weitergehend als der markenrechtliche Kennzeichenschutz eine Interessenverletzung und damit eine konkrete Interessenabwägung voraus. Es wäre schwer verständlich, wenn der Schutz einer Marke im privaten Rechtsverkehr darüber hinausginge oder dahinter zurückbliebe. Insoweit liegt es – in Angleichung zu § 12 BGB – nahe, für den Schutz einer Marke im privaten Rechtsverkehr ein berechtigtes, deutlich überwiegendes Interesse des Markeninhabers genügen zu lassen. Darüber hinaus muss ein flankierender deliktsrechtlicher Schutz von Marken nicht notwendig auf den Gebrauch im (privaten) „Rechtsverkehr” (Vorbereitung oder Durchführung eines Rechtsgeschäfts) beschränkt werden. So kommt eine Interessenverletzung im Sinne des § 12 BGB auch dann in Betracht, wenn etwa nur der Eindruck persönlicher oder familiärer Beziehungen erweckt wird (BGHZ 124, 173 [181] = NJW 1994, 245; Palandt/Ellenberger, § 12 Rdnr. 31 m.w. Nachw.) oder wenn der Name mit politischen Zielen in Zusammenhang gebracht wird, die der Namensträger missbilligt (BGHZ 8, 318 [323] = NJW 1953, 577; Palandt/Ellenberger, § 12 Rdnr. 31). Bei den im Geschäftsleben geführten Namen ist zwar nur ein geschäftliches Interesse schutzwürdig, dass sich aber ausnahmsweise auch aus ideellen Belangen ergeben kann (BGH, LM § 12 BGB Nr. 42; Palandt/Ellenberger, § 12 Rdnr. 32). Schutzwürdig im Sinne des § 12 BGB ist im Wirtschaftsverkehr aber vor allem das Interesse, nicht mit anderen Unternehmen verwechselt zu werden (Palandt/Ellenberger, § 12 Rdnr. 32).
Die (allein) das Markenrecht (und nicht auch das Unternehmenskennzeichenrecht) verbindlich und grundsätzlich abschließend regelnde Markenrechtsrichtlinie (Richtlinie 89/104/EG vom 21. 12. 1988) steht dem nicht entgegen. Gemäß Abs. 6 der Erwägungen der Markenrechtsrichtlinie will sie nicht ausschließen, dass auf die Marken andere Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten als die des Markenrechts, wie die Vorschriften über den unlauteren Wettbewerb, über die zivilrechtliche Haftung oder den Verbraucherschutz, Anwendung finden.
cc) Vorliegend ist von einem berechtigten, deutlich überwiegenden Interesse der Ast., im Übrigen sogar von einem schwerwiegenden Angriff auf die Kennzeichen der Ast. auszugehen.
Die Kennzeichen der Ast. werden nicht nur bezugnehmend, sondern unmittelbar kennzeichnend verwendet. Der Ag. ist für diese erstmalige Verwendung gegenüber der Öffentlichkeit unmittelbar selbst (mit-) verantwortlich. Über die Hauptfunktion einer Marke (im Rahmen des Produkt- oder Dienstleistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu dienen, vgl. EuGH, GRUR Int 1999, 438 Rdnr. 38 – BMW; BGH, GRUR 2002, 814 [815] – Festspielhaus; Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 78 m.w. Nachw; zu weitergehenden Funktionen einer Marke vgl. EuGH, GRUR 2009, 756 Rdnr. 58) hinausgehend sollen die vorliegend benutzten Marken der Ast. nicht nur eine Zuordnung einer Ware oder Dienstleistung zu einem Unternehmen bewirken, sondern sie sind verbunden mit einer Sachaussage (Durchführung und Ergebnis des Tests). Die Marken der Ast. mögen nicht berühmt sein (soweit dafür mindestens eine Verkehrsbekanntheit von 80% des angesprochenen Verkehrs gefordert wird, vgl. etwa BGH, GRUR 1991, 863 [866] – Avon; OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 352 – Schöner Wohnen in W.; krit. etwa Ingerl/Rohnke, § 14 Rdnr. 788 m.w. Nachw.), sie sind aber mit einer glaubhaft gemachten Verkehrsbekanntheit von über der Hälfte der Bevölkerung sehr bekannte Marken, die zudem – gerichtsbekannt – für eine besonders hohe Wertschätzung der Ast. (wegen der Neutralität und Objektivität ihrer Testverfahren) bei den Verbrauchern stehen. Der Ag. sucht diese Reputation der Ast. für seine parteipolitischen Zwecke auszunutzen. Dabei stellt er bewusst eine im Kern unwahre Tatsachenbehauptung auf. Dadurch werden – wie erörtert – schützenswerte wirtschaftliche Interessen der Ast. in einem erheblichen Umfang gefährdet. Es ist nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbung als Aushang an der Eingangstür des „Mitmachtzentrums” des Ag. nur von einer vernachlässigenswert geringen Anzahl von Bürgern wahrgenommen werden konnte oder kann. Der Ag. ist auf eine effektheischende Aufmachung seiner Werbung in der streitgegenständlichen Art nicht angewiesen. Soweit ein alleiniges Herausstellen des wahren Testunternehmens weniger Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erzeugen und das Testurteil dann auch weniger überzeugend sein sollte, wäre dies sachlich angemessen und dem Ag. ohne Weiteres zuzumuten. Unter diesen Umständen kann die Ast. auch nicht für einen hinreichenden Rechtsschutz darauf verwiesen werden, ausschließlich markenrechtlich gegen das in der streitgegenständlichen Werbung (wie erörtert in der oberen Zeile) genannte Unternehmen vorzugehen. Dies gilt schon deshalb, weil die Ast. Aufgabe und Funktion dieses Unternehmens hinsichtlich der beanstandeten Werbung und des ihr zu Grunde liegenden Testverfahrens nicht hinreichend sicher einschätzen, mithin auch nicht sicher von einer Tatbeteiligung dieses Unternehmens wissen kann. Auch bliebe die Ast. ungeschützt, wenn der Ag. schlicht den Hinweis auf dieses Unternehmen aus seiner Werbung entfernen und gegebenenfalls die Werbung nunmehr in alleiniger Verantwortung gestalten würde. Der Hinweis auf dieses Unternehmen ist vorliegend – wie erörtert – für die Begründung des Unterlassungsanspruchs unerheblich.
Allerdings ist die streitgegenständliche Werbung nicht im „Rechtsverkehr” verwendet worden. Die parteipolitische Werbung des Ag. ist nicht auf den Abschluss von Rechtsgeschäften gerichtet (weitergehendes zu den Inhalten des „Mitmachzentrums” des Ag. ist von der Ast. … nicht vorgetragen worden). Dies schwächt vorliegend die Verletzung der Interessen der Ast. aber nicht wesentlich ab. Die beanstandete Werbeaussage ist für die Öffentlichkeit allgemein zugänglich. Es werden also nicht nur bestimmte ausgewählte private Personenkreise von ihr angesprochen. Gegenstand der unter Mithilfe der Marken der Ast. bewirkten Fehlinformation ist eine geschäftliche Handlung (testweise Prüfung durch eine neutrale Einrichtung). Diese Fehlinformation ist gerade deshalb in besonderem Maß gefährlich, weil sie erkennbar von der angesprochenen Öffentlichkeit ernst genommen werden soll. Unter diesen Umständen ist es nicht von wesentlicher Bedeutung, dass die beanstandete Werbung kein rechtsgeschäftliches Verhalten gegenüber dem Ag. vorbereiten soll, solange – wie erörtert – diese Werbung geeignet ist, sich unmittelbar auf ein (rechts-) geschäftliches Verhalten der angesprochenen Verbraucher gegenüber der Ast. auszuwirken.
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