Auch bei Anwaltskosten: Erst mahnen, dann klagen
Gericht
AG Tempelhof-Kreuzberg
Art der Entscheidung
Schlussurteil
Datum
19. 06. 2009
Aktenzeichen
12 C 285/08
1) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2) Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte verbreitete in der Ausgabe von ..., für deren Inhalt sie verantwortlich ist, unter der Überschrift "Abweichler - ... tippt auf Finanzminister" u.a. die Darstellung, die damalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, ..., habe den damaligen Finanzminister ... und den damaligen Parlamentarischen Geschäftsführer der ...-Fraktion, ..., bei einem Treffen mit Vertrauten in der Staatskanzlei verdächtigt, sich bei der Ministerpräsidentenwahl der Stimme enthalten zu haben.
Mit Schreiben der Kläger vom 19.3.2005 forderte ... die Beklagte zur Unterlassung und zum Widerruf dieser Behauptungen auf. Weiter gab sie der Beklagten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.843,24 Euro, berechnet nach einem Gegenstandswert von insgesamt 50.000,00 Euro, auf.
Die Beklagte gab weder eine Unterlassungserklärung ab, noch veröffentlichte sie den geforderten Widerruf.
Am 22.3.2005 erließ das Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 27 0 257/05 auf Antrag von ... eine einstweilige Verfügung, mit der der Beklagten die Verbreitung der beanstandeten Äußerungen untersagt wurde.
Die Beklagte akzeptierte die einstweilige Verfügung mit Abschlusserklärung vom 21.4.2005.
Unter dem 23.3.2005 forderten die Klägerin die Beklagte für ... erneut auf, den geforderten Widerruf zu verbreiten.
... trat unter dem 22.12.2008 Kostenerstattungsansprüche gegen die Beklagte an die Kläger ab.
Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen.
Mit der Klage haben die Kläger aus abgetretenem Recht der ... die Zahlung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.216,84 Euro gemäß Berechnung in der Klageschrift nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2.6.2005 verlangt. Die Beklagte hat die Forderung in Höhe von 626,40 Euro nebst Prozesszinsen anerkannt. Insoweit ist Anerkenntnisteilurteil im schriftlichen Vorverfahren ergangen.
Die Kläger verlangen nunmehr noch die Zahlung des Restbetrages aus abgetretenem Recht der ... .
Die Kläger tragen vor:
Die Beklagte sei zur Erstattung der Rechtsanwaltskosten verpflichtet, die für die Geltendmachung des Anspruchs auf Widerruf der falschen Tatsachenbehauptungen der Beklagten entstanden seien. Bei den Ansprüchen auf Widerruf und Unterlassung handele es sich nicht um eine einheitliche Sache im Sinne des § 15 RVG, zumal getrennte Aufträge erteilt worden seien. Es seien zwei Widerufsaufträge erteilt worden. Einer zusammen mit dem Unterlassungsanspruch
aufgrund der Vorabmeldung der Beklagten, worauf sich das Schreiben vom 19.3.2005 (Anlage 4 zur Klageschrift, Bl. 25 d.A.) beziehe und ein weiterer nach Erlass der einstweiligen Verfügung und zwar zu der zwischenzeitlich ins Netz gestellten Veröffentlichung der Beklagten in der Printausgabe, worauf sich das weitere Schreiben vom 19.3. 2005 (Anlage 6 zur Klageschrift, Bl. 30 d.A.) beziehe. ... seien für ihr Tätigwerden im Widerrufsverfahren unter dem 23.3.2005 insgesamt 1.216,84 Euro in Rechnung gestellt worden und der Rechnungsbetrag ihr gegenüber und unter Fristsetzung zum 1.6.2005 angemahnt worden. Da gegenüber der Beklagten ein deliktischer Anspruch geltend gemacht werde, habe es einer Zahlungsaufforderung an sie nicht bedurft.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 590,44 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.216.84 Euro vom 2.6.2005 bis zum 8.2.2009 und aus 590,44 Euro seit dem 9.2.2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor:
Die Kläger müssten sich daran festhalten lassen, dass sie selbst die Unterlassungs- und Widerrufsforderung als einheitliche Angelegenheit gehandhabt hätten. Auf die mit Schreiben vom 19.3.2005 geltend gemachten Gesamtkosten seien - unstreitig - bereits 1.216,84 Euro gezahlt, so dass lediglich der anerkannte Restbetrag verbleibe.
Verzugszinsen bereits seit dem 2.6.2005 seien nicht geschuldet, da sie sich nicht in Verzug befunden habe.
Den Klägern seien die Kosten aufzuerlegen, soweit Teilankerkenntnisurteil ergangen sei. Sie habe keine Veranlassung zur Klageerhebung geboten, da sie davon habe ausgehen können, dass Ansprüche bezüglich der Widerrufsforderung nicht mehr geltend gemacht werden würden. Nach Zurückweisung der Ansprüche mit Schreiben vom 21.3.2005 seien diesbezügliche Ansprüche von ... nicht mehr gestellt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist, soweit nicht Anerkenntnisteilurteil ergangen ist, unbegründet.
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung des noch geltend gemachten Restbetrages von 590,44 Euro gemäß §§ 823, 398 BGB gegen die Beklagte.
Aufgrund der unstreitigen Verletzungshandlung der Beklagten stand der Zedentin gemäß § 823 BGB ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Diese beliefen sich nach dem Schreiben der Kläger vom 19.3.2005 für die Geltendmachung des Unterlassungs- und des Widerrufsanspruchs nach einem einheitlichen Gegenstandswert von 50.000,00 Euro für beide Ansprüche auf insgesamt 1.843,24 Euro. Hierauf wurden unstreitig 1.216 Euro - teilweise durch Anrechnung des auf den Kostenfestsetzungsbeschluss in dem Verfahren auf Erlass der einstweiligen Verfügung gezahlten Betrages - gezahlt so, dass ein Restbetrag von 626,40 Euro verblieb, der anerkannt wurde.
Weitere Zahlungsansprüche stehen den Klägern nicht zu, Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Geltendmachung von Unterlassungs- und Widerrufsansprüchen grundsätzlich um eine Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs. 2 RGV handelt oder ob sie getrennt zu betrachten und abzurechnen sind. Hier sind die Kläger selbst davon ausgegangen, dass eine einheitliche Angelegenheit vorliegt, in dem sie eine einheitliche Abrechnung für beide Ansprüche unter Zusammenrechnung der Gegenstandswerte vorgenommen haben. Daran müssen sie sich festhalten lassen.
Soweit die Kläger nunmehr vortragen, es seien zwei Widerrufsaufträge erteilt worden und demzufolge zweimal Widerrufsansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht worden, kann dem nicht gefolgt werden. Das weitere Schreiben vom 19.3.2005, auf das sie sich insoweit beziehen, richtet sich nicht an die Beklagte, sondern an den Verlag ..., also das Printmedium.
Diesbezügliche Kostenerstattungsansprüche können daher nicht gegenüber der Beklagten, sondern allenfalls gegenüber der dem ... Verlag geltend gemacht werden.
Ein weitergehender Zinsanspruch über die bereits in dem Anerkenntnisteilurteil zugesprochenen Prozesszinsen hinaus besteht nicht. Die Beklagte befand sich nicht in Verzug, da eine Mahnung ihr gegenüber nicht erfolgt ist und in dem Schreiben vom 19.3.2005 auch keine Zahlungsfrist gesetzt war.
Ob sich ... gegenüber ihren Prozessbevollmächtigten mit der Zahlung der Rechtsanwaltsgebühren in Verzug befand, kann dahinstehen. Ein derartiger Verzugsschaden wäre jedenfalls infolge überwiegenden Mitverschuldens der Geschädigten, die die Beklagte jedenfalls hätte darauf hinweisen müssen, dass ein weiterer Schaden droht, nicht erstattungsfähig. Im Übrigen ist ein derartiger Anspruch auch von der Abtretungserklärung nicht erfasst.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 93 ZPO.
Soweit die Kläger in dem Rechtsstreit unterlegen sind, waren ihnen gemäß § 91 ZPO die Kosten aufzuerlegen.
Soweit die Beklagte die Klageforderung teilweise anerkannt hat, haben die Kläger die Kosten gemäß § 93 ZPO zu tragen, da die Beklagte die begründete Klageforderung sofort anerkannt und ausgeglichen hat und auch keine Veranlassung zur Klageerhebung geboten hatte. Die Beklagte befand sich, wie dargelegt, nicht in Verzug. Sie durfte auch darauf vertrauen, dass nicht ohne weitere Ankündigung Klage erhoben wird, nachdem die Zahlung bereits im Jahr 2005 verlangt wurde und seitdem der Anspruch nicht weiter verfolgt worden war. Dass die auf § 823 BGB gestützte Forderung sofort fällig war, steht dem nicht entgegen, da Fälligkeit einer Forderung und Anlass zur Klage im sinne des § 93 ZPO nicht gleichzusetzen sind.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 1, 11, 711 ZPO.
Irmscher
Kanzlei Prof. Schweizer Rechtsanwaltsgesellschaft mbH © 2020
Impressum | Datenschutz | Cookie-Einstellungen