Hauptsacheverfahren verloren? Besser im Verfügungsverfahren zahlen!

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Hinweisbeschluss


Datum

24. 09. 2009


Aktenzeichen

27 O 425/08


Entscheidungsgründe

Die Antragstellerin wird darauf hingewiesen, dass die Kammer den Aufhebungsantrag nicht für erledigt hält.

Der Aufhebungsantrag, der sich ausweislich seiner Begründung allein auf die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung bezieht und auf eine Kostengrundentscheidung in Bezug auf das Anordnungsverfahren zu Gunsten der Antragsgegnerin abzielt, ist zulässig.

Zwar kann einem Aufhebungsantrag das Rechtsschutzinteresse fehlen, wenn der Antragsteller auch auf die Rechte aus der Kostenentscheidung und dem anschließend ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss verzichtet. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für die Fallgestaltung des § 927 ZPO (NJW 1993, 2687), gilt aber wegen identischer Interessenlage auch für das Verfahren nach § 926 Abs.1 ZPO (OLGR Köln 2005, 51, 52). Vorliegend hat die Antragstellerin auch auf die Rechte aus der Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung verzichtet.

Dies geht aus ihrem Schreiben vom 03.04.2009 hervor. Zwar erklärt die Antragstellerin dort nur allgemein den Verzicht "auf die Rechte aus der einstweiligen Verfügung vom 29.04.2008". Diese Erklärung ist aber dahingehend auszulegen, dass dies nach dem Willen der Antragstellerin auch den Verzicht auf die Rechte aus der Kostenentscheidung (Ziff. II der einstweiligen Verfügung) umfassen sollte. Anderenfalls ergäbe es keinen Sinn, dass die Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 23.04.2009 gegen die von der Antragsgegnerin in deren Schreiben vom 01.04.2009 geltend gemachten Kosten des Anordnungsverfahrens in Höhe von insgesamt 2.196,38 (Gerichtskosten und Kosten aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 28.07.2007 und 16.06.2008) die Aufrechnung in Höhe von insgesamt 2.848,15 € erklärte. Unabhängig von der Wirksamkeit der Aufrechnung bzw. der Begründetheit der von der Antragstellerin zur Aufrechung gestellten Forderungen wird daraus ihr Willen deutlich, die von der Antragsgegnerin bereits bezahlten Kosten des Anordnungsverfahrens vollständig anzuerkennen.

Der Verzicht auf die Rechte aus der Kostenentscheidung beseitigt aber nur die Beschwer der Antragsgegnerin, nicht die Kosten des Verfahrens tragen zu müssen. Er verhilft ihr dagegen nicht zu einer Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten, aufgrund derer sie die ihr selbst entstandenen Kosten gegen die Antragstellerin festsetzen lassen könnte. Ohne eine solche Kostengrundentscheidung bliebe die Antragsgegnerin mit ihren eigenen außergerichtlichen Kosten des Verfügungsverfahrens belastet und müsste dies ggf. in einem. anderen Verfahren einklagen. Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt jedenfalls dann nicht, wenn der Antragsteller weiterhin zumindest ein Kosteninteresse hat. (vgl. OLGR Nürnberg 2005, 521; auch BGH NJW 1993, 2685, 2687), wie hier. Die Antragstellerin hat es ausdrücklich abgelehnt, die Verfahrensgebühr, die durch den Antrag gemäß § 926 Abs. 1 ZPO angefallen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO 27. Aufl., § 926 Rdz. 35), zu erstatten. Selbst wenn nach damaliger Rechtslage - vor Inkrafttreten des § 15 a RVG - die Hälfte der Verfahrensgebühr auf eine etwaig vorprozessual entstandene Geschäftsgebühr anzurechnen gewesen wäre, hätte die Antragsgegnerin immer noch einen Anspruch auf Festsetzung der hälftigen Gebühr gehabt.

Hinzu tritt, dass die Antragsgegnerin bereits Kosten gezahlt hat, die bei einer Kostengrundentscheidung zu ihren Gunsten gemäß § 91 Abs. 4 ZPO der Rückfestsetzung unterlägen. Mit materiell-rechtlichen Einwendungen wäre die Antragstellerin im Rückfestsetzungsverfahren ausgeschlossen (so zutreffend Zöller/Herget, a. a. O., § 104 Rdz. 21 "Rückfestsetzung"), so dass ihre Aufrechnung unbeachtlich wäre. Die Antragsgegnerin hätte also einen einfach durchsetzbaren prozessualen Kostenerstattungsanspruch und kann demgegenüber nicht darauf verwiesen werden, einen etwaig materiell-rechtlich bestehenden Bereicherungsanspruch erst gerichtlich durchsetzen zu müssen.

Die Antragstellerin hätte daher den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 ZPO zurücknehmen müssen, um dem Aufhebungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis zu nehmen. Daran fehlt es bisher.

Der Wert des Aufhebungsverfahrens beträgt bis zu 3.000,00 €, da die Antragsgegnerin nicht nur ihre Verfahrensgebühr festgesetzt haben will, sondern auch die Rückfestsetzung der gezahlten Kosten begehrt.

Die Antragstellerin erhält Gelegenheit, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen bzw. den Antrag auf Erlass einer einstweilige Verfügung zurückzunehmen.

Neuer Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird anberaumt auf den

29. Oktober 2009, 11.00 Uhr, Saal 143.


Mauck
Joseph

Rechtsgebiete

Presserecht