Viel Lärm um Nichts

Gericht

LG Hechingen


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

01. 07. 2009


Aktenzeichen

2 O 312/07


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 10.000,00 €

Tatbestand


Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld nach der Veröffentlichung seines Bildes in einer Zeitschrift der Beklagten.

Der Kläger ist ein in Sri Lanka lebender buddhistischer Mönch. Die Beklagte vertreibt die Zeitschrift ... . In der Ausgabe Nr. 19 vom 03.05.2007 zeigt die Doppelseite 46/47 ein Bild des damals 17 -jährigen Klägers, auf welchem er neben der schwangeren Schauspielerin ... abgebildet ist. Das Bild zeigt den in traditioneller Mönchstracht gekleideten Kläger mit halb geschlossenen Augen, eine Meditationshaltung einnehmend auf einem steinernen Sitzplatz sitzen. Ca. 50 cm bis 80 cm neben ihm befindet sich ... in einer ähnlichen Haltung sitzend, gekleidet mit einer knöchellangen weißen Hose und einer knapp die Schultern bedeckenden weißen, im Dekolleté ausgeschnittenen Bluse. Der links oben angebrachte Textbeitrag lautet "Bei den Mönchen im Kloster auf der Halbinsel von Bentota auf Sri Lanka meditiert ...". Links unten in etwas größerer Schrift heißt es "Durch Meditation zur inneren Ruhe finden".

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.08.2007 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung erfolglos auf, künftige Veröffentlichungen des Bildes zu unterlassen und eine angemessene Geldentschädigung zu bezahlen.

Der Kläger behauptet, er habe zu keinem Zeitpunkt in die Anfertigung einer Aufnahme und erst recht nicht in eine Verbreitung einer solchen in einer Zeitschrift eingewilligt. Es müsse sich insofern um eine Fotomontage handeln. Sollte keine Fotomontage vorliegen, habe er jedenfalls nicht verstanden, worauf sich seine Einwilligung bezogen habe.

Außerdem habe er schon deshalb nicht wirksam einwilligen können, weil er noch minderjährig gewesen sei. Insofern wäre eine Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters, des Tempelvorstehers, notwendig gewesen, die nicht vorgelegen habe.

Ein Ausnahmetatbestand, der eine Einwilligung ausnahmsweise entbehrlich mache, liege ebenfalls nicht vor.

Durch die Veröffentlichung seines Bildes sei sein Persönlichkeitsrecht nachhaltig beeinträchtigt worden. Sein Ansehen innerhalb des Tempels und bei der örtlichen Bevölkerung sei massiv verletzt worden. Auch sei er von einer Vielzahl von Touristen auf das Bild angesprochen worden. Es werde ihm nun gerüchteweise unterstellt, mit der abgebildeten, ihre körperlichen Reize offen zur Schau stellenden Schauspielerin sexuelle Kontakte zu pflegen, was für ihn eine tödliche Gerüchteküche darstelle.

Der Kläger, der sich insgesamt ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 € vorstellt, im Wege der Teilklage jedoch vorerst 10.000 € hiervon geltend machen will, beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus Anlass der Veröffentlichung seines Bildes in der Zeitschrift ... Nr. 19 vom 03.05.2007 (Bl. 46/47) eine angemessene Entschädigung zu bezahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit 12.09.2007.

Die Beklagte beantragt:

Klagabweisung.

Die Beklagte behauptet, der Kläger habe auf Bitten von ... in die Anfertigung der Aufnahmen eingewilligt. Diese habe ihm auch erklärt, dass die Fotos in einer deutschen Zeitschrift veröffentlicht werden würden. Der Kläger habe sich neben ... für die Anfertigung der Fotos positioniert und hierbei auch aktiv mitgewirkt, wobei schon die Art und Weise des Fotoshootings deutlich gemacht habe, dass es sich hier nicht um private Fotoaufnahmen gehandelt habe.

Dass keine Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters vorgelegen habe, sei unschädlich, weil der Kläger als zum Zeitpunkt der Aufnahme nahezu Volljähriger die Bedeutung und Tragweite seiner Einwilligung im vollem Maße begreifen konnte.

Eine nachhaltige Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers liege schon deshalb nicht vor, weil der Kläger auf dem Motiv positiv gekennzeichnet sei und nicht herabgewürdigt werde. Zudem werde die Zeitschrift überhaupt nicht in Sri Lanka vertrieben und sei auch nicht auf anderem Wege dort erhältlich, weshalb sich die Veröffentlichung überhaupt nicht auf die persönlichen Lebensumstände des Klägers auswirken könne.

Die Beklagte ist im Übrigen der Ansicht, die Klage sei schon deshalb unzulässig, weil der Kläger nicht gem. § 51 ZPO ordnungsgemäß vertreten gewesen sei. Nicht der Tempelvorsteher, sondern die Mutter des Klägers sei als dessen gesetzlicher Vertreter anzusehen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2008 (Bl. 81) und vom 20.05.2009 (Bl. 184) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben zu den Umständen bei der Herstellung des Fotos durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen ... und ... sowie zu den behaupteten Auswirkungen der Veröffentlichung auf das Leben des Klägers durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Gutachters ... . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das genannte Sitzungsprotokoll vom 13.06.2008 sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen vom 06.01.2009 (Bl. 161) verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Das Landgericht Hechingen ist sowohl örtlich als auch international zuständig.

Gem. § 32 ZPO ist beim Landgericht Hechingen der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung begründet, weil dort die Zeitschrift ..., wie in ganz Deutschland, bestimmungsgemäß erscheint oder verbreitet wird (Vgl. BGH NJW 1977, 1590, BGH NJW 1996, 1128).

Damit ist auch die internationale Zuständigkeit gegeben, zumal die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand in Deutschland hat.

2. Der am 23.12.1989 geborene Kläger ist prozessfähig. Zwar war der Kläger sowohl nach dem Recht seines Heimatlandes Sri Lanka, wonach Volljährigkeit mit 18 Jahren eintritt, als auch nach deutschem Recht bei Erhebung der Klage noch minderjährig. Im Laufe des Verfahrens wurde der Kläger jedoch volljährig und konnte deshalb gem. § 108 Abs. 3 BGB die bisherige Prozessführung, einschließlich der Prozessvollmacht des Klägervertreters, wie am 19.08.2008 geschehen (vgl. Bl. 119), wirksam genehmigen.


II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Dem Kläger steht weder ein Entschädigungsanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG) noch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG zu.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass dem Kläger durch die Veröffentlichung seines Bildes in der ... kein erstattungsfähiger Schaden entstanden ist.

Die hierzu erforderliche schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (BGH NJW 2000, 2195, 2197; BGH NJW 2005, 215) liegt nicht vor.

Nach den überzeugenden und ausführlichen Darlegungen des Gutachters ... von der Abteilung für Indologie und vergleichende Religionswissenschaft der ... Universität ... (Bl. 161) hat der Kläger nach dem für ihn geltenden buddhistischen Ordensrecht keine Sanktion zu gewärtigen, weil er sich wie oben beschreiben neben ... ohne Zustimmung des Tempelvorstehers fotografieren ließ. Ein Verstoß gegen Ordensregeln liegt demnach nicht vor, zumal sich der Kläger zu keinem Zeitpunkt alleine mit ... aufgehalten hat oder entsprechende Vorkehrungen oder Anstalten dazu getroffen hat. Vielmehr ist in Gestalt des männlichen Fotografen ... der ordensrechtlich geforderte männliche Zeuge anwesend gewesen.

Es ist auch nicht damit zu rechnen, dass der Kläger jenseits des offiziellen Sanktionierungssystems, das vorliegend mangels Verstoßes nicht greift, innerhalb des Ordens fortdauernd Repressalien oder auch nur offen zur Schau getragenem Ansehensverlust ausgesetzt wäre. Ein solches Verhalten verbietet nämlich die Natur des buddhistischen Ordens selbst. Jeder Mitmönch, der sich dem Kläger gegenüber so verhielte, machte sich schwerwiegenderer Verfehlungen schuldig, als der Kläger dies selbst tat.

Auch außerhalb der Klostergemeinschaft ist keine schwerwiegende Beeinträchtigung des Klägers zu erwarten. Weder der Bildinhalt, der zwei in normalem Abstand nebeneinander sitzende, ausreichend bekleidete Menschen in Meditationshaltung zeigt, noch der Begleittext, der die positiven Auswirkungen einer Meditation im Tempel des Klägers herausstellt, ist in irgendeiner Weise anzüglich oder zweideutig, so dass es an jeder Grundlage für die behaupteten Gerüchte fehlt, die dem Kläger angeblich eine sexuelle Beziehung zu ... unterstellen. Selbst wenn gleichwohl im weiteren sozialen Umfeld des Klägers solche Gerüchte kursieren sollten, würde der Kläger hierdurch nicht nachhaltig beeinträchtigt, nachdem zum einen objektiv überhaupt keine Verfehlung vorliegt und zum anderen der Kläger als buddhistischer Mönch über derartigen Gerüchten zu stehen hat.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit liegt § 709 ZPO zugrunde.


Kodal
Vors. Richter am Landgericht

Schwarz
Richter am Landgericht

Schwarz
Richterin am Landgericht

Rechtsgebiete

Presserecht