Anmeldung von Gewährleistungsansprüchen muss dem Reiseveranstalter zugehen, nicht nur dem Reiseleiter am Urlaubsort

Gericht

LG Frankfurt a.M.


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

15. 08. 2008


Aktenzeichen

2-24 587/07


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

... Das Amtsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Ansprüche nicht rechtzeitig gemäß § 651g Abs. l BGB gegenüber der Beklagten angemeldet hat.

Grundsätzlich muss der Reisende, damit er Gewährleistungsrechte erfolgreich durchsetzen kann, seine Ansprüche innerhalb eines Monats nach dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen.

Eine Mängelanzeige gemäß § 651c Abs. l BGB genügt hierfür nicht. Denn vom Reisenden werden zur Erhaltung seiner aus Mängeln der Reise erwachsenen Rechte Anzeigen an den Reiseveranstalter sowohl am Urlaubsort (§§ 651c Abs. 2, Abs. 3, 651d Abs. 2 BGB) als auch nach Rückkehr von der Reise (§ 651g Abs. 1 BGB) verlangt. Die Anzeige am Urlaubsort soll dem Reiseveranstalter vor allem Gelegenheit geben, vorhandene Mängel abzustellen (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf I -, BT-Drucks. 8/786, S. 26 f, sowie zum Entwurf des Rechtsausschusses des Bundestags - Entwurf II -, BT-Drucks 8/2343, S. 9 f). Die Frist des § 651g Abs. 1 Satz 1 BGB bezweckt dagegen, dem Veranstalter Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Mängelrügen zu ersparen. Auch soll verhindert werden, dass er Regressansprüche gegen Leistungsträger nicht mehr oder nur schwer durchsetzen kann (vgl. zum Entwurf I, a. a. O., S. 32; zum Entwurf II, a.a.O., S. 11). Dieser Zweck der Vorschrift erfordert zwangsläufig, dass der Reiseveranstalter über die einzelnen Mängel hinreichend unterrichtet wird (zum Ganzen: BGHZ 90, 363).

Nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 1988, 488, 489) kann die Anspruchsanmeldung grundsätzlich auch vor Ablauf der Reise erfolgen, weil in der Regelung des § 651g Abs. 1 BGB nicht der Beginn, sondern nur das Ende der Frist festgelegt werden soll. Allerdings muss die Anmeldung nach dem Wortlaut des § 651g Abs. 1 BGB gegenüber dem Reiseveranstalter erfolgen. Das bedeutet, dass die Anmeldung dem Reiseveranstalter zugehen muss. Wenn auch die Anmeldung keine Willenserklärung ist, sondern eine geschäftsähnliche Handlung (vgl. BGHZ 145, 343), ist nach dem Gesetzeswortlaut aber auch ein Zugang notwendig.

Ausreichend wäre auch ein Zugang bei einem rechtsgeschäftlichen Vertreter. Allerdings ist ein Reiseleiter kein rechtsgeschäftlicher Vertreter des Reiseveranstalters. Er ist auch nicht als Empfangsbote für Erklärungen eingesetzt. Denn der Reiseleiter ist nach seiner Funktion dafür eingesetzt, Abhilfeverlangen entgegenzunehmen und für Mängelbeseitigung zu sorgen. Davon zu unterscheiden sind die Erklärungen, die für die Geltendmachung von Ansprüchen notwendig sind (vgl. BGH, NJW 1988, 988, 989). Insofern hat der Reiseleiter nicht die Stellung eines Empfangsboten für eine Anspruchsanmeldung. Dies hindert aber nicht, dass der Reiseleiter eine Anspruchsanmeldung an den Reiseveranstalter weiterleitet. Geht die Anspruchsanmeldung in schriftlicher oder mündlicher Form bei dem Reiseveranstalter tatsächlich ein, liegt eine wirksame Anspruchsanmeldung i.S.d. § 651g Abs. 1 BGB vor.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist allerdings nicht davon auszugehen, dass der von der Beklagten eingesetzte Reiseleiter eine ihm gegenüber geäußerte mündliche Anmeldung von Ansprüchen an die Beklagte tatsächlich weitergeleitet hat. Der Zeuge H. hat in seiner Vernehmung ausdrücklich in Abrede gestellt, dass ihm gegenüber Ansprüche angemeldet wurden. Er hat klar unterschieden zwischen seiner Aufgabe als Reiseleiter und der Anmeldung von Schadensersatzansprüchen. Er sah sich zuständig, die Beschwerden über den Ablauf der Reise entgegenzunehmen und Mängeln abzuhelfen. Insofern hat er beschrieben, welche Maßnahmen er unternommen hat, um die Verzögerung zu kompensieren. Für eine finanzielle Abwicklung sah und sieht er sich nicht für zuständig und hätte das Geltendmachen solcher Ansprüche zurückgewiesen. Demzufolge sieht er sich auch nicht als Postbote.

Auf der Grundlage dieser Aussage ist auch die E-Mail des Zeugen H. vom 4.10.2005 nicht als eine Weiterleitung einer Anspruchsanmeldung zu verstehen. Wenn der Zeuge darin angibt, dass er die Beklagte über das Chaos in Delhi unterrichtet habe, so hat er die Beklagte über die tatsächlichen Ereignisse informiert, nicht aber eine Anmeldung von Ansprüchen der Klägerin weitergeleitet. Diese Annahme ist auch deswegen gerechtfertigt, weil der Zeuge H. als richtigen Anspruchsgegner die Fluggesellschaft A. ansieht und nicht die Beklagte. ...

Rechtsgebiete

Reiserecht