Keine Anerkenntniswirkung einer Unterlassungserklärung

Gericht

LG Berlin


Art der Entscheidung

Beschluss


Datum

24. 04. 2009


Aktenzeichen

15 O 757/07


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I.

Die Antragstellerin hat unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung eine Beschlussverfügung erwirkt, durch welche die Kammer der Antragsgegnerin bestimmte Äußerungen über die Antragstellerin gegenüber Dritten untersagt hat. Nach dem Widerspruch der Antragsgegnerin hat diese in einem Parallelverfahren zunächst eine eigene - gegenläufige - eidesstattliche Versicherung vorgelegt, zudem aber zu Gunsten der Antragstellerin, allerdings ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, woraufhin die Parteien auch das hiesige Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Sie streiten noch um die Kosten.


II.

Die Entscheidung ergeht gem. § 91 a I ZPO. Nach dem Sach- und Streitstand wäre die Antragstellerin aller Voraussicht nach unterlegen:

1. Auch unter Berücksichtigung der weiteren von der Antragstellerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherung einer Kollegin liegt ein sog. non-liquet (,,Aussage gegen Aussage") vor, was zu Lasten der Antragstellerin geht. Zur näheren Begründung wird auf den Beschluss des Gerichts vom 04.03.2008 (52 O 480/07) im Parallelverfahren verwiesen. Das Kammergericht hat bekanntlicherweise die Beschwerde gegen diesen Beschluss zurückgewiesen (Beschl. v. 09.01.2009 - 5 W 81/08).

2. Unbeachtlich ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat. Denn einer strafbewehrten Unterlassungserklärung kommt auch dann, wenn durch sie und infolge der nur eingeschränkten Beweismöglichkeit im Verfahren nach einer übereinstimmenden Erledigungserklärung dem Unterlassungsgläubiger der Zeugenbeweis abgeschnitten ist, keine Anerkenntniswirkung zu.

a) Bornkamm (in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 UWG, Rdnr. 1.111, m.w.N.) führt insoweit grundlegend aus:

"Mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung muss nicht notwendig ein Anerkenntnis des zugrunde liegenden gesetzlichen Unterlassungsanspruchs verbunden sein. Der Schuldner kann sich ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, dass sein Verhalten rechtmäßig war, und sich gleichzeitig unterwerfen, weil er an der Wiederholung der beanstandeten Werbemaßnahme kein besonderes Interesse hat, die Kosten einer gerichtlichen Auseinandersetzung aber scheut. Dabei weist er sinnvollerweise darauf hin, dass die Unterwerfung 'mit Rechtsbindungswillen, aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht' erfolgt. Die Gegenansicht (KG WRP 1977, 793, mit zust. Anm. Burchert; AG Oberhausen WRP 2000, 137; AG Charlottenburg WRP 2002, 1472), die dem Abgemahnten die Berufung auf die Rechtmäßigkeit seines Tuns abschneiden möchte, wird der Funktion der Unterwerfungserklärung als Streitbeilegungsinstrument in keiner Weise gerecht. Nach zutreffender Ansicht enthält die zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens abgegebene Unterwerfungserklärung weder eine Anerkennung der Rechtswidrigkeit der konkreten Verletzungshandlung noch ein Anerkenntnis des Unterlassungsanspruchs oder einer Schadenersatzpflicht (Ahrens/Scharen, Kap. 11, Rdnr. 38; Hess, WRP 2003, 353).

Sinn des Vorbehalts ist es zum einen, mit der Unterwerfungserklärung nicht zugleich die Belastung mit den Abmahnkosten anzuerkennen. Dieser Streit ist mit der Unterwerfungserklärung nicht präjudiziert. Der Schuldner kann sich ohne weiteres auf den Standpunkt stellen, trotz abgegebener Unterwerfungserklärung keinen Aufwendungsersatz zu schulden. In diesem Fall muss im Rahmen der (gerichtlichen) Auseinandersetzung um die Abmahnkosten geklärt werden, ob die Abmahnung berechtigt war (§ 12 I S. 2: dazu Rdnr. 1.81 ff). Der Vorbehalt dient zum zweiten dazu, die Kosten des Rechtsstreits abzuwenden, wenn die Unterwerfungserklärung im Prozess abgegeben wird. Auch hier führt die Unterwerfung nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen nicht notwendig zu einer Kostenentscheidung zum Nachteil des Schuldners. Er kann sich darauf berufen, die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen; mit der Unterwerfungserklärung habe er allein weiterem Streit aus dem Weg gehen wollen (Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, Kap. 46, Rdnr. 45, m.w.N.)".

Dem schließt sich das Gericht an. Die von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des OLG Schleswig (GRUR 1986, 840) ist nicht einschlägig, da es dort um die Anwendung des § 93 ZPO ging; sie dürfte im Übrigen auch den soeben zitierten Erwägungen zuwiderlaufen.

b) Dagegen spricht auch nicht, dass die Antragstellerin aufgrund der Abgabe der Unterlassungserklärung durch die Antragsgegnerin keine günstige Kostenentscheidung mehr erreichen kann. Zwar ist es der Antragstellerin deshalb verwehrt ein Hauptsacheverfahren anzustrengen, in dem - anders als hier durch die alleinige Würdigung von bereits eingereichten Urkunden (Vollkommer in: Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO, Rdnr. 26, m.w.N.), also der eidesstattlichen Versicherungen - durch Zeugenbeweis geklärt werden könnte, ob die verfahrensgegenständliche Äußerung tatsächlich gefallen ist (OLG Frankfurt WRP 1978, 222: Kein Schluss vom Misslingen einer Glaubhaftmachung im Eilverfahren auf die Chancen der Beweisführung im Hauptverfahren). Dieses Ergebnis könnte dadurch vermieden werden, dass der Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin ausnahmsweise doch eine Anerkenntniswirkung zugemessen wird. Das erscheint jedoch letztlich nicht erforderlich. Denn die Antragstellerin kann eine Schadensersatzklage, gerichtet auf die Kosten des hiesigen Verfahrens, anstrengen; in diesem Rechtsstreit wäre inzident die hiesige Kostenentscheidung, und zwar mit dem genannten Mittel des Zeugenbeweises, zu überprüfen.

Rechtsgebiete

Verfahrens- und Zwangsvollstreckungsrecht