Keine Geldentschädigung wegen Hochzeitsfotos eines Fernsehmoderators

Gericht

LG Hamburg


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

24. 04. 2009


Aktenzeichen

324 O 215/08


Tenor

  1. Die Klage wird abgewiesen.

  2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 25.000,-- € festgesetzt.

Tatbestand


Tatbestand

Der Kläger begehrt wegen einer Presseberichterstattung über seine Hochzeit Geldentschädigung sowie den Ausgleich von Anwaltsgebühren.

Der Kläger ist Fernsehmoderator. Im Juli 2006 heiratete er in Potsdam seine langjährige Lebensgefährtin. Darüber war im Vorfeld der Hochzeit von diversen Medien berichtet worden. Zu der Hochzeit hatten nur geladene Gäste, von denen mindestens 150 zur Hochzeit erschienen, und ausgesuchte Fotografen Zugang. Die standesamtliche Trauung fand im Schloss Belvedere statt, die kirchliche Trauung in der Friedenskirche. Beide Örtlichkeiten waren zuvor unter Verwendung von "Flatterbändern" abgesperrt worden.

Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschrift "..." (verkaufte Auflage im ersten Quartal 2006: 725.036 Exemplaren). In "..." vom 13.7.2006 erschien auf den Seiten 28 ff. unter der Überschrift "Geheimnisvolle Hochzeitsparty in Sanssouci" eine auf der Titelseite angekündigte Berichterstattung über die Hochzeit des Klägers (vgl. dazu Anlage K 2). Darin hieß es einleitend:

Vier Fanfarenstöße erschallten vom Lustschloss Belvedere auf dem Potsdamer Pfingstberg. Dann erklang "Air" von Johann Sebastian Bach. "Findet hier eine Trauerfeier statt?", wunderte sich eine ältere Dame, die ihren Yorkshireterrier im Park ausführte, "dieses Lied wird doch normalerweise bei Beerdigungen gespielt." Nein, hier heiratet der berühmte Fernsehmoderator ..., 50, seine langjährige Lebensgefährtin ..., 46, erklärte ihr eine Touristin aus Oberbayern, aber bei dieser Hochzeit sei wohl alles etwas anders. Eine Aussage, die den schönsten Tag im Leben des TV-Stars nicht hätte besser beschreiben können.

Schon im Vorfeld hatte es leider Streit gegeben. ... wollte sein Hochzeitsglück zwar mit seinen rund 180 Gästen teilen, aber nicht mit Millionen Fans, und versuchte, gerichtlich jegliche Berichterstattung zu verbieten. Das misslang teilweise. Die Plätze, an denen die Feiern stattfanden, wurden weiträumig mit weiß-rotem Flatterband abgesperrt. Breitschultrige Bodyguards patrouillierten, versperrten Spaziergängern den Weg. Ein Transporter von Feinkost Käfer, der für das Catering zuständig war, wurde von den Personenschützern auf der Fahrt zur Kirche durchsucht.

Vor der Hochzeit hatten der Kläger und seine (jetzige) Ehefrau der Beklagten und anderen Medienunternehmen in einem "presserechtlichen Informationsschreiben" mitteilen lassen, dass sie "keinerlei Berichterstattung über Details ihrer Hochzeit, Örtlichkeiten, etc." wünschten (Anlage K 1).

Auf Abmahnungen des Klägers gab die Beklagte Unterlassungsverpflichtungserklärungen bzgl. folgender Passagen ihrer Textberichterstattung über die Hochzeit des Klägers ab (Anlagen K 4 und 6):

Dann erklang "Air" von Johann Sebastian Bach.

Ein Transporter von Feinkost Käfer, der für das Catering zuständig war, wurde von den Personenschützern auf der Fahrt zur Kirche untersucht.

... (gepoltert wurde am Tag zuvor im Berliner Promilokal "Borchardt").

Im maurischen Kabinett im Ostturm gab sich das Paar um 12.10 Uhr vor Standesbeamtin Ulrike Wildner das Jawort. ... Dann wurden Bouvet-Champagner und Häppchen gereicht, ... trank Mineralwasser, Taunusquelle mit Kohlensäure. ... sie trug ein schlichtes knielanges weißes Kostüm mit Lochstickereien, dazu Sonnenbrille - unterhielt sich mit Thomas Gottschalk, 56, und Fritz Egner, 56, und kümmerte sich liebevoll um ihre Mutter, 79.

Eine Blaskapelle spielte Stücke aus den "Brandenburgischen Konzerten" von Bach.

...stiegen sie in den Transporter und fuhren zwei Kilometer zur evangelischen Friedenskirche im Park von Schloss Sanssouci. Die war betont schlicht geschmückt: zwei Buchsbäumchen am Eingang, am Altar zwei Blumengestecke aus weißen Lilien und Schleierkraut. Der evangelische Pastor begrüßte das Brautpaar und seinen katholischen Kollegen, der ... und seine ... traute: "Liebe Frau ..., lieber Herr ...! Lieber katholischer Bruder im Herrn! Liebe Gäste von nah und fern! Wir freuen uns sehr über ihren Weg zum Altar. Seien Sie behütet und gesegnet." Auch die vier Töchter des Brautpaars erbaten den Segen für ihre Eltern. Jede las eine Fürbitte. Die Jüngste, 7, sprach besonders bewegende Worte, vielen Hochzeitsgästen standen Tränen in den Augen: "Wir bitten für Oma Lala, Oma Ursula und Opa Alfred, dass sie uns jetzt ganz nah sind." Gegen 15 Uhr zog das Paar aus der Kirche aus. Wieder gab es Champagner, dazu Erdbeeren, Litschis und Kaffee. Wer es rustikal liebte, trank Potsdamer Rex-Pils."

Der Brautstrauß kam inzwischen in einen Kühlcontainer von Käfer - damit er frisch blieb.

Nach dem Menü mit Hummer und Kalbsfilets wurde gejazzt. ... hatte zuvor die Gäste begrüßt: "Ich freue mich so sehr, dass ihr alle da seid." Sein Schwiegervater ..., 79, wurde persönlicher: "Früher fragten mich alle, warum meine Tochter nicht verheiratet ist, heute fragen mich alle, warum sie sich nach 18 Jahren Beziehung jetzt doch getraut hat. Ich weiß es nicht.

Der Rahmen äußerst prunkvoll, die Feierlichkeiten eher wie bei Otto Normalverbraucher. Nur wenige Prominente, dafür viele alte Freunde, Nachbarn und Familie. Statt eines Feuerwerks stiegen um Mitternacht gelbe Luftballons in den Himmel. Keine prachtvollen Geschenke, das Paar wünschte sich Spenden für ein Kinderheim. Es gab keinen Hochzeitswalzer, sondern Hits wie "Dreamer" von Supertramp oder "Sex Bomb" von Tom Jones, gespielt von einer Coverband. Die Gäste tanzten bis morgens früh um drei.

Der Kläger vertritt die Ansicht, durch die angegriffene Textberichterstattung werde seine Privatsphäre aus kommerziellen Interessen schwerwiegend und besonders hartnäckig verletzt. Er beruft sich insoweit auf ein - zwischenzeitlich vom Hanseatischen Oberlandesgericht mit Urteil vom 21.10.2008 (Az.: 7 U 11/08) abgeändertes Urteil der Kammer, mit dem der Ehefrau des Klägers wegen der auch vorliegend angegriffenen Berichterstattung u.a. eine Geldentschädigung in Höhe von 25.000,- € zugesprochen worden war (Az.: 324 O 126/07). Für die erfolglose vorprozessuale Geltendmachung des Geldentschädigungsanspruchs könne er Kostenerstattung verlangen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

  1. an den Kläger eine Geldentschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die mindestens jedoch 25.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit betragen sollte.

  2. an den Kläger 1.057,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt sich gegen die Klage und beruft sich insoweit u.a. auf das bereits erwähnte Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe

I.)

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen der geltend gemachte Geldentschädigungsanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Artikeln 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG sowie der hieran anknüpfende Gebührerstattungsanspruch nicht zu.

Die angegriffene Berichterstattung verletzt nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. In dem von der Ehefrau des Klägers betriebenen Parallel-Verfahren zum Az. 324 O 126/07 bzw. 7 U 11/08, in der neben der vorliegend angegriffenen Textberichterstattung auch eine Bildnisveröffentlichung angegriffenen wurde, hat das Hanseatische Oberlandesgericht mit Urteil vom 21.10.2008 ausgeführt:

[...]

In der Veröffentlichung der die Klägerin zeigenden Fotografie lag - auch unter Berücksichtigung der in der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Kriterien (BVerfG, Beschl. v. 26. 2. 2008, GRUR 2008, S. 539 ff., 540 f., 541) - nicht eine Verletzung des Rechts der Klägerin am eigenen Bild aus § 22 KUG. Zu Recht sieht das Landgericht in der Aufnahme ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, weil im Zeitpunkt der Veröffentlichung ein hinreichendes öffentliches Interesse an einer Kenntnis der beanstandeten Aufnahme bestand. Die Heirat der Klägerin und des als Moderator mehrerer Fernsehsendungen bekannten ... war ein gesellschaftliches Ereignis von nicht ganz untergeordneter Bedeutung. Schon die Feierlichkeiten als solche bildeten ein bedeutsames gesellschaftliches Ereignis, das sich nicht allein darin manifestierte, dass eine große Zahl prominenter Personen einschließlich des regierenden Bürgermeisters der Bundeshauptstadt erschienen waren, sondern Öffentlichkeitswirkung auch dadurch entfaltete, dass für die Feierlichkeiten Baulichkeiten abgesperrt wurden, die beliebte Ausflugsziele sind und sonst dem Publikumsverkehr zumindest teilweise offenstehen. An diesen Vorgängen bestand auch ein erhebliches öffentliches Interesse, weil das Publikum ein Recht darauf hat zu erfahren, wie die Personen, die wie der Bräutigam durch das Moderieren auch politischer Sendungen auf die öffentliche Meinungsbildung Einfluss nehmen, zueinander stehen, wen sie zu Feierlichkeiten einladen und wie sie feiern. Gerade Feierlichkeiten wie Hochzeiten sind dazu geeignet, das reale Leben prominenter Persönlichkeiten damit zu vergleichen, wie sie sich bislang gegenüber der Öffentlichkeit präsentiert haben, und damit als Bestätigungs- oder Kontrastbild für die von ihnen öffentlich vertretenen Lebensentwürfe zu dienen. Dies sind, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, zwar Gesichtspunkte, die - da sie selbst nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit getreten ist – ihre Grundlage in der Stellung ihres Ehemannes im öffentlichen Leben haben. Die Klägerin muss es aber jedenfalls dann dulden, dass zur Illustrierung einer Berichterstattung über ein ihren Mann betreffendes Ereignis eine sie zeigende Aufnahme verwendet wird, wenn das betreffende Ereignis sie ebenso betrifft wie ihren Mann; denn dann ist auch ihre Beteiligung an diesem Ereignis für sich genommen ein zeitgeschichtliches Ereignis, über das nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG unter Beigabe eines sie - allein - zeigenden Bildnisses berichtet werden darf (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26.4. 2001, NJW 2001, S. 1921 ff., 1922 f. zur früher sog. "Begleiterrechtsprechung").

Voraussetzungen, unter denen nach § 23 Abs. 2 KUG die Veröffentlichung von Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte unzulässig sein kann, lagen nicht vor. Das veröffentlichte Bildnis ist für die Klägerin nicht abträglich, es zeigt sie insbesondere nicht bei einer Tätigkeit oder in einer Situation, in der es unschicklich wäre, einen Menschen genauer zu betrachten. Zwar kann sich die Klägerin hinsichtlich des ungestörten Ablaufs ihrer Hochzeitsfeierlichkeiten in einem hierfür eigens geschaffenen Raum im Grundsatz auf den Schutz ihrer Privatsphäre berufen, die sogar noch eine gewisse Verstärkung erfährt, da die Ehe und damit auch der Akt der Eheschließung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.5.1971, BVerfGE 31, S. 58 ff., 67 ff.) unter besonderem grundrechtlichen Schutz stehen. Dieser Schutz vermag das öffentliche Interesse an einer Kenntnis von Aufnahmen der von der Beklagten veröffentlichten Art, die die Klägerin auf ihrer Hochzeitsfeier zeigen, aber nicht zu überwiegen; denn die Klägerin konnte und durfte aufgrund der konkreten Umstände nicht darauf vertrauen, dass sie während der Hochzeitsfeierlichkeiten überhaupt nicht aufgenommen werden würde. Abgesehen davon, dass gerade Hochzeitsfeiern Ereignisse darstellen, in denen regelmäßig viele Fotografien - die dann auch dritten Personen gezeigt werden - angefertigt zu werden pflegen, kam hier hinzu, dass angesichts des durch die Absperrung erregten Aufsehens damit gerechnet werden musste, dass von Neugierigen - seien es einfache Passanten, Touristen oder berufsmäßige Fotografen - von außerhalb der Absperrungen in den abgesperrten Bereich hinein fotografiert werden würde. Bei der Abwägung darf weiter nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Bräutigam bzw. jetzige Ehemann der Klägerin eine Person von überragender Bekanntheit ist. Die für die Zulässigkeit der Verbreitung von Aufnahmen solcher Personen vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätze zur Leitbildfunktion prominenter Persönlichkeiten (zuletzt aaO., GRUR 2008, 542) gelten im vorliegenden Fall auch für die Klägerin; denn das hohe öffentliche Interesse, das daran besteht zu wissen, ob so bekannte Persönlichkeiten wie der Ehemann der Klägerin die von ihnen öffentlich repräsentierten Werte und Erscheinungsformen auch wirklich "leben" oder ob sie "in Wirklichkeit" nicht ganz anders sind, als sie sich vor der Fernsehkamera geben, erstreckt sich dann, wenn eine solche Person von hohem öffentlichen Interesse heiratet, naturgemäß auch auf den Ehegatten. Schließlich war auch die Art der Verbreitung des Bildnisses eher verhalten, indem es nicht als großer "Aufmacher" auf der Titelseite, sondern lediglich im Innenteil der Zeitung als ein Bild unter mehreren abgedruckt war.

2. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer fiktiven Lizenz verlangen. Ein solcher Anspruch steht ihr weder aus § 823 Abs. 1 BGB noch - verschuldensunabhängig - aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB zu.

a. Dem Anspruch steht schon entgegen, dass in der beanstandeten Berichterstattung kein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin lag.

Hinsichtlich der Bildnisveröffentlichung ergibt sich dies bereits aus den vorstehenden Ausführungen zum Bildnisrecht. Aber auch in der beanstandeten Textberichterstattung lag keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin. Dass Teile der Berichterstattung unzutreffend gewesen wären, behauptet die Klägerin nicht. Auch ein unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre der Klägerin ist nicht gegeben. In der Mitteilung des Ablaufs der Hochzeitsfeierlichkeiten, der Beschreibung der Örtlichkeiten, an denen die einzelnen Akte der Feier stattfanden, der Angabe der den Gästen angebotenen Speisen, der auf der Feier gespielten Musikstücke und der Wiedergabe von Äußerungen, die während der Feier getätigt worden sind, lag kein rechtswidriger Eingriff in einen so sehr geschützten Bereich der Privatsphäre der Klägerin, dass deren Verbreitung als unzulässig angesehen werden könnte. Denn alle diese Angaben betreffen Gegenstände, deren Bekanntmachung nicht nur als nicht ehrenrührig, sondern nicht einmal als auch nur unschicklich - und deshalb der öffentlich Kommunikation entzogen (vgl. BVerfG, Urt. v. 15. 12. 1999, NJW 2000, S. 1021 ff., 1022 f. zu § 23 Abs. 2 KUG) – angesehen werden könnte. Die der Öffentlichkeit von der Beklagten mitgeteilten Umständen sind vielmehr durchgehend von solcher Art, dass sie bei einer Hochzeit von Personen, die in gesellschaftlich exponierten Kreisen verkehren, nicht als ungewöhnlich erscheinen. Eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ergibt sich daher auch nicht daraus, dass die Beklagte detaillierte Angaben über Einzelheiten der Feierlichkeiten verbreitet hat, denn auch bei diesen Einzelheiten handelte es sich nicht um solche, die Einblicke in Sphären des Privatlebens der Klägerin erlauben würden, zu denen Personen außerhalb des engsten Familienkreises üblicherweise keinen Zugang haben.

Vor diesem Hintergrund kann auch in der Veröffentlichung des Textes des von der jüngsten Tochter in der Kirche gesprochenen Segenswunsches keine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin gesehen werden. Die Beziehung von Eltern zu ihren Kindern ist zwar in grundrechtlich über Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG abgesicherter Weise besonders geschützt (so über die im Bildnisrecht zu § 23 Abs. 2 KUG entwickelte Rechtsfigur der "Eltern-Kind-Situation", s. z.B. BVerfG, Beschl. v. 31. 3. 2000, NJW 2000, S. 2191 - Schutzanspruch des Kindes; BVerfG, Urt. v. 15.12. 1999, NJW 2000, S. 1021 ff., 1023 - Schutzanspruch der Eltern); aber abgesehen davon, dass dieser Schutz in erster Linie dazu dient zu verhindern, dass die elterliche Zuwendung zu den Kindern durch die unerlaubte Anfertigung von Fotografien gestört wird, greift er dann nicht ein, wenn die Kinder allein oder gemeinsam mit den Eltern im Mittelpunkt öffentlicher Veranstaltungen stehen und sich dadurch den Bedingungen öffentlicher Auftritte ausliefern (BVerfG NJW 2000, S. 2191). Nun weist das Landgericht zwar zu Recht darauf hin, dass die Feier in der Kirche nicht dadurch zu einer öffentlichen Veranstaltung wurde, dass mindestens 150 Gäste anwesend waren; das aber ändert nichts daran, dass das Sprechen des Segenswunsches vor einer großen Zahl von Personen stattfand, die nicht etwa einen vertrauten Kreis bildeten oder gegenüber der Klägerin zur Verschwiegenheit darüber verpflichtet gewesen wären, was sie während der Feierlichkeiten wahrgenommen hatten. Damit fand auch das Sprechen des Segenswunsches unter Bedingungen statt, unter denen die Klägerin damit rechnen musste, dass die gesprochenen Worte Personen mitgeteilt werden würden, die nicht selbst an der Feier teilgenommen haben. Bei einer solchen Konstellation kann dann auch eine Veröffentlichung des von dem Kind gesprochenen Textes nicht als ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin betrachte werden, wobei hinsichtlich der Klägerin noch hinzukommt, dass sie lediglich Adressat des Segenswunsches war.

Angesichts dieser Umstände, unter denen die Feier stattgefunden hat, könnte sich ein besonderer Schutz vor einer öffentlichen Verbreitung von Informationen über Einzelheiten dieser Feier daher letztlich nur daraus ergeben, dass die Klägerin und ihr Ehemann schlichtweg nicht wünschten, dass darüber berichtet werden möge, und diesen Wunsch auch der Beklagten bekannt gemacht hatten. Ein solcher Wunsch allein - bzw. die Missachtung eines solchen Wunsches durch ein Medienunternehmen - kann indessen jedenfalls dann nicht geeignet sein, eine Sphäre von solcher persönlichkeitsrechtlichen Bedeutsamkeit zu schaffen, dass ein Eindringen in sie als rechtswidrig erscheint, wenn er sich auf Vorkommnisse während eines Ereignisses bezieht, das ein zeitgeschichtliches Ereignis von einiger Bedeutsamkeit darstellt. Denn da bei derartigen Ereignissen das über Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Interesse der Öffentlichkeit an einer Information über dieses Ereignis im Raume steht, ist es einer rechtlichen Abschottung vor Veröffentlichungen, die allein auf dem Willen der Teilnehmer beruht, entzogen (so schon BGH, Urt. v. 27.10. 1967, GRUR 1968, S. 209 ff., 209 f. zur Behinderung des Informationsflusses über einen Unglücksfall durch "Exklusivverträge" mit den überlebenden Opfern; s. auch BGH, Urt. v. 20. 1. 1981, NJW 1981, S. 1089 ff., 1092 f. zur Zulässigkeit der Weitergabe von Erörterungen auf der Redaktionskonferenz einer auflagenstarken Tageszeitung).

[...]

4. Schließlich steht der Klägerin auch ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Artt. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG nicht zu, weil die beanstandete Berichterstattung, wie ausgeführt, schon nicht rechtswidrig war. Selbst dann, wenn man die beanstandete Berichterstattung in Teilen als rechtswidrig ansehen wollte, wäre eine so schwer wiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin, wie sie die Zuerkennung eines Anspruchs auf Zahlung einer Geldentschädigung voraussetzt (BGH, Urt. v. 15. 11. 1994, NJW 1995, S. 861 ff., 864 f.) nicht gegeben. Insoweit wird auf die Ausführungen oben unter 1. und 2. a. Bezug genommen.

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer - übertragen auf die vorliegende Klage - nunmehr an.


II.)

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.


Buske
Korte
Ritz

Rechtsgebiete

Presserecht