Schutzumfang der eingetragenen, konturlosen Farbmarke - de facto - stark beschränkt

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

19. 11. 2008


Aktenzeichen

5 U 148/07


Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

I.

Die Parteien sind Wettbewerber im Bereich der Haut- und Körperpflegeprodukte. Die Klägerin vertreibt die Produkte der Marke NIVEA, die Beklagte die Produkte der Marke DOVE. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus Marken- und Wettbewerbsrecht auf Unterlassung der Verwendung verschiedener – bei Klagerhebung insgesamt acht - Warenaufmachungen von DOVE-Produkten in Anspruch. Dabei geht es um die für diese Produktaufmachungen verwendete blaue Hintergrundfarbe.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie an dem für ihre NIVEA-Produkte verwendeten Blau eine kraft Verkehrsgeltung erworbene Benutzungsmarke gemäß § 4 Nr.2 MarkenG besitze. Ein Farbmuster des sog. NIVEA- Blau hat die Klägerin als Anlage K 15 vorgelegt. Auf diese Marke hat sie in erster Instanz ihre Ansprüche hauptweise gestützt. Hilfsweise beruft sie sich auf zwei eingetragene Gemeinschaftsmarken, nämlich die 3D-Marke 000428342 ( Anlage K 16 ) und die Bildmarke 0000869966 ( Anlage K 17 ).

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

  1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,--, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre, jeweils zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer) zu

    unterlassen,

    im geschäftlichen Verkehr,

    1. ein Duschbad in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    2. eine Körperlotion in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    3. eine Handcreme in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    4. eine Intensiv-Creme in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    5. ein Haarshampoo in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    6. eine Haarcreme in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    7. eine Haarkur in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

      und/oder

    8. eine Haarspülung in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

      anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klaganträge weiter verfolgt.

Die Klägerin greift die rechtliche Würdigung des Landgerichts an, dass sie keine Benutzungsmarke an der Farbe Blau erworben habe. Zu Unrecht habe das Landgericht außerdem eine Verletzung ihrer eingetragenen Gemeinschaftsmarken und wettbewerbsrechtliche Ansprüche verneint. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag hierzu. Außerdem stützt sie ihren Klagantrag zusätzlich auf ihre nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils eingetragene konturlose deutsche Farbmarke Blau Nr.30571072.9 ( Anlage K 78 ). Diese Marke ist am 12.11.2007 im Register des DPMA für „Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, nämlich Haut- und Körperpflegeprodukte“ eingetragen worden. Sie ist nachfolgend eingeblendet:

Mit Schriftsatz vom 14.10.2008 hat die Klägerin ihre Unterlassungsanträge um zwei weitere Produktaufmachungen der Beklagten erweitert, die im Laufe des Berufungsverfahrens auf den Markt gekommen sind. Sie beantragt nunmehr zusätzlich:

es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,--, Ordnungshaft ingesamt höchstens zwei Jahre, jeweils zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer zu,

unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr

  1. ein Haarspray in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

    anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen,

    und/oder

  2. einen Volumenschaum in der nachfolgend eingeblendeten Aufmachung

    anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen.

Die den Abbildungen im erweiterten Klagantrag entsprechenden Produkte und eine diese betreffende Werbung hat die Klägerin als Anlagen K 79-81 eingereicht. Ferner legt sie eine wissenschaftliche Untersuchung aus dem Jahr 2007 über die Bedeutung der Produktverpackung für die Markenpräferenz ( Anlage K 83 ), ein im Juli 2008 in ihrem Auftrag erstelltes farbpsychologisches Gutachten zur Bedeutung der Farbe Blau für Kosmetika der Marke NIVEA ( Anlage K 84 ) und eine im Juli 2008 erstellte gutachtliche Neubewertung der Meinungsumfrage vor, die der Markeneintragung zugrunde liegt ( Anlage K 87 ).

Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil. Ihrer Auffassung nach ist die Klage unabhängig von einem etwaigen Markenschutz der Klägerin schon deshalb unbegründet, weil sie in den angegriffenen Warenaufmachungen die Farbe Blau als Hintergrundfarbe und nicht kennzeichenmäßig benutze. Der Verkehr orientiere sich nur an der Wortmarke DOVE und dem Tauben-Logo. Diese Zeichen verfügten über einen Bekanntheitsgrad zwischen 70-81 %. Es bestehe deshalb auch keine Verwechslungsgefahr.

Hinsichtlich der Gemeinschaftsmarken erhebt die Beklagte nunmehr auch bezüglich der 3D-Marke ( Anlage K 16 ) die Einrede der Nichtbenutzung.

Soweit die Klägerin ihren Anspruch in der Berufungsinstanz auch auf die eingetragene Farbmarke stütze, sei die Eintragung zu Unrecht erfolgt. Die Beklagte hat unter dem 4.1.2008 einen Löschungsantrag beim DPMA gestellt ( Anlagen B 11, 12 zur Berufungserwiderung ). Die Beklagte beantragt hilfsweise, das vorliegende Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ihren Löschungsantrag auszusetzen. Zur Begründetheit ihres Löschungsantrags macht sie vertiefende Ausführungen.

Den neuen tatsächlichen Vortrag der Klägerin mit Schriftsatz vom 14.10.2008 und die hiermit eingereichten weiteren Gutachten rügt die Beklagte als verspätet. Sie widerspricht auch der Klagerweiterung auf zwei weitere Produkte. Die Beklagte reicht ferner eine von ihr eingeholte privatgutachtliche Stellungnahme zu den mit Schriftsatz der Klägerin vom 14.10.2008 vorgelegten Gutachten ein ( Anlage B 19 ).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin an dem sog. NIVEA-Blau ( Anlage K 15 ) eine Benutzungsmarke gemäß § 4 Nr.2 MarkenG zusteht, was das Landgericht verneint hat. Denn inzwischen besitzt die Klägerin eine eingetragene Farbmarke für denselben Blauton ( Anlage K 78 ), auf die sie sich auch noch in der Berufungsinstanz zulässigerweise berufen kann. An die Markeneintragung ist der Senat als Verletzungsgericht nach ständiger Rechtsprechung gebunden. Markenrechtliche Ansprüche der Klägerin sind jedoch aus anderen Gründen zu verneinen. Auch sonstige in Frage kommende Anspruchsgrundlagen aus Wettbewerbs- und allgemeinem Zivilrecht sind nicht erfüllt. Im Einzelnen :

1. Die Einführung der eingetragenen konturlosen Farbmarke als weitere Anspruchsgrundlage für die Klage begegnet keinen Bedenken. Es handelt sich um eine nachträgliche Klagerweiterung, nämlich um einen zusätzlichen neuen Streitgegenstand ( zwar gleichlautende Anträge, aber neuer anspruchsbegründender Sachverhalt ). Die nachträgliche Klagerweiterung wird prozessual wie eine Klagänderung im Sinne des § 263 ZPO behandelt und ist vorliegend gemäß § 533 ZPO zulässig. Denn die zwischen den Instanzen vorgenommene Eintragung ist eine nach den §§ 529 Abs.1 Nr.2, 531 Abs.2 Nr.3 ZPO in der Berufungsinstanz zu berücksichtigende neue Tatsache ( § 533 Nr.2 ZPO ). Die Klagänderung ist auch sachdienlich, da der bisherige Prozessstoff verwertbar ist und ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien auf der Grundlage der eingetragenen Marke vermieden wird. Insofern hat auch die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat keine Einwendungen geltend gemacht, so dass jetzt sogar von ihrer Einwilligung in die Klagerweiterung ausgegangen werden kann ( § 533 Nr.1, 525, 267 ZPO).

2. Auch die mit Schriftsatz vom 14.10.2008 vorgenommene Erweiterung der Klaganträge um zwei zusätzliche Produkte der Beklagten stellt eine nach Auffassung des Senats zulässige Klagänderung in der Berufungsinstanz dar. Die Einführung der beiden neuen Produkte ist als tatsächlicher Umstand nach § 529 ZPO ebenfalls berücksichtigungsfähig, da sie unbestritten nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfolgt ist und somit von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz vorgetragen werden konnte ( § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO ). Die Klagerweiterung ist ferner sachdienlich. Denn auch insoweit liefert der bisherige Prozessstoff die Grundlage zur Beurteilung der zusätzlich angegriffenen Produktausstattungen und wird ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien vermieden.

Die von der Beklagten gegen diese Klagänderung vorgebrachten Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Ob es sich bei den zusätzlich angegriffenen Produkten um solche im Warenidentitäts oder –ähnlichkeitsbereich handelt, ist eine reine Rechtsfrage, die auf der Grundlage des vorgetragenen Tatsachenmaterials zu entscheiden ist und sich bei der Begründetheit der zusätzlichen Anträge auswirken kann. Für die Frage der Sachdienlichkeit der zusätzlichen Klaganträge spielt diese Problematik keine Rolle, da – wie ausgeführt – in tatsächlicher Hinsicht der Prozessstoff auch für diese Anträge verwertbar bleibt.

Dass die Beklagte bei einer neuen Klage in Hinblick auf das von ihr gegen die eingetragene Farbmarke angestrengte Löschungsverfahren möglicherweise in einer prozessual besseren Situation wäre, weil eine zu ihren Gunsten ergangene ( jedenfalls erstinstanzliche ) Löschungsentscheidung bereits vorliegen könnte, vermag die Sachdienlichkeit der Klagänderung ebenfalls nicht in Frage zu stellen. Zum einen ist nach Einschätzung des Senats trotz der durchaus gewichtigen Kritik der Beklagten an der Markeneintragung nicht abzusehen, welchen Ausgang das Löschungsverfahren nehmen wird. Zum anderen wird das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss durch alle Instanzen aller Voraussicht nach Jahre beanspruchen, so dass die prozessuale Situation für die Beklagte kaum eine andere wäre, wenn man die Klägerin zu einer neuen Klage zwänge. Schließlich stützt die Klägerin ihre Ansprüche zugleich auf eine mit der eingetragenen Marke inhaltsgleiche Benutzungsmarke, die nicht Gegenstand des Löschungsverfahrens ist.

3. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs.2 Nr.1, Abs.5 MarkenG – sei es aus der eingetragenen Farbmarke Nr. 30571072.9, sei es aus einer entsprechenden Benutzungsmarke – steht der Klägerin nicht zu. Denn dieser Anspruch käme nur in Betracht, wenn einer der für die angegriffenen Warenaufmachungen jeweils verwendeten Blautöne mit dem Blau der Marke völlig identisch wäre ( BGH GRUR 04,151, 153 – Farbmarkenverletzung I ). Dies ist unstreitig nicht der Fall.

4. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs.2 Nr.2, Abs.5 MarkenG wegen Verwechslungsgefahr scheitert daran, dass die Beklagte die Farbe Blau bei den angegriffenen Warenaufmachungen nicht kennzeichenmäßig verwendet.

a) Ein Unterlassungsanspruch wegen markenrechtlicher Verwechslungsgefahr setzt nach ständiger Rechtsprechung des EUGH und des BGH voraus, dass die Beklagte ihrerseits die blaue Farbe in den Warenaufmachungen kennzeichenmäßig verwendet. Dabei geht die Rechtsprechung des BGH im Anschluss an die Entscheidung „Libertel“ des EUGH grundsätzlich davon aus, dass die Verbraucher es nicht gewöhnt seien, aus der Farbe von Waren oder ihren Verpackungen ohne grafische oder Wortelemente auf die Herkunft der Waren zu schließen, da eine Farbe als solche nach den derzeitigen Gepflogenheiten des Handels grundsätzlich nicht als Mittel der Identifizierung verwendet wird ( EUGH GRUR 03, 604 Ziff.65; BGH GRUR 04, 151, 154 – Farbmarkenverletzung I; BGH GRUR 05, 427,428 – Lila Schokolade; BGH GRUR 05, 1044, 1046 – Dentale Abformmasse ). Ein herkunftshinweisendes Verständnis des Verkehrs der Farbe einer Warenaufmachung kommt ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Farbe als solche im Rahmen aller sonstigen Elemente dieser Aufmachung in einer Weise hervortritt, dass sie als Kennzeichnungsmittel verstanden wird. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die geschützte Farbe über eine durch Benutzung erworbene gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt und aufgrund dessen eine entsprechende Gewöhnung des Verkehrs besteht, bei Waren der in Rede stehenden Art in der geschützten Farbe einen Herkunftshinweis zu sehen, und wenn die Farbe andererseits auch in der angegriffenen Verwendungsform ein wesentliches, durch herkömmliche Herkunftshinweise nicht in den Hintergrund gedrängtes Gestaltungsmittel ist ( BGH GRUR 05, 427, 428 – Lila Schokolade ).

b) Der Senat hält das sog. NIVEA-Blau für Haut- und Körperpflegeprodukte für durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

aa) Der Senat ist als Verletzungsgericht zwar an die Markeneintragung gebunden. Die Kennzeichnungskraft einer – wie hier – kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke muss er jedoch selbständig prüfen, wobei regelmäßig von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen werden kann ( BGH GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder; GRUR 2007,780,784 – Pralinenform ). Auch eine kraft Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marke kann bei Vorliegen besonderer tatsächlicher Umstände kennzeichnungsschwach sein, z.B. Marken, die sich an beschreibende Angaben anlehnen ( BGH a.a.O. – Kinder ). Die Kennzeichnungskraft einer Marke ist anhand aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen, wobei die Eigenschaften zu berücksichtigen sind, die die Marke von Haus aus besitzt, der von ihr gehaltene Marktanteil, die Intensität, geographische Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden ( EUGH GRUR 99,723,727 – Chiemsee; Ingerl-Rohnke, MarkenG, 2.Aufl.,§ 14 Rn.324 ). Bei der Ermittlung der Kennzeichnungskraft einer Marke geht es schließlich nicht nur um tatsächliche Feststellungen, sondern ihre Bestimmung hängt auch von wertenden Erwägungen ab ( HansOLG GRUR–RR 05, 149, 151- TNT Post Deutschland ).

bb) Wie bereits ausgeführt, geht die Rechtsprechung davon aus, dass Farben grundsätzlich keine Unterscheidungskraft besitzen, um Waren eines bestimmten Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dies gilt in besonderem Maße für den Markt der Haut- und Körperpflegeprodukte. Die Parteien haben durch die Vorlage unzähliger, insbesondere auch blauer Warenaufmachungen verschiedener, auch namhafter Hersteller ( Anlagenkonvolut B 11 ) eindrucksvoll belegt, dass dieser Markt sich durch eine ganz besondere Farbenvielfalt auszeichnet. Dies gilt auch für die Klägerin selbst, die neben Produkten in unterschiedlichsten Blautönen und in Weiß ( Anlagenkonvolut K 18 ) eine Vielzahl von NIVEA-Produkten in anderen Farben anbietet ( Anlagenkonvolut B 12 ). Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.10.2008 vorträgt, dass sich die Aufmachung einiger blauer Produkte aus dem Anlagenkonvolut B 11 inzwischen geändert habe, kommt es angesichts der verbleibenden Fülle hierauf nicht entscheidend an. Im Anlagenkonvolut B 11 befinden sich neben den vom Landgericht genannten Produkten zahlreiche weitere Produktaufmachungen mit einer dem NIVEA- Blau sehr nahe kommenden Hintergrundfarbe. Die Buntheit des Marktes wird nicht schon dadurch widerlegt, dass es daneben auch Hersteller gibt, die einen einheitlichen Farbauftritt besitzen, z.B. FRUCTIS von Garnier ( Anlage K 70 ).

Häufig werden in diesem Warenbereich außerdem Farben eingesetzt, um Unterscheidungen innerhalb eigener Produktreihen desselben Herstellers vornehmen zu können, wie bereits das Landgericht festgestellt hat, z.B. Hautpflegeprodukte für unterschiedliche Hauttypen, Haarpflegeprodukte für unterschiedliche Haareigenschaften usw. . Der Senat folgt dem Landgericht nicht nur in diesem tatsächlichen Befund, sondern auch in der Bewertung, dass die Farbe Blau für Haut- und Körperpflegeprodukte für beschreibende Assoziationen besonders geeignet erscheint und schließlich Kaufentscheidungen für solche Produkte häufig von dekorativen und ästhetischen Gesichtspunkten beeinflusst werden. Diese tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts decken sich mit dem Erfahrungswissen der Senatsmitglieder, die zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Vor allem aber ist hier ganz maßgeblich noch der Umstand zu berücksichtigen, dass es sich bei Blau um eine Grundfarbe handelt. Insgesamt besteht daher im Warenbereich der Haut- und Körperpflegeprodukte ein besonders hohes Freihaltebedürfnis für die Farbe Blau. Dieses Freihaltebedürfnis ist nach Auffassung des Senats nicht nur im Eintragungsverfahren für die Unterscheidungskraft einer Marke ( EUGH GRUR 03, 604, 608 Ziff.60 – Libertel ), sondern auch bei der Bestimmung der Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke im Verletzungsverfahren zu berücksichtigen.

cc) Die Parteien streiten in diesem Zusammenhang um die Bewertung der Repräsentativ-Befragung der Ipsos GmbH aus dem Jahr 2006, die der Markeneintragung zugrunde liegt ( Anlage K 40 ). Aus dieser hat das Landgericht einen Zuordnungsgrad der Farbe NIVEA-Blau von 55 % abgeleitet. Demgegenüber folgert die von der Klägerin vorgelegte Neubewertung durch die Ipsos GmbH von Juli 2008 aus den Umfrageergebnissen einen Zuordnungsgrad zu NIVEA/Beiersdorf ( spontan ) von 56,5 % und gestützt von 71,7 % ( Anlage K 87 ). Die Beklagte hält diese Bewertung unter Vorlage einer gutachtlichen Stellungnahme der Sachverständigen Dr.Pflüger ( Anlage B 19 ) für unzutreffend und meint, dass allenfalls die spontane namentlich korrekte Zuordnung von NIVEA-Blau durch 54,4 % aller Befragten anzuerkennen sei.

Für das vorliegenden Verfahren kann dieser Streit dahinstehen. Denn selbst wenn die Neubewertung der Umfrageergebnisse zuträfe, würde sich hieraus jedenfalls keine höhere als durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Farbmarke der Klägerin ergeben. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass für die in Anspruch genommene blaue Farbe im Bereich der Haut- und Körperpflegeprodukte ein hohes Freihaltebedürfnis besteht. Zwar mag es bei ungewöhnlichen Farben, die im Wesentlichen nur von einem Wettbewerber benutzt werden, für die Verkehrsdurchsetzung oder Verkehrsgeltung und damit grundsätzlich durchschnittliche Kennzeichnungskraft einer Marke gemäß § 4 Nr.2 MarkenG genügen, wenn 58 % der Befragten eine Farbe einem bestimmten Unternehmen zuordnen, wie es der BGH für die Farbe Magenta im Telekommunikationsbereich angenommen hat ( GRUR 04, 151, 154 – Farbmarkenverletzung I ). Der BGH hat jedoch für die Anerkennung dieses Wertes ausdrücklich auf die vorgenannten „besonderen Umstände“ abgestellt ( a.a.O. ). Weder handelt es sich bei Blau, auch nicht dem sog. NIVEA-Blau, um eine ungewöhnliche Farbe, sondern um eine Grundfarbe, noch wird Blau in dem betroffenen Warenbereich der Haut- und Körperpflegeprodukte im Wesentlichen nur von der Klägerin benutzt, sondern von zahlreichen Wettbewerbern in zumindest teilweise hochgradig ähnlichen blauen Farbtönen. Dies alles, sowie die schon oben genannten, für ein besonders hohes Freihaltebedürfnis sprechenden weiteren Aspekte haben zur Folge, dass selbst unter Zugrundelegung der Neubewertung der Umfrage aus dem Jahr 2006 die Marke der Klägerin zwar eine ausreichende Verkehrsgeltung bzw. Verkehrsdurchsetzung erreicht haben mag, um überhaupt als Marke eintragungsfähig zu sein. Damit mag sie nach der Rechtsprechung auch durchschnittlich kennzeichnungskräftig sein. Für eine erhöhte Kennzeichnungskraft reicht eine spontane Zuordnung der Farbe Blau zu NIVEA/ Beiersdorf von 56,5 % bzw. gestützt von 71,7 % jedoch noch nicht aus.

dd) Ohne Aussagekraft für eine mehr als durchschnittliche Kennzeichnungskraft der Farbmarken der Klägerin – sei es der eingetragenen Marke oder einer etwaigen Benutzungsmarke für den nämlichen Farbton – ist eine weitere Repräsentativbefragung der Ipsos GmbH aus dem Jahre 2006. Danach nannten 13 % der Befragten auf die Frage „Was fällt Ihnen spontan ein, wenn Sie an NIVEA denken ?“ eine Farbe ( Anlage K 39 ). Hiervon entfallen allerdings nur 10 % auf die Farbe Blau, denn die Nennungen von Blau/Weiß und Weiß können der Kennzeichnungskraft der Farbmarke Blau nicht zugerechnet werden. Zwar mögen auch 10 % kein geringer Wert im Vergleich dazu sein, dass bei derselben Frage in Bezug auf die Marke DOVE nur 2 % überhaupt an eine Farbe dachten. Entscheidend für die Kennzeichnungskraft der Farbmarken ist jedoch nicht, ob der Verkehr gestützt, nämlich bei Nennung der nicht nur bekannten, sondern berühmten Wortmarke NIVEA an eine bestimmte Farbe, insbesondere an das sog. NIVEA-Blau denkt, sondern ob umgekehrt die abstrakte Farbe NIVEA-Blau der Marke NIVEA bzw. der Klägerin zugerechnet wird. Selbst wenn man der Befragung eine gewisse Indizwirkung für die Kennzeichnungskraft von Blau für NIVEA zubilligen wollte, wäre sie allenfalls geeignet, die Verkehrsdurchsetzung als Marke zu stützen, keinesfalls schon die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft.

ee) Nichts anderes gilt im Ergebnis für die farbpsychologische Untersuchung gemäß Anlage K 84, die die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.10.2008 eingereicht hat. Die entscheidende Frage, inwieweit die Farbe Blau mit NIVEA verknüpft wird ( nicht umgekehrt ), ist von 55,3 % der Probanden in dieser Weise zwar vorgenommen worden, was nach Auffassung der Gutachter einen signifikant hohen Wert darstellt. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Untersuchung, bei der den Probanden

1. vorgegeben worden ist, dass Farben überhaupt Marken zugeordnet werden sollten, d.h. die Herkunftshinweisfunktion der Farbe zumindest schon nahegelegt wurde,

2. die Probanden aus ebenfalls vorgegebenen 26 Markennamen und 10 Farben für jede Farbe die Marke ankreuzen mussten, für die die Farbe am typischsten sei, und

3. pro Farbe nur eine Marke angekreuzt werden durfte.

Für die demoskopischen Untersuchungen, mit denen üblicherweise die Verkehrsdurchsetzung einer Marke nachgewiesen werden, sind derartige Vorgaben keinesfalls anerkannt. Insbesondere die Nennung der berühmten Marke NIVEA und die Möglichkeit, pro Farbe nur eine Marke anzukreuzen, beeinflusst und lenkt die Probanden in erheblichem Maße. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau im markenrechtlichen Sinne ist damit nicht belegt. Daher kann auch die Frage, ob diese Untersuchung verspätet vorgelegt worden ist, auf sich beruhen.

ff) Auch unter Berücksichtigung der weiteren Kriterien für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau, nämlich des von der Marke gehaltenen Marktanteils, der Intensität, geographischen Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung und des Werbeaufwands des Unternehmens für die Marke führen zu keiner erhöhten Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau.

Die Klägerin hat umfangreich zu ihren Marktanteilen und Werbeaufwendungen der unter der Marke NIVEA vertriebenen Produkte vorgetragen, wie es auf S. 3,4 des landgerichtlichen Urteils zusammenfassend dargestellt ist. Diese Zahlen tragen zur Kennzeichnungskraft der blauen Farbe allerdings nichts bei, da sie sich nicht auf die Farbe NIVEA-Blau beziehen, sondern auf die berühmte Wortmarke NIVEA.

Allerdings hat die Klägerin ebenfalls umfangreiche Unterlagen zu ihrer Printwerbung, zur Außenwerbung, zum Merchandising und zur Gestaltung ihrer NIVEA-Shops eingereicht, aus denen ihr Farbauftritt ersichtlich ist. Das älteste und bekannteste Produkt der Marke NIVEA, die NIVEA Creme, wird bereits seit 1925 in einer blauen Dose vertrieben, wobei dieses Blau allerdings immer wieder variiert worden ist ( s.dazu Anlage K 12, S.55 ). Eindrucksvoll sind auch die bis auf die 30er Jahre des 20.Jahrhunderts zurückgehenden Werbefilme ( Anlagen K 21 ). Allerdings ergibt sich aus diesem Material, dass die Marke NIVEA von Anfang an nicht nur mit Blau, sondern praktisch durchgängig zugleich mit der Farbe Weiß beworben worden ist. Blau findet insbesondere in größeren Flächen Verwendung, während mit Weiß vor allem einzelne Akzente gesetzt werden, z.B. Beschriftungen – Hauptbeispiel : die NIVEA Creme - , Umrandungen, weiße Kleidungsstücke usw.. Die Klägerin selbst spricht von einem „Blau/Weiß-Code“, der den Wiedererkennungswert von NIVEA transportiere ( Anlage K 12, S.106 ) oder wirbt mit „Lust auf Blau-Weiss ?“ ( Anlage B 21 ). Die Klägerin hat damit zwar eine „blau/weiße Werbewelt“ belegt, nicht aber eine erhöhte Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau isoliert.

gg) Gegen die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau spricht schließlich, dass die Klägerin selbst durch die Verwendung anderer Farben für die NIVEA-Produkte, insbesondere aber durch die Vielzahl der unterschiedlichen Blautöne als Hintergrundfarbe ihrer Ausstattungen ( insbesondere Anlagenkonvolut 18 ) die Kennzeichnungskraft ihrer Farbmarke erheblich schwächt, so dass es jedenfalls im Ergebnis bei einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft bleibt. Diese Schwächung wird auch nicht dadurch kompensiert, dass die Klägerin auch auf diesen Produkten ihr NIVEA-Blau als Logo oder „Signet“ einsetzt. Denn dieses Logo erscheint eher wie eine Bildmarke, die maßgeblich durch den weißen Schriftzug NIVEA geprägt wird und auf der sich außerdem häufig beschreibende Zusätze zum jeweiligen Produkt, z.B. „body“, „bath care“, „hair care“, „for men“ usw. befinden. Der Verkehr wird die Hintergrundfarbe der Warenaufmachung insgesamt wahrnehmen und sich im Übrigen an der berühmten Wortmarke NIVEA als Herkunftshinweis orientieren. Die Hintergrundfarbe des Logos, auf dem sich diese Marke befindet, besitzt dagegen untergeordnete Bedeutung und vermag den Schwächungseinwand durch die eigene Verwendung unterschiedlicher Blautöne als Hintergrundfarbe der gesamten Warenaufmachungen nicht zu entkräften. Auch dies können die Mitglieder des Senats als Teil des angesprochenen Verkehrs selbst beurteilen.

c) Unter Zugrundelegung einer höchstens durchschnittlichen Kennzeichnungskraft von NIVEA- Blau wird bei den angegriffenen Produkten der Beklagten mit blauer Hintergrundfarbe und weißem Schriftzug DOVE - mithin bei allen Produkten außer der Intensiv-Creme zum Klagantrag zu Ziff.4 - die blaue Farbe durch die herkömmlichen Herkunftshinweise der Wortmarke DOVE und durch die darunter befindliche Bildmarke einer stilisierten Taube als etwaiger – zusätzlicher – Herkunftshinweis so in den Hintergrund gedrängt, dass ein kennzeichnendes Verständnis der blauen Farbe – auch als Zweitkennzeichnung – ausscheidet. Maßstab ist das Verständnis eines situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und aufgeklärten Durchschnittsverbrauchers von Haut- und Körperpflegeprodukten.

aa) Unstreitig - aber auch gerichtsbekannt - handelt es sich bei DOVE um eine nicht nur gesteigert kennzeichnungsstarke, sondern sogar bekannte Wortmarke für Haut – und Körperpflegeprodukte. Auch die Bildmarke der Taube ist nach Einschätzung des Senats mindestens durchschnittlich kennzeichnungsstark. Beide Marken sind übereinander deutlich sicht-bar auf den Produkten angebracht, und zwar an einer Stelle im oberen Drittel des aufrecht stehenden Produkts, an der sich Kennzeichnungen bei Haut- und Körperpflegeprodukten üblicherweise befinden und vom Verkehr erwartet werden. Die Wortmarke DOVE ist in großen, gut lesbaren Buchstaben gehalten. Die vorliegenden Warenausstattungen unterscheiden sich damit wesentlich von der lila Kekspackung, die der BGH in der Sache „Lila Schokolade“ zu beurteilen hatte ( GRUR 05,427 ). Die Kekspackung war nur unauffällig mit einem Bildzeichen und im Übrigen mit rein dekorativen Elementen versehen.

bb) Hinzu kommt, dass der weit überwiegende Teil der Produkte der Beklagten in anderen Farben gehalten ist ( Anlage B 5, aktualisiert Anlage B 18 ). Wie auch andere Hersteller, benutzt die Beklagte Farben jedenfalls teilweise dazu, dass sie den Verwendungszweck des Produkts verdeutlichen. So sind die Produkte zu den Anträgen 5 – 10 speziell für trockenes und strapaziertes Haar vorgesehen.

Dem Verkehr ist ferner geläufig, dass es sich bei der Marke DOVE um eine Marke mit einem breiten Produktsortiment handelt. Daher rechnet er angesichts der Farbigkeit und der Verwendungsgewohnheiten der Branche durchaus mit unterschiedlichen Farbaufmachungen, ohne hierin einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts zu sehen. Diese Verkehrsauffassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beklagte die angegriffenen Produkte auch einzeln bewirbt ( Anlagen K 47 und K 79 ) und sie dem Verbraucher bei der Verwendung einzeln entgegentreten.

cc) Im Falle der Produkte zu den Anträgen 1 und 2 ( Abenddusche und Nachtlotion ) kommt hinzu, dass die dunkelblauen Warenaufmachungen mit einer Mondsichel und Sternen dekoriert sind. Dies unterstützt das Verständnis des Verkehrs, dass allein die Wortmarke DOVE und die Bildmarke der Taube die Herkunft des Produkts angeben, die blaue Hintergrundfarbe aber den Nachthimmel symbolisiert, also die Zweckbestimmung des Produkts dekorativ unterstreicht.

dd) Im Falle der Produkte zu den Anträgen 5 – 10 glänzt die blaue Hintergrundfarbe silbrig und unterscheidet sich damit nicht unerheblich von der eingetragenen Farbmarke bzw. Benutzungsmarke der Klägerin. Zwar geht die Rechtsprechung bei Farben grundsätzlich von einem geringen Unterscheidungsvermögen des Verbrauchers in der undeutlichen Erinnerung aus ( BGH GRUR 04, 151, 154 – Farbmarkenverletzung I ). Andererseits ist im Zusammenhang mit dem herkunftshinweisenden Verständnis einer Warenform anerkannt, dass dieses umso weniger anzunehmen ist, je stärker eine Warenform von einer Formmarke abweicht ( BGH GRUR 2007,780 – Pralinenform ). Nichts anderes wird für die Farbmarke zu gelten haben. Angesichts der vielfältigen blauen Warenaufmachungen im Markt der Haut- und Körperpflegeprodukte und der eigenen Übung der Klägerin, Produkte der Marke NIVEA in verschiedenen blauen Farbtönen auf den Markt zu bringen, ist der Verkehr es hier eher als in anderen Warenbereichen gewöhnt, auf Farbnuancen zu achten.

ee) Ein herkunftsweisendes Verständnis der angegriffenen blauen Warenaufmachungen der Beklagten wird auch nicht durch die von der Klägerin vorgelegten Befragungen zu den anonymisierten Produkten gemäß den Anträgen 1 – 7 belegt ( Anlagen K 55 – K 68 ). Diese Belege kranken bereits daran, dass die Klägerin nur jeweils die erste Frage eingereicht hat, mit der die Probanden anhand eines Fotos des Produkts gefragt wurden, ob sie trotz der Unkenntlichmachung des Markennamens sagen könnten, wie der Hersteller des Produkts heiße. Hier haben zwar zwischen 16 % und 48,3 % der Befragten die Marke NIVEA genannt ( s. dazu die Zusammenstellung der Einzelergebnisse auf S.5,6 des landgerichtlichen Urteils ). Mangels Vorlage der weiteren Fragen ist aber nicht erkennbar, woran die Probanden ihre Antwort festmachten, d.h. inwieweit allein die Farbe Blau hierbei eine Rolle gespielt hat

Eine vollständige Befragung mit anonymisierten Produkten hat allerdings die Beklagte als Anlage B 14 eingereicht. Hier sind den Probanden die anonymisierten Produkte zu den Anträgen 1 – 3 und 5 -7 auf einer gemeinsamen Abbildung vorgelegt worden. Die Frage, ob sie die Produkte bestimmten Herstellern zuordnen könnten, wurde von 50,7 % der Probanden bejaht. Hierbei nannten 32,1 % die Marke NIVEA ( als nächster Wettbewerber kommt die Marke DOVE auf 15,6 % ). Auf die weitere Frage, woran sie den Hersteller erkannt hätten, gaben 34 % der Befragten Farben an. Hiervon entfallen auf die Alternativen „Am Blau/ an der blauen Farbe“ 15,2 % ( das sind die 15,2 % auf S. 15 des landgerichtlichen Urteils ). Hinzu zu zählen dürften allerdings noch die Alternativen „an der dunkelblauen Farbe“, „Typisches Blau“ und „blaue Verpackung/Tube/Form“ sein, woraus sich insgesamt 19,8 % der Befragten ergeben. Dieser Wert mag – für sich genommen – einen relevanten Teil des Verkehrs ausmachen.

Indessen gilt für beide unter dieser Ziffer erörterten Befragungen : Für die Entscheidung dieses Rechtsstreits kommt es allein auf die konkreten Produkte an, die Gegenstand der Klaganträge sind. Es ist zu beurteilen, ob auch dann, wenn deutliche, darüberhinaus bekannte Kennzeichen herkömmlicher Art, nämlich Wort- und Bildmarken, auf blauen Warenaufmachungen angebracht sind, die blaue Hintergrundfarbe herkunftshinweisend verstanden wird. In Anbetracht dessen erscheinen die bei den anonymisierten Verpackungen gegebenen Farbantworten Blau sogar eher wenig. Wenn die Kennzeichnungskraft des NIVEA-Blau so stark wäre, wie die Klägerin meint, hätte man bei Warenaufmachungen ohne andere herkömmliche Herkunftshinweise, an denen sich die Befragten hätten orientieren können, einen höheren Anteil an Blau-Nennungen erwarten können.

ff) Ein herkunftshinweisendes Verständnis der blauen Hintergrundfarbe der mit den Anträgen zu 1-3 und 5-10 angegriffenen Produkte wird auch nicht durch das mit Schriftsatz vom 14.10.2008 eingereichte farbpsychologische Gutachten belegt ( Anlage K 84 ), welches bereits oben im Zusammenhang mit der Kennzeichnungskraft von NIVEA-Blau angesprochen worden ist. An dieser Stelle geht es um die Untersuchung über die Orientierung des Verbrauchers am Verkaufsregal, wenn sich dort blaue NIVEA-Produkte und blaue DOVE-Produkte befinden. Zusammenfassend ergibt sich aus der Untersuchung, dass der Verbraucher durch die Positionierung eines blauen DOVE-Produktes bei der Suche nach einem NIVEA-Produkt gestört wird. Tatsächliche Fehlkäufe wurden allerdings nur für den Fall angenommen , dass die Herkunftshinweise entfernt worden sind ( S.33, 34 ). Um das herkunftshinweisende Verständnis einer anonymisierten blauen Warenaufmachung geht es vorliegend – wie schon ausgeführt – jedoch gerade nicht.

Soweit dieser Untersuchung außerdem zu entnehmen ist, dass Verbraucher sich in der Verkaufssituation zunächst an den Farben der Produkte orientierten und durch „fremde“ blaue Produkte von NIVEA abgelenkt würden, mag dies alles zutreffen. Das Vorhandensein konkurrierender blauer Warenaufmachungen ist unter dem Gesichtspunkt des Marketing für die NIVEA-Produkte sicherlich nachteilig. Eine etwaige Verwirrung bei der ersten Orientierung am Verkaufsregal begründet jedoch noch keine markenrechtlichen Ansprüche. Markenrechtlich ist für die Verwendung einer Farbe in der Aufmachung einer Ware entscheidend, ob der Verbraucher zu dem Zeitpunkt, in dem er vor der eigentlichen Kaufentscheidung steht, d.h. wenn er konkret mit dem einzelnen Produkt befasst ist, oder zu dem Zeitpunkt, in dem ihm das konkrete Produkt später begegnet, die hier in Rede stehende blaue Hintergrundfarbe trotz der deutlich angebrachten herkömmlichen Herkunftshinweise herkunftshinweisend versteht, obwohl zumindest die Wortmarke DOVE eine bekannte Marke ist. Dies hält der Senat – wie ausgeführt - für erfahrungswidrig.

gg) Da die Klägerin ihre Ansprüche nur auf die Farbe Blau stützt, ist abschließend noch klarzustellen, dass offen bleiben kann, ob der Verkehr ( oder jedenfalls relevante Teile des Verkehrs ) die Kombination der blauen Hintergrundfarbe mit weißer Schrift bei den Produkten zu den Anträgen 1 -3 und 5 – 10 ( weiße Wortmarke DOVE und weitere beschreibenden Angaben in weiß ) herkunftshinweisend versteht. Markenschutz an der Farbkombination Blau/Weiß nimmt die Klägerin nicht für sich in Anspruch.

d) Auch bei dem Produkt zum Antrag zu 4 ( DOVE Intensiv-Creme ) scheitert der Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 14 Abs.2 Nr.2, Abs.5 MarkenG daran, dass die blaue Farbe nicht herkunftshinweisend verwendet wird. Im Unterschied zu den übrigen Produkten ist der Deckel der Dose weiß und die Wortmarke DOVE in blauer Schrift gehalten. Bei einer flachen Cremedose geht der Verkehr davon aus, dass sich Herkunftshinweise auf dem Deckel befinden, so dass er in der Blaufärbung der Ränder und der Unterseite keinen eigen-ständigen Herkunftshinweis erblickt. Dies können die Mitglieder des Senats aus eigenem Wissen beurteilen, da sie zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die Blaufärbung des Schriftzuges von DOVE wird durch die Kennzeichnungskraft dieser Wortmarke komplett in den Hintergrund gedrängt und erscheint nur als Kontrast zur weißen Hintergrundfarbe des Deckels. Schließlich wird die eigene Verwendung der Farbe Blau durch die Klägerin – wie schon ausgeführt – dadurch geprägt, dass Blau überwiegend großflächig und Weiß als Akzent eingesetzt wird, insbesondere weiße Schrift auf blauem Grund wie bei der berühmten NIVEA Creme. Die tatsächlichen Verwendungsgewohnheiten des Inhabers einer Farbmarke haben Einfluss darauf, ob der Verkehr Hintergrundfarben herkunftshinweisend versteht ( s.auch Senat, Urteil vom 8.10.2008 zum Aktz. 5 U 147/07 für die Frage der Verletzung der Farbmarken Magenta der Dt.Telekom durch einen magenta-ähnlichen Farbton als Hintergrundfarbe einer Werbeanzeige, noch unveröff.)

5. Der Klägerin stehen aus ihrer eingetragenen Farbmarke und einer etwaigen Benutzungsmarke auch keine Unterlassungsansprüche gemäß § 14 Abs.2 Nr.3, Abs.5 MarkenG zu. Dieser Anspruch scheitert schon daran, dass NIVEA- Blau über keine erhöhte Kennzeichnungskraft verfügt und damit ( erst recht ) keine bekannte Marke im Sinne dieser Norm ist.

6. Der Klägerin besitzt auch keine Unterlassungsansprüche aus den eingetragenen Gemeinschaftsmarken. Wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat, kommen insoweit allenfalls Ansprüche hinsichtlich der runden Produktaufmachungen zu den Anträgen zu Ziff.4 und 7 gemäß Art.9 Abs.1 b GMV oder Art.9 Abs.1 c GMV in Betracht. Das Landgericht hat diese Ansprüche mit eingehender und überzeugender Begründung verneint, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug nehmen kann. Die Berufung hat insoweit keine neuen Gesichtspunkte aufzeigen können, die eine andere Beurteilung rechtfertigen.

Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz auch bezüglich der Marke Anlage K 16 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben hat, dürfte dies Verteidigungsmittel zwar verspätet sein. Es wirkt sich jedoch nicht aus, da Ansprüche aus diesen Marken ohnehin nicht begründet sind.

7. Ebenfalls zu Recht und mit überzeugender Begründung hat das Landgericht wettbewerbsrechtliche Ansprüche und solche aus § 823 Abs.1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint. In der Berufung macht die Klägerin noch Ansprüche nach den §§ 3,4 Nr.9 a UWG wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung geltend.

Allerdings können Ansprüche neben markenrechtlichen Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz bestehen, wenn es nicht um den Schutz der Kennzeichnung als solche geht, sondern um den Schutz der konkreten Leistungsergebnisse des Markeninhabers, also der Produkte, die in Benutzung der Marke gefertigt werden ( zuletzt BGH WRP 2008,1196 – Rillenkoffer ). Hierzu fehlt es an Vortrag der Klägerin, welche konkret in NIVEA- Blau gehaltenen Produkte durch die angegriffenen Warenaufmachungen in wettbewerbswidriger Weise nachgeahmt werden. Dem Senat sind eine Vielzahl von NIVEA- Produkten in den unterschiedlichsten Blautönen vorgelegt worden.

Im Übrigen wäre eine vermeidbare Herkunftstäuschung zu verneinen, weil die blaue Farbe – wie bei den markenrechtlichen Ansprüchen eingehend begründet – bei den hier angegriffenen Warenaufmachungen vom Verkehr nicht herkunftshinweisend verstanden wird.

Die Nebenentscheidungen über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO. Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs.2 ZPO zugelassen. Der Rechtsstreit betrifft den Schutzbereich von konturlosen Farbmarken, wenn eine Grundfarbe als Marke eingetragen ist und Waren des alltäglichen Bedarfs in einem durch Vielfarbigkeit gekennzeichneten Markt betroffen sind. Die bisherigen Leitentscheidungen des BGH in Rechtsstreitigkeiten wegen der Verletzung von konturlosen Farbmarken betreffen ungewöhnliche Farben, bei denen das Freihaltebedürfnis des Verkehrs möglicherweise anders zu beurteilen ist. Auch geht es um die Frage, inwieweit herkömmliche Markenformen, die ihrerseits kennzeichnungsstark sind, eine mögliche eigenständige kennzeichnende Stellung einer Hintergrundfarbe beseitigen können. Der Rechtsstreit hat damit grundsätzliche Bedeutung und eine höchstrichterliche Entscheidung dient der Fortbildung des Rechts.

Rechtsgebiete

Markenrecht