Versetzung einer Verwaltungsangestellten
Gericht
ArbG Cottbus
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
03. 07. 2008
Aktenzeichen
6 Ca 432/08
Ist eine Tätigkeit im Arbeitsvertrag nicht näher konkretisiert, kann der Arbeitgeber unter Wahrung des billigen Ermessens einem Angestellten neue Tätigkeiten, die die tariflichen Merkmale der Vergütungsgruppe des Angestellten enthalten, zuweisen.
Feststellungsanträge, die dieses generelle Weisungsrecht des Arbeitgebers einschränken, sind unbegründet, ohne dass die Wahrung billigen Ermessens für die konkrete Weisung zu prüfen ist. Die Wahrung des billigen Ermessens ist nur zu prüfen, wenn die konkrete Weisung angegriffen wird.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Der Streitwert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Zuweisung eines neuen Arbeitsbereiches an die Klägerin.
Die Beklagte beschäftigte die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.07.1991 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 02.04.1992 (Blatt 18 bis 19 der Akte). Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Die Klägerin erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 TVöD (ehemals Vergütungsgruppe VII BAT-O). Die Klägerin arbeitete seit dem 01.02.1987 bis zum 17. Januar 2008 im Hallenbad. Seit dem 18. Januar 2008 war die Klägerin bis auf Weiteres arbeitsunfähig erkrankt.
Im Zeitraum von September 2006 bis Dezember 2007 sanierte die Beklagte die Schwimmhalle. Die Sanierung ging einher mit der Umstellung und Optimierung von Prozess- und Arbeitsabläufen. In diesem Zusammenhang entschied sich die Beklagte zu personellen Umsetzungsmaßnahmen. Der Klägerin sollte die Aufgabe einer Sachbearbeiterin im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ übertragen werden. Mit Schreiben vom 23. Januar 2008 leitete die Beklagte das Mitwirkungsverfahren gegenüber dem Personalrat ein (Anlage B 1, Blatt 48 der Akte). Mit Schreiben vom 31. Januar 2008 teilte der Personalrat der Dienststellenleitung mit, er stimme der Maßnahme nicht zu (Anlage B 2, Blatt 49 der Akte). Mit Schreiben vom 06. Februar 2008 teilte der Bürgermeister der Beklagten dem Personalrat mit, dass die Umsetzung trotz der Bedenken des Personalrats erfolgen werde (Anlage B 3, Blatt 50 der Akte). Mit Schreiben vom 08. Februar 2008 wies die Beklagte der Klägerin mit Wirkung ab dem 01. März 2008 die Wahrnehmung der Aufgaben als Sachbearbeiterin im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ der Stadt xxx zu. Der Umsetzungsverfügung war beigefügt der unterzeichnete Entwurf eines Änderungsvertrages mit einer reduzierten Stundenzahl (Anlage K 1, Blatt 13 - 15 der Akte).
Die Klägerin ist der Auffassung, mit der Umsetzungsverfügung überschreite die Beklagte das ihr zustehende vertragliche Weisungsrecht. Die Beklagte sei verpflichtet, die Klägerin weiterhin als Kassiererin/Zahlstellenverantwortliche im Hallenbad zu beschäftigen. Die ihr erneut zugewiesene Arbeitsaufgabe stelle eine tariflich höherwertige Arbeitsaufgabe dar, die nicht vom arbeitsvertraglichen Direktionsrecht gedeckt sei. Auch stelle die angedachte dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit eine Überschreitung des Weisungsrechts dar. Zudem sei die Tätigkeit im Bauhof nicht zumutbar, da eine Ausgliederung des Eigenbetriebes Bauhof drohe und es in der Vergangenheit bei Mitarbeitern des Eigenbetriebes zu Zahlungsschwierigkeiten gekommen sei. Die Klägerin stellt folgende Anträge:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin als Kassiererin/Zahlstellenverantwortliche zu beschäftigen.
Hilfsweise wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin die Arbeitsaufgabe einer Sachbearbeiterin im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ der Stadt xxx zu übertragen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Beschäftigung als Kassiererin/Zahlstellenverantwortliche. Die Klägerin habe lediglich einen Anspruch auf Beschäftigung in der bisherigen Entgeltgruppe. Die der Klägerin zugewiesene Arbeitsaufgabe sei tarifvertraglich gleichwertig einzugruppieren. Dies ergebe sich unter anderem auch daraus, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin, Frau Sch.xxx, nach der gleichen Entgeltgruppe wie die Klägerin abgerechnet und bezahlt worden sei. Die Umsetzung der Klägerin entspräche auch billigem Ermessen. Das Stellenanforderungsprofil habe sich teilweise so erheblich verändert, dass es notwendig geworden sei, personalwirtschaftlich zu reagieren.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, als Kassiererin/Zahlstellenverantwortliche beschäftigt zu werden. Es besteht auch kein arbeitsvertraglicher Anspruch darauf, nicht eine Tätigkeit als Sachbearbeiterin im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ der Stadt xxx übertragen zu bekommen.
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Beschäftigung gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag vom 01.07.1991 in der Fassung des Änderungsvertrages vom 02.04.1992.
1. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese durch den Arbeitsvertrag oder andere Rechtsquellen nicht festgelegt sind. Wird der Arbeitnehmer, wie im öffentlichen Dienst häufig der Fall, nur als Verwaltungsangestellter eingestellt, bezieht sich das auf einen allgemein umschriebenen Aufgabenbereich, der lediglich durch die Benennung der Vergütungsgruppe bezeichnet ist. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers im öffentlichen Dienst erstreckt sich bei einer derartigen Vertragsgestaltung auf alle Tätigkeiten, die die Merkmale der Vergütungsgruppe erfüllen, in die der Beschäftigte eingruppiert ist. Dem Arbeitnehmer können grundsätzlich auch neue Tätigkeiten zugewiesen werden, soweit sie den Merkmalen dieser Vergütungsgruppe entsprechen. Unerheblich ist dabei, ob aus der einschlägigen Fallgruppe dieser Vergütungsgruppe ein Bewährungsaufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe möglich ist oder nicht (BAG vom 24.04.1996 – 4 AZR 996/94 – juris; BAG vom 30.08.1995 – 1 AZR 740/95, juris). Selbst der Arbeitnehmer, der längere Zeit nur mit einer bestimmten Tätigkeit betraut wurde, hat in aller Regel keinen Anspruch darauf, dass dies auch in Zukunft so bleibt (LAG Hessen vom 12.12.2002 – 5 Sa 688/02, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Klägerin keinen Anspruch auf die von ihr konkret gewünschte Beschäftigung. In dem derzeit das Arbeitsverhältnis bestimmenden Arbeitsvertrag ist die Arbeitsaufgabe der Klägerin nur allgemein als vollbeschäftigte Angestellte umschrieben. Eine konkrete Festlegung einer Tätigkeit nur im Hallenbad ist nicht erfolgt. Dahinstehen mag, ob die älteren Arbeitsverträge der Klägerin eine solche Festlegung regelten. Mit Abschluss des neuen Arbeitsvertrages haben die Parteien das Arbeitsverhältnis auf eine neue, geänderte Rechtsgrundlage gestellt, die nunmehr alleine maßgeblich sein sollte. Damit hat die Beklagte grundsätzlich das Recht, der Klägerin auch Tätigkeiten zuzuweisen, die außerhalb des Schwimmbades liegen, insofern diese Tätigkeiten tariflich gleichwertig sind. Es ist ohne weiteres denkbar, dass solche Tätigkeiten bei der Beklagten auch außerhalb des Hallenbades vorhanden sind. Aus diesem Grunde konnte die Kammer nicht, wie von der Klägerin gewünscht, die Beklagte grundsätzlich verpflichten, die Klägerin als Kassiererin/Zahlstellenverantwortliche zu beschäftigen.
II. Die Kammer konnte nicht hilfsweise feststellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, der Klägerin die Arbeitsaufgabe einer Sachbearbeiterin im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ der Stadt xxx zu übertragen.
Der hilfsweise gestellte Antrag schränkt das Weisungsrecht der Beklagten zwar weniger ein als der Antrag zu 1. Trotzdem hat die Klägerin auch auf diese Feststellung keinen Anspruch, weil sie das arbeitsvertragliche Weisungsrecht der Beklagten mehr einschränkt, als dies die arbeitsvertraglichen und tarifvertraglichen Regelungen vorsehen. Dabei kann dahinstehen, ob die von der Beklagten der Klägerin konkret zugewiesene Tätigkeit tarifvertraglich gleichwertig war oder nicht. Es ist nämlich ohne weiteres denkbar, dass die Beklagte der Klägerin im Bereich des Eigenbetriebes „Städtischer Bauhof“ Tätigkeiten zuweist, die der Entgeltgruppe der Klägerin entsprechen. Ein Verbot der Zuweisung von Arbeitsaufgaben im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ der Stadt xxx wäre nur in Betracht gekommen, wenn es unmöglich ist, im Eigenbetrieb „Städtischer Bauhof“ von der Klägerin arbeitsvertraglich geschuldete Leistungen zu übertragen. Dies ist nicht der Fall.
III. Die Kammer musste nicht darüber entscheiden, ob die konkrete Weisung der Beklagten rechtswidrig war, da diese Frage von den im Kammertermin gestellten Anträgen nicht mit umfasst war. Hierauf ist die Klägerseite im Kammertermin hingewiesen worden, ohne dass es zu einer entsprechenden Antragserweiterung gekommen ist.
Nach Auffassung der Kammer entspricht die konkrete Weisung billigem Ermessen. Die der Klägerin konkret übertragene Tätigkeit entspricht einer Tätigkeit der Entgeltgruppe 5 TVöD. Die Vorgängerin der Klägerin, Frau Sch.xxx, wurde von der Beklagten nach der Entgeltgruppe 5 abgerechnet und in dem Arbeitsvertrag von Frau Sch.xxx vom 01.07.1991 war auch eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII BAT-O (jetzt Entgeltgruppe 5 TVöD) vereinbart.
Die von der Klägerin vorgebrachten Gründe (Unsicherheit des Arbeitsplatzes wegen einer möglichen Ausgliederung des Eigenbetriebes – in der Vergangenheit aufgetretene Zahlungsschwierigkeiten) hätten im Rahmen einer gebotenen Interessensabwägung nicht zur Unwirksamkeit der Umsetzungsverfügung geführt.
Zum einen gibt es keine konkreten Anhaltspunkte für einen erneuten Versuch, der zunächst gescheiterten Ausgliederung des Eigenbetriebes und die Klägerin wäre abstrakt auch im Hallenbad vor einer gegebenenfalls anstehenden Ausgliederung nicht geschützt.
Zahlungsschuldner der Klägerin ist sowohl im Eigenbetrieb wie auch im Hallenbad immer die Beklagte. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte das Mitwirkungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt hat. Die Beklagte hat das Mitwirkungsverfahren im Einzelnen dargestellt.
Die Herabsetzung der Arbeitszeit sollte nicht unmittelbar durch die Umsetzungsverfügung erfolgen. Die Beklagte hat im Kammertermin nochmals dargestellt, dass Voraussetzung für die geringere Arbeitszeit die Unterzeichnung des beigefügten Änderungsvertrages gewesen sei. Die Beklagte war nach dem vorausgegangenen Gespräch mit der Klägerin davon ausgegangen, dass diese dauerhaft in Teilzeit arbeiten wolle.
IV. Die Kosten des Verfahrens waren gemäß §§ 46 Absatz 2 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG), 91 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) der Klägerin als unterlegene Partei aufzuerlegen.
V. Der Streitwert war gemäß § 63 Absatz 1 ArbGG, 3 ZPO festzusetzen. Für die beiden gestellten Anträge erschienen 3.000 € insgesamt angemessen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei
Berufung
eingelegt werden,
wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe.
Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem Vertreter einer Gewerkschaft beziehungsweise einer Arbeitgebervereinigung oder einem Zusammenschluss solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher Form schriftlich zu begründen.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder eine
ähnliche Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der
Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle
niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als
zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustelldatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Für die beklagte Partei ist keine Berufung gegeben.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der ehrenamtlichen Richter erbeten.
Mittelstädt
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