Genehmigung eines Osterfeuers nur, wenn es eindeutig der Brauchtumspflege dient
Gericht
OVG Münster
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
07. 04. 2004
Aktenzeichen
21 B 727/04
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist Landwirt in E. -N. . Er beantragte mit Schreiben vom 1. Februar 2004 beim Antragsgegner, ihm die Genehmigung für ein Osterfeuer zum diesjährigen Osterfest auf seinem Grundstück zu erteilen. Mit einem entsprechenden Antrag war der Antragsteller bereits im Vorjahr erfolglos geblieben; wegen der damals versagten Genehmigung hat der Antragsteller vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Fortsetzungsfeststellungsklage erhoben (8 K 2348/03). In seinem Antrag gab der Antragsteller an, dass er beabsichtige, den Herbst- und Frühjahrsschnitt der Bäume, Sträucher, Büsche und einer 300 m langen Hecke auf seiner großen Weide zu verbrennen. Der Antragsgegner lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 13. Februar 2004 ab. Zur Begründung führte er aus, dass in Umsetzung des Beschlusses des Rates der Stadt E. vom 6. März 2003 Ausnahmegenehmigungen für Osterfeuer nach § 7 Abs. 2 LImschG nur erteilt würden, wenn sie von größeren Organisationen oder Vereinen ausgerichtet würden, der Brauchtumspflege dienten und sie im Rahmen einer öffentlichen für jedermann zugänglichen Veranstaltung durchgeführt würden.
Den am 18. März 2004 gestellten Antrag des Antragstellers,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm die beantragte Durchführung eines Osterfeuers zu erlauben,
hat das Verwaltungsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 31. März 2004, auf den Bezug genommen wird, abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123 VwGO) neben einem bestimmten Antrag die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft das Oberverwaltungsgericht nur die darlegten Gründe. Diese Prüfung fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
Das Beschwerdevorbringen stellt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis nicht in Frage.
1. Das Verfahren gibt Anlass zu der allgemeinen Feststellung, dass sich das Abbrennen von Osterfeuern als typischen Brauchtumsfeuern vor allem am Vorabend des Osterfestes nach der ersatzlosen Aufhebung der Verordnung über die Beseitigung pflanzlicher Abfälle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen (Pflanzen- Abfall-Verordnung) mit Wirkung zum 1. Mai 2003 und damit namentlich mit dem Wegfall des § 2 Abs. 4 dieser Verordnung, der Brauchtumsfeuer ausdrücklich privilegierte, nicht im rechtsfreien Raum abspielt. Osterfeuer sind unter vielfältigen Gesichtspunkten des Umweltschutzes, aber auch des Schutzes von Kleintieren problematisch.
Vgl. etwa Pressemitteilung des Landesumweltamtes Nordrhein-Westfalen vom 3. April 2002 "Hohe Schwebstaubbelastung durch Osterfeuer im Ruhrgebiet", www.lua.nrw.de/Veroeffentlichungen/pressemitteilun gen/presse30.; Pressemitteilung des Deutschen Tierschutzbundes e.V. vom 1. April 2004 "Osterfeuer-tödliche Falle für Tiere. Deutscher Tierschutzbund fordert zu Vorsichtsmaßnahmen auf", www.tierschutzbund.de/AKTUELL/PRESSE/04/04.
Sie finden ihre Rechtfertigung allein in der Brauchtumspflege, die mit den heutigen Anforderungen insbesondere aus abfall- oder immissionsschutzrechtlicher Hinsicht abzustimmen ist.
Zum einen ist zu berücksichtigen, dass mit Aufhebung der Pflanzen-Abfall- Verordnung auch das Verbrennen pflanzlicher Abfälle zum Zwecke ihrer Beseitigung uneingeschränkt nach den Bestimmungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) zu beurteilen ist. Nach § 27 Abs. 1 KrW-/AbfG dürfen Abfälle aller Art und damit auch Pflanzenschnitt grundsätzlich nur in den dafür zugelassenen Abfallbeseitigungsanlagen behandelt werden. Schon daraus folgt, dass Feuer, die dem Zweck der Beseitigung pflanzlicher Abfälle dienen, grundsätzlich verboten sind, auch wenn sie zur Osterzeit stattfinden. Besteht der Zweck des Feuers demgegenüber eindeutig und zweifelsfrei nicht in der Beseitigung pflanzlicher Abfälle, sondern soll das Feuer als öffentliches Osterfeuer ausschließlich dem Brauchtum dienen, so richtet sich seine Zulässigkeit nach § 7 des Gesetzes zum Schutz vor Luftverunreinigungen, Geräuschen und ähnlichen Umwelteinwirkungen (Landes-Immissionsschutzgesetz - LImschG -). Ein starkes Indiz dafür, dass mit dem Feuer ein derartiger spezifischer Zweck der Brauchtumspflege verbunden ist, wird sich unter den heutigen Gegebenheiten vor allem daraus ergeben, dass das Feuer von in der Ortsgemeinschaft verankerten Glaubensgemeinschaften, Organisationen oder Vereinen ausgerichtet wird und im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung für jedermann zugänglich ist. Zum einen stellt das Gemeinschaftserlebnis den besonderen Sinnbezug des Osterfeuers her oder fördert ihn zumindest. Zum anderen drängt sich in diesen Fällen nicht die ansonsten nahe liegende Sorge auf, dass lediglich Pflanzenabfälle unter dem Vorwand eines "Osterfeuers" illegal beseitigt werden sollen. Wird dagegen Pflanzenschnitt von Landwirten oder Gartenbesitzern privat oder im privaten Kreis verbrannt, handelt es sich nicht schon dann um ein Brauchtumsfeuer, wenn und nur weil das Verbrennen (regelmäßig) zur Osterzeit geschieht. Vielmehr ist in aller Regel davon auszugehen, dass in erster Linie auf der Grundlage der heutigen Gesetzeslage (verbotene) Abfallbeseitigung stattfindet.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 LImschG ist das Verbrennen sowie das Abbrennen von Gegenständen aus .... oder aus anderen Zwecken im Freien untersagt, soweit die Nachbarschaft oder die Allgemeinheit hierdurch gefährdet oder erheblich belästigt werden können; nach § 7 Abs. 2 LImschG kann die nach § 14 LImschG zuständige Behörde auf Antrag Ausnahmen vom Verbot des Absatzes 1 zulassen, wenn lediglich kurzfristig mit Luftverunreinigungen zu rechnen ist. Die Rechtsfrage, ob Brauchtumsfeuer dabei je nach Einzelfall schon tatbestandlich nicht dem Verbot des § 7 Abs. 1 LImschG unterfallen, wie dies das Verwaltungsgericht angenommen hat, oder ob der spezifische Zweck des Feuers regelmäßig erst auf der Ermessensebene nach § 7 Abs. 2 LImschG zu würdigen und zu berücksichtigen ist, wie dies der Antragsgegner getan hat, kann und muss im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dahinstehen. Der Senat gibt allerdings zu bedenken, dass die Verbrennungsvorgänge eines typischen Osterfeuers regelmäßig geeignet sein dürften, Gefahren oder erhebliche Belästigungen im Sinne des § 7 Abs. 1 LImschG hervorzurufen, so dass gute Gründe für die Annahme einer generellen Genehmigungspflicht auf der Grundlage der Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 2 LImschG sprechen.
In jedem Fall ist nur ein Feuer erlaubt oder kann nach § 7 Abs. 2 LImschG genehmigt werden, dass sich nach den bereits genannten Kriterien eindeutig und zweifelsfrei als Brauchtumsfeuer und nicht als Feuer zur Beseitigung von Pflanzenabfällen darstellt.
2. Dies ist hier nicht der Fall. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die erstrebte Anordnung gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht. Er hat auch mit seinem Beschwerdevorbringen nicht die sich schon im bisherigen Verfahren aufdrängende und sowohl vom Antragsgegner wie vom Verwaltungsgericht zutreffend gewürdigte Einschätzung entkräften können, dass es ihm als Landwirt im Gegensatz zu den 73 Antragstellern, denen der Antragsgegner eine Ausnahmegenehmigung für ein Osterfeuer nach § 7 Abs. 2 LImschG erteilt hat, in erster Linie oder zumindest ganz wesentlich auch um die Beseitigung seiner pflanzlichen Abfälle geht. Er hat diesen Zweck ehrlich und ausdrücklich in seinem Antrag vom 1. Februar 2004 angeführt. Er hat im Erörterungstermin des Verwaltungsgerichts vom 24. März 2004 freimütig eingeräumt, dass ihm das geplante Osterfeuer dazu dient, die im Herbst des Vorjahres und im Frühjahr dieses Jahres entstandenen Pflanzenabfälle "kostengünstig" zu entsorgen. Er hat schließlich im Beschwerdeverfahren hervorgehoben, dass er sein Anliegen im Gegensatz zu den sonstigen Antragstellern "auf zwei Säulen, namentlich die Brauchtumspflege und zusätzlich die kostenärmere Entsorgung von Hecken[,]- und Baumschnitt stützen" kann. Der Antragsteller hat darüber hinaus bei allem Bekenntnis zum christlichen Glauben und zum Brauchtum in der Landwirtschaft, das in keiner Weise in Zweifel gezogen werden soll, nicht im Ansatz glaubhaft gemacht, dass es ihm in Verfolgung des streitgegenständlichen Begehrens um Brauchtumspflege im Sinne einer öffentlichen, im Gemeinschaftsleben von E. - N. verankerten Veranstaltung geht. An dieser Einschätzung würde auch eine bloße öffentliche Ankündigung des Feuers, das in der Vergangenheit nach eigenen Angaben des Antragstellers nur in engem privaten Kreis stattgefunden hat, nichts ändern.
Nach alledem kommt es auf das Beschwerdevorbringen zum Anordnungsgrund nicht mehr an.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 und 20 Abs. 3 GKG.
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