Keine Beweislastumkehr bei Heiratsabsichten
Gericht
LG Hamburg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
20. 02. 2009
Aktenzeichen
324 O 360/08
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
und beschließt:
Der Streitwert wird auf EUR 15.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin, die ... in der Vergangenheit bei einer Vielzahl von Veranstaltungen begleitete (vgl. Anlagenkonvolut B 1), verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, durch die Berichterstattung "... Die neue Fürstin von Monaco" den Eindruck zu erwecken, sie und ... hätten geheiratet oder sie plane eine Hochzeit mit ... .
In ... Nr. 4 vom 17. Januar 2008 veröffentlichte die Beklagte einen Artikel über die Klägerin und die Wahrscheinlichkeit einer Eheschließung mit ... . Diesen Artikel kündigte die Beklagte auf der Titelseite mit einem das Titelblatt füllenden Foto der Klägerin, gekleidet in einem dunklen Abendkleid, an, darunter die Schlagzeilen "... Die neue Fürstin von Monaco" und (in kleinerer Schriftgröße) "... weicht nicht von ihrer Seite und sie übernimmt offizielle Pflichten". Links auf dem Titelblatt ist ein kleines Foto der Klägerin zusammen mit ... abgedruckt mit der Bildinnenschrift "... und ...". Wegen der Einzelheiten der Berichterstattung wird auf Anlage K 1 Bezug genommen.
Mit Rechtsanwaltschreiben vom 20. Februar 2008 (Anlage K 2) forderte die Klägerin die Beklagte auf, eine vertragsstrafenbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung (Anlage K 3) abzugeben. Die Beklagte lehnte dies mit Rechtsanwaltschreiben vom 20. Februar 2008 ab (Anlage K 4). Die Klägerin erwirkte die einstweilige Verfügung der Kammer vom 9. April 2008 (Az. 324 O 148/08), welche die Beklagte nur in anderen Punkten als endgültige Regelung anerkannte. Hinsichtlich des streitgegenständlichen Punktes handelt es sich vorliegend um die Hauptsacheklage nach Fristsetzung gemäß §§ 926, 936 ZPO.
Die Klägerin trägt vor, eine Hochzeit stehe nicht bevor und sie plane oder beabsichtige diese auch nicht. Sie nimmt insoweit Bezug auf eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 16. September 2009 (Anlage K 7). Da es sich bei dem Umstand, dass sie derzeit keine Hochzeit plane, um eine negative Tatsache handele, treffe die Beklagte insoweit eine erweiterte Darlegungs- bzw. Substantiierungslast, der diese nicht nachgekommen sei. Da die Klägerin nicht mit ... zusammen lebe, könne sie nicht als dessen Lebensgefährtin bezeichnet werden. Sie begleite ihn nicht bei allen gesellschaftlichen Ereignissen und offiziellen Terminen, so nicht beim Rosenball 2007, beim Besuch bei Angela Merkel (Anlage K 8), beim Empfang anlässlich des 50. Geburtstags des ... (Anlage K 9) und bei den Festlichkeiten zum Nationalfeiertag (Anlage K 10). Auf der offiziellen Internetseite des Palastes unter ... seien alle offiziellen Termine des ... lückenlos aufgelistet (Anlage K 11); an keinem dieser Termine habe sie teilgenommen. Auch an den auf der Internetseite umfassend aufgelisteten nicht-offiziellen "Events" des Fürstentums (Anlagenkonvolut K 12) habe sie nicht teilgenommen. Dass sie kein Amt und keine Funktion wahrnehme, zeige sich auch darin, dass sie auf der offiziellen Internetseite des Fürstentums (unstreitig) nicht erwähnt wird (Anlage K 13).
Die streitgegenständliche Berichterstattung erwecke den wahrheitswidrigen Eindruck, dass sie und ... geheiratet hätten oder dass sie eine Hochzeit mit ... plane. Für die Beurteilung komme es allein auf die Titelseite, nicht auf den Bericht im Innenteil an. Das Verständnis der angegriffenen Berichterstattung werde dadurch verstärkt, dass die Boulevardpresse seit Monaten ohne konkrete Anhaltspunkte über eine Heirat der beiden spekuliere.
Nachdem die Klägerin zunächst den durch die streitgegenständliche Berichterstattung erweckten Eindruck angegriffen hatte, sie und ... hätten geheiratet oder eine Hochzeit stehe kurz bevor, beantragt sie nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000,00, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre),
zu unterlassen,
durch die Berichterstattung
"... Die neue Fürstin von Monaco"
den Eindruck zu erwecken, ... und ... haben geheiratet oder ... plane eine Hochzeit mit ... .
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, eine Hochzeit sei geplant. Anderenfalls sei das jahrelange repräsentierende Verhalten der Klägerin neben ... (Anlagenkonvolut B 1) nicht erklärlich. Es fehle nur noch der Auftritt auf dem Palastbalkon am Nationalfeiertag, wozu es nach Angaben ... wegen einer Ortsabwesenheit der Klägerin nicht gekommen sei (Anlage B 2).
Die angegriffenen Eindrücke würden nicht erweckt. Dem ...-Leser sei bekannt, dass eine Hochzeit monatelang im Voraus angekündigt werden würde, die vorliegende Berichterstattung also weder ein Bericht über eine schon erfolgte Hochzeit noch eine kurz bevorstehende Hochzeit sein könne, zumal der Begriff "Hochzeit" nicht erwähnt sei. Dies ergebe sich auch aus den Umständen, nämlich fehlender Hochzeitskleidung auf den Fotografien, der Verwendung des bürgerlichen Namens ... und der Angabe der Anknüpfungstatsachen: "... weicht nicht von ihrer Seite und sie übernimmt offizielle Pflichten".
Mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 30. Dezember 2008 trägt die Beklagte vor, Anlage K 11 liefere eine Übersicht über Staatsbesuche des ..., nicht über alle "offiziellen Termine des ...". Anlage K 12 liste nicht "nichtoffizielle Termine" auf; sondern im wesentlichen Botschafterempfänge und Staatsbesuche. Den Rotkreuzball am 1. August 2008 habe die Klägerin besucht (vgl. Anlage B 3).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu; insbesondere ergibt er sich nicht aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog in Verbindung mit Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
1. Ein Unterlassungsanspruch besteht nicht im Hinblick auf die streitgegenständliche Äußerung als solche; insoweit wird sie von der Klägerin auch nicht angegriffen. Denn "Die neue Fürstin von Monaco" dient als Formulierung, um das Auftreten und Verhalten der Klägerin an der Seite des ... zu würdigen, und ist als Bewertung von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Aber auch soweit die Klägerin darauf abstellt, dass die Äußerung den tatsächlichen Eindruck erwecke, sie und ... hätten geheiratet, steht ihr ein Unterlassungsanspruch nicht zu. Zwar ist bei der Erfassung des Inhalts einer Aussage zu klären, ob diese mehrdeutig ist und/oder ob ihr neben der offenen auch verdeckte Inhalte entnommen werden können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007, 1 BvR 967/05, Juris Rz. 30). Maßgeblich für die Deutung einer Aussage ist dabei weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat. Fern liegende Deutungen sind auszuscheiden; im Falle der Mehrdeutigkeit ist von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 25.10.2005, 1 BvR 1696/98, Juris Rz. 31).
Nach erneuter Prüfung unter Berücksichtigung des Beklagtenvorbringens hält die Kammer die Deutung, die Klägerin und ... hätten bereits geheiratet, für aus Sicht des unvoreingenommenen und verständigen Lesers bzw. Betrachters der streitgegenständlichen Titelseite fern liegend. Eine derartige Deutung ist zwar bei isolierter Lektüre der angegriffenen Äußerung möglich. Sie liegt aber angesichts ihres unmittelbaren Kontextes fern. Weder das Titelblatt füllende Foto noch die kleine Fotografie am linken Rand der Titelseite zeigen die Klägerin in einem Hochzeitskleid. Sämtliche auf die Klägerin bezogenen Äußerungen erwähnen weder das Wort "Hochzeit", noch weisen sie in sonstiger Weise auf ein vergangenes Ereignis in diesem Zusammenhang hin. Hinzu kommt, dass die kleinere Schlagzeile links unten ("... weicht nicht von ihrer Seite und sie übernimmt offizielle Pflichten") deutlich macht, dass hier nicht eine Berichterstattung über eine stattgefundene Hochzeit angekündigt wird, sondern dass es allenfalls um eine zukünftige Eheschließung gehen kann.
2. Ein Unterlassungsanspruch besteht auch nicht, soweit die Klägerin den Eindruck angreift, sie plane eine Hochzeit mit ... . Zwar liegt eine dahingehende Deutung der streitgegenständlichen Äußerung nahe; sie wird auch nicht durch den Kontext ausgeschlossen. Hinsichtlich dieser Deutung fehlt es jedoch an einem unzulässigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Wenn die Äußerung wahr ist, betrifft sie die Sozial- bzw. Öffentlichkeitssphäre der Klägerin. Angesichts der hervorgehobenen Bedeutung einer Eheschließung mit einem Mitglied eines Fürstenhauses, überwiegt bei einer zutreffenden Mitteilung über Hochzeitspläne das Berichterstattungsinteresse.
Nach dem Sach- und Streitstand hat die Kammer zugrunde zu legen, dass die angegriffene Deutung nicht unwahr ist, da die Klägerin nicht bewiesen hat, dass sie keine Hochzeitspläne habe. Vorliegend liegt die Darlegungslast für die Unrichtigkeit der verdeckten Aussage, die Klägerin plane, ... zu heiraten, bei der Klägerin, denn die Beweislastregel des § 186 StGB ist im Zivilrecht nur in den Fällen entsprechend anzuwenden, in denen die angegriffene Äußerung geeignet ist, das öffentliche Ansehen des Betroffen herabzusetzen, was hier ersichtlich nicht der Fall ist. Die Klägerin hat für ihre Behauptung, dass sie keine Hochzeit mit ... plane oder beabsichtige, keinen Beweis angetreten. Ihre eigene eidesstattliche Versicherung ist nicht als Mittel des Strengbeweises geeignet.
Obwohl es aus Sicht der beweisbelasteten Klägerin um die Verneinung einer behaupteten Tatsache geht, fehlt es auch nicht an einem ausreichend substantiierten Vortrag der Beklagten zu Belegtatsachen für die von ihr (verdeckt) aufgestellte Behauptung. Zwar kann den Gegner in Bezug auf negative Tatsachen unabhängig von der Beweislast eine erweiterte (sekundäre) Darlegungslast treffen, die ihn anhält, Belegtatsachen für seine Behauptung anzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 2008, VI ZR 83/07, Juris Rz. 22). Zum einen hat die Beklagte aber vorliegend derartige Tatsachen genannt und zum Beleg auf die entsprechenden, unwidersprochen gebliebenen Veröffentlichungen (Anlagenkonvolut B 1) hingewiesen. Zum anderen handelt es sich hier nicht um einen Fall, in dem es "dem Betroffenen schlechthin nicht zuzumuten (ist), sich gewissermaßen ins Blaue hinein rechtfertigen zu müssen und dabei Umstände aus seinem persönlichen oder geschäftlichen Bereich in einem Umfang zu offenbaren, der bei ordnungsmäßiger Einlassung des Äußernden vermeidbar wäre" (vgl. BGH a.a.O.). Dieser Gedanke greift etwa in Fällen, in denen einem Betroffenen ein bestimmtes Verhalten vorgeworfen wird, ohne Zeit und Ort näher einzugrenzen. Hier liegt der Fall ganz im Gegenteil so, dass die zu streitige Tatsache (die Klägerin plane eine Hochzeit) in die Sphäre der Klägerin fällt und im wesentlichen sogar eine innere Tatsache ist, so dass es der Beklagten kaum möglich wäre, weitere Einzelheiten hierzu vorzutragen. Die Klägerin müsste nicht in einem weiten, unzumutbaren Maße Einzelheiten offenbaren, sondern der Gegenstand des Vortrags und der eventuellen Beweiserhebung wären eng und konkret umrissen.
II. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 3 ZPO.
Buske
Goetze
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