Anspruch auf Löschung einer Domain
Gericht
Oberster Gerichtshof Österreich
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
02. 10. 2007
Aktenzeichen
17Ob13/07x
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Begehren auf Einwilligung in die Löschung der Domain „amade.at" abgewiesen wird.
Die Entscheidung über die auf dieses Begehren entfallenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wird der Endentscheidung vorbehalten. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien binnen 14 Tagen die mit 4.943,16 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 2.312,20 EUR Barauslagen, 438,49 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist seit etwa zwanzig Jahren Inhaberin der österreichischen Wortmarken AMADÉ und SPORTWELT AMADÉ. Jedenfalls seit dem Jahr 1998 sind diese Marken für die Klassen 35 (Werbung) und 42 (Verpflegung, Beherbergung von Gästen und Hotelreservierungen) registriert.
Ebenfalls vor etwa zwanzig Jahren gründete die Klägerin mit anderen Liftgesellschaften einen Schikartenverbund, der zunächst unter der Bezeichnung „Salzburger Sportwelt Amadé" auftrat. Später schloss er sich mit anderen Schiverbänden zum größeren „Skiverbund Amadé" (jetzt „Ski Amadé") zusammen. Alle Beteiligten nutzen die für die Klägerin registrierten Marken mit deren Zustimmung in Geschäftspapieren, Werbematerialien und auf Liftkarten.
Der Erstbeklagte meldete im März 1999 bei der österreichischen Registrierungsstelle die Domain „amade.at" an. Auf der darunter betriebenen Website präsentierte er zunächst Liegenschaften. Ende 1999 ersetzte er diesen Auftritt durch ein Gratis-E-Mail-Programm. Im Juli 2000 gründete der Erstbeklagte die Zweitbeklagte, deren geschäftsführender Gesellschafter er bis heute ist. Im April 2001 forderte ihn die Klägerin auf, in die Löschung der Domain einzuwilligen. Der Erstbeklagte übertrug daraufhin die Domain an die Zweitbeklagte und beantragte für diese und eine andere Gesellschaft beim österreichischen Patentamt die Registrierung der Wortmarke AMADE für die Klassen 9, 36 und 38. Das Patentamt gab dem Antrag statt; Beginn der Schutzdauer ist der 7. Dezember 2001.
Mit einer im Oktober 2001 eingebrachten Klage beantragte die Klägerin, dem Erstbeklagten zu verbieten, die Domain „mit oder ohne Inhalt" zu verwenden. Sie scheiterte damit aber sowohl im Sicherungsverfahren (4 Ob 56/02t = ecolex 2002, 598 [Schanda] = amade.at) als auch in der Hauptsache. Im rechtskräftig gewordenen Urteil verneinte das Erstgericht Ansprüche wegen Domain-Grabbing oder Namensrechtsverletzung. Auch markenrechtliche Ansprüche bestünden mangels Verwechslungsgefahr nicht.
Nach dieser Entscheidung verhandelten die Parteien über eine entgeltliche Übertragung der Domain an die Klägerin, konnten sich aber nicht einigen. Im Jänner 2005 richteten die Beklagten auf ihrer Website eine Buchungsplattform für Beherbergungsbetriebe aus dem Land Salzburg ein.
Im vorliegenden Verfahren beantragt die Klägerin, die Beklagten zu verpflichten, die Nutzung der Domain „amade.at" zum Betrieb einer Vermittlungs- und Buchungsplattform für Hotels/Unterkünfte zu unterlassen und in die Löschung dieser Domain einzuwilligen. Weiters soll die Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden aus der Verwendung der Domain festgestellt werden.
Die Beklagten bestritten zunächst das gesamte Klagebegehren. Nach Rechtskraft einer den Unterlassungsanspruch sichernden einstweiligen Verfügung (4 Ob 6/06w) erkannten sie diesen Anspruch jedoch an, worauf das Erstgericht ein Teilanerkenntnisurteil erließ. Das Verfahren über das Feststellungsbegehren ruht. Im Revisionsverfahren strittig ist daher ausschließlich der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung der Domain.
Die Klägerin stützt sich auf § 52 MSchG. Dabei folgt sie der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum markenrechtlichen Löschungsanspruch. Eine inhaltliche Änderung der Website könne die Wiederholungsgefahr nicht vollständig beseitigen, sodass lediglich die Domainlöschung eine geeignete Maßnahme zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands sei. Aus dem rechtskräftig festgestellten Unterlassungsanspruch folge daher, dass auch ein Beseitigungsanspruch nach § 52 MSchG bestehe. Dass der Unterlassungsanspruch allein nicht ausreiche, um weitere Markenverletzungen zu verhindern, ergebe sich schon daraus, dass die Beklagten der einstweiligen Verfügung nicht Folge geleistet hätten und die Klägerin erst einen Exekutionsantrag habe einbringen müssen. Die Beklagten wenden ein, dass kein den Vorschriften des Gesetzes widerstreitender Zustand bestehe. Das im Provisorialverfahren festgestellte rechtswidrige Verhalten sei durch die Entfernung des Websiteinhalts beendet. Unter der strittigen Domain werde nun wiederum ein E-Mail-Dienst betrieben, was nach der Entscheidung im Vorverfahren zulässig sei. Durch den nunmehr erlaubten Inhalt der Website sei die Domain „neutralisiert" und eine Markenverletzung ausgeschlossen. Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr spiele beim Beseitigungsanspruch keine Rolle. Die Löschung der Domain sei zudem eine einschneidende Maßnahme, die unverhältnismäßig iSd § 52 Abs 5 MSchG sei.
Das Erstgericht gab dem Löschungsbegehren mit Teilurteil statt. Es stellte fest, dass sich auf der Website der Beklagten wiederum nur ein E-Mail-Programm befinde. Da der Inhalt einer Website aber jederzeit verändert werden könne, sei nach einer erwiesenen Wettbewerbsverletzung die Wiederholungsgefahr mit der Entfernung des verbotswidrigen Inhalts noch nicht vollständig beseitigt. Die Nachhaltigkeit des erwirkten Unterlassungsgebots könne nur dadurch sichergestellt werden, dass dem Verletzten auch ein Anspruch auf Beseitigung des störenden Zustands durch Abgabe einer Löschungserklärung zuerkannt werde. Ein derartiger Beseitigungsanspruch bestehe nicht nur in Fällen des Domain-Grabbing, sondern auch bei Namens- oder Kennzeichenverletzungen. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Der derzeitige Inhalt der Website sei zwar nicht wettbewerbs- oder markenrechtswidrig. Der Oberste Gerichtshof gewähre aber bei Verletzung von Namens-, Kennzeichen- oder Markenrechten einen Anspruch auf Beseitigung des störenden Zustands durch Abgabe einer Löschungserklärung. Zwar werde im Schrifttum eine gegenteilige Auffassung vertreten, das Berufungsgericht halte aber dennoch daran fest. Es komme nicht darauf an, ob der Verletzer mit den Eingriffsgegenständen oder Eingriffsmitteln theoretisch auch erlaubte Handlungen setzen könnte. Denn nach § 52 Abs 2 MSchG müssten zur Herstellung markenverletzender Gegenstände dienende Werkzeuge auch dann unbrauchbar gemacht werden, wenn sie als solche nicht unerlaubt seien. Ebenso müsse ein Anspruch des Verletzten auf Löschung einer Domain bestehen, unter der der Betreiber einen markenrechtswidrigen Inhalt in das Netz gestellt habe. Ein konkretes Vorbringen zur Unverhältnismäßigkeit des Beseitigungsbegehrens hätten die Beklagten in erster Instanz nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig, weil die Rechtsprechung zum markenrechtlichen Anspruch auf Löschung einer Domain einer Überprüfung bedarf. Sie ist auch berechtigt.
1. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass der Oberste Gerichtshof bisher einen markenrechtlichen Anspruch auf Löschung einer Domain bejaht hat (4 Ob 226/01s = ÖBl 2002, 91- onlaw; 4 Ob 39/02t = ecolex 2002, 597 [Schanda] - kunstNET; 4 Ob 36/04d = ÖBl 2004, 217 [Gamerith] - firn.at; ebenso für Namensrechtsverletzungen 4 Ob 231/03d = ecolex 2004, 464 [Schumacher] - serfaus.at, und 4 Ob 165/05a = ÖBl 2006, 272 [Fallenböck] - rechtsanwälte.at). Sie haben auch die Begründung dieser Rechtsprechung richtig wiedergegeben: Da der Inhalt einer Website jederzeit verändert werden könne, sei mit der Entfernung des verbotswidrigen Inhalts die Wiederholungsgefahr noch nicht vollständig beseitigt; der Störer könne den früheren gesetzwidrigen Zustand jederzeit leicht wieder herstellen. Die Nachhaltigkeit des erwirkten Unterlassungsgebots könne daher nur durch einen Anspruch auf Löschung der Domain sichergestellt werden.
2. Diese Auffassung ist in der Lehre nicht unbestritten. Zwar wird sie verschiedentlich ohne weitere Wertung referiert (zB Grünzweig, Markenrecht § 52 Rz 8; Engin-Deniz, Markenschutzgesetz [2005] 310; Koch in KBB2 [2007] § 43 Rz 10). Korn (in Kucsko [Hrsg], Marken.Schutz [2006] 740), Schanda (Anmerkung zu 4 Ob 39/02t - KunstNet, ecolex 2002, 597), Schumacher (Anmerkung zu 4 Ob 231/03d - serfaus.at, ecolex 2004, 464) und Fraiss (Übertragungs- und Löschungsanspruch bei Domainstreitigkeiten, RdW 2005, 469) weisen allerdings darauf hin, dass die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands nicht die Löschung der Domain erfordere; es genüge, den Inhalt der Website zu ändern. Während Korn es bei dieser Feststellung belässt, leiten Schanda, Schumacher und Fraiss daraus ab, dass der von der Rechtsprechung angenommene Löschungsanspruch zu weit gehe. Dem Inhaber einer Domain müsse es möglich bleiben, die Domain für erlaubte Zwecke zu nutzen.
3. Diese Einwände treffen im Kern zu.
3.1. Nach § 52 Abs 1 MSchG ist der Markenverletzer zur Beseitigung des dem Gesetz widerstreitenden Zustands verpflichtet. Der Anspruch setzt daher - wie jeder andere Beseitigungsanspruch (vgl 4 Ob 164/93 = ÖBl 1994, 129 - Testleserangebot mwN) - einen rechtswidrigen Zustand voraus. Ob ein solcher Zustand vorliegt, ergibt sich aus § 10 MSchG. Dabei kommt es im Normalfall auf den Inhalt der unter der strittigen Domain betriebenen Website an. Denn die bloße Registrierung eines Zeichens als Domain ist regelmäßig keine Benutzung iSv § 10a MSchG. Ob eine solche Benutzung vorliegt und ob dadurch Verwechslungsgefahr iSv § 10 Abs 1 Z 2 MSchG begründet wird, hängt vielmehr vom Inhalt der Website ab, die unter der Domain in das Internet gestellt wird (4 Ob 327/00t = wbl 2001, 337 [Thiele] - cyta.at; 4 Ob 56/02t = ecolex 2002, 598 [Schanda] = amade.at; RIS-Justiz RS0114773; zuletzt 4 Ob 229/06i = ÖBl-LS 2007/76 - 5 HTP).
3.2. Im vorliegenden Fall hatten die Beklagten die strittigen Inhalte bei Schluss der Verhandlung bereits von der Website entfernt. Zu diesem Zeitpunkt lag daher kein rechtswidriger Zustand mehr vor. Schon daran müsste der Anspruch scheitern. Aber auch unabhängig davon ließe sich ein markenrechtlicher Löschungsanspruch zumindest im Regelfall nicht begründen: Selbst wenn die strittigen Inhalte bei Schluss der Verhandlung noch vorhanden gewesen wären, hätte sich die Rechtswidrigkeit des Zustands nur aus der dadurch begründeten Verwechslungsgefahr ergeben. Nur die Beseitigung dieses Zustands hätte die Klägerin nach allgemeinen Grundsätzen verlangen können. Diese Erwägungen können darauf reduziert werden, dass Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche grundsätzlich parallel laufen müssen. Das entspricht auch der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs, wonach ein Löschungsanspruch nur bestehen kann, wenn schon das Halten des Domain Namens für sich gesehen Rechte des Klägers verletzt (zunächst I ZR 317/99 = GRUR 2002, 706 - vossius.de im namensrechtlichen Zusammenhang; jüngst I ZR 137/04 - MarkenR 2007, 390 - Euro Telekom für das Markenrecht). Diese Auffassung wird auch von der deutschen Lehre geteilt (Lange, Marken- und Kennzeichenrecht [2006] Rz 3319; Ingerl/Rohnke, Markengesetz2 [2003] vor §§ 14 - 19 Rz 104; Bousonville in Ubber/Jung-Weiser/Bousonville, Markenrecht im Internet [2002] 199 ff; zuletzt Boecker, Der Löschungsanspruch in der registerkennzeichenrechtlich motivierten Domainstreitigkeit, GRUR 2007, 370).
4. Zu prüfen bleibt, ob ein Löschungsanspruch auf eine (analoge) Anwendung von § 52 Abs 2 MSchG gestützt werden könnte. Nach dieser Bestimmung kann der Verletzte „insbesondere" verlangen, dass die markenverletzenden Gegenstände sowie etwa vorhandene Vorräte von nachgemachten Marken (Eingriffsgegenstände) vernichtet und die ausschließlich oder vorzugsweise zur Herstellung markenverletzender Gegenstände dienlichen Werkzeuge, Vorrichtungen und anderen Hilfsmittel (Eingriffsmittel) für diesen Zweck unbrauchbar gemacht werden. Die Domain könnte sowohl als Eingriffsgegenstand („nachgemachte Marke") als auch als Eingriffsmittel angesehen werden.
4.1. § 52 Abs 2 MSchG ist zwar als Anwendungsfall des allgemeinen Beseitigungsanspruchs formuliert („insbesondere"). Er geht aber in Wahrheit darüber hinaus. Denn rechtswidrig ist nach § 10 MSchG grundsätzlich nur die Benutzung der Marke. Als Benutzung wird es zwar nach § 10a Z 2 MSchG auch angesehen, gekennzeichnete Ware zum Zweck des Anbietens oder Inverkehrbringens zu besitzen. Der Besitz von nachgemachten Marken oder von Eingriffsmitteln ist davon aber nicht mehr erfasst. Ein rechtswidriger Zustand im engeren Sinn liegt hier daher nicht vor. Dennoch begründet § 52 Abs 2 MSchG einen Anspruch auf Vernichtung oder Unbrauchbarmachen. Zweck der Regelung muss es daher auch sein, zukünftigen Markenrechtseingriffen vorzubeugen (Korn aaO 731 mwN).
Diese Erwägung lag auch der - in anderem Zusammenhang ergangenen - Entscheidung 4 Ob 210/03s (= ÖBl 2004, 220 [Gamerith] - Gmundner Keramik) zugrunde. Dort hatten die Beklagten im EWR gekennzeichnete Originalware in Verkehr gebracht, was gegen das Markenrecht der Klägerin verstieß. Ein Inverkehrbringen außerhalb des EWR wäre jedoch wegen Erschöpfung des Markenrechts zulässig gewesen. Die Beklagten hätten die Ware somit auch rechtmäßig nutzen können. Dennoch bejahte der Oberste Gerichtshof den Vernichtungsanspruch, da nur so die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gesichert werden könne.
4.2. Der in § 52 Abs 2 MSchG enthaltene Präventionsgedanke lag auch der Rechtsprechung zum markenrechtlichen Löschungsanspruch zugrunde. Unter dieser Prämisse war es folgerichtig, den Anspruch mit der sonst weiter bestehenden Eingriffsgefahr zu begründen. Zwar ist der Beseitigungsanspruch im Regelfall von einer allfälligen Wiederholungsgefahr unabhängig (4 Ob 370/32 = SZ 14/201; Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht3 [1999] § 34 Rz 12). Denn er ist nicht darauf gerichtet, ein zukünftiges Verhalten zu verhindern, sondern die Folgen eines bereits gesetzten Verhaltens zu beseitigen, mag die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands auch dazu führen, dass weitere Rechtsverletzungen ausgeschlossen oder jedenfalls erschwert sind. Soweit der Beseitigungsanspruch aber im Einzelfall ausschließlich Präventionszwecken dient, kann er in legitimer Weise nur dann bestehen, wenn eine solche Prävention tatsächlich erforderlich ist (idS auch die Erwägungen zum Vernichtungsanspruch in 4 Ob 210/03s).
4.3. Allerdings kann § 52 Abs 2 MSchG den hier strittigen Löschungsanspruch zumindest im Fall des § 10 Abs 1 MSchG nicht tragen. Denn § 52 Abs 2 MSchG beruht im Kern darauf, dass die Existenz der darin genannten Gegenstände und Mittel die typische Gefahr eines zukünftigen Eingriffs begründet. Das ist bei gekennzeichneten Waren offenkundig, gilt aber auch für Vorräte an Marken und für Geräte oder andere Vorrichtungen, die „ausschließlich oder vorzugsweise" zur Herstellung markenverletzender Gegenstände dienen. Das Gesetz nimmt hier an, dass eine erlaubte Nutzung in solchen Fällen entweder gar nicht oder doch nur in Ausnahmefällen möglich ist.
Unter dieser Voraussetzung hat der Markeninhaber aus Präventionsgründen ein hohes Interesse an der Vernichtung und am Unbrauchbarmachen, während der Markenverletzer die Eingriffsgegenstände oder -mittel im Regelfall ohnehin nicht mehr verwenden darf. Diese typische Interessenlage rechtfertigt einen Anspruch, der über den Beseitigungsanspruch im engeren Sinn hinausgeht. Soweit im Einzelfall legitime Interessen des Beklagten erkennbar sind, erlauben die Sonderregelungen des § 52 Abs 3 und 5 MSchG ohnehin eine differenziertere Lösung.
Das bloße Halten einer Domain ist aber anders zu beurteilen. Denn auch wenn der Inhaber die Domain in einer Weise genutzt hat, die in Markenrechte eines Dritten eingriff, begründet ihre Existenz als solche noch nicht die typische Gefahr, dass er dieses Verhalten wiederholt. Vielmehr bestehen - anders als bei den in § 52 Abs 2 MSchG genannten Eingriffsgegenständen und Eingriffsmitteln - von vornherein unzählige Möglichkeiten einer rechtmäßigen Nutzung. Dieser Unterschied schließt es im Regelfall aus, § 52 Abs 2 MSchG auf die Löschung einer Domain anzuwenden.
Entschiede man anders, entstünde ein untragbarer Wertungswiderspruch zur Reichweite eines marken- oder wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs. Dort hält die Rechtsprechung zwar eine allgemeinere Fassung des Verbots für zulässig und erforderlich, um Umgehungen zu verhindern (RIS-Justiz RS0037733, RS0037607). Der Beklagte kann aber jedenfalls nicht zu einer Unterlassung verhalten werden, zu der er nach materiellem Recht gar nicht verpflichtet ist (RIS-Justiz RS0037461; zuletzt etwa 4 Ob 23/06w = wbl 2006, 487 - Direktvergabe und 4 Ob 29/07d, beide mwN). Zwar hat der Oberste Gerichtshof in Domainstreitigkeiten gelegentlich weiter reichende Unterlassungsgebote erlassen (zB 4 Ob 226/01s = ÖBl 2002, 91 - onlaw, 4 Ob 277/04w = ÖBl 2005, 263 - powerfoods). Dort war diese Frage aber idR nicht strittig gewesen; eine nähere Begründung für das (implizite) Verbot auch erlaubter Nutzung fehlt. Da der Kennzeichenschutz online und offline nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen ist (4 Ob 226/04w = SZ 2005/13 - omega.at), ist ungeachtet dieser vereinzelten Entscheidungen daran festzuhalten, dass ein Verbot der Domain-Nutzung nicht weiter reichen kann als die materiellrechtliche Unterlassungspflicht. Genau dieses Ergebnis würde aber faktisch erzielt, verpflichtete man die Beklagten zur Einwilligung in die Löschung der Domain. Denn in diesem Fall könnten sie die Domain auch nicht mehr zu erlaubten Zwecken nutzen. Anders als in den Fällen des § 52 Abs 2 MSchG wäre dieses Ergebnis nicht durch eine typische Wiederholungsgefahr gerechtfertigt, die sich schon aus dem Halten der Domain selbst und nicht erst aus dem in der Vergangenheit erfolgten Eingriff ergeben müsste.
Diese Erwägungen können wie folgt zusammengefasst werden: Kann die Nutzung einer Domain nach materiellem Recht nicht zur Gänze untersagt werden, so besteht in der Regel auch kein Anspruch auf Einwilligung in deren Löschung. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Unterlassungsanspruch des Klägers nur auf § 10 Abs 1 MSchG gründet.
4.4. Dem gegenüber kann hier offen bleiben, ob ein Löschungsanspruch besteht, wenn der Kläger über eine bekannte Marke iSv § 10 Abs 2 MSchG, ein vergleichbar bekanntes Unternehmenskennzeichen oder einen berühmten Namen verfügt. Denn die Klägerin hat nicht konkret vorgebracht, dass die Wortmarke „AMADÉ" für sich allein - also nicht in Aneinanderreihung mit anderen Begriffen (zB „Ski Amadé") - einen derart hohen Bekanntheitsgrad erlangt hätte (vgl BGH I ZR 137/04 - Euro Telekom: Ein markenrechtlicher Löschungsanspruch bestehe auch bei einer bekannten Marke nur dann, wenn jede Verwendung der Domain unlauter iSv § 15 Abs 3 dMarkenG wäre).
Dem gegenüber wäre der Löschungsanspruch jedenfalls dann zu bejahen, wenn schon der Erwerb der Domain rechtswidrig war, also beim Domain-Grabbing im engeren Sinn (RIS-Justiz RS0115380). Denn hier schafft der Inhaber der Domain schon durch deren Registrierung einen rechtswidrigen Zustand, den er nach § 15 UWG beseitigen muss. Einen auf Domain-Grabbing gestützten Löschungsanspruch hat das Erstgericht allerdings bereits in einem zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten geführten Verfahren rechtskräftig abgewiesen. Daher steht zwischen der Klägerin und dem Erstbeklagten bindend fest, dass der Erstbeklagte weder bei der Registrierung noch bei der - im Urteil bereits festgestellten - Übertragung der Domain (4 Ob 229/03k = SZ 2004/22 - autobelehnung.at) in Vermarktungs- oder Behinderungsabsicht gehandelt hat. Dass (andere) Machthaber der Zweitbeklagten bei der Übertragung der Domain rechtswidrig gehandelt hätten, hat die Klägerin nicht behauptet.
5. Aus diesen Gründen ist der Revision der Beklagten Folge zu geben und das auf Löschung gerichtete Teilbegehren abzuweisen. Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ist nach § 52 Abs 2 ZPO der Endentscheidung vorzubehalten. Die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die Klägerin hat den (eigentlichen) Unterlassungs- und den Löschungsanspruch mit zusammen 36.000 EUR bewertet. Mangels weiterer Aufgliederung ist von der Gleichwertigkeit der beiden Begehren auszugehen. Die Kosten der Beklagten sind daher auf einer Bemessungsgrundlage von 18.000 EUR zu berechnen.
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