Strafbarkeit des Vermieters wegen Untreue bei unterlassener ordnungsgemäßer Anlegung der Mietkaution
Gericht
OLG Zweibrücken
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
08. 03. 2007
Aktenzeichen
1 Ws 47/07
Gründe:
Die Ast. hat gegen die Beschuldigte Strafanzeige wegen Untreue erstattet. Nach der Anzeige und auf Grund der durchgeführten Ermittlungen ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Die Ast. hatte laut Mietvertrag vom 3 Juli 2000 von der Beschuldigten ab 1. 8. 2000 eine Wohnung angemietet. Die am 6. 7. 2000 überwiesene Kaution in Höhe von 1.380 DM sollte entsprechend der gesetzlichen Regelung und der Vereinbarung im Mietvertrag mit dem üblichen Zinssatz für Spareinlagen bei einer Sparkasse oder Bank getrennt vom Vermögen der Vermieterin angelegt werden. Nach Beendigung des Mietverhältnisses war die Kaution einschließlich Zinsen bei ordnungsgemäßer Rückgabe der Mieträume an die Mieterin zurückzuzahlen. Das Mietverhältnis endete am 31. 1. 2005. Die Kautionsrückzahlung erfolgte trotz mehrer Aufforderungen nicht, die Beschuldigte hat am 5. 7. 2006 eidesstattlich versichert, keine Vermögensgegenstände zu besitzen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft haben ergeben, dass die Beschuldigte nach Überweisung der Kaution an sie am 14. 7. 2000 1.000 DM von ihrem Girokonto in bar abgehoben und auf ihrem Sparkonto eingezahlt hatte.
Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren eingestellt mit der Begründung, die Beschuldigte habe zwar den Tatbestand der Untreue verwirklicht, die fünfjährige Verjährungsfrist sei jedoch abgelaufen, weil die Tat mit der Verfügung über den Betrag spätestens im September 2000 beendigt gewesen sei. Die Beschwerde der Ast. hiergegen hat die Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet zurückgewiesen, wobei davon ausgegangen wird, das Verhalten der Beschuldigten erfülle bereits nicht den Tatbestand der Untreue.
Hiergegen wendet sich die Ast. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, der in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden und somit zulässig ist. Auch in der Sache hat er Erfolg. Die rein auf materiellrechtliche Erwägungen gestützte Einstellung des Verfahrens hat keinen Bestand.
Die Rechtsfrage, ob der Untreuetatbestand gem. § 266 StGB erfüllt ist, wenn der Vermieter von Wohnraum über eine vom Mieter geleistete Mietkaution vertragswidrig verfügt, insbesondere entgegen § 551 III BGB n.F. bzw. § 550b II BGB a.F. deren abgesonderte Anlegung unterlässt, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet. Während die Tatbestandserfüllung überwiegend in der Literatur (etwa MK-Dierlamm StGB § 266 Rn. 110 ff m.w. Nachw.) und teilweise auch der Rechtsprechung (etwa OLG Düsseldorf wistra 1994, 33, worauf die Generalstaatsanwaltschaft abstellt, ebenso OLG Düsseldorf wistra 1989, 198; OLG Kiel SchlHA 1990, 111) verneint wird mit der Begründung, es bestehe keine Vermögensbetreuungspflicht, vertritt insbesondere der BGH unter ausdrücklicher Erörterung dieser Rechtsprechung die gegenteilige Auffassung (BGHSt 41, 224; ebenso BayObLG wistra 1998, 157). Nach Auffassung des Senats folgt bei derart unterschiedlicher rechtlicher Bewertung einer Rechtsfrage, wobei Strafbarkeit nach ernstzunehmender Meinung in Betracht kommt, aus dem Legalitätsgrundsatz die Obliegenheit zur Anklageerhebung, sofern im Übrigen alle Voraussetzungen hierfür erfüllt sind (BGHSt 15, 155; Meyer-Goßner GVG 49. Aufl. Vor § 141 Rn. 11). Aufgrund der Rechtsprechung des BGH zu dieser Frage erscheint eine Verurteilung eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich, zumal die Staatsanwaltschaft zunächst selbst von der Tatbestandserfüllung ausgegangen ist.
Zur weiteren Rechtsfrage der Verfolgungsverjährung teilt der Senat die Auffassung der Ast.. Zwar konnte die Tat bereits mit der vertrags- und gesetzeswidrigen Verfügung der Beschuldigten im Sommer bzw. Herbst 2000 auf Grund der damit verbundenen Vermögensgefährdung vollendet sein, sie war jedoch nach höchstrichterlicher Rechtsprechung noch nicht beendet (BGH wistra 2003, 379; BGH wistra 2001, 422). Ob und ggf. in welcher Höhe sich die Gefährdung letztlich als Schaden realisiert ist etwa davon abhängig, in welcher Höhe sich ein Kautionsrückzahlungsanspruch bei Mietbeendigung errechnet (denkbar sind Einbehaltungen für Instandsetzungen). So steht auch die Höhe der dem Mieter gutzuschreibenden Zinsen bei Beginn des Mietverhältnisses noch nicht fest. In der Regel bedingt daher die Nichtanlage der Kaution auch eine Vergrößerung des Schadens während der Mietdauer.
Damit scheidet eine Verfahrenseinstellung mit der bisherigen materiellrechtlichen Begründung aus. Auch sonst sind die Voraussetzungen für die Anklageerhebung gegeben. Zwar hat sich die Beschuldigte bisher noch nicht zur Sache geäußert. Sie hat der Aufforderung der ermittelnden Polizeidienststelle zur Vereinbarung eines Vernehmungstermins keine Folge geleistet. Allerdings ist ihr bei diesem Anlass durch das Schreiben vom 31. 8. 2006 (Bl. 24 d.A.) der in dem Strafverfahren gegen sie erhobene Vorwurf mitgeteilt worden. Es kann von einer wirksamen Beschuldigtenvernehmung ausgegangen werden.
Der Senat hat der Beschuldigten den Klageerzwingungsantrag gem. § 173 II StPO mitgeteilt; innerhalb der ihr eingeräumten Frist hat sie sich nicht geäußert.
Dr.Ohler Maurer Gau
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