Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Festsetzung der Verfahrensgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit
Gericht
KG
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
04. 11. 2008
Aktenzeichen
1 W 395/08
Die Entstehung einer Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2300 hat auf die Entstehung der Verfahrensgebühr nach RVG-VV Nr. 3100 f. im nachfolgenden, denselben Gegenstand betreffenden Rechtsstreit keinen Einfluss. Die im Rechtsstreit entstandene Verfahrensgebühr gehört in vollem Umfang zu den Kosten des Rechtsstreits.
Die in RVG-VV Vorbem. 3 Abs. 4 vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr mindert nicht die nach §§ 91, 104 ZPO festzusetzenden Kosten des Rechtsstreits. Sie betrifft den Vergütungsanspruch des bereits außergerichtlich mandatierten und tätig gewordenen Anwalts sowie einen hierauf bezogenen Erstattungsanspruch und kann gegenüber der Festsetzung des prozessualen Erstattungsanspruchs nach § 91 ZPO nur eingewandt werden, wenn wegen der Titulierung oder unstreitiger Erfüllung des materiellen Erstattungsanspruchs - insoweit - kein Anspruch auf Festsetzung nach §§ 103 ff. ZPO besteht (im Anschluss an Senat, Beschluss vom 17. Juli 2007, 1 W 256/07 und Beschluss vom 24. Juni 2008, 1 W 111/08; gegen BGH, 22. Januar 2008, VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323).
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin nach einem Wert von 699,90 EUR zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat mit anwaltlichem Abmahnschreiben vom 24.4.2008 (Bl. 124 f. d. A.), dem die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 5.5.2008 (Bl. 128 f. d. A.) und 8.5.2008 (Bl. 28 f. d. A.) entgegengetreten ist, einen Anspruch auf Unterlassung von unlauterem Wettbewerb geltend gemacht. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 8.5.2008 hat das Landgericht nach Anhörung der Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 27.5.2008 zurückgewiesen und der Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 15.7.2008 hat das Landgericht, wie beantragt, gegen die Antragstellerin u. a. eine 1,3 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV nach dem vom Landgericht festgesetzten Verfahrenswert von 50.000,00 EUR festgesetzt. Die Antragstellerin macht geltend, unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH (NJW 2008, 1323) sei die den Verfahrensbevollmächtigten den Antragsgegnerin für ihre prozessuale Tätigkeit entstandene Geschäftsgebühr nach einem Streitwert von 50.000,00 EUR in Höhe von 0,65 auf die Verfahrensgebühr anzurechnen und daher abzusetzen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
Der Senat folgt der zitierten Rechtsprechung des BGH nicht (s. bereits ER-Beschluss vom 31.03.2008 - 1 W 111/08 -, AGS 08, 216 = OLGR 08, 560 = JurBüro 08, 304; Beschluss vom 24.06.2008 - 1 W 111/08, OLGR 08, 844). Die Rechtsbeschwerde ist daher zulassen.
1. Das Landgericht hat zutreffend die Verfahrensgebühr von 1,3 nach dem Verfahrenswert von 50.000,00 EUR festgesetzt. Die Gebühr ist nach VV Nr. 3100 entstanden und nicht nach VV Nr. 3101 oder einem sonstigen Tatbestand des Vergütungsverzeichnisses gemindert. Die in Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 4 VV vorgeschriebene Anrechnung eines Teils der Geschäftsgebühr ist bei der Festsetzung der Gebühr nach VV Nr. 3100 nicht zu berücksichtigen.
2. Die Anrechnung als solche bewirkt keine Minderung der Verfahrensgebühr.
a) Unstreitig ist den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin allerdings eine Geschäftsgebühr nach VV Nr. 2300 entstanden, die nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 4 VV anzurechnen ist. Sie sind vorprozessual mit der Abwehr des Abmahnschreibens vom 24.4.2008 in der später zum Verfahrensgegenstand gewordenen Angelegenheit tätig geworden. Der von der Antragstellerin angegebene Gegenstandswert von 50.000,00 EUR und der Regelsatz von 1,3 werden nicht beanstandet. Der Auftrag umfasste die von den Bevollmächtigten entfaltete außergerichtliche, auf Vermeidung des Gerichtsverfahrens gerichtete Tätigkeit. Soweit sie im Schreiben vom 5.5.2008 mitgeteilt haben, dass sie für den Fall der gerichtlichen Auseinandersetzung „zustellungsbevollmächtigt“ seien, geht daraus allenfalls ein bedingter Prozessauftrag - für den Fall einer Anrufung des Gerichts durch die Gegenseite - hervor. Soweit sie im Schreiben vom 8.5.2008 ausführten, im Falle des Ablaufs der zum 15.5.2008 gesetzten Frist zur Abgabe einer Verzichtserklärung würden sie der Mandantschaft „dringend zur Erhebung einer negativen Feststellungsklage anraten“, ist ein unbedingter Prozessauftrag ebenfalls nicht ersichtlich.
b) Die Anrechnungsvorschrift bewirkt jedoch nicht, dass die Verfahrensgebühr von vornherein nur in um den Anrechnungsbetrag geminderter Höhe entstanden ist. Soweit der BGH dies annimmt (BGH - 8. ZS -, NJW 07, 283 zum materiellen Anspruch; dem folgend zum prozessualen Kostenerstattungsanspruch: 8. ZS, NJW 08, 1323, bestätigt mit Beschluss vom 03.06.2008, VIII ZB 3/08; 3. ZS, Beschluss vom 30.04.2008 - III ZB 8/08; 6. ZS, Beschluss vom 03.06.2008 - VI ZB 55/07; 4. ZS., Beschluss vom 16.7.2008 - IV ZB 24/07 -; 1. ZS. Beschluss vom 14.08.2008 - I ZB 103/07; Beschluss vom 2.10.2008 - I ZB 30/08 -; 7. ZS., Beschluss vom 25.9.2008 - VII ZB 93/07 -), folgt der Senat dem nicht:
(1) Bestimmt das Gesetz die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr, so setzt es die Entstehung - auch - der anderen Gebühr logisch voraus. Es müssen alle gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt sein, dass die Gebühr - in bestimmter Höhe - entstanden ist. Wenn in manchen Anrechnungsbestimmungen die Entstehung der anderen Gebühr im Wortlaut ausdrücklich gefordert wird (Nrn. 3101 Abs. 1, 3104 Abs. 2, 3201 Satz 2 VV RVG), in anderen dagegen nur eine Anrechnung „auf die Verfahrensgebühr“ oder „auf eine Gebühr“ (§ 34 Abs. 2 RVG, Nr. 2100, 2102 VV RVG) angeordnet wird, hat das sprachliche Gründe und begründet keinen sachlichen Unterschied. Die Entstehung der Gebühren und deren Verminderung und Erhöhung wird im Gesetz durch Bestimmung der tatbestandlichen Voraussetzungen, des Gebührensatzes bzw. -rahmens und der zugrundezulegenden Werte (§ 2 Abs. 1 RVG) geregelt. Die Anrechnungsvorschrift betrifft dagegen den Fall des Zusammentreffens mehrerer Gebührentatbestände (Konkurrenz). Die Anrechnung bewirkt dann, dass eine doppelte Vergütung des Rechtsanwalts entfällt, indem sich der Anspruch des Rechtsanwalts auf eine Gebühr um den Betrag der anzurechnenden - anderen - Gebühr vermindert (BGH, Urteil vom 25.9.2008 - IX ZR 133/07 -). Letztere muss dem Rechtsanwalt ebenfalls zustehen. Die Anrechnung erfordert demnach eine Abrechnung über beide Gebühren und erfolgt nicht schon bei der Entstehung, sondern nach Maßgabe des § 8 RVG erst zu dem Zeitpunkt, in dem eine zusammenfassende Berechnung der von der Anrechnung betroffenen Gebühren möglich und nach dem Sinn und Zweck der Anrechnungsvorschrift geboten ist. Die vom Gesetz bestimmte Richtung der Anrechnung (Gebühr A auf Gebühr B) besagt, welche Gebühr durch die vorgeschriebene Anrechnung gemindert wird. Das ist in der Regel - aber nicht stets, vgl. VV Nr. 3101 Abs. 1, 3104 Abs. 2 - die in der Entstehung nachfolgende Gebühr, so dass bei deren Abrechnung die Anrechnung zum Zuge kommt. Dennoch ist nach dem Gesetz die tatbestandliche Entstehung der einen Gebühr von der einen besonderen Rechenvorgang erfordernden Anrechnung der anderen Gebühr zu unterscheiden (s. Enders, JurBüro 08, 281/284). Die klare Trennung beider Vorgänge ermöglicht es, die Fälle mehrfacher Anrechnung, nachträglicher Anrechnung, der Anrechnung in unterschiedlichen Abrechnungsverhältnissen und der Zulässigkeit von diesbezüglichen Vergütungsvereinbarungen (vgl. Hansens, RVGreport 08, 321/324) sachgerecht, d.h. dem Zweck der Anrechnung entsprechend zu lösen.
(2) Für die in Vorbem. 3 Abs. 4 VV getroffene Anrechnungsbestimmung gilt nichts anderes. Sie regelt - nicht anders als etwa die Bestimmungen in VV Nr. 2100, 2102, 2501 Abs. 2, 2503 Abs. 2, 3305, 3307 - den Fall, dass die Gebühr für eine außergerichtliche Tätigkeit bzw. die Vertretung im Mahnverfahren auf die im streitigen Verfahren über denselben Gegenstand entstandene Verfahrensgebühr anzurechnen ist. Dass der Gesetzgeber des RVG die Bestimmung, anders als nach früherem Recht in § 118 Abs. 2 BRAGO, in der Vorbem. zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses, also im Rahmen der Regelung der Höhe der Gebühren (§ 2 Abs. 2 RVG) für die Vertretung im gerichtlichen Verfahren getroffen hat, begründet keine sachliche Unterscheidung. Der Gesetzgeber hat nicht etwa eine ergänzende Bestimmung zur Entstehung der Verfahrensgebühr nach Abs. 2 der Vorbem. 3 getroffen, sondern den Wortlaut von § 118 Abs. 2 BRAGO übernommen bzw. die mit VV Nrn. 2100 usw. übereinstimmende Formulierung der Anrechnung der außerhalb des gerichtlichen Verfahrens entstandenen (Geschäfts-) Gebühr auf die in Teil 3 VV geregelten Verfahrensgebühren gewählt. Allein diese Form der Regelung ist systematisch richtig, um das Ziel des Gesetzgebers (s. BT Drs. 15/1971 S. 209) zu erreichen, dass der Anwalt für seine denselben Gegenstand betreffende Tätigkeit nicht eine zweifache Vergütung erhält, wenn es sich um verschiedene Angelegenheiten (§ 15 Abs. 1 RVG) handelt, die aber sachlich aufeinander bezogen sind und - jedenfalls teilweise - einen einheitlichen Aufwand erfordern. Das soll - und kann erst - bei der Abrechnung über die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens durch die Anrechnung berücksichtigt werden.
Weder Wortlaut und systematische Stellung noch die Gesetzesbegründung (dazu im einzelnen Senat, Beschluss vom 31.03.2008 a.a.O. in Auseinandersetzung mit BGH NJW 2008, 1323) rechtfertigen daher eine Abkehr vom herkömmlichen und allgemeinen Verständnis der Anrechnungsvorschriften (so auch die Gebührenreferenten der RAK, 56. Tagung am 26.04.2008, Bericht in RVGreport 08, 210: „Auffassung des BGH ... falsch“).
3. Die Anrechnung nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV führt nicht zu einer Verkürzung der nach § 91 ZPO festzusetzenden Kosten des Rechtsstreits. Der Rechtsprechung, die dieses annimmt (BGH 8. ZS a.a.O., ihm folgend 3., 6., 4., 1. und 7. ZS a.a.O.), vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
a) Die Kostenfestsetzung dient der Titulierung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs und ist daher grundsätzlich auf die Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO beschränkt. Gebühren für außergerichtliche Tätigkeiten nach Teil 2 VV gehören nicht zu den Kosten des Rechtsstreits und sind - als solche - nicht Gegenstand der Kostenfestsetzung (BGH, Beschluss vom 06.12.2007 - I ZB 16/07; Beschluss vom 14.08.2008 - I ZB 103/07 -, m.w.N.). Auch die Anrechnung dieser Gebühren auf die festzusetzende Verfahrensgebühr ist nicht Gegenstand der Kostenfestsetzung. Denn sie vermindert die Verfahrensgebühr nicht bei der Entstehung, sondern allein bei einer beide Gebühren umfassenden Abrechnung. Das folgt aus dem Zweck der Anrechnung, das kumulative Gebührenaufkommen zu beschränken. Wenn - und soweit - die anzurechnende Gebühr ebenfalls der Abrechnung unterliegt, ist sie bei der Festsetzung daher in Abzug zu bringen. Das ist bei der Geschäftsgebühr nach den Nrn. 2300 bis 2303 aber grundsätzlich nicht der Fall, denn sie gehört nicht zu den Kosten des Rechtsstreits.
b) Aus der systematischen Stellung der Anrechnungsbestimmung in Teil 3 VV folgt nichts anderes. Die Höhe der gesetzlichen Gebühren für die Tätigkeit des Anwalts im gerichtlichen Verfahren bestimmt sich nach dem RVG unter Berücksichtigung einer vorgeschriebenen Anrechnung, gleich an welcher Stelle des Gesetzes diese geregelt ist. Wie ausgeführt, sind die Gebühren ungeachtet einer bei Abrechnung vorzunehmenden Anrechnung in voller Höhe entstanden (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2008 - I ZB 20/07 - Kosten der Schutzschrift III = AGS 08, 274). Vorbem. 3 Abs. 4 VV schreibt nicht vor, bei der Kostenfestsetzung auch über eine außergerichtliche entstandene Geschäftsgebühr nach VV 2300 bis 2303 abzurechnen. Ein anderes Verständnis der Anrechnungsvorschrift führt im Übrigen zu keinem anderen Ergebnis. Denn wird die Geschäftsgebühr - in der anzurechnenden Höhe - in die Abrechnung einbezogen, so ist sie ebenfalls festzusetzen (Senat, Beschluss vom 24.06.2008, a.a.O.). Sie wird dadurch als Teil der Kosten des Rechtsstreits qualifiziert (Riedel/Sußbauer/Keller, RVG 9. Aufl. 2005, VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn. 66: angerechnete Geschäftsgebühr „als Teil der Kosten des Rechtsstreits erstattbar“; zust. wohl Bischof in Bischof u.a., RVG, 2. Aufl., 2007, Vorbem. 3 VV Rn. 108; s. bereits v. Eicken, Festschr. f. Herb. Schmidt 1981, S. 11 ff., 22 und 24 zu den anzurechnenden Gebühren nach § 118 Abs. 2 und 20 Abs. 1 S. 3 BRAGO: „Zugehörigkeit zu den Prozesskosten nicht zweifelhaft“; ders. in v. Eicken u.a., Die Kostenfestsetzung, 18. Aufl. 2003, B 566; and. wohl Mathias in 19. Aufl. 2006, B 579). Deren Notwendigkeit im Sinne des § 91 ZPO folgt aus dem Sinn und Zweck der Anrechnung, den außergerichtlichen Aufwand insoweit, als er in den Rechtsstreit übergegangen ist, nicht doppelt zu vergüten. Dass die für diesen Aufwand geschuldete Vergütung damit aus den Prozesskosten herausgenommen wird, ist der Regelung in Vorbem. 3 Abs. 4 nicht zu entnehmen und entspricht nicht ihrem Zweck.
c) Die Festsetzung der vollen Verfahrensgebühr ungeachtet der Anrechnung der Geschäftsgebühr führt nicht zur Festsetzung eines die Kosten der Partei nach § 91 ZPO übersteigenden Erstattungsbetrages (so aber Ostermeier, JurBüro 08, 6/7; Streppel, MDR 08, 421/422; dagegen zutr. Enders, JurBüro 08, 281/284). Die Festsetzung der Kosten nach §§ 103 ff. ZPO soll die nach §§ 91 ff. ZPO getroffene Kostengrundentscheidung ausfüllen. Diese umfasst sämtliche im Rechtsstreit - auch in seiner Vorbereitung, soweit notwendig - entstandenen Kosten, während die (sonstigen) außergerichtlichen Kosten der Parteien außer Betracht bleiben. Der im RVG geregelte Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts umfasst dagegen sämtliche Angelegenheiten, in denen dieser auftragsgemäß für den Mandanten tätig wird. Die hierauf bezogene Anrechnungsvorschrift hat daher einen anderen Anwendungsbereich als die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen die Kostenfestsetzung erfolgt. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist auch vom materiellen Erstattungsanspruch (§§ 249, 670 BGB) zu unterscheiden, der an den Vergütungsanspruch des Anwalts anknüpft und insoweit eine Berücksichtigung der Anrechnungsvorschrift erfordert. Bei der Kostenfestsetzung begründet die Anrechnung daher einen materiell-rechtlichen Einwand, wenn der der Anrechnung unterliegende Teil der Verfahrensgebühr dadurch bereits „verbraucht“ ist, dass der Anspruch auf Erstattung der Geschäftsgebühr anderweitig tituliert oder - etwa durch Erfüllung - erloschen ist (Senat, Beschluss vom 17.07.2007 - 1 W 256/07, AGS 07, 439 = OLGRep. 07, 974 = JurBüro 07, 584; Beschluss vom 07.05.2008 - 1 W 168/07, RVGreport 08, 313 (Hansens)). Bei Beachtung dieses Einwands nach den verfahrensrechtlichen Grundsätzen des Kostenfestsetzungsverfahrens wird der Zweck der Anrechnung in vollem Umfang erreicht, ohne dass es zu einer Verkürzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs kommt.
4. Eine Verkürzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs durch Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 4 VV hält der Senat für nicht hinnehmbar. Die Partei auf den materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch hinsichtlich der nicht festsetzbaren Geschäftsgebühr zu verweisen (BGH NJW 07, 2049/2050), stellt keinen angemessenen Ausgleich dar.
a) Zum einen wird die Ausgewogenheit der Kostengrundentscheidung beeinträchtigt, wenn ein Teil der im und für den Prozess aufgewendeten Kosten einer Partei aufgrund ihrer vorprozessualen Aufwendungen von der Kostenerstattung ausgenommen wird. Denn eine Kostenersparnis durch die Beauftragung eines bereits vorprozessual tätig gewesenen Anwalts ist bei der Kostenentscheidung nicht zu berücksichtigen, da diese Kosten nicht in die Kostenausgleichung einbezogen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 12.12.2002 - I ZB 29/02 -, NJW 03, 901).
b) Zum anderen ist der materielle Erstattungsanspruch dem prozessualen, nach §§ 103 ff. ZPO zu titulierenden Erstattungsanspruch nicht gleichwertig. Das gilt besonders für die - hier vorliegende - Fallgruppe, dass der Beklagte oder Antragsgegner im Rechtsstreit obsiegt, nachdem er bereits vorprozessual den Anspruch durch seinen Verfahrensbevollmächtigten zurückgewiesen hat. Ein Erstattungsanspruch aus §§ 249, 670 BGB ist hier im Regelfall nicht gegeben (BGH, Urteil vom 12.12.2006 - VI ZR 224/05 -, MDR 07, 654; s. auch Wolf JurBüro 08, 396 ff.). Der Anspruchsgegner kann auch nicht durch Mandatsgestaltung (vgl. Hansens, RVGreport 08, 321 ff.) erreichen, dass eine anzurechnende Geschäftsgebühr nicht entsteht. Denn der Auftrag zur Abwehr eines vorprozessual - selbst unter Klagedrohung - gestellten Anspruchs betrifft die außergerichtliche Vertretung (BGH, Beschluss vom 06.12.2007 - I ZB 16/07 -), ein zugleich erteilter bedingter Prozessauftrag verdrängt diesen Auftrag erst mit Eintritt der Bedingung, wenn also die Gegenseite Klage einreicht (vgl. Enders, JurBüro 08, 449/452). Es muss dem Anspruchsgegner aber möglich sein, sich mit Hilfe eines Anwalts gegen einen vorprozessual erhobenen Anspruch zur Wehr zu setzen, ohne hieraus Nachteile im Falle eines dennoch gegen ihn geführten Rechtsstreits hinnehmen zu müssen. Die Einreichung einer Schutzschrift (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2008 - I ZB 20/07 - a.a.O.) stellt keinen Ausweg dar, da sie die Anrechnung der durch das Abwehrschreiben entstandenen Geschäftsgebühr nicht hindert.
c) Das Ergebnis kann nicht mit der Überlegung gerechtfertigt werden, der Gesetzgeber habe eine gebührenrechtliche Gleichbehandlung des Anwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Anwalt, der zunächst außergerichtlich tätig war (und diese Tätigkeit gesondert vergütet erhält), vermeiden wollen. Diese Erwägung (vgl. BGH, Urteil vom 25.9.2008 - IX ZR 133/07 -) betrifft den Vergütungsanspruch des Anwalts gegen den Mandanten, während bei der Kostenfestsetzung über die Prozesskosten abgerechnet wird. Eine Ungleichbehandlung mit der Wirkung, dass der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten sich für die Partei reduziert, die ihren Anwalt bereits vorprozessual mit der Anspruchsabwehr beauftragt hatte, ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt und auch nicht zu rechtfertigen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
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