Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Festsetzung der Verfahrensgebühr im nachfolgenden Rechtsstreit
Gericht
KG
Art der Entscheidung
Beschluss
Datum
24. 06. 2008
Aktenzeichen
1 W 111/08
Ein vorprozessuales Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten, in dem der Beklagte aufgefordert wurde, bei Vermeidung der angedrohten Klage den Anspruch innerhalb der gesetzten Frist zu erfüllen, steht im nachfolgenden Rechtsstreit der Festsetzung einer vollen Verfahrensgebühr nach RVG-VV Nr. 3100 zu Gunsten des Klägers nicht entgegen (Abweichung von BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008, VIII ZB 57/07).
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt bis 7.000 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nahm den Beklagten auf Genehmigung eines am 30.5.2007 notariell beurkundeten Grundstückskaufvertrages in Anspruch. Nachdem ein vorprozessuales Aufforderungsschreiben erfolglos geblieben war, reichte sie am 31.7.2007 die Klage ein. Der Beklagte wurde durch Versäumnisurteil vom 15.2.2008 antragsgemäß verurteilt. Auf den Antrag der Klägerin vom 15.2.2008 hat das Landgericht die bis dahin entstandenen Kosten des Rechtsstreits gegen den Beklagten festgesetzt, darunter eine 1,3 Verfahrensgebühr Nr. 3100 VV RVG nach dem vom Landgericht festgesetzten Gegenstandswert von 2.250.000 EUR. Gegen diese Festsetzung im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 18.2.2008 wendet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der dieser geltend macht, für das anwaltliche Aufforderungsschreiben vom 12.7.2007 (Anl. K 6) sei den Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Gebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG entstanden, die Verfahrensgebühr Nr. 3100 sei nach Vorbem. 3 (4) VV RVG daher auf 0,65 zu kürzen.
Mit Beschluss vom 31.3.2008 hat der Einzelrichter das Verfahren gemäß § 568 Satz 2 ZPO dem Senat zur Entscheidung übertragen.
II. Das Rechtsmittel ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG in Verbindung mit § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache aus den im Beschluss des Einzelrichters vom 31.3.2008 (vgl. AGS 08, 216) ausgeführten Gründen, auf die Bezug genommen wird, keinen Erfolg.
Ergänzend ist anzumerken:
Das von der sofortigen Beschwerde angestrebte Ergebnis, die der Klägerin zu erstattende Verfahrensgebühr RVG VV 3100 wegen des vorprozessualen Anwaltsschreibens vom 12.7.2007 (Anl. K 6) von 1,3 auf 0,65 und damit um 5.359,90 EUR zuzüglich MWSt zu kürzen, ist mit § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht in Einklang zu bringen. Das Schreiben, dem der Klageschriftsatz im Entwurf beigefügt war, in dem auf das hohe Prozesskostenrisiko hingewiesen und dem Beklagten eine letzte Frist zur Vermeidung der Klage gesetzt wurde, war zweifellos eine zweckentsprechende Maßnahme der Rechtsverfolgung, so dass die anwaltlichen Gebühren nach RVG VV 2300, 2302, soweit sie bei der Festsetzung auf die Gebühr VV 3100 anzurechnen sind, ihrerseits als notwendige Prozesskosten festzusetzen wären. Anders als die nicht anrechenbare Geschäftsgebühr (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 6.12.2007- I ZB 16/07) würden diese Kosten durch eine gesetzlich angeordnete Anrechnung zu Kosten „des Rechtsstreits“.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde war aus den Gründen des Beschlusses vom 31.3.2008 zuzulassen.
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