Papa zahlt, wenn der Sohn die Telefonsex-Hotline wählt

Gericht

AG Bonn


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

16. 08. 2007


Aktenzeichen

3 C 65/07


Tenor


Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10 Prozent über dem jeweils vollstreckbaren Betrag abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand


Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber der Telefonanschlüsse der E U AG mit den Rufnummern ... und ... . Die Beklagte ist ein Telekommunikations-unternehmen und betreibt ein Telefonnetz. Gesellschaftlich ist sie mit der J GmbH verbunden. Diese betätigt sich im Bereich Mehrwertdienste und bietet Servicerufnummern wie 0800 0180 0900 0137 sowie Auskunftsrufnummern unter der Nummernfolge 118xy an.

Zu den Tätigkeiten der Beklagten gehört es, Anrufe, die aus dem Teilnehmernetz der E U AG kommen und mit denen Servicerufnummern der J GmbH angewählt werden, über eine von ihr betriebenen Dienstplattform an den entsprechenden Dienstanbieter weiterzuleiten, der mit der J GmbH entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu diesem Zweck unterhält und dann die entsprechenden Dienstleistungen erbringt. Die Beklagte stellt die dafür erforderliche technische Infrastruktur zur Verfügung.

Zu den von der J GmbH angebotenen Servicerufnummern gehört auch die Telefonnummer ... . Bei dieser Telefonnummer handelt es sich um einen Vermittlungsdienst.

In den Monaten Juni bis September 2006 wählte der minderjährige Sohn des Klägers unter Benutzung der Telefonanschlüsse des Klägers die Rufnummer ... an und ließ sich über diese Rufnummer mit den Mehrwertdienstanbieter V m verbinden, der u.a. erotische telefonische Leistungen anbietet.

Durch diese Anrufe sind Telefonkosten in Höhe von insgesamt 626,02 EUR entstanden, die die E U AG dem Kläger in Rechnung gestellt hat und die der Kläger an die E U AG bezahlt hat.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger von der Beklagten Erstattung dieser Kosten.

Der Kläger trägt vor, die von der Beklagten in den Rechnungen behaupteten Verbindungen seien nicht zu Stande gekommen. Es sei nicht nachvollziehbar, wer Vertragspartner sei. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Tarife die Beklagte ihrer Berechnung zu Grunde gelegt habe und wie diese Gebühren zu Stande gekommen sei. Die Beklagte lege darauf ab, durch Täuschung Kunden zu veranlassen, ihre Dienste in Anspruch zu nehmen. Die von der Beklagten abgerechneten Erotikdienstleistungen seien nicht Bestandteil des Angebotes, dass unter einer 118xx Telefonnummer gemacht werden dürfe.

Da durch die von der Beklagten betriebene Rufnummernvermittlung mögliche Sperren für Mehrwertdienstrufnummern umgangen wurden, sei die Verfahrensweise der Beklagtenseite sittenwidrig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 626,02 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit (26.02.2007) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, da sie entsprechend den gesetzlichen Vorgaben gehandelt habe, habe sie sich rechtmäßig verhalten. Eine irgendwie geartete Sittenwidrigkeit sei nicht erkennbar.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet. Die Beklagte hat zu Recht über die E U AG von dem Kläger Zahlung entsprechender Verbindungsentgelte gefordert, so dass ein Rückforderungsanspruch nicht gegeben ist.

Es ist zum einen davon auszugehen, dass – in dem Kläger zurechenbarer Weise – Dienste der Beklagten in Anspruch genommen worden sind und die in den Rechnungen aufgeführten Verbindungen tatsächlich stattgefunden haben.

Soweit der Kunde Zweifel an der Höhe der ihm gestellten Rechnung hat, obliegt dem Anbieter nach § 16 Abs. 3 TKV der entsprechende Nachweis. Für die zutreffende Erfassung der angefallenen Gebühreneinheiten spricht der Beweis des ersten Anscheins. Der Kläger hat nicht bestritten, dass die Beklagte ihr Abrechnungssystem überprüft hat und keinerlei Fehlerhaftigkeit festgestellt hat. Anhaltspunkte, aus denen sich ein Erschüttern des zu Gunsten der Beklagten sprechenden Anscheinsbeweises ergibt, sind nicht erkennbar und werden vom Kläger auch nicht vorgetragen.

Der Kläger ist auch zu Recht in Anspruch genommen worden, selbst wenn die entsprechenden Dienste von seinem Sohn in Anspruch genommen worden sind. Denn der Kläger haftet für Telefongespräche eines Familienmitgliedes nach den Regeln der Anscheinsvollmacht (vgl. OLG Köln in NJW-RR 1994, Seite 177). Dabei hätte es, wenn der Kläger entsprechende Telefongespräche seines minderjährigen Sohnes nicht gewollt hätte, dem Kläger oblegen, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen, ggfls. auch eine Sperre der Auskunftsrufnummern zu beantragen.

Der Vertrag und die Forderungen sind auch nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Die durch den Kläger der Beklagten vorgeworfene Umgehung einer möglichen Sperrung von 0900-Nummern ist von der gesetzlichen Regelung vorgesehen und entsprechend zulässig.

In den "Regeln für die Zuteilung von Rufnummern für Auskunftsdienste" wird zu der Art solcher Dienste vorgeschrieben, dass Auskunftsdienste im Sinne der Regel bundesweit jederzeit telefonisch vorwahlfrei erreichbare Informationsdienste sind, die ausschließlich der Weitergabe von Rufnummern, Name und Anschrift und zusätzlichen Angaben von Telekommunikationsnutzern dienen. Auch die Weitervermittlung zu einer erfragten Rufnummer kann Bestandteil des Auskunftsdienstes sein. Entsprechend ist auch bei Anwahl der Rufnummer ... eine Weitervermittlung auf andere Rufnummern zulässig. Eine irgendwie geartete Einschränkung, an welche Rufnummern weitergeleitet werden darf oder nicht, ist vom Gesetzgeber nicht getroffen worden. Entsprechend kann auch an Sex-Telefonnummern weitervermitteln werden, wenn vorher die Kosten für ein solches Telefongespräch mitgeteilt werden. Letzteres ist unstreitig in den vorliegenden Fällen geschehen.

Es bedarf keiner Erörterung, dass es jedem erwachsenem Menschen frei steht, entsprechende Rufnummern anzurufen und sich zu solchen Rufnummern vermitteln zu lassen. Der Telefonbetreiber kann in der Regel nicht wissen, ob derjenige, der ihn anruft, volljährig oder vom Inhaber des Telefonanschlusses zur Durchführung des Telefongespräches bevollmächtigt ist. Dem Telefonbetreiber ist es in der Praxis nicht möglich, diesbezüglich eine Unterscheidung zu treffen. Sofern er seine ihm vom Gesetz auferlegten Verpflichtungen erfüllt – was vorliegend unstreitig der Fall war – kann der Telefonbetreiber davon ausgehen, dass eine berechtigte Person anruft und darf ihr gegenüber seine Dienste erbringen und entsprechend auch an andere Telefonnummern vermitteln. Wenn der Anschlussinhaber dies in Bezug auf bestimmte Personen nicht will, ist er selbst gehalten, entsprechende Vorkehrungen zu treffen, die dies verhindern.

Die Klage war folglich abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Rechtsgebiete

Informations- und Telekommunikationsrecht