Werbung mit Testergebnissen muss sich grundsätzlich auf „aktuelle“ Bewertungskriterien beziehen

Gericht

OLG Hamburg


Art der Entscheidung

Beschluss über sofortige Beschwerde


Datum

10. 10. 2008


Aktenzeichen

3 W 134/08


Leitsatz des Gerichts

  1. Die Werbung für ein Sonnenschutzmittel mit einem Testergebnis aus dem Jahre 2007 ist zur Irreführung geeignet, sofern sich die Kriterien der Stiftung Warentest für die Beurteilung solcher Waren im Jahre 2008 in einem Punkt verändert hatten. Auch wenn die getestete Sonnenmilch nach der bisherigen Testmethodik das Testergebnis "gut" erzielt hatte, ist die Weiterverwendung einer solchen Testwerbung irreführend, wenn aktuelle Erkenntnisse vorliegen, die eine andere Beurteilung der geprüften Waren rechtfertigen könnten.

  2. Für die Frage, wann eine "neue Untersuchung der gleichen Produktgruppe unter geänderten Bedingungen" im Sinne von Ziffer I 3 der Richtlinien der Stiftung Warentest zur Werbung mit Testergebnissen vorliegt, kommt es im Hinblick auf die von den Tests jeweils betroffenen Waren nicht darauf an, ob in dem neuen Test dasselbe Produkt getestet worden ist, das in dem früheren Test einbezogen war, maßgeblich ist vielmehr, ob der neue Test dieselbe Art von Produkten - im vorliegenden Fall: Sonnenschutzmittel - betrifft, die in den früheren Tests getestet worden sind.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 3, 5, 8 I UWG.

Die Antragsgegnerin wirbt irreführend, wenn sie ihr Produkt "O." unter dem Testsiegel der Stiftung Warentest mit dem Testergebnis "GUT" unter Bezugnahme auf den Test 8/2007 bewirbt. Zwar trifft die Aussage in ihrem reinen Wortsinne zu, denn sie steht im Einklang mit dem im August 2007 veröffentlichten Testergebnis und für das konkrete Produkt der Antragsgegnerin liegen auch keine neueren Ergebnisse der Stiftung Warentest vor, die diejenigen aus dem Jahr 2007 als veraltet erscheinen lassen könnten.

Die Werbung mit den Testergebnissen aus dem Jahr 2007 ist jedoch deshalb irreführend, weil sich zwischenzeitlich die Kriterien von Stiftung Warentest für die Beurteilung von Sonnenschutzmitteln erheblich verändert haben. Nunmehr wird die Bestimmung und vergleichende Bewertung der UVA-Schutzleistung nicht mehr nach der DIN 67502, sondern nach den COLIPA-Guidelines vorgenommen. Diese berücksichtigen bei der Bestimmung der UVA-Schutzwirkung nicht nur das UVA/UVB-Verhältnis, sondern weiter auch die Möglichkeit der Photodegardation der UVA-Filter.

All dies hat die Antragstellerin hinreichend vorgetragen und glaubhaft gemacht. Zur Bewertung der beiden Methoden hat sie mit Vorlage des in der Anlage ... überreichten Berichts überdies dargetan, dass die bisherige Methode zur Bestimmung der UVA-Bilanz in der Empfehlung der EU nicht erwähnt worden sei, und dass der IKW (Industrieverband der deutschen Kosmetikindustrie) inzwischen die weiterentwickelte COLIPA-Methode als leistungsstarkes Verfahren zur europaweit einheitlichen Bestimmung und vergleichenden Bewertung der UVA-Schutzleistung auslobe. Wie das Produkt der Antragsgegnerin bei einer Bewertung nach diesen Kriterien abschneidet, ist offen.

Der angesprochene Verkehr geht regelmäßig davon aus, dass sich die Untersuchungsmethoden von Stiftung Warentest am Stand der Technik orientieren, die Testergebnisse mithin eine objektive Aussage über die Qualität anhand vorgegebener Kriterien darstellen (BGH GRUR 1985, 932, 933 - Veralteter Test). Liegen Erkenntnisse vor, die eine andere Beurteilung bereits geprüfter Waren rechtfertigen können, und haben derartige Entwicklungen - wie hier - in der Veröffentlichung neuer Testergebnisse Ausdruck gefunden, die Waren der früher getesteten Art betreffen, ist nicht nur die Richtigkeit der früheren Testergebnisse zweifelhaft, vielmehr nimmt der Verkehr durch die Weiterverwendung des alten Testergebnisses auch an, dass das werblich herausgestellte Testergebnis nach wie vor aktuell und nicht durch neue Erkenntnisse oder Bewertungskriterien überholt ist, das "alte" Prüfergebnis also weiterhin Bestand hat.

Dem steht auch nicht entgegen, dass das Produkt der Antragsgegnerin in dem Test aus dem Jahre 2008 (6/2008) nicht geprüft worden ist. Für die Frage, ob ein neu es Testergebnis vorliegt, kommt es im Hinblick auf die von den Tests jeweils betroffenen Waren nicht darauf an, ob in dem neuen Test dasselbe Produkt getestet worden ist, das in den früheren Test einbezogen war. Maßgeblich ist vielmehr, ob der neue Test dieselbe Art der Ware - hier: Sonnenschutzmittel - betrifft, die in dem früheren Test getestet worden ist.

Da das Produkt der Antragsgegnerin im Test 2008 nicht mehr mit getestet worden ist, war das in der Werbung der Beklagten verwendete Qualitätsurteil aus dem Jahre 2007 nicht mehr aktuell, insbesondere hatten sich die Bewertungskriterien geändert, so dass die weitere Verwendung des überholten Qualitätsurteils "GUT" für das Produkt der Antragsgegnerin irreführend geworden ist.

Rechtsgebiete

Wettbewerbsrecht