Aufwendungsersatz für Gartengestaltung

Gericht

BGH


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

13. 06. 2007


Aktenzeichen

VIII ZR 387/04


Leitsatz des Gerichts

Vereinbaren die Parteien eines Mietvertrages, dass der Mieter an der Mietsache Veränderungen vornehmen darf, die ausschließlich in seinem eigenen Interesse liegen, kann von einem stillschweigenden Einverständnis der Parteien auszugehen sein, dass der Mieter hierfür keinen Aufwendungsersatz beanspruchen kann.

Tatbestand


Tatbestand:

Mit Mietvertrag vom 1. 10. 1982 hatten die Kl. von der Bekl. ein Einfamilienhaus in Görlitz gemietet. Das Mietverhältnis war für die Zeit der Beschäftigung des Kl. zu 2 bei dem von der Bekl. betriebenen Krankenhaus geschlossen und endete mit der Pensionierung des Kl. zu 2 zum 31. 3. 2003. Die zum Gebäude gehörenden Freiflächen - die zu Beginn des Mietverhältnisses unbepflanzt waren - durften die Kl. gem. § 2 Nr. 3 des Mietvertrages nach individuellen Wünschen und in Abstimmung mit den Grundstücksnachbarn gestalten.

Die Kl. nehmen die Bekl. wegen der von ihnen während der Mietzeit auf den Freiflächen gepflanzten Bäume und Sträucher, die auf Grund ihres Alters oder ihrer Größe nicht mehr umgepflanzt werden können, auf Zahlung von 2.623,55 € nebst Zinsen in Anspruch.

Das AG hat der Klage stattgegeben, das LG hat die Berufung der Bekl. zurückgewiesen. Mit der vom BerGer. zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe


Entscheidungsgründe:



Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.


I.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das BerGer. im Wesentlichen ausgeführt:

Bei den von den Kl. auf dem Grundstück der Bekl. gepflanzten und nicht mehr umpflanzbaren Bäumen und Sträuchern handele es sich um Aufwendungen auf die Mietsache, deren Wert i.S. des derzeitigen Verkehrswertes von 2.623,55 € die Bekl. nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 539 I, § 670, § 683 Satz 1 BGB) zu ersetzen habe. Die Bepflanzung der Freifläche sei jedenfalls auch i.S. der Bekl. erfolgt, da die Begrünung von zu einem Einfamilienhaus gehörenden Freiflächen immer auch eine Wertsteigerung bedeute und im Regelfall kein Vermieter ein Interesse daran haben könne, dass das zu seinem Haus gehörende Grundstück verwildere.


II.

Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Die Kl. können von der Bekl. wegen der von ihnen während der Mietzeit angepflanzten und zum Ende der Mietzeit nicht mehr umpflanzbaren Bäume und Sträucher entgegen der Ansicht des BerGer. keinen Aufwendungsersatz beanspruchen.

1. Die Revision rügt zu Recht, dass das BerGer. nicht danach unterschieden hat, ob die Bäume und Sträucher vor oder nach dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland am 3. 10. 1990 gepflanzt worden sind. Nur wenn die Bäume und Sträucher nach dem Beitritt gepflanzt worden sind, ist die Frage der Ersatzpflicht - wie das BerGer. angenommen hat - nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu beurteilen. Sind die Bäume und Sträucher hingegen vor dem Beitritt gepflanzt worden, bestimmt sich die Ersatzpflicht nach dem Zivilgesetzbuch (vgl. BGHZ 134, 170, 175; BGH, Urteil vom 17. 3. 1999 - XII ZR 101/97, WM 1999, 1136, unter 3). Darauf kommt es letztlich aber nicht an.

2. Die danach in Betracht kommenden Ansprüche aus § 539 I, § 812 I Satz 1 Alt. 2, § 951 I Satz 1 BGB bzw. aus § 30 I Satz 3, § 112 III Satz 1 ZGB sind schon deshalb nicht begründet, weil eine Auslegung des Mietvertrages ergibt, dass die Parteien Ansprüche auf Aufwendungsersatz für die Gestaltung der Freiflächen abbedungen haben (vgl. Senatsurteil vom 13. 10. 1959 - VIII ZR 193/58, WM 1959, 1369, unter I 2). Der Senat kann den Mietvertrag selbst auslegen, da das BerGer. dies unterlassen hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGHZ 65, 107, 112; BGH, Urteil vom 12. 2. 1997 - V ZR 250/96, WM 1998, 626, unter II 3).

Der Mietvertrag regelt in § 2 Nr. 3 nur, dass der Mieter die zum Gebäude gehörenden Freiflächen nach individuellen Wünschen und in Abstimmung mit den Grundstücksnachbarn gestalten darf. Er sieht aber nicht vor, dass der Mieter den Ersatz von Aufwendungen für die Gestaltung der Freiflächen verlangen kann. Lediglich hinsichtlich baulicher Veränderungen durch die Mieter bestimmt § 5 Nr. 1 Satz 3 des Mietvertrages, dass der Mieter die Anlagen bei Auszug dem Vermieter oder dem nachfolgenden Mieter gegen angemessene Werterstattung übergibt oder sie aus der Mietsache entfernt. Bei den Anpflanzungen auf den Freiflächen handelt es sich nicht um bauliche Veränderungen i.S. dieser Regelung. Denn darunter sind - ebenso wie bei den Bestimmungen der §§ 111 und 112 ZGB über bauliche Veränderungen durch den Mieter, deren Wortgebrauch die Regelung in § 5 Nr. 1 des Mietvertrages übernimmt - nur Veränderungen am Baukörper der Wohnung zu verstehen (vgl. Kommentar zum ZGB [1985], § 111 ZGB Anm. 1; Zivilrecht, Lehrbuch [1981], S. 305).

Dass der Mietvertrag dem Mieter die Gestaltung der Freiflächen nach seinen individuellen Wünschen gestattet, insoweit aber - im Gegensatz zu baulichen Veränderungen - keinen Anspruch des Mieters auf Aufwendungsersatz vorsieht, lässt bei einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (vgl. BGHZ 152, 153, 156; BGHZ 131, 136, 138) auf den Willen der Parteien schließen, dass die Kl. die Kosten für die Gestaltung der Freiflächen selbst tragen und Ansprüche der Kl. auf den Ersatz von Aufwendungen insoweit ausgeschlossen sein sollen. Denn es kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass der Vermieter, der dem Mieter erlaubt, die Mietsache nach dessen individuellen Wünschen und in dessen eigenem Interesse zu verändern, auch noch verpflichtet sein soll, dem Mieter die Aufwendungen hierfür zu ersetzen.

Entgegen der Ansicht des BerGer. kann daraus, dass - wie das BerGer. meint - die Begrünung von zu einem Einfamilienhaus gehörenden Freiflächen immer auch eine Wertsteigerung bedeute und im Regelfall kein Vermieter ein Interesse an der Verwilderung des zu seinem Haus gehörenden Grundstücks haben könne, nicht geschlossen werden, dass die Bepflanzung der Freiflächen durch die Kl. jedenfalls auch „i.S.“ der Bekl. erfolgte. Die Revision macht zutreffend geltend, dass dieser Gedanke schon deshalb nicht tragfähig ist, weil das Fehlen einer Bepflanzung nicht mit einer Verwilderung eines Grundstücks gleichgesetzt werden kann und weil nicht jede Begrünung den Grundstückswert steigert, da die von dem einen Nutzer als schön empfundene und damit als wertvoll angesehene Pflanzung von dem anderen Nutzer als unansehnlich und damit wertlos oder sogar den Wert des Grundstücks mindernd angesehen werden kann.


III.

,Das angefochtene Urteil kann demnach keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, da es weiterer tatsächlicher Feststel-lungen nicht bedarf. Auf die Revision der Bekl. ist daher das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Koch

Vorinstanzen

AG Görlitz, Entscheidung vom 24.02.2004 - 1 C 858/03 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 22.09.2004 - 2 S 39/04 -

Rechtsgebiete

Garten- und Nachbarrecht