Negative Feststellungsklage trotz Ordnungsmittelverfahrens zulässig
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
08. 11. 2007
Aktenzeichen
I ZR 172/05
Ist der Schuldner aufgrund eines bestimmten Verhaltens zur Unterlassung verurteilt worden und besteht zwischen ihm und dem Gläubiger Streit darüber, ob ein beabsichtigtes abgewandeltes Verhalten von dem titulierten Unterlassungsgebot erfasst wird, kann der Schuldner diese Frage durch eine negative Feststellungsklage klären lassen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 23.2.1973 – I ZR 117/71, GRUR 1973, 429, 431 = WRP 1973, 216 – Idee- Kaffee I; Urt. v. 3.6.1997 – XI ZR 133/96, NJW 1997, 2320, 2321). Das Feststellungsinteresse für eine solche Klage entfällt nicht dadurch, dass der Gläubiger wegen eines entsprechenden Verhaltens des Schuldners einen Ordnungsmittelantrag stellt.
Der Schuldner, der klären lassen möchte, ob ein beabsichtigtes abgewandeltes Verhalten von dem titulierten Unterlassungsgebot erfasst wird, hat gegenüber dem Gläubiger keinen Anspruch auf Mitteilung, ob dieser wegen eines entsprechenden Verhaltens einen Ordnungsmittelantrag zu stellen beabsichtigt.
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 2005 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg v.d.H. vom 2. Juli 2004 wird auch im Umfang der Aufhebung zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten als Schadensersatz die Erstattung der Kosten, die ihm für eine erfolglose Feststellungsklage beim Landgericht Düsseldorf entstanden sind.
Die Beklagte mahnte den Kläger mit Schreiben vom 2. Juni 1999 wegen einer in der "W. " erschienenen Werbeanzeige mit der Überschrift "EURO und Schwarzgeld – Was Sie für Ihre Vermögensplanung unbedingt wissen müssen!" ab. Nachdem der Kläger den Anspruch zurückgewiesen hatte, wurde ihm diese Werbung auf Antrag der Beklagten am 21. Juni 1999 durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Düsseldorf untersagt.
Am 20. Januar 2001 warb der Kläger in der "F. Zeitung" in einer gegenüber der früheren Werbung abgewandelten Form mit der Überschrift "Schwarzgeld und EURO: Der Countdown läuft! Legale Tips, die Sie für Ihre Vermögensplanung unbedingt kennen müssen!". Mit Schreiben vom 23. Januar 2001 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihrer Ansicht nach zwei Aussagen in dieser Anzeige kernidentisch seien mit den gerichtlichen Verboten der einstweiligen Verfügung, und gab vor Einleitung eines Ordnungsgeldverfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme.
Dieser rechtlichen Einschätzung widersprach der Kläger mit Schreiben vom 24. Januar 2001 und teilte mit, dass er die gleiche Anzeige für das kommende Wochenende erneut geschaltet habe. Deshalb forderte er die Beklagte auf mitzuteilen, dass kein Ordnungsmittelverfahren eingeleitet werde. Nachdem auf dieses Schreiben keine Reaktion der Beklagten erfolgte, stornierte der Kläger die Anzeige.
Mit Anwaltsschreiben vom 9. Februar 2001 bat der Kläger die Beklagte erneut um Mitteilung, ob wegen der Anzeige vom 20. Januar 2001 ein Ordnungsmittelverfahren eingeleitet werde oder bereits eingeleitet worden sei. Abschließend heißt es in dem Schreiben:
"Sollte mir Ihre Stellungnahme nicht bis zum 16.2.2001 vorliegen, gehe ich davon aus, dass Sie Ihren Standpunkt nicht aufgegeben, aber kein Ordnungsmittelverfahren eingeleitet haben und auch nicht werden. In diesem Fall bin ich beauftragt, Feststellungsklage zu erheben."
Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben ebenfalls nicht.
Daraufhin reichte der Kläger mit Schriftsatz vom 20. Februar 2001 eine beim Landgericht Düsseldorf am 24. Februar 2001 eingegangene Klage ein und beantragte festzustellen, dass die Anzeige vom 20. Januar 2001 nicht gegen die einstweilige Verfügung verstoße. Nachdem das Landgericht mit Beschluss vom 21. Mai 2001 einem bereits am 23. Februar 2001 eingegangenen Ordnungsmittelantrag stattgegeben hatte, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 7. Juni 2001 die Feststellungsklage in der Hauptsache für erledigt. Die Beklagte schloss sich der Erledigungserklärung nicht an. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hob den Ordnungsmittelbeschluss des Landgerichts am 13. September 2001 auf und wies den Ordnungsmittelantrag zurück.
Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung über die Feststellungsklage darauf hingewiesen worden war, dass der Ordnungsmittelantrag der Beklagten bereits vor Eingang der Feststellungsklage gestellt worden sei, nahm der Kläger von seiner Erledigungserklärung Abstand und stellte den ursprünglich angekündigten Feststellungsantrag. Durch Urteil vom 19. Dezember 2001 wurde die Klage mangels Feststellungsinteresses abgewiesen; die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt.
Für die Kosten dieses Prozesses in Höhe von 2.722,01 € verlangt der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten Ersatz. Die Schadensersatzpflicht begründet er damit, dass ihm die Beklagte auf seine Anfrage hätte mitteilen müssen, dass sie einen Ordnungsmittelantrag stellen werde.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage in Höhe von 2.328,32 € stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Durch das Verfügungsverfahren vor dem Landgericht Düsseldorf sei zwischen den Parteien eine Sonderverbindung entstanden, in der es der Beklagten oblegen habe, dem Kläger auf dessen Anfrage mitzuteilen, ob sie einen Ordnungsmittelantrag stellen werde oder nicht. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der Erteilung dieser Auskunft gehabt, weil er beabsichtigt habe, eine mit der geänderten Anzeige gleichlautende Anzeige alsbald wieder zu veröffentlichen. Nachdem die Beklagte auf die Anfragen des Klägers nicht reagiert habe, habe für den Kläger eine nicht hinzunehmende Unsicherheit bestanden, die ihn berechtigt habe, die Feststellungsklage vor dem Landgericht Düsseldorf einzureichen. Der Kläger könne daher Ersatz der von ihm für sich selbst und für die Beklagte im Feststellungsverfahren gezahlten außergerichtlichen Kosten verlangen.
Allerdings seien die verauslagten Gerichtskosten nur in Höhe einer Gebühr (196,85 €) zu erstatten. Der weitergehende Anspruch in Höhe von 393,70 € sei unbegründet, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Düsseldorf seine Klage nicht nach dem Hinweis zurückgenommen habe, dass der Ordnungsmittelantrag der Beklagten am 23. Februar 2001 – einen Tag vor Eingang der Feststellungsklage – bei Gericht eingegangen sei. Durch die Rücknahme hätte sich die Gerichtsgebühr von 590,54 € auf 196,85 € reduziert.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung einer Mitteilungspflicht zu.
1. Der Anspruch des Klägers ist allerdings nicht schon wegen der im Feststellungsverfahren rechtskräftig zugunsten der Beklagten getroffenen Kostenentscheidung ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Kostenerstattung einer prozessualen Regelung entgegengerichtet sein, wenn er auf zusätzlichen Umständen beruht, die bei der prozessualen Kostenentscheidung nicht berücksichtigt werden konnten (vgl. BGHZ 45, 251, 257; BGH, Urt. v. 7.12.1989 – I ZR 62/88, GRUR 1990, 542, 544 = WRP 1990, 670 – Aufklärungspflicht des Unterwerfungsschuldners; Urt. v. 19.10.1994 – I ZR 187/92, GRUR 1995, 169, 170 = WRP 1995, 290 – Kosten des Verfügungsverfahrens bei Antragsrücknahme). Im Streitfall konnte das Gericht bei der Kostenentscheidung nur berücksichtigen, ob das Feststellungsinteresse wegen des vor der Feststellungsklage beim Gericht eingegangenen Ordnungsmittelantrags bereits anfänglich fehlte und schon allein deswegen die Kosten nach § 91 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzuerlegen waren. Nicht in die Beurteilung einzubeziehen war dagegen die Frage, ob die Beklagte eine Mitteilungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt hatte und dieser deshalb zu der Feststellungsklage veranlasst worden war. Daher ist unerheblich, dass der Kläger sowohl sein Feststellungsinteresse im Vorprozess wie auch den nunmehr erhobenen Zahlungsanspruch damit begründet hat, die Beklagte sei seiner Bitte um Auskunft, ob ein Ordnungsmittelverfahren eingeleitet werde, nicht nachgekommen. Die Kostenentscheidung im Feststellungsverfahren steht damit einer materiell-rechtlichen Entscheidung zugunsten des Klägers im vorliegenden Verfahren nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1990, 542, 544 – Aufklärungspflicht des Unterwerfungsschuldners).
2. Dem Kläger stand jedoch gegen die Beklagte kein Auskunftsanspruch zu, dessen Verletzung die Beklagte zu Schadenersatz verpflichten würde.
a) Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung kann nach dem Grundsatz von Treu und Glauben bestehen, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchführung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer, d.h. ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten eine besondere rechtliche Beziehung besteht, wobei ein gesetzliches Schuldverhältnis, z.B. aus unerlaubter Handlung, genügt (vgl. BGHZ 81, 21, 24; 95, 274, 278 f. – GEMA-Vermutung I; 95, 285, 287 f. – GEMA-Vermutung II; 126, 109, 113 – Copolyester I). Ein derartiges gesetzliches Schuldverhältnis kann sich daher auch aus einem Wettbewerbsverstoß ergeben (BGH, Urt. v. 19.3.1987 – I ZR 98/85, GRUR 1987, 647 = WRP 1987, 554 – Briefentwürfe, m.w.N.).
b) Die erforderliche besondere rechtliche Beziehung der Parteien liegt vor. Das durch den Wettbewerbsverstoß des Klägers mit der Werbeanzeige in der "W. " begründete gesetzliche Schuldverhältnis hat durch die Abmahnung der Beklagten vom 2. Juni 1999 eine Konkretisierung erfahren, so dass die Parteien eine wettbewerbsrechtliche Sonderbeziehung eigener Art verbindet (vgl. BGH, Urt. v. 19.10.1989 – I ZR 63/88, GRUR 1990, 381 = WRP 1990, 276 – Antwortpflicht des Abgemahnten, m.w.N.). Diese Sonderverbindung war nicht mit Erlass der einstweiligen Verfügung beendet, sondern bestand aufgrund der vom Kläger geschuldeten Beachtung des strafbewehrten Unterlassungsgebots fort, das allein die Beklagte durchzusetzen vermochte.
c) Aus der Sonderverbindung der Parteien konnten sich Aufklärungspflichten der Beklagten ergeben. Die durch die Abmahnung begründete Sonderbeziehung wird in besonderem Maße durch Treu und Glauben und das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme bestimmt (BGH GRUR 1990, 542, 543 – Aufklärungspflicht des Unterwerfungsschuldners; vgl. auch BGH, Urt. v. 18.9.1997 – I ZR 71/95, GRUR 1998, 471, 474 = WRP 1998, 164 – Modenschau im Salvatorkeller; BGH GRUR 1990, 381 – Antwortpflicht des Abgemahnten; Gloy in Gloy/Loschelder, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 75 Rdn. 47 a.E.). Allerdings nimmt der Unterlassungsgläubiger, der den Schuldner abmahnt, bereits damit auf dessen Interessen Rücksicht. Mitteilungspflichten bestehen deshalb in erster Linie für den Schuldner gegenüber dem Gläubiger. Unter besonderen Umständen kann aber auch den Unterlassungsgläubiger eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Schuldner treffen. Voraussetzung dafür ist aber jedenfalls, dass der Schuldner die begehrte Auskunft zur sachgerechten Wahrnehmung seiner Rechte benötigt.
d) Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
aa) Der Kläger beabsichtigte, die von der Beklagten als Verstoß gegen den Verfügungstenor beanstandete abgewandelte Form der Werbung für weitere Zeitungsanzeigen zu verwenden. Nachdem die Beklagte diese abgewandelte Werbung als Verstoß gegen die strafbewehrte einstweilige Verfügung beanstandet hatte, hatte der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob der Verfügungstenor auch die abgewandelte Werbeanzeige erfasste. Als Mittel dafür stand ihm die negative Feststellungsklage zur Verfügung (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.1973 – I ZR 117/71, GRUR 1973, 429, 431 = WRP 1973, 216 – Idee-Kaffee I; Urt. v. 3.6.1997 – XI ZR 133/96, NJW 1997, 2320, 2321). Von dieser Möglichkeit hat der Kläger auch Gebrauch gemacht. Entgegen der in jenem Verfahren vom Landgericht Düsseldorf geäußerten Ansicht war es für die Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage ohne Bedeutung, dass dem Gericht der Ordnungsmittelantrag der Beklagten bereits am 23. Februar 2001 und damit vor Eingang der negativen Feststellungsklage am 24. Februar 2001 vorlag.
bb) Wollte der Kläger weitere Anzeigen mit der abgewandelten Werbung schalten, lag das für seine negative Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse vor, nachdem die Beklagte einen Verstoß dieser Werbung gegen den Verfügungstenor gerügt hatte. Dieses Interesse ist durch die Stellung des Ordnungsmittelantrags nicht entfallen (so in einem ähnlich gelagerten Fall im Ergebnis auch RGZ 147, 27, 29). Insbesondere besteht zwischen der negativen Feststellungsklage und dem Ordnungsmittelantrag kein Zusammenhang, der demjenigen zwischen negativer Feststellungsklage und entsprechender Leistungsklage vergleichbar wäre.
Ein an sich gegebenes Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage entfällt durch eine nachfolgende Leistungsklage nur bei Identität der Streitgegenstände. Eine solche fehlt im Verhältnis von Ordnungsmittelantrag und negativer Feststellungsklage. Durch den Ordnungsmittelbeschluss wird gegen den Schuldner wegen Zuwiderhandlung gegen ein gerichtliches Gebot ein Ordnungsmittel verhängt. Das Vorliegen der Zuwiderhandlung wird im Entscheidungstenor nicht festgestellt, sondern ist Element der Entscheidungsbegründung des Ordnungsmittelbeschlusses. Die Zuwiderhandlung ist Vorfrage für die Verurteilung zu dem Ordnungsmittel. Als solche nimmt sie an der Rechtskraft des Ordnungsmittelbeschlusses nicht teil (Ahrens in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., Kap. 68 Rdn. 16; vgl. auch BGHZ 109, 275 zum Verhältnis von Pfändungsbeschluss und Feststellungsklage).
Unabhängig davon unterscheiden sich die Streitgegenstände der negativen Feststellungsklage und des Ordnungsmittelantrags dadurch, dass sich die Feststellungsklage auf künftige Handlungen bezieht, der Ordnungsmittelantrag dagegen – ungeachtet der Funktion des Ordnungsmittelverfahrens zur Durchsetzung des in die Zukunft gerichteten titulierten Unterlassungsanspruchs – auf ein konkretes, in der Vergangenheit liegendes Geschehen. Selbst wenn gegen den Schuldner wegen einer in der Vergangenheit liegenden Zuwiderhandlung ein Ordnungsmittel verhängt worden ist, kann er ein berechtigtes Interesse haben, im Wege der Feststellungsklage klären zu lassen, dass ein entsprechendes zukünftiges Verhalten vom Vollstreckungstitel nicht erfasst wird. Zwar fehlt das Feststellungsinteresse, wenn eine Streitfrage im Vollstreckungsverfahren geklärt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1961 – IV ZR 59/61, NJW 1962, 109, 110; RGZ 82, 161, 164; Loewenheim in Ahrens aaO Kap. 71 Rdn. 2). Das ist hier hinsichtlich der künftig beabsichtigten Werbung aber gerade nicht der Fall.
Die Klage festzustellen, dass eine beabsichtigte künftige Werbung nicht gegen den Verfügungstenor verstieß, war danach – unabhängig von einem möglichen oder tatsächlich gestellten Ordnungsmittelantrag – zulässig. Im Zusammenhang mit der Erhebung dieser Klage bedurfte der Kläger keiner Auskunft der Beklagten über deren Absicht, einen Ordnungsmittelantrag zu stellen. Für die Bestimmung des Umfangs etwaiger Auskunftspflichten der Beklagten ist die Abweisung der Feststellungsklage durch das Landgericht Düsseldorf ohne Belang.
cc) Wäre es dem Kläger dagegen mit der Feststellungsklage um die Klärung gegangen, dass seine Werbung vom 20. Januar 2001 nicht gegen den Verfügungstenor verstoßen hatte und gegen ihn deswegen kein Ordnungsmittel verhängt werden konnte, hätte ihm hierfür kein Feststellungsinteresse zur Seite gestanden. Für die gerichtliche Klärung einer solchen Frage ist es dem Unterlassungsschuldner grundsätzlich zuzumuten, das hierfür vorgesehene schnelle und einfache Ordnungsmittelverfahren abzuwarten, das nur vom Unterlassungsgläubiger eingeleitet werden kann. Besondere Umstände, die möglicherweise ausnahmsweise ein Feststellungsinteresse für eine negative Feststellungsklage wegen einer in der Vergangenheit liegenden Handlung begründen könnten – z.B. die Berühmung des Gläubigers mit einem Schadensersatzanspruch –, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich. Eine auf die bereits erschienene und von der Beklagten beanstandete Werbeanzeige beschränkte negative Feststellungsklage des Klägers wäre daher unabhängig davon, ob ein Ordnungsmittelantrag gestellt worden ist oder gestellt werden konnte, auf jeden Fall mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Deshalb kam es für die Entscheidung des Klägers über die Erhebung einer solchen Feststellungsklage ebenfalls nicht auf eine Auskunft der Beklagten darüber an, ob sie die Absicht hatte, einen Ordnungsmittelantrag zu stellen. Ein Anspruch auf Auskunft über diese Absicht stand dem Kläger deshalb auch in diesem Fall nicht zu.
dd) Ein Auskunftsanspruch des Klägers lässt sich schließlich nicht mit der Erwägung begründen, dass er ungeachtet des Fehlens einer rechtskräftigen Entscheidung über die Zuwiderhandlung bei einer Verurteilung im Ordnungsmittelverfahren vernünftigerweise von künftigen Werbemaßnahmen derselben Art abgesehen und deshalb bei Stellung des Ordnungsmittelantrags keine negative Feststellungsklage erhoben hätte. Der Kläger hatte zwar ein berechtigtes Interesse an der Klärung der Frage, ob die von ihm beabsichtigte Werbung vom bestehenden Unterlassungstenor erfasst war, und konnte deswegen eine negative Feststellungsklage erheben. Er hatte aber keinen Anspruch darauf, den Aufwand einer solchen Klage dadurch zu vermeiden, dass die Beklagte einen Ordnungsmittelantrag stellte. Es steht im freien Belieben des Unterlassungsgläubigers, ob er ein Ordnungsmittel beantragt oder nicht. Zur sachgerechten Wahrnehmung der Rechte des Unterlassungsschuldners gehört es daher nicht, Kosten und Mühen einsparen zu können, weil der Unterlassungsgläubiger seine Entscheidungsfreiheit in bestimmter Weise ausübt.
III. Der Revision der Beklagten ist danach stattzugeben. Die Klage ist abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
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