"Berufskläger gegen Aktiengesellschaften" dürfen nicht als "Schmeißfliegen" bezeichnet werden
Gericht
AG Düsseldorf
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
19. 12. 2008
Aktenzeichen
31 C 5067/08
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.248,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 14.2.2008 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kostendes Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zur Vollstreckung anstehenden Betrages zuzüglich 10 % vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheitsleistung kann in Form einer Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Großbank oder Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand:
Mit dem vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger gegen die Beklagte einen Schadenersatzanspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten geltend. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
In der Ausgabe ... veröffentlichte die Beklagte auf Seite 35 einen Börsenkommentar von ... . In diesem Kommentar wird ein Urteil des Landgerichts Frankfurt gegen den Kläger erwähnt. Der Kläger wird in diesem Kommentar als
Berufskläger gegen Aktiengesellschaften bezeichnet. Berufskläger bezeichnet ... in demselben Kommentar wiederum als "Schmeißfliegen".
Der Kläger war und ist der Ansicht, dass diese Bezeichnung geeignet ist, ihn in seiner persönlichen Ehre zu verletzen.
Vor Einleitung gerichtlicher Schritte gab der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 30.10.2007 der Beklagten die Möglichkeit, eine Unterlassungsverpflichtung abzugeben.
In der Folgezeit gab die Beklagte zwar die begehrte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich jedoch, die von Klägerseite im Einzelnen dargelegten Rechtsanwaltskosten zu übernehmen.
Der Kläger trägt vor, die durch die Beauftragung des Rechtsanwalts entstandenen Kosten seien unter Berücksichtigung der Gesamtumstände für ein Abmahnverfahren üblich und angemessen.
Der Kläger beantragt,
wie erkannt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, sie sei zur Übernahme dieser Kosten nicht verpflichtet, denn der Inhalt des in Rede stehenden Kommentars bewege sich im Rahmen einer zulässigen Meinungsäußerung. Die in Art. 5 Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit lasse eine Auseinandersetzung in der Sache mit polemischer und überspitzter Kritik zu. Den Charakter einer unzulässigen Schmähung könne dies erst annehmen, wenn die Diffamierung einer Person im Vordergrund stehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig. Im Besonderen ist der Gerichtsstand des § 32 ZPO gegeben.
Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadenersatzanspruch gemäß der Bestimmung der §§ 823 Abs. 1 und 2, 831, 249 ff BGB zu.
In dem in Rede stehenden Artikel hat der Kommentator über die Bezeichnung Berufskläger eine direkte Verbindung zwischen dem Kläger und der Bezeichnung "Schmeißfliegen" geknüpft.
Er hat damit eine die Ehre des Klägers verletzende und beleidigende Meinungsäußerung über diesen abgegeben.
Die Beklagte muss sich das Handeln ihres Mitarbeiters gemäß § 831 BGB zurechnen lassen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die begangene Ehrverletzung auch rechtswidrig.
Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Die in Art. 5 Grundgesetz geschützte Meinungsfreiheit, die grundsätzlich auch polemische und überspitzte Kritik rechtfertigt, muss da ihre Grenzen haben, wo durch diese Kritik schwerwiegende Diffamierungen einer Person erfolgen. Bei der Wahl des Wortes "Schmeißfliegen" tritt die persönliche Diffamierung in den Vordergrund, denn der Redakteur der Beklagten stellt mit dieser Wortwahl den Kläger nicht nur in die Nähe eines Tieres, sondern eines darüber hinaus von den meisten Menschen als abstoßend empfundenen Insektes, dem ein besonderes Verhältnis zu Kot und übelriechenden Stoffen zugeordnet wird. Eine Schmeißfliege ist ein Tier, das von vielen Menschen als im besonderen Maß Ekel erregend empfunden wird.
Der Beklagten mag selbst klar geworden sein, dass die zulässigen Grenzen einer überspitzten Kritik überschritten waren, denn ansonsten wäre nicht erklärbar, dass die im Rahmen des Abmahnverfahrens geforderte Unterlassungserklärung abgegeben worden ist.
Die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts dem Kläger entstanden sind, stellen einen adäquat kausalen Schaden dar, den die Beklagte dem Kläger zu erstatten hat.
Die geltend gemachte Forderung ist auch der Höhe nach gerechtfertigt.
Im Besonderen ist der geltend gemachte Gebührenanspruch des Rechtsanwaltes nicht überhöht im Sinn der §§ 611, 612 Abs. 2 BGB.
Der Kläger hat seinen Anspruch der Höhe nach mit Schreiben vom 30.10.2007 substantiiert begründet, ohne dass die Beklagte dem in derselben Weise entgegengetreten wäre.
Nach nochmaliger eingehender Auseinandersetzung mit dem Sach- und Streitstand beanstandet das Gericht auch nicht mehr die Höhe des zugrunde gelegten Streitwertes vom 25.000,00 €.
In Anbetracht der Bedeutung der Sache, denn die in Rede stehende Zeitung ist über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus erschienen, ist der zugrunde gelegte Wert im Rahmen des Üblichen und Angemessenen. Das Gericht konnte im vorliegenden Fall nach § 287 Abs.1 und 2 ZPO verfahren.
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Kosten des Verfahrens ergehen gemäß der §§ 91 ff, 708 ff ZPO.
Streitwert: 1.248,31 €
Ziegenbein
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